JudikaturOLG Wien

19Bs224/25t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
16. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Baumgartner als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Körber und Dr. Hornich, LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* wegen § 27 Abs 2a SMG über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11. Juli 2025, GZ **-130, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss widerrief das Erstgericht gemäß § 39 Abs 4 Z 1 SMG den dem Verurteilten B* hinsichtlich der über ihn mit Urteil vom 27. Februar 2024, GZ **-55.1, mit Beschluss vom 12. März 2024 (ON 82) gemäß § 39 SMG gewährten Strafaufschub.

Nachdem ihm der Beschluss am 12. August 2025 eigenhändig zugestellt worden war (ON 139), langte am 26. August 2025 ein E-Mail des Sozialarbeiters C*, D*, mit dem Inhalt „A uf Bitte meines Klienten, Hrn. A*, übermittle ich Ihnen im Anhang ein benötigtes Dokument, sowie den gerichtlichen Beschluss mit der GZ: **“, beim Erstgericht ein, dem eine Bestätigung, dass sich dieser zur Weisungsbetreuung angemeldet habe, sowie der bekämpfte Beschluss angehängt waren (ON 140).

Nachdem die Erstrichterin dem „D*“ mit Note vom 26. August mitgeteilt hatte, dass das übermittelte E-Mail keine Beschwerde enthalte und nicht nachvollziehbar sei, weshalb der bekämpfte Beschluss übermittelt worden sei (ON 141), langte nach Ausfolgung der Strafantrittsaufforderung an den Verurteilten am 4. September 2025 (ON 145) am 5. September 2025 neuerlich ein E-Mail der Sozialarbeiterin E* vom „D*“ mit folgendem Inhalt ein (ON 143): „ Guten Tag, in Vertretung für Hrn. A* übermittle ich Ihnen eine Stellungnahme sowie das erste Beschwerdeschreiben und die Therapiebestätigungen vom F*. Ich entschuldige mich für die Unannehmlichkeiten, da es auch intern in unserer Sozialarbeit Unklarheiten bzgl. des Falles von Hrn. A* gibt. Mir ist leider nicht aufgefallen, dass die E-Mail-Adresse falsch ist, da ich sie ebenso an meinen fallführenden Kollegen Hrn. C*, verschickt habe und mir deswegen als „gesendet“ angezeigt wurde.

Ich bitte Sie daher, den Fall neuerlich zu überprüfen, da es aus meiner Sicht fatal wäre, Hrn. A* für elektronische sowie sozialarbeiterische Missverständnisse zu bestrafen. Vor allem mit Berücksichtigung, dass er die Suchttherapie macht.“

Das angeführte erste Beschwerdeschreiben des A*, welches auch von ihm unterfertigt wurde, datiert mit 2. September 2025 (ON 144).

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde erweist sich aus zweierlei Gründen als unzulässig.

Nach § 88 Abs 1 zweiter Satz StPO ist die Beschwerde gegen einen Beschluss - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - binnen 14 Tagen ab dessen Bekanntmachung, das heißt ab dessen mündlicher Verkündung oder mangels einer solchen ab seiner Zustellung ( Tipoldin WK-StPO § 88 Rz 6), beim Gericht schriftlich oder auf elektronischem Weg einzubringen oder im Fall der mündlichen Verkündung zu Protokoll zu geben. Beschwerden, die verspätet oder von einer Person eingebracht wurden, der ein Rechtsmittel nicht zusteht (§ 87 Abs 1 StPO), sind ausnahmslos nicht inhaltlich zu behandeln, sondern als unzulässig zurückzuweisen (§ 89 Abs 2 StPO; RIS-Justiz RS0123977 [T 2]; Tipold, aaO § 89 Rz 13). A* erhob erstmals am 2. September 2025 Beschwerde (ON 144). Da dies außerhalb der 14-tägigen Beschwerdefrist liegt, war die Beschwerde schon aus diesem Grund unzulässig und daher zurückzuweisen. Zudem wurde die Beschwerde mittels E-Mail eingebracht bzw. war einem solchen als Anhang angeschlossen. Unter elektronischem Weg ist die Übermittlung aufgrund der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2021), BGBl II Nr. 587/2021, zu verstehen. § 6 Abs 1 ERV normiert, dass die elektonische Übermittlung von Eingaben und Beilagen im Wege von E-Mails nur dann eine zulässige Form der elektronischen Übermittlung im Sinne der Verordnung ist, wenn dieser Übermittlungsweg an Gericht, Staatsanwaltschaft oder Justizanstalt durch besondere gesetzliche Regelungen oder im Verordnungsweg ausdrücklich angeordnet wird. Da eine solche Anordnung nicht erfolgte, stellen E-Mails keine zulässige Form des elektronischen Rechtsverkehrs dar und ist die Erhebung einer Beschwerde per E-Mail daher nicht zulässig ( Kirchbacher, StPO 15 § 84 Rz 6, Murschetzin WK-StPO § 84 Rz 12; RIS-Justiz RS0127859).

Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist den Schreiben des A* vom 2. und 5. September 2025 nicht zu entnehmen.

Der Vollständigkeit halber wird mit Blick auf die von A* der Sozialarbeiterin E* erteilte Vollmacht zur Vertretung vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien darauf hingewiesen, dass nur die in § 48 Abs 1 Z 5 StPO angeführten Personen als Verteidiger (und somit Vertreter des Beschuldigten/Angeklagten/Verurteilten im Rahmen eines Strafverfahrens) einschreiten dürfen. Ein Vorbringen der Genannten in Ausübung der ihr erteilten Vollmacht ist daher unbeachtlich.