JudikaturOLG Wien

31Bs191/25b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
29. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Weber LL.M. und Mag. Spreitzer LL.M. als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 16. Juni 2025, GZ **-15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe nicht Folge gegeben, dass der von B* eingebrachte Antrag auf Erteilung von Verfahrenshilfe zurück- und nicht abgewiesen wird.

Text

Begründung:

Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Stein eine wegen § 75 StGB verhängte Freiheitsstrafe von 18 Jahren mit urteilsmäßigem Strafende am 6. November 2030. Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 6. November 2021, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG seit 6. November 2024 vor (ON 3 und ON 4).

Mit Beschluss vom 26. August 2024, AZ C*, lehnte das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht nach Durchführung einer vom Strafgefangenen beantragten Anhörung zuletzt die bedingte Entlassung des A* nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Freiheitsstrafe ab (ON 3 und ON 16.1 im beim Landesgericht Krems an der Donau zu AZ C* elektronisch geführten Beiakt).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des Genannten gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG aufgrund entschiedener Rechtssache zurück (Punkt 1.) und einen Antrag „des Strafgefangenen“ auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers ab (Punkt 2.).

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die unmittelbar nach Kundmachung des Beschlusses erhobene Beschwerde des Strafgefangenen (ON 17), in der Folge zu ON 31.1.2 (bzw inhaltsgleich zu ON 32), ON 31.2.2, ON 31.3.2, ON 31.4.2.2, ON 31.4.3, ON 31.5.2, ON 31.6.2, ON 31.7.2 und ON 31.8.2 ausgeführt, die nicht berechtigt ist.

Gemäß § 17 Abs 1 Z 3 StVG gelten für das Verfahren des Vollzugsgerichts, soweit im Einzelnen nicht anders angeordnet wird, die Bestimmungen der StPO sinngemäß, wobei der (hier:) Strafgefangene die Rechte des Beschuldigten hat. Nach § 7 StPO hat der Beschuldigte das Recht sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers in Anspruch zu nehmen. Gemäß § 48 Abs 1 Z 5 StPO ist im Sinne dieses Gesetzes „Verteidiger“ eine zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft, eine sonst gesetzlich zur Vertretung im Strafverfahren berechtigte oder eine Person, die an einer inländischen Universität die Lehrbefugnis für Strafrecht und Strafprozessrecht erworben hat, sobald sie der Beschuldigte als Rechtsbeistand bevollmächtigt hat, und eine Person, die dem Beschuldigten nach den Bestimmungen dieses Gesetzes als Rechtsbeistand bestellt wurde.

Der Personenkreis, der als Verteidiger im Sinne der StPO auftreten darf, ist durch die Legaldefinition demnach auf berufsmäßige Parteienvertreter und sonst gesetzlich zur Vertretung im Strafverfahren berechtigte Personen (sogenannte Nur-Verteidiger und Personen, denen ex lege Mitwirkungsrechte eingeräumt werden) beschränkt und es kann – anders als bei einer vom Beschuldigten verschiedenen Prozesspartei (vgl § 73 letzter Satz StPO) – nicht eine „sonst geeignete Person“ bevollmächtigt werden ( Haslwanter in Fuchs/Ratz,WK StPO § 7 Rz 23 und Soyer/Stuefer aaO § 48 Rz 40 f und 54 ff; vgl auch 11 Os 35/24t; vgl auch EBRV 25 BlgNR 20. GP 66).

Da sich B* bei der Antragstellung auf Gewährung der bedingten Entlassung (ON 2) und auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers (ON 14) auf eine erteilte Vollmacht beruft, sie im Verfahren aber mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Z 5 StPO nicht als die Verfahrensrechte des Strafgefangenen ausübende „Verteidigerin“ auftreten darf, wären schon aus diesem Grund die Anträge als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Dies ungeachtet dessen, dass B* als Angehörige (§ 72 StGB) des Strafgefangenen gemäß § 152 Abs 1 StGB ein eigenes Antragsrecht – auf das sie sich aber gerade nicht beruft – zukäme ( Pieber in Höpfel/Ratz, WK 2StVG § 152 Rz 6).

Lediglich der Vollständigkeit halber sei angemerkt: Auch ein Beschluss mit dem ein Antrag auf Gewährung der bedingten Entlassung rechtskräftig abgewiesen wird, entfaltet grundsätzlich Einmaligkeitswirkung (vgl RISJustiz RS011270). Ein Entlassungsantrag kann daher nicht beliebig oft wiederholt werden. Nur eine wesentliche Änderung entscheidungsrelevanter Umstände erlaubt trotz rechtskräftiger Entscheidung eine neuerliche meritorische Prüfung. In Bezug auf die Frage einer wesentlichen Änderung des Ausmaßes der verbüßten Strafe entspricht dies etwa einem Zwölftel, welches wiederum die Hälfte der (ein Sechstel betragenden) Differenz zwischen der Hälfte und zwei Dritteln der Freiheitsstrafe darstellt. Sofern der Strafgefangene sich nur auf das Ausmaß der verbüßten Strafe stützt und kein sonstiges substanziiertes neues Vorbringen erstattet, gilt als Faustregel, dass er für jedes Jahr der verhängten Freiheitsstrafe einen Monat (also zB bei einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren fünf Monate), gerechnet ab der letzten gerichtlichen Entscheidung, zuzuwarten hat, bevor er einen neuen, meritorisch zu erledigenden Antrag auf bedingte Entlassung stellen kann. Bei einer zwölf Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe wird eine zumindest alljährliche Antragstellung zugestanden ( Pieber aaO § 152 Rz 31 ff).

Da gegenständlich zuletzt am 26. August 2024, rechtskräftig seit diesem Tag, inhaltlich über den Antrag des Strafgefangenen auf bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe entschieden wurde und nicht einmal neun Monate nach Rechtskraft der Entscheidung neuerlich ein Antrag auf bedingte Entlassung gestellt wurde, ist mit Blick auf das Ausmaß der zu verbüßenden Freiheitsstrafe von 18 Jahren keine wesentliche Änderung der zeitlichen Umstände eingetreten (vgl Pieber aaO § 152 Rz 31, 33). Sein neuerlicher Antrag und die Beschwerde beinhalten zusammengefasst auch keine neuen Argumente, sondern er bringt – wie bereits im beim Landesgericht Krems an der Donau zu AZ C* geführten Verfahren - vor, eine Wohnmöglichkeit bei seiner Mutter und eine Einstellungszusage zu haben sowie über einen intakten sozialen Empfangsraum zu verfügen. Dazu legte er entsprechende Bescheinigungsmittel vor (vgl ON 6, 16 und 18). Diese Bescheinigungsmittel stellen aber keine unbekannt gewesenen, zur Erfüllung der materiellen Voraussetzungen einer bedingten Entlassung grundsätzlich geeignete neuen Tatsachen dar, weil er eine entsprechende Einstellungszusage bereits im zuletzt wegen bedingter Entlassung geführten Verfahren (vgl ON 15, 6 im genannten Beiakt) vorlegte und die Bescheinigung der Wohnmöglichkeit bei der Mutter (ON 2, 11 [= ON 6, 18]) für sich alleine keine wesentliche Änderung entscheidungsrelevanter Umstände darstellt.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.