JudikaturOLG Wien

32Bs168/25b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Killinger, BA MA als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A*wegen Nichtgewährung des Strafvollzugs in Form des elektronisch überwachten Hausarrests (im Weiteren: eüH) über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 23. April 2025, GZ **-17, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Vollzugsgericht einer Beschwerde des A* (ON 1 bis 5 sowie ON 8.2) gegen den Bescheid der Justizanstalt St. Pölten vom 5. Februar 2025, GZ **, mit dem sein Antrag auf Vollzug des über ihn mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 18. September 2024, AZ B*, verhängten unbedingten Strafteils von vier Monaten in Form des eüH abgewiesen worden war (ON 8.1), nicht Folge.

Begründend ging das Erstgericht wortwörtlich von folgendem Sachverhalt aus:

„A* bewohnt mit seiner Gattin und seiner bereits erwachsenen Tochter eine für den elektronisch überwachten Hausarrest geeignete Unterkunft und liegen die entsprechenden Einwilligungserklärungen zur beantragten Vollzugsform von den einzelnen Mitbewohnern vor (Einwilligungserklärungen vom 15. November 2024 [ON 12.8,4f]), wobei die Angehörigen einer hohen emotionalen Belastung durch den Beschwerdeführer ausgesetzt sind, weil dieser einen gesteigerten Rededrang aufweist, zu unterschiedlichen Tageszeiten – auch in der Nacht – wach ist und Lärm macht sowie sich nur schwer auf die Bedürfnisse anderer Personen einstellen kann, woraus sich ein erhöhtes Konfliktpotenzial ergibt. In solchen Situationen sucht der Beschwerdeführer den Rückzug außerhalb des Wohnhauses und ist unklar, wie er bei Konflikten im Rahmen eines bewilligten elektronisch überwachten Hausarrest umzugehen beabsichtigt. Der Gattin und der Tochter, die einer hohen emotionalen Belastung durch A* ausgesetzt sind, wurde von diesem untersagt dem erhebenden Sozialarbeiter des Vereins Neustart Details des Privatlebens preiszugeben, die einer Bewilligung des begehrten elektronischen Hausarrest im Wege stehen könnten (ON 12.23,3).

Die Strafregisterauskunft des am ** geborenen A* weist insgesamt vier Einträge, denen jeweils Aggressionsdelikte zu Grunde liegen, auf (ON 10).

Konkret wurde der Beschwerdeführer erstmals am 19. Jänner 2023 vom Bezirksgericht Tulln zu AZ C* wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB zu einer am 15. Februar 2023 vollzogenen Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 4,-- Euro, insgesamt sohin 720,-- Euro, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von neunzig Tagen verurteilt, weil er seinem Opfer durch Schläge mit einem Gummistock Prellungen an den Fingern der linken Hand zugefügt hat (ON 7 im beigeschafften Akt C* des Bezirksgerichts Tulln).

Unbeeindruckt vom Ergebnis dieser Verhandlung wurde A* bereits nach viereinhalb Monaten wieder straffällig, indem er am 6. Juni 2023 zunächst ein 13-jähriges Opfer durch die Äußerung „Komm her, du Hurensohn, ich schlag dir den Schädel ein“, wobei er zur Untermauerung seiner Drohung zwei ca. 1,20 Meter lange Holzstecken mit Durchmesser von rund fünf Zentimeter bedrohlich in die Luft hob, und im Anschluss daran das selbe Opfer sowie dessen Bruder durch die sinngemäße Äußerung, er werde sie beide umlegen, gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht hatte, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen, sowie am 18. Juni 2023 versucht hatte, vorsätzlich eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit des Vaters des vorgenannten Opfers herbeizuführen, indem er danach trachtete, einen Holzstock in das Vorderrad des von diesem gelenkten Motorrades während der Fahrt zu schießen, weshalb er vom Landesgericht St. Pölten am 28. Oktober 2023, AZ D*, wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 15, 89 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und des § 39a Abs 1 Z 1 iVm § 39a Abs 2 Z 1 StGB nach § 107 Abs 1 StGB zu einer für eine Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 Monaten verurteilt wurde (ON 7.3 im beigeschafften Akt D* des Landesgerichts St. Pölten).

Wenige Monate später bedrohte A* am 12. November 2023 seinen Onkel gefährlich mit dem Tod, um diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er zunächst mit einem Longboard auf den Traktor des Genannten und hernach mit einer Gerte auf den Genannten selbst einschlug, anschließend eine einer echten Faustfeuerwaffe täuschend ähnlich sehende Spielzeugpistole aus einer Tasche zog, damit auf den Genannten zielte und äußerte „I daschiaß di!“, weshalb er am 20. Dezember 2023 vom Landesgericht St. Pölten, AZ E*, wegen Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB unter Anwendung des § 43a Abs 2 StGB sowie unter Anrechnung der Vorhaft vom 12. November 2023, 22:15 Uhr, bis 20. Dezember 2023, 16:05 Uhr, zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vierzehn Monaten sowie einer (am 4. Jänner 2024 vollzogenen) Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 4,-- Euro, insgesamt sohin 960,-- Euro, verurteilt wurde, wobei für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet und ihm die Weisungen erteilt wurden, sich einem Antigewalttraining sowie einer Psychotherapie zu unterziehen. Zudem wurde ihm ein Kontaktverbot zum Opfer auferlegt und aus Anlass der Verurteilung die Probezeit zur zuletzt gewährten bedingten Strafnachsicht (fünf Monate) auf fünf Jahre verlängert (ON 26.3 im beigeschafften Akt E* des Landesgerichts St. Pölten).

Trotz dieses abermaligen gerichtlichen Entgegenkommens ließ sich A* bereits am 21. März 2024 wieder dazu hinreißen,

I./ den PKW der Marke Ford Explorer, weiß lackiert, mit dem polizeilichen Kennzeichen ** des F*, mithin eine fremde bewegliche Sache, zu beschädigen, indem er mit einem Besen während der Vorbeifahrt gegen den von F* gelenkten PKW schlug, wodurch am PKW ein Schaden in Höhe von 508,44 Euro nämlich Kratzer am Gehäuse des rechten Außenspiegels und an der A-Säule der Karrosserie, entstand;

II./ F* durch die anschließende Äußerung: „Schleich dich von hier, sonst schlage ich dir den Schädel ein, du hast hier nichts verloren!“ gefährlich mit der Zufügung einer Körperverletzung zu bedrohen, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;

III./ dadurch, dass er den Notruf wählte und angab „Ich habe mich psychisch und physisch verletzt. ... Die Polizei hat mich angegriffen und verletzt. ... Ich blute “ die wegen des Vorfalls zu Pkt I./ und II./ eingeschrittenen Polizeibeamten, GrInsp G* und GrInsp H*, der Gefahr einer behördlichenVerfolgung auszusetzen, indem er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Körperverletzung unter Ausnützung der Amtsstellung nach §§ 83 Abs 2, 313 StGB falsch verdächtigte, obwohl er wusste (§ 5 Abs 3), dass die Verdächtigung falsch war;

weshalb er mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 18. September 2024, AZ B*, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB unter Anwendung des § 39 Abs 1a StGB – somit als Rückfallstäter (!) – zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, wovon acht Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, verurteilt wurde. Vom Widerruf der beiden vorangegangenen gewährten bedingten Strafnachsichten wurde abgesehen, jedoch die Probezeit auch zu der letzten Verurteilung auf fünf Jahre verlängert, und zudem für die Dauer der Probezeit neuerlich Bewährungshilfe angeordnet sowie die Weisung zur Durchführung einer (zunächst zweimal monatlich zu absolvierenden) psychiatrischen Therapie, deren Einhaltung im Abstand von drei Monaten nachzuweisen ist, erteilt. In der ersten und bislang einzigen dem Gericht übermittelten diesbezüglichen Zeitbestätigung wird ein Ordinationsbesuch bei Dr. I* am 26. November 2024 bestätigt (ON 19.2 und ON 24 im beigeschafften Akt B* des Landesgerichts St. Pölten).

Aufgrund einer offensichtlichen psychischen Erkrankung in Form einer paranoiden Persönlichkeitsstörung liegt beim Beschwerdeführer, der ein hohes Aktivitätsniveau- und Bedürfnis aufweist und bei Konflikten den Rückzug außerhalb des Wohnhauses durch sportliche Betätigung sucht, ein hohes Rückfallpotenzial vor, er zeigt sich nicht schuldeinsichtig, behauptet zu Unrecht verurteilt worden zu sein und fühlt sich von der Dorfgemeinschaft gemobbt (ON 2.4, ON 12.23,5 und ON 12.25,2). In Anbetracht dieser Persönlichkeitsstruktur erweist sich A* im Zusammenhalt mit den in kurzen Abständen erfolgten Deliktsetzungen und den häuslich angespannten Verhältnissen nicht für eine elektronisch überwachten Hausarrest für geeignet, weil ein Missbrauch dieser Vollzugsform zu befürchten ist.

Es kann weder festgestellt werden, dass A* einer für den elektronisch überwachten Hausarrest geeigneten Beschäftigung nachgeht und daraus ein entsprechendes Einkommen erzielt sowie für den Fall des Vollzugs im elektronisch überwachten Hausarrest den erforderlichen Kranken- und Unfallversicherungsschutz genießt.

Fest steht jedenfalls, dass A* bereits zum Zeitpunkt seiner Antragstellung und seither, abgesehen vom Zeitraum 5. bis 6.12.2024, Notstandshilfe bezieht (ON 14).“

In seiner rechtlichen Beurteilung erwog das Erstgericht zusammengefasst wiedergegeben, dass A* seit dem Jahr 2018 beschäftigungslos sei und die erst im fortgeschrittenen Alter von 58 Jahren beginnende wiederholte Straffälligkeit wegen durchwegs Aggressionsdelikten in kurzen Zeitabständen im Zusammenhang mit den konstatierten psychischen Auffälligkeiten stünde. Er imponiere mit fehlender Schuldeinsicht, aber etwa auch der Weigerung der Herausgabe von relevanten Befundergebnissen im Erhebungsprozess, der Einwirkung auf Familienmitglieder, mit dem erhebenden Sozialarbeiter keine ihm nachteiligen Details zu besprechen sowie weiters mit zumindest nicht ausreichenden Antworten auf ihm im Parteiengehör gestellte Fragen und permanente Unterbrechungen des vernehmenden Beamten, sodass von keiner Kooperationsbereitschaft und Mitwirkung an den Zielen des Strafvollzugs ausgegangen werden könne. Da eine sportliche Betätigung außerhalb des Hauses als gewohnte Methode zum Spannungsabbau bei Konfliktsituationen während des Vollzugs eines eüH für A* nicht erlaubt sei, sei ein Verstoß gegen die vorgegebene räumliche Begrenzung im eüH durch Verlassen des Hauses vorhersehbar oder alternativ eine noch größere Steigerung des innerfamiliären Konfliktpotenzial ausgesprochen naheliegend zu befürchten, sodass insgesamt eine negative Risikoprognose vorliege.Weiters sei die Möglichkeit der Verrichtung einer geeigneten Beschäftigung wie ein daraus erzielbares Einkommen nicht feststellbar. Ansprüche auf Notstandshilfe oder Arbeitslosenunterstützung würden bei Antritt der Freiheitsstrafe in Form des eüH enden. Eine Ausnahme bestünde lediglich in Form der Teilnahme an einer Kursmaßnahme der Arbeitsmarktservice im Sinne des § 12 Abs 5 AlVG. Die aktuelle Absolvierung einer derartigen Kursmaßnahme für die gesamte Dauer des zu vollziehenden Freiheitsentzugs sei nicht feststellbar. Auch eine Selbstversicherung sei nicht nachgewiesen, sodass auch die Voraussetzung des notwendigen Kranken- und Unfallversicherungsschutzes als nicht erfüllt zu erachten sei.

Dagegen richtet sich die - mehrfach eingebrachte (vgl ON 19 ff) - rechtzeitige Beschwerde des A*, der folgende Unterlagen angeschlossen sind:

- Kopie eines Sparbuchs lautend auf A* und seine Ehegattin mit einem Guthaben von rund 25.000 Euro (ON 19.2),

- ein E-Mail des Sozialmarkts J* K* vom 15. Mai 2025, wonach A* jederzeit unentgeltlich in diesem Markt arbeiten könne (ON 19.3),

- eine Bestätigung der Marktgemeinde L* vom 15. Jänner 2025, wonach A* ab sofort seinen Sozialdienst bei der Marktgemeinde L* im Beschäftigungsausmaß von 32 Wochenstunden, befristet auf vier Monate, antreten könne, wobei festgehalten wird, dass sich die Marktgemeinde L* das Recht behalte, die Zusage unter keinerlei Angaben von Gründen jederzeit zu beenden (ON 19.4),

- eine undatierte Anwesenheitsbestätigung der Caritas Beratungsstelle ** M*), wonach A* am 2., 9., 16. und 24. April, am 7. und 21. Mai und am 4. Juni anwesend war, ein Kalenderjahr ist nicht angeführt (ON 20.2),

- eine schlecht lesbare Anwesenheitsbestätigung der Caritas K*, Männerberatung, für 21. (?) Mai 2025 (ON 20.3),

- eine Zeitbestätigung einer Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin vom 22. April 2025, wonach A* am 22. April 2025 für rund zwanzig Minuten in ihrer Ordination war (ON 20.4),

- eine Zeitbestätigung der Männerberatung K*, wonach A* am 23. April eine Stunde von der Männerberatung Caritas K* beraten worden sei (ON 20.5),

- eine Nachricht der Österreichischen Gesundheitskasse vom 6. März 2025, wonach der monatliche Beitrag bei der Selbstversicherung in der Krankenversicherung bei 526,79 Euro liege und dieser bei Vorliegen der Voraussetzungen auf eine Untergrenze von 131,70 Euro herabgesetzt werden könne (ON 22.2).

Vorgebracht wird, dass er in der Gemeinde L* oder im Sozialmarkt J* in K* 32 Stunden, wenn das nicht genüge, auch 38,5 oder 40 Stunden arbeiten könne. Er habe keine Bedenken, dass er dies nicht schaffen würde.

Das nötige Einkommen würde er vom vorgelegten Sparkonto beziehen, die nötige Sozialversicherung bei der ÖGK „machen“.

Fehlende Krankheitseinsicht liege – dabei wird auf die vorgelegten Unterlagen des Facharztes für Psychiatrie sowie der Caritas verwiesen - nicht vor. Er mache alle gesetzlich vorgeschriebenen Therapien. Seine Frau sei mit der Fußfessel sowie damit, dass er bei Ausfall des AMS-Bezugs Geld vom Sparkonto für seinen Unterhalt verwende, einverstanden.

Sport mache er tatsächlich gern und viel, aber durch die Sozialarbeit und durch die Therapien würde er eh ausgepowert sein. Er habe auch einen eigenen Trainingsraum. Außerdem sei er sehr hilfsbereit, unterstütze seine Frau und seine Kinder und auch seine Eltern, wo es nur gehe. Seine Frau habe eine Thrombose, müsse Tabletten nehmen und mehr rasten. Weiters hätten sie ein zweites Enkelkind bekommen und würde er auch im Betrieb seiner Tochter (Landwirtschaft, Weinbau, Schweine, Kleinvieh) helfen. Er habe auch einen Arbeitsraum als Rückzugsraums und genug Möglichkeiten sich zu beschäftigen. Darüber hinaus bitte er bei der Entscheidung zu berücksichtigen, dass es seit Mitte März 2024 zu keiner weiteren Anzeige gekommen sei und er auch seit mehr als einem Jahr keinen einzigen Tropfen Alkohol mehr trinke.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 leg. cit. wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, wenn das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat.

Die Bewilligung eines Vollzugs im eüH hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und begründet nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 16a Abs 3 StVG, wenn das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen dieser Vollzugsform abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist. Dabei zu treffende Ermessensentscheidungen bewirken gemäß § 16a Abs 2 leg. cit. keine Rechtswidrigkeit, insbesondere, weil die Einschätzung, ob die Gefahr besteht, der Verurteilte werde die Vollzugsform des eüH missbrauchen, eine Prognoseentscheidung darstellt, bei welcher den Strafvollzugsbehörden innerhalb der gesetzlichen Parameter ein Beurteilungsspielraum zukommt.

Wesentliches Element des eüH ist gemäß § 156b Abs 1 Z 2 lit b StVG das Ausüben einer geeigneten Beschäftigung, wobei diese Tätigkeit der Resozialisierung zu dienen hat ( Drexler/Weger, StVG 5 § 156c Rz 10 f mwN). Zum Begriff geeigneter Beschäftigung zählt ua, dass der Strafgefangene mit einer festen Arbeitsstruktur konfrontiert ist. Weiters soll ihm durch verpflichtende Einhaltung bestimmter arbeitsmäßiger Zeitvorgaben ermöglicht werden, eine (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsprozess zu fördern ( Drexler/Weger , aaO Rz 10/3).

Die Vollzugsform des eüH setzt ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Kooperationsbereitschaft voraus. Im Rahmen der nach § 156c Abs 1 Z 4 StVG aufzustellenden Risikoprognose hinsichtlich eines Missbrauchs des eüH stellen bereits begangene strafbare Handlungen Risikofaktoren dar, die gemäß § 156c Abs 1 Z 4 StVG neben den Wohnverhältnissen und dem sozialen Umfeld des Verurteilten in die Beurteilung der Missbrauchsgefahr einzufließen haben. Darüber hinaus sind etwa die Gefährlichkeit des Betroffenen, Art und Beweggrund der Anlasstat oder früherer Verurteilungen, der nunmehrige Lebenswandel und die Chancen auf ein redliches Fortkommen nach der Haft als weitere Aspekte zu berücksichtigen. Dabei besteht für die Strafvollzugsbehörden ein Beurteilungsspielraum, innerhalb dessen die Entscheidung anhand der gesetzlichen Kriterien zu begründen ist ( Drexler/Weger , aaO § 156c Rz 14 mwN).

Die Gewährung eines eüH ist mit einem entsprechenden Vertrauensvorschuss verbunden, zumal keine dem geschlossenen Vollzug vergleichbare physische Überwachungsmöglichkeit besteht. Missbrauchsgefahr liegt demnach dann vor, wenn jeweils aufgrund konkreter Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Verurteilter den eüH zur Begehung einer strafbaren Handlung ausnützt, flüchten wird oder diese Vollzugsform im konkreten Fall sonst nicht mit den Vollzugszwecken (§ 20) in Einklang gebracht werden kann ( Drexler/Weger , aaO Rz 15 mwN). Gefahrenträchtig ist etwa eine negative Verlässlichkeitsprognose, wenn also der Antragsteller eine nur mangelnde Kooperationsbereitschaft bzw. Paktfähigkeit zeigt ( Drexler/Weger , aaO Rz 15/1 mwN).

Vorauszuschicken ist, dass im gegenständlichen Verfahren Neuerungsverbot besteht, weil Beschlüsse des Vollzugsgerichts - das nicht als erste Instanz entscheidet - nach § 16 Abs 3 StVG nur wegen Rechtswidrigkeit angefochten werden können (vgl OLG Wien in ständiger Rsp; Drexler/WegerStVG 5§ 16a Rz 2 mwN) und gemäß § 17 Abs 2 Z 2 iVm Z 1 StVG die Bestimmung des § 65 AVG, wonach Neuerungen im Berufungsverfahren zulässig wären, nicht anzuwenden ist.

Fallkonkret ging das Erstgericht davon aus, dass keine geeignete Beschäftigung vorliege (BS 6). Eine geeignete Beschäftigung muss (längstens) zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts für den Zeitpunkt des Haftantritts vorliegen ( Walser, Recht und Wirklichkeit des eüH, S 140; OLG Wien AZ 32 Bs 265/24s, AZ 32 Bs 267/24h, 32 Bs 81/25h uva), was dem Umstand geschuldet ist, dass das Erstgericht Neuerungen zu berücksichtigen hat. Nachdem der Verurteilte in seiner Beschwerde weder behauptet, am 23. April 2025 (Zeitpunkt der Beschlussfassung des Erstgerichts) einer geeigneten Beschäftigung nachgegangen zu sein, noch dass das Erstgericht zu seiner Beschäftigungssituation von unrichtigen Annahmen ausgegangen sei, begegnen die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgericht, dass seine Deduktion aus aktenkundigen Umständen ableitete, keinen Bedenken.

Soweit er in seiner Beschwerde behauptet, die nötige Sozialversicherung durch Selbstversicherung bei der ÖGK „machen“ zu wollen und dazu Korrespondenz mit der ÖGK vorlegt, handelt es sich einerseits um unzulässige Neuerungen (vgl BS 2), andererseits ändert diese Korrespondenz nichts daran, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts eine Selbstversicherung nicht nachgewiesen war. Das Verfahren zur Erlangung eines eüH hat im Übrigen nicht den Zweck, die dafür nötigen Voraussetzungen herzustellen, sondern diese - längstens bis zur Entscheidung des Erstgerichts, das Neuerungen zu berücksichtigen hat - nachzuweisen.

Darüber hinaus hat das Erstgericht die vorzunehmende Ermessensentscheidung nach § 156c Abs 1 Z 4 StVG mit Blick auf die konstatierten psychischen Auffälligkeiten, die fehlende Schuldeinsicht, aber auch etwa das Verhalten im Parteiengehör keinesfalls außerhalb des gesetzlichen Rahmens bzw in unvertretbarer Weise getroffen, stellt doch die Annahme mangelnder Kooperationsbereitschaft bzw Paktfähigkeit eine tragfähige Grundlage für die Annahme einer negativen Verlässlichkeitsprognose dar (vgl BS 10).

Soweit der Beschwerdeführer den Vorwurf fehlender Krankheitseinsicht als nicht gegeben ansieht und auf die ihm „gesetzlich“ vorgeschriebenen Therapien (offensichtlich gemeint: die vom Landesgericht St. Pölten zu AZ B* angeführten Weisungen [BS 4]) verweist, vermag er keinen Fehler der Ermessungsentscheidung des Erstgerichts aufzuzeigen. Nach den dem Erstgericht vorliegenden Erhebungsergebnissen – Neuerungen sind vom Oberlandesgericht nicht zu berücksichtigen - sind nämlich dessen Schlussfolgerungen, dass der Antragsteller aufgrund seiner psychischen Auffälligkeiten, die sich etwa auch am 15. Jänner 2025 im Gespräch mit BezInsp N* (ON 12.29) zeigten, sowie dem Umstand, dass er erst im Zuge des Rechtsmittelverfahrens mit seiner Beschwerde am 19. Februar 2025 die psychologische Befundung vom 8. November 2024 vorlegte (BS 6), und damit gerade nicht die nötige Kooperationsbereitschaft gegenüber staatlichen Autoritäten unter Beweis stellte, nicht zu beanstanden.

Dass es seit Mitte März 2024 zu keinen weiteren Anzeigen gekommen sei, ist irrelevant, weil das Erstgericht ohnehin nicht von einer weiteren Anzeige ausgegangen ist. Auch dass er keinen Tropfen Alkohol mehr trinke, vermag nichts an der Einschätzung des Erstgerichts, das diese Behauptung ohnedies berücksichtigte (BS 2), zu ändern. Das Vorbringen, einen Arbeitsraum als Rückzugsraum zu haben und nicht notwendigerweise Sport im Freien treiben zu müssen, um Spannung abzubauen, ist nicht geeignet, die in diesem Zusammenhang erfolgten Erwägung des Erstgerichts, das mit logischer Begründung darlegte, dass damit eine noch größere Steigerung des innerfamiliären Konfliktpotenzials gegeben sei (BS 10), nicht zu entkräften. Die insgesamt keinen wesentlichen Paramter übergehenden, äußerst sorgfältigen Überlegungen des Erstgerichts haben daher Bestand.

Da die in § 156b und § 156c StVG genannten Voraussetzungen für die Gewährung eines eüH nach den Intentionen des Gesetzgebers kumulativ vorliegen müssen, wobei das Fehlen auch nur einer dieser Voraussetzungen zur Ablehnung des Antrags führt ( Drexler / Weger, StVG 5 § 156d Rz 5 mwN), war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

R echtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.