JudikaturOLG Wien

33R70/25v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Immaterialgüterrecht
08. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien fasst als Rekursgericht *** in der Markenschutzsache der Antragstellerin A *** wider den Antragsgegner B *** , wegen des Widerspruchs gegen die österreichische Marke AT 326980, über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 10.1.2025, WM 10123/2024, in nicht öffentlicher Sitzung den

Spruch

Beschluss:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin erhob am 17.9.2024 Widerspruch gegen die für den Antragsgegner registrierte Wortmarke ELOS (AT 326980), weil Verwechslungsgefahr mit der zugunsten der Antragstellerin registrierten älteren Wortmarke Melos (IR 453081) bestehe.

Mit Schreiben vom 25.10.2024 forderte die Rechtsabteilung des Patentamts den Antragsgegner auf, sich zum Widerspruch, der diesem Schreiben angeschlossen war, binnen zwei Monaten zu äußern. Diese Sendung wurde dem Antragsgegner nach der Aktenlage am 31.10.2024 durch Hinterlegung zugestellt und in weiterer Folge als nicht behoben an das Patentamt retourniert.

Nachdem die Äußerungsfrist ungenützt verstrichen war, gab die Rechtsabteilung des Patentamts mit dem nun angefochtenen Beschluss dem Widerspruch statt und hob die Registrierung der angegriffenen Marke hinsichtlich aller Waren und/oder Dienstleistungen mit Wirksamkeit vom Zeitpunkt der Registrierung auf.

Dagegen wendet sich der vorliegende Rekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, das Verfahren neu zu eröffnen und ihm Gelegenheit zu geben, sich zum Widerspruch zu äußern. Begründend führt der Rekurswerber im Wesentlichen aus, dass ihm „keine der im Verfahren genannten Zustellungen, insbesondere die am 31.10.2024 angeblich zugestellte Mitteilung, zugegangen“ sei. Es sei ihm deshalb nicht möglich gewesen, auf den Widerspruch zu reagieren.

Die Antragstellerin stellt in ihrer Rekurs-beantwortung den Antrag, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Das Zustellgesetz regelt die Zustellung der von Gerichten und Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Dokumente (§ 1 ZustG). Auch die Zustellung von Schriftstücken des Patentamts in Markenschutzsachen ist gemäß § 35 Abs 5 MSchG iVm § 85 PatG nach diesem Gesetz durchzuführen.

2. Bei der Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der postalischen Zustellung einer RSb Sendung ist zunächst auf den Rückschein Bedacht zu nehmen, der eine öffentliche Urkunde bildet, die gemäß § 292 Abs 1 ZPO grundsätzlich vollen Beweis darüber macht, dass die darin beurkundeten Zustellvorgänge eingehalten worden sind. Trotz des Vorliegens eines solchen Rückscheins steht es jener Partei, die sich auf die Unwirksamkeit des Zustellvorgangs beruft, dennoch frei, den gemäß § 292 Abs 2 ZPO zulässigen Gegenbeweis der Vorschriftswidrigkeit und damit Gesetzwidrigkeit der Zustellung zu führen (RS0040471; RS0036420 [T1]). Dieser Gegenbeweis erfordert jedoch bei nicht offenkundigen Mängeln die Geltendmachung konkreter Gründe, die in der Folge auch bewiesen bzw. (zumindest) glaubhaft gemacht werden müssen. Die bloße Behauptung, keine Hinterlegungsanzeige im Postkasten vorgefunden zu haben, reicht ebenso wenig aus wie die Behauptung, der Zustellvorgang sei „ungesetzlich“ gewesen, habe den Voraussetzungen einer wirksamen Zustellung nicht entsprochen oder ähnliche allgemeine Behauptungen. Dadurch wird noch keine Prüfung des Zustellvorgangs ausgelöst, maßgeblich bleibt vielmehr der Akteninhalt. Daher lösen nur konkrete Gründe weitere Erhebungen aus, die auch mit Aufträgen zu weiterem Vorbringen oder zur Vorlage von Urkunden verbunden sein können ( Stumvoll in Fasching/Konecny 3 II/2 § 22 ZustG Rz 7 mwN).

3. Das Rekursvorbringen des Antragsgegners, es sei ihm „keine der im Verfahren genannten Zustellungen, insbesondere die am 31.10.2024 angeblich zugestellte Mitteilung, zugegangen“, ist daher nicht geeignet, weitere Erhebungen über den verfahrensgegenständlichen Zustellvorgang auszulösen, der hier ohne offenkundige Mängel beurkundet wurde. Damit ist von einer gesetzmäßigen Zustellung des Widerspruchs auszugehen.

4. Gemäß § 29b Abs 1 MSchG ist der Markeninhaber nach Ablauf der Widerspruchsfrist über alle fristgerecht eingelangten Widersprüche in Kenntnis zu setzen, und es ist ihm zur Erstattung einer schriftlichen Äußerung eine angemessene Frist einzuräumen (Satz 1). Bringt der Markeninhaber innerhalb der ihm gesetzten Frist keine Äußerung ein, so ist ohne weiteres Verfahren antragsgemäß die gänzliche oder teilweise Aufhebung der Marke zu verfügen (Satz 3). Eine inhaltliche Prüfung des Widerspruchs findet in diesem Fall nicht statt ( Woller in Kucsko/Schumacher , marken.schutz³ § 29b Rz 6).

Im vorliegenden Fall hat sich der Antragsgegner innerhalb der ihm eingeräumten Frist nicht zum Widerspruch geäußert. Der dem Widerspruch stattgebende Beschluss des Patentamts steht daher mit § 29b Abs 1 Satz 3 MSchG in Einklang.

5. Dem vorliegenden Rekurs kann nach dem Gesagten kein Erfolg beschieden sein.

6. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war nach § 59 Abs 2 AußStrG (iVm § 139 PatG und § 37 Abs 3 MSchG) auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt (vgl 4 Ob 66/18m ua).

7. Der ordentliche Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 139 PatG und § 37 Abs 3 MSchG) nicht zulässig.