22Bs139/25i – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* und weitere Angeklagtewegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm § 129 Abs 1 Z 1), 130 Abs 1 erster Fall und Abs 3, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung der Staatsanwaltschaft Wien gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. Februar 2025, GZ ** 93.3, nach der unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein der Richter Mag. Hahn und Mag. Gruber als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Gretzmacher, LL.M, in Anwesenheit der Angeklagten und ihrer Verteidiger Mag. Augendoppler, Dr. Vinkovits und Mag. Jobst durchgeführten öffentlichen Berufungsverhandlung am 15. Juli 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben und die über A* verhängte Freiheitsstrafe auf vier Jahre und acht Monate, die über B* verhängte Freiheitsstrafe auf vier Jahre und die über C* verhängte Freiheitsstrafe auf fünf Jahre erhöht.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen – auch rechtskräftige Teilfreisprüche enthaltenden - Urteil wurden A*, B* und C* jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm § 129 Abs 1 Z 1), 130 Abs 1 erster Fall und Abs 3, 15 StGB (I./A./), des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 Z 1 StGB (I./B./a./) und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB (I./B./b./) sowie B* des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB schuldig erkannt und hiefür jeweils unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem Strafsatz des § 130 Abs 3 StGB A* zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren und zwei Monaten, B* zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und acht Monaten und C* zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Unter einem erkannte das Erstgericht gemäß § 366 Abs 2 iVm § 369 Abs 1 StPO B* und C* zur ungeteilten Hand schuldig, der D* AG EUR 13.346,88 und B* schuldig, der E* AGF* EUR 43.168,83 zu zahlen und verwies die Privatbeteiligten gemäß § 366 Abs 2 StPO mit ihren übrigen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg.
Inhaltlich des Schuldspruchs haben
I./ A*, B* und C* in G* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB)
A./ A*, B* und C* gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) durch Einbruch in Wohnstätten fremde bewegliche Sachen in einem teilweise EUR 5.000,-- übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (wobei beim Faktum I./A./a./1./ und I./A./b./3./ lediglich B* und C* beteiligt gewesen sind),
a./ wegzunehmen versucht (§ 15 StGB), und zwar
1./ B* und C* zwischen 12.08. und 17.08.2024 in ** G*, **, Dipl-Ing H*, indem sie ein Fenster mit einem Stein einschlugen, in das Haus einstiegen und sämtliche Räumlichkeiten durchsuchten, wobei sie keine Wertgegenstände an sich nahmen (FAKTUM 5);
2./am 14.08.2024 in **, **, I*, indem sie sich zu dessen Haus begaben, B* eine Warnweste anzog und an der Eingangstür anläutete, wobei er von einem Nachbarn beobachtet wurde und die weitere Tatausführung abbrach (FAKTUM 2);
b./ weggenommen, und zwar
1./ am 13.08.2024 in **, **, Ing. J* einen Grabendolch, alte Geldscheine und Gedenkmünzen, Armbanduhren und Schmuck im Gesamtwert von 2.685,-- sowie Bargeld in der Höhe von EUR 645,-- indem sie die Terrassentüre aufbrachen (FAKTUM 1);
2./ am 14.08.2024 in **, **, K* Schmuck im Gesamtwert von EUR 5.894,-- und Golddukaten im Wert von EUR 1.300,--, indem sie ein Fenster aufbrachen (FAKTUM 3);
3./ B* und C* am 15.08.2024
aa./ in **, **, L* eine Anstecknadel des M*, ca EUR 520,-- an Bargeld, Goldmünzen im Wert von ca EUR 11.500,-- und ein N* Paket mit Inhalt im Wert von EUR 37,20, indem sie ein Kellerfenster eindrückten (FAKTUM 4);
bb./ in **, *, O* vier Louis Vuitton Taschen in diversen Größen, zwei Parfums, ein Taschenmesser, zwei Trachtenketten und ein Trachtenarmband, einen Badezimmerteppich sowie eine Schatulle mit Modeschmuck im Gesamtwert von ca EUR 3.500,--, indem sie ein Kellerfenster aufdrückten (FAKTUM 7);
4./ am 16.08.2024 in **, **, P* Armbanduhren, Silbermünzen, Golddukaten, Banknoten, Manschettenknöpfe, eine Stielbrille, eine Krawattennadel und ein Theaterglas im Gesamtwert von EUR 4.013,--, indem sie eine Terrassentür mittels Schraubenzieher aufbrachen, (FAKTUM 8);
5./ am 18.08.2024 in **, **, Q* ca EUR 10.000,-- an Bargeld sowie Schmuck, Elektrogeräte, Werkzeug, Silberbesteck und Geschirr im Wert von ca EUR 5.000,--, indem sie versuchten die Tür eines Nebengebäudes aufzubrechen und schließlich ein zuvor mit Klebeband gesichertes Fenster einschlugen (FAKTUM 9);
6./ am 19.08.2024 in ** G*, **, Mag. R* Bargeld in der Höhe von EUR 15.100,-- und S* EUR 100,-- an Bargeld, eine Armbanduhr im Wert von ca EUR 500,-- und eine Umhängetasche im Wert von ca EUR 100,--, indem sie eine Balkontür aufdrückten (FAKTUM 10);
7./ am 20.08.2024 in **, **, T* Schmuck, Uhren, Münzen, eine kleine Tasche und einen Orden im Gesamtwert von ca EUR 8.000,--, indem sie mit einem Werkzeug aus dem Bestand des Opfers die zuvor mittels Klebeband gesicherte Terrassentür aufbrachen (FAKTUM 11);
8./ am 22.08.2024 in **, **, Dr. U*, Schmuck, eine Geldbörse, zwei Handtücher und eine orange Handtasche im Gesamtwert von EUR 6.000,--, indem sie die Terrassentür aufdrückten (FAKTUM 12);
B./ am 20.08.2024
a./ in G* Vermögensbestandteile, die aus einer kriminellen Tätigkeit herrühren, nämlich durch die in Anklagefaktum I./A./a./ und b./1./ bis 7./ angeführte Tathandlung erlangte Schmuckstücke in nicht mehr festzustellendem Wert mit dem Vorsatz, ihren illegalen Ursprung zu verschleiern durch Weiterverkauf an Verfügungsberechtigte eines Juweliergeschäftes unter Vorgabe seiner rechtmäßigen Verfügungsbefugnis einem anderen übertragen;
b./ durch die zu Anklagefaktum I./A./b./7./ angeführte Tat ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig zu bereichern, verschafft, nämlich eine Bankomatkarte des T* (FAKTUM 11, ON 64.11);
II./ B* hat am 11.08.2024 in G* eine fremde Sache, nämlich das Erdgeschoß und den Keller des Einfamilienhauses des Dipl-Ing H*, beschädigt und dadurch einen EUR 5.000,-- übersteigenden Schaden herbeigeführt, indem er den Wasserhahn im Erdgeschoss aufdrehte und das Wasser laufen ließ ohne diesen abzudrehen, wodurch sämtliche Räume im Erdgeschoss und Keller überflutet wurden und ein Schaden in Höhe von EUR 48.599,08 entstand (FAKTUM 6).
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht erschwerend beim Erstangeklagten drei, beim Zweitangeklagten eine und beim Drittangeklagten vier einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die mehrfache Deliktsqualifikation und das mehrfache Übersteigen der Wertgrenze, mildernd die umfassend reumütige geständige Verantwortung, den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und dass teilweise die Beute an die Opfer zurückgegeben werden konnte.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig angemeldete und fristgerecht zur Ausführung gelangte Berufung der Staatsanwaltschaft Wien, die auf eine tat und schuldangemessene Erhöhung der Freiheitsstrafen abzielt (ON 100).
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt Berechtigung zu.
Zutreffend verweist die Staatsanwaltschaft zunächst darauf, dass der Milderungsgrund des gesetzlich festgeschriebenen reumütigen Geständnisses (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) lediglich dem Zweitangeklagten, der sich während des Verfahrens umfassend geständig verantwortete, mildernd zuzurechnen ist. Beim Erstangeklagten liegt eine umfassend reumütige Verantwortung nicht vor, sondern verantwortete er sich lediglich teilweise geständig und auch der Drittangeklagte verantwortete sich erst nachdem er in der Hauptverhandlung umfassend vom Zweitangeklagten belastet worden war zu sämtlichen ihm vorgeworfenen Fakten geständig. Hinsichtlich sämtlicher Angeklagten ist wie vom Erstgericht zutreffend erkannt auch darauf zu verweisen, dass der geständigen Verantwortung angesichts der geradezu erdrückenden Beweislage im Rahmen der umfangreichen Ermittlungen des LKA G* und V*, in Form von Auswertungen der GPS Peildaten der angemieteten Mietfahrzeuge, wodurch zu sämtlichen Einbruchsfakten festgestellt werden konnte, dass sich die Angeklagten zum jeweiligen Tatzeitpunkt in unmittelbarer Nähe zum Tatort befanden und der Observierungsmaßnahmen, im Zuge derer die Angeklagten bei vorbereiteten Einkäufen von Handschuhen, Schraubenzieher und Klebeband beobachtet werden konnten, und aufgrund des Auffindens von belastenden Spurenmaterial an den Tatorten und von Diebesgut bei den Angeklagten lediglich geringes Gewicht zukommt. Ein Geständnis ist nur dann ein ins Gewicht fallender Milderungsgrund, wenn es sich auf Umstände bezieht, die für das Strafverfahren von Bedeutung sind und dadurch die Aufklärung des Sachverhalts wesentlich erleichtert, sowie wenn daraus Schuldeinsicht erkennbar ist (RISJustiz RS0091488). Ein bloßes Zugeben von Tatsachen ist nicht mildernd, wenn ein Leugnen eben dieser Tatsachen keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (RISJustiz RS0091512).
Ebenso zutreffend verweist die Staatsanwaltschaft darauf, dass einer objektiven Schadensgutmachung durch Sicherstellung der Beute, angesichts der Tatsache, dass die Angeklagten observiert und angehalten wurden, kaum schuldmildernde Bedeutung beigemessen werden kann.
Zu Recht moniert die Staatsanwaltschaft auch, dass der vom Erstgericht zwar zutreffend erhobenen Erschwerungsgrund der Tatwiederholung fallgegenständlich bei Vorliegen von neun bzw zwölf Einbruchsdiebstahlsfakten gewichtiger zu werten ist, was auch für den Erschwerungsgrund des mehrfachen Überschreitens der Wertgrenze, welche fallkonkret in einer knapp 15 fachen Überschreitung vorliegt, gilt.
Die Gewerbsmäßigkeitsqualifikation ist nicht nur nach § 70 Abs 1 Z 3, sondern auch nach § 70 Abs 1 Z 1 StGB erfüllt, spricht doch der konstatierte modus operandi, bei genau selektierten Gebäuden in einer Warnweste anzuläuten, um für den Fall, dass jemand zu Hause wäre, eine Autopanne vortäuschen zu können, für eine wohl überlegte Vorgehensweise und den Einsatz besonderer Fähigkeiten, die die Absicht einer wiederkehrenden Begehung im Sinn leg.cit. nahelegen.
Zutreffend verweist die Berufung auch darauf, dass beim Drittangeklagten zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass er die Taten während zweier offener Probezeiten beging (RISJustiz RS0090597, RS0090954).
Auch die im Rahmen der Strafbemessung ebenso zu beachtenden Belangen der Generalprävention (RISJustiz RS0090600) streiten mit Blick auf die professionelle Vorgehensweise der Angeklagten für eine höhere Einschätzung des Tatunrechts.
Letztlich hat auch der Oberste Gerichtshof das besondere Erfordernis generalpräventiven Wirkens bei sogenanntem Kriminaltourismus anerkannt (OGH 12 Os 78/06x). Wenn Staatsangehörige anderer Länder einzelne Delikte, fallaktuell in Österreich wie in anderen EU Mitgliedsstaaten begehen, zu deren alleinigen Zweck sie einreisen, um diese nach den Taten wieder zu verlassen, ist es Verpflichtung der Strafverfolgungsbehörden präventiv dahin zu wirken, dass potentielle Täter mit solcherart hohem kriminellen Potenzial, insbesondere auch solche aus dem Lebenskreis der Angeklagten abgehalten werden, auf ähnliche Weise Rechtsgüter zu verletzen.
Bei Berücksichtigung all dessen sind die verhängten Freiheitsstrafen bei dem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe dem Schuld und Tatunrechtsgehalt entsprechend im spruchgemäßen Ausmaß zu erhöhen.