Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig als Vorsitzende, die Richter Mag. Nigl und Mag. Derbolav-Arztmann sowie die fachkundigen Laienrichter Florian Böhm und Norbert Walter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Partei Mag. A* , **, vertreten durch die Haider Obereder Pilz Rechtsanwält:innen GmbH in Wien, wider die beklagte Partei B* , **, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Kündigungsanfechtung gemäß § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG und gemäß § 15 Abs 1 AVRAG (führend; Streitwert EUR 36.400,-) sowie gemäß § 7b Abs 1 Z 7 BEinstG (**; Streitwert EUR 36.400,-), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 4.4.2024, **-75, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.532,85 (darin EUR 422,15 USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, erachtet hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend. Damit genügt eine auf die wesentlichen Punkte beschränkte Begründung (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500 a zweiter Satz ZPO).
Die Klägerin focht die Kündigung an, und zwar einerseits wegen Sozialwidrigkeit gemäß § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG und wegen eines verpönten Motivs gemäß § 15 Abs 1 AVRAG (wegen angestrebter Wiedereingliederungsteilzeit), sowie mit gesonderter zu ** erhobener Klage wegen Diskriminierung aufgrund einer Behinderung gemäß § 7b Abs 1 Z 7 BEinstG.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren, die Kündigung der Klägerin vom 20.12.2022 zum 28.2.2023 für rechtsunwirksam zu erklären, abgewiesen
Seiner Entscheidung legte es die auf den Urteilsseiten 6 bis 20 ersichtlichen Feststellungen zu Grunde, auf die verwiesen und aus denen hervorgehoben wird:
[...] Ab Herbst 2019 koordinierte die Klägerin schon sehr eigenständig die Lehrkapazitäten im Bereich Finance, Banking und Insurance. Ab Beginn 2020 war die Klägerin mit der Lehrplanung für das englischsprachige Studienprogramm der C* befasst. Die Vorgesetzte, Mag. D*, [...]
Im Zuge der Pandemie wurde im Jahr 2020 sodann größtenteils im Home Office gearbeitet, die Lehre an der Universität fand online statt.
Ab dem Frühjahr 2021 waren dann alle wieder am Campus anwesend. Die Klägerin verhielt sich im Hinblick auf die noch anhaltende Corona-Pandemie vorsichtiger als andere und trug weiterhin konsequent eine FFP2-Maske, auch wenn dies gerade nicht durch Verordnungen oder Anordnungen des Dienstgebers vorgeschrieben war. […] Mag. D* sprach die Klägerin immer wieder darauf an, warum sie Maske trage und nahm diesen Umstand zum Anlass, mit der Klägerin über die Pandemie-Politik zu sprechen. Das war der Klägerin unangenehm.
Die Klägerin erbrachte eine durchschnittliche bis gute Arbeitsleistung, wenngleich es vereinzelte Situationen gab, die von anderen kritisch gesehen wurden. Dabei handelte es sich um Dinge, die in diesen Tätigkeiten vorkommen können.
Ab dem Wintersemester 2021/2022 war Professor E* Planpunkt-Verantwortlicher für die C*. […] E* war von den Arbeitsleistungen der Klägerin nicht besonders angetan, kritisierte sie aber auch nicht direkt. [...]
Die Klägerin verfügte über gute und für ihre Tätigkeit ausreichende Excel-Kenntnisse. [...]
Zu den Hauptaufgaben der Klägerin, nämlich Planung, Koordination und Durchführung sämtlicher administrativer Tätigkeiten im Bereich Lehre und auch Vorbereitung von Entscheidungsgrundlagen, zählte auch die Unterstützung ihrer disziplinären Vorgesetzten Mag. D* bei der Personalplanung durch Vorbereitung von Entscheidungsgrundlagen. [...]
Die Klägerin strebte eine Stundenreduktion an, um eine bessere Work-Life-Balance zu haben. Es gab damals keine gesundheitlichen Gründe für eine Reduktion der Arbeitsbelastung. Mit Vereinbarung vom 11.11.2021 einigten sich die Parteien darauf, dass das Beschäftigungsausmaß ab 1.4.2022 32 Stunden pro Woche betragen sollte (./A). [...]
D* war dann in weiterer Folge mit den Vorschlägen der Klägerin betreffend die Reorganisation der Tätigkeit nicht zufrieden und hatte den Eindruck, dass die Klägerin mit der Reorganisationsaufgabe überlastet sei. Die Klägerin hatte für die Planungsaufgabe Excel Sheets entworfen und die anfallenden Tätigkeiten darin aufgeschlüsselt. [...]
Bis zum Herbst/Winter 2021 war man, abgesehen von kleineren Unstimmigkeiten, wie oben angeführt, im Großen und Ganzen mit der Arbeitsleistung der Klägerin zufrieden gewesen.
Zum Jahreswechsel 2021/2022 hatte die Klägerin Probleme mit ihrer linken Schulter, die Bizepssehne war entzunden. Aus diesem Grund meldete sie sich am 3.1.2022 krank und teilte mit, sie befürchte, dass das ein längerer Krankenstand werden könnte. Die Klägerin schilderte in ihrer Krankmeldung, dass sie schon den gesamten Weihnachtsurlaub mit Schmerzen verbracht habe, dass die Sehnenscheide der Bizepssehne und der Schleimbeutel im Schultergelenk entzündet seien und die Klägerin dies seit drei Wochen nicht in den Griff bekommen habe (./2). Die Klägerin nahm im Krankenstand Physiotherapie in Anspruch und wurde noch im Jänner 2022 mit Covid-19 infiziert. Am 31.1.2022 teilte die Klägerin ihrer Arbeitgeberin mit, die akute Krankheitsphase sei zwar vorbei und die Quarantäne beendet, sie laboriere jedoch noch an neurologischen Symptomen und Problemen mit dem Magen-Darm-Trakt (./4, 1). Die Klägerin übermittelte regelmäßig ihre Krankmeldungen und hielt per E-Mail Kontakt mit ihrer Arbeitgeberin. Am 6.3.2022 teilte die Klägerin mit, dass ihre Schulterschmerzen auf dem Wege der Besserung seien und sie weiter in physiotherapeutischer Behandlung sei. Betreffend die Post-Covid-Symptome sei die Situation zäh. Zwar seien die Kopfschmerzen besser, jedoch der Gesamtzustand nicht gut. Der Klägerin sei schwindelig, sie sei schwach und schnell erschöpft (./4, 6). Am 21.3.2022 teilte die Klägerin mit, ihre Beschwerden verliefen schubförmig, sie leide unter Gelenks-, Muskel- und Sehnenschmerzen und auch die Nesselsucht sei zurückgekehrt. Sie vertrage keine histaminhaltigen Lebensmittel und stelle nun ihre komplette Ernährung um. Am 15.4.2022 teilte die Klägerin mit, es seien nun mittels MRT in beiden Füßen Knochenmarksödeme und Schwellungen in den Sprunggelenken diagnostiziert worden, folglich müsse sie die Beine mindestens sechs Wochen entlasten und verbringe ihre Tage mit hochgelagerten Beinen. Sie habe von der Krankenkasse einen Rollstuhl bewilligt bekommen, sodass ihr Freund sie an Tagen, an denen es ihr besser gehe, hoffentlich ein bisschen in die Sonne schieben könne (./4, 8). Am 4.5.2022 berichtete die Klägerin, sie habe die Toleranz für immer mehr Lebensmittel und auch Medikamente verloren und könne de facto nichts mehr essen, ohne dass sich ihre Symptome verschlimmern. Termine im F* seien enttäuschend verlaufen, weitere Termine stünden an. Die Klägerin versuche, auch im privaten Bereich einen Post-Covid-Spezialisten aufzusuchen, wobei es lang dauere, Termine zu bekommen, sofern die Ärzte überhaupt noch Patienten nehmen. Am 23.5.2022 schilderte die Klägerin, dass sie fast jeden Tag einen Arzttermin oder eine Blutabnahme habe und dazwischen völlig erledigt sei. Zwischen den E-Mail-Nachrichten telefonierte die Klägerin auch mit ihrer Vorgesetzten Mag. D* und hielt sie detailliert über ihren Gesundheitszustand auf dem Laufenden. Auch D* meldete sich häufig telefonisch bei der Klägerin, teilweise im Wochenrhythmus. Im Rahmen der Telefonate hatte D* bereits im Frühjahr 2022 die Möglichkeit einer Wiedereingliederungsteilzeit erwähnt. Am 29.6.2022 teilte die Klägerin per E-Mail mit, es habe sich an ihrem Zustand seit dem letzten Telefonat nicht so viel verändert. Sie nehme jetzt ein liquorgängiges Antihistaminikum ein, welches mastzellstabilisierend und entzündungshemmend wirke. Vor einem Monat habe die Klägerin dieses Medikament noch nicht vertragen, komme aber nun ganz gut damit zurecht. Die Klägerin könne aber noch keine endgültige Entscheidung darüber treffen, ob es sie so weit bringen werde, dass sie wieder mehr essen könne und belastbarer werde, es wirke auf jeden Fall sedierend, was für die Schlafqualität gut sei. Die Physiotherapie sei leider nicht hilfreich gewesen. Auch die Ernährungsberaterin sei ein Stück weit hilflos, weil die Klägerin nichts vertrage. Am 11.8.2022 teilte die Klägerin per E-Mail mit, sie habe in der Woche davor eine Blasenspiegelung gehabt, die ihr eine Pilzinfektion eingebrockt habe. Anfang September habe sie voraussichtlich einen Termin in der Nierenambulanz. Dafür müsse im Vorfeld ein Lungenröntgen und diverse Laboruntersuchungen gemacht werden. Dort werde man auch sehen, ob die Leberwerte weiter gestiegen seien. Die Polyneuropathie im rechten Bein mache der Klägerin ebenfalls zu schaffen. Die Klägerin werde deswegen nochmals zur Neurologin müssen. Ein Rheumatologe habe gemeint, die Klägerin habe neben der Mastzellaktivierung auch noch Psoriasis (Schuppenflechte) mit Nagelbeteiligung, die durch Covid getriggert worden sein könnte. Dies würde die jahrelangen Nagelprobleme der Klägerin erklären, bei denen ihr bislang kein Hautarzt habe helfen können. Es würde vielleicht auch andere Probleme erklären, denn Psoriasis könne auch Gelenke, Augen oder die Nieren angreifen. Ob dem nun aber so sei oder es doch eine andere Ursache für ihre Probleme gebe, wisse sie nicht. Sicherheitshalber werde sie noch einen Augenarzt aufsuchen, weil auch die Augen Probleme machen (./4, 13). Ende August 2022 nahm die Klägerin mit G*, der Wiedereinstellungskoordinatorin bei der Beklagten, Kontakt auf und ersuchte um einen Beratungstermin. Dieser wurde für 5.9.2022 vereinbart und fand in Form eines Onlinetermins statt. Am 6.9.2022 telefonierte die Klägerin mit Mag. D* darüber. D* zeigte sich überrascht und meinte, sie hätte erst 2023 mit der Klägerin gerechnet, und ob sie wirklich jetzt schon wieder einsteigen wolle. Die Klägerin teilte mit, dass sie akzeptieren müsse, dass sie nicht mehr so gesund sei, dass sie aber ihre Erkrankung mit der Berufstätigkeit in Einklang bringen und wieder in das Berufsleben einsteigen wolle. Dann erzählte die Klägerin auch, dass ihr Arzt überlege, bei ihr eine Nierenbiopsie zu machen und sie dazu in den nächsten Tagen Näheres erfahren werde. Die Klägerin war sodann am 14.9.2022 wegen der Nierenbiopsie zur Vorbesprechung auf der Nierenambulanz. Bei der Besprechung wurde der bestehende Verdacht auf eine Mastzellenerkrankung erörtert. Es wurde der Klägerin Blut abgenommen und dieses in ein Speziallabor nach ** gesendet, um seltene Erkrankungen des Komplementsystems auszuschließen. Auch darüber informierte die Klägerin Mag. D* mit E-Mail vom 14.9.2022 (./4, 15). Am 21.9.2022 war die Klägerin für die eigentliche Nierenbiopsie ins Spital bestellt. Als die Klägerin sich schon im Krankenhaus befand, teilte der behandelnde Arzt Dr. H* der Klägerin eine Stunde vor dem geplanten Eingriff mit, dass die Biopsie nicht durchgeführt werde und dass andere Verdachtsdiagnosen bestünden. Auch darüber informierte die Klägerin Mag. D* telefonisch. Schließlich führten die beiden auch noch am 29.9.2022 ein Telefonat, in dem D* der Klägerin mitteilte, sie hätte das Gefühl, die Klägerin sei noch nicht gesund genug. Die Klägerin entgegnete, sie werde nicht mehr so gesund werden wie vor ihrer Erkrankung. Im Gespräch erfuhr die Klägerin auch, dass man Anfang August 2022 eine neue Teilzeitkraft eingestellt hatte. D* sprach auch das Thema des Tragens der FFP2-Maske an und ob es die Klägerin aushalten werde, wenn andere keine Maske tragen, was die Klägerin bejahte. Die Klägerin kündigte an, dass sie weiterhin beabsichtige, die FFP2-Maske zu tragen. D* hatte während der Tätigkeit der Klägerin im Jahr 2021 den Eindruck gewonnen, es liege ein gewisses Rückzugsverhalten bei der Klägerin vor und äußerte dies auch in dem Telefonat. Konkret sagte sie zur Klägerin, dass diese in Meetings eine abwehrende Körperhaltung gehabt habe. Die Klägerin hatte vorgehabt, in dem Telefonat über ihren Wiedereinstieg zu sprechen. D* vertrat dazu in dem Telefonat die Ansicht, dass sie den Eindruck habe, die Klägerin sei noch zu krank und meinte, eine Wiedereingliederung sei organisatorisch aufwändig. Am 11.10.2022 teilte die Klägerin per E-Mail mit, die Eiseninfusionen seien vom Tisch, die Ärztin wolle sie ihr nicht geben, weil dies wegen anaphylaktischer Reaktionen zu riskant sei. Aktuell kämpfe die Klägerin mit den Folgen eines erneuten Therapieversuchs mit oralen Eisenpräparaten vor einer Woche. Ihre Verdauung funktioniere seither überhaupt nicht mehr. Die Klägerin werde sich melden, wenn es Neuigkeiten gäbe, sie sei gerade etwas pessimistisch, dass sich ihr Darm so schnell erholen werde (./4, 16). Am 4.11.2022 teilte die Klägerin ihrer Vorgesetzten per E-Mail mit, dass ihr Darm noch immer nicht funktioniere, dass aber mit der Hausärztin besprochen worden sei, dass man es mit einer Cortison-Schubtherapie probieren könne. Jetzt müsse sie noch warten wegen Laboruntersuchungen in der nächsten Woche. Auch sei die Klägerin zu einer Immunologin gegangen, die sich bereit erklärt habe, mit einem Mastzellspezialisten aus Deutschland zu telefonieren, hinsichtlich therapeutischer Optionen. In ihrem Blut sei zudem der C3-Nephritisfaktor gefunden worden. Der Nephrologe halte sich weiterhin bedeckt und möchte noch die genetischen Untersuchungen auf diese Bindegewebserkrankung abwarten, von der die Klägerin überzeugt sei, sie nicht zu haben. Folglich müsse die Klägerin noch mehrere Wochen warten, bis sie mit ihm besprechen könne, wie es hinsichtlich der Niere weitergehen soll. Am 14.11.2022 übersendete die Klägerin erneut eine Krankenstandsverlängerung und teilte per E-Mail mit, das Cortison zeige noch keine Wirkung. Sollte sich in den nächsten zwei Wochen nichts bessern, sei sie wieder bei der Hausärztin, eventuell probiere man es dann Off-Label noch mit anderen Medikamenten. Die Klägerin habe sich aber schon darauf eingestellt, weiter nur Kartoffeln, Reis und gedämpftes Gemüse essen zu können. Weiters berichtete die Klägerin von weiteren Arztterminen bei der Immunologin und in der Nierenambulanz. Am 28.11.2022 teilte die Klägerin mit, es habe sich bei ihrer Ernährung nach wie vor nichts verändert. Sie werde nun versuchen, ganz vorsichtig löffelweise jede Woche ein neues Lebensmittel einzuführen und hoffe, dass das diesmal gelinge, ohne dass ihr Darm rebelliere. Auf der Nephrologie gehe leider gar nichts weiter, weil die Genetik-Untersuchungsergebnisse noch nicht da seien. So was könne leider Monate dauern, und so lange die Ergebnisse nicht da seien, werde der Arzt nichts weiter unternehmen. Im Dezember sei sie wieder bei der Immunologin, da werden aber vermutlich auch noch nicht alle Untersuchungen fertig sein, die sie in Auftrag gegeben habe, aber zumindest einen Teil könne man dann hoffentlich besprechen (./4, 22). D* gewann aus all diesen Mitteilungen den Eindruck, dass die Klägerin schwer krank und keinesfalls arbeitsfähig sei, und dass sich dies auch nicht so bald ändern werde.
Bereits gegen Ende des Sommersemesters, also ungefähr Juni/Juli 2022, hatten D*, I* und E* ein Gespräch über die weitere Tätigkeit der Klägerin geführt. Es wurden dabei auch verschiedene Unzufriedenheiten mit der vergangenen Tätigkeit der Klägerin geäußert, die Situation allgemein erörtert und man entschied, bei der Personalabteilung nachzufragen, welche Optionen es für diese Situation gäbe, wobei I* fragen wollte, ob eine Kündigung möglich sei. Man sah keine Perspektive, dass die Klägerin ihre Funktion, wie es die Stelle erfordert, nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenstand würde ausüben können. Der eigentliche Entscheidungsprozess zog sich dann noch länger hin, bis schließlich im Dezember 2022 von der Personalabteilung an den damaligen Vizerektor Professor J* die Sache dahingehend herangetragen wurde, dass sie entscheidungsreif im Sinne einer Kündigung sei. Der Grund für diesen Entscheidungsvorschlag bestand darin, dass die Klägerin fast das gesamte Jahr 2022 aufgrund aufeinanderfolgender Krankenstände abwesend gewesen war und dass nicht absehbar erschien, ob und wann die Klägerin wieder zurückkommen würde. Es gab daher insofern eine Unsicherheit und die Annahme einer negativen Prognose betreffend die Dienstfähigkeit. An der B* gibt es keine Ersatzkraft im Falle eines Krankenstands.
Mag. D* teilte der Klägerin mit E-Mail vom 7.12.2022 mit, dass die Beklagte sich dazu entschlossen habe, das Dienstverhältnis mit ihr zu kündigen und dass das entsprechende Verfahren dazu aktuell eingeleitet werde (./5).
Die Klägerin hatte im November und ein weiteres Mal am 7.12.2022 Dr. K*, eine Immunologin, aufgesucht, die ihr am 7.12.2022 die Diagnose eines Mastzellenaktivierungssyndroms mitteilte. Das E-Mail vom 7.12.2022, in dem die Kündigung angekündigt wurde, sah die Klägerin erst zwei Tage später. Sie wandte sich daraufhin telefonisch an Mag. D*, die sie an den Betriebsrat verwies. Der Betriebsratsvorsitzende L* riet der Klägerin, sich ehestmöglich gesund zu melden. Er schilderte ihr auch, dass es in der Vergangenheit immer wieder nach langen Krankenständen auch erfolgreiche Wiedereingliederungen gegeben habe.
Der Betriebsrat wurde von der Beklagten offiziell am 12.12.2022 über die Kündigungsabsicht informiert. L* suchte aus dem Grund der beabsichtigten Kündigung der Klägerin ein Beratungsgespräch mit dem stellvertretenden Leiter der Personalabteilung, M*. Es ergab sich, dass die Betriebsratsvorsitzende für den wissenschaftlichen Bereich, Dr. N*, die die Klägerin kannte, an dem für 13.12.2022 geplanten Gespräch ebenfalls teilnehmen wollte. Zuvor hatte L* in der Personalabteilung nach dem Grund für die beabsichtigte Kündigung gefragt und die Auskunft erhalten, dass die Klägerin schon so lange im Krankenstand sei.
Die Klägerin hatte ursprünglich vorgehabt, noch ein paar Wochen mit dem Arbeitsantritt zu warten, war dann aber durch die Aussage des Betriebsrats motiviert, es zu versuchen. Zunächst musste sie allerdings ihren Krankenstand wieder verlängern, und sie war für 11.12.2022 beim Arzt wiederbestellt wegen starker Menstruationsblutungen, die als Nebenwirkung einer Cortison-Therapie aufgetreten waren. Am 13.12.2022 meldete sich die Klägerin sodann gesund und trat am 14.12.2022 ihren Dienst wieder an.
Unterdessen führten N*, L* und M* am 13.12.2022 das Gespräch über die Situation der Klägerin, und zwar nachdem die Gesundmeldung der Klägerin bereits vorlag. M* äußerte zunächst sein Unverständnis über die plötzliche Gesundmeldung und meinte, dass entweder der davor gemeldete Krankenstand oder die Gesundmeldung anzuzweifeln sei. Es helfe weder der Arbeitnehmerin noch der Arbeitgeberin, wenn jemand ohne Gesundung wieder zur Arbeit erscheine.
M* signalisierte schließlich im Verlauf des Gesprächs, dass das Kündigungsverfahren, wenn die Klägerin wieder zu arbeiten beginne, auch ausgesetzt werden könnte, kündigte aber an, dazu mit J* noch Rücksprache halten zu müssen (./L).
Nach dem Dienstantritt der Klägerin führte diese mit D* ein Gespräch über die weitere Vorgehensweise, unter anderem über die Verteilung der Arbeitszeit von 32 Wochenstunden auf vier Wochentage und über die weiteren Aufgaben. Auch das Thema der Wiedereingliederungsteilzeit wurde in dem Gespräch von der Klägerin angesprochen. D* hielt den Inhalt des Gesprächs in einem E-Mail vom 14.12.2022 fest (./R, 3). Betreffend die Wiedereingliederungsteilzeit schrieb D* in dem E-Mail:
Du besprichst heute mit Dr. O* die Möglichkeiten einer Wiedereingliederungsteilzeit und hältst mich auf dem Laufenden. Dein Ziel wäre, mit der Wiedereingliederungsteilzeit per 1.1.2023 zu starten.
Sodann nahm die Klägerin ihre Arbeit wieder auf.
Bereits am 13.12.2022, um 14:14 Uhr, hatte D* die weiteren Mitarbeiter:innen im betreffenden Bereich darüber informiert, dass sich die Klägerin mit dem darauffolgenden Tag gesund gemeldet habe. In dem E-Mail teilte D* unter anderem Folgendes mit (./H):
Alle sonstigen Informationen, die einzelne Kolleginnen von euch zu A* Beschäftigungsverhältnis mit der B* haben, sind somit hinfällig. Sie wird morgen ihren Dienst wieder antreten.
Ich denke, wir freuen uns alle, wenn A* wieder zurückkommt. Leider kommt das jetzt sehr unvorhergesehen, wir haben daher nichts vorbereitet und müssen etwas improvisieren. Aber ich denke, das schaffen wir rasch.
Die Klägerin übermittelte am 14.12.2022 einen Antrag auf Wiedereingliederungsteilzeit an D*, welche sich mit E-Mail vom 16.12.2022 dafür bedankte und meinte, es sei aufgrund der Kurzfristigkeit nicht möglich, bis zum Ende der Woche (also heute) Feedback zu dem Antrag zu geben. Die Klägerin erwiderte darauf, sie werde den Antrag einfach stellen und sehen was passiert (./N, 2).
Der Betriebsrat äußerte sich im betrieblichen Vorverfahren zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin nicht.
Nachdem die Klägerin den Dienst angetreten hatte, wurde das Thema, ob die Kündigung ausgesprochen wird, in der Leitungsrunde, die von Vizerektor Professor J* geleitet wurde, besprochen und ausführlich diskutiert. Im Vorfeld hielt J* auch mit Professor I* Rücksprache, der damals Institutsvorstand jenes Instituts war, in dem die Klägerin tätig war. Den Standpunkt der direkten Vorgesetzten kannte J* über seinen Mitarbeiter in der Personalabteilung, M*, der mit D* im ständigen Austausch stand. Schließlich entschied die Leitungsrunde, dass an der Kündigungsabsicht festgehalten werden würde.
Der Grund dafür war, dass einerseits die Klägerin lange im Krankenstand gewesen war und die Arbeitskraft im Departement gefehlt hatte. Weiters hatte auch das Departement gebeten, die Kündigung auszusprechen, wobei dazu geäußert wurde, die Klägerin sei auch schon vor dem Krankenstand mit Aufgaben überfordert gewesen bzw habe diese nicht entsprechend ausführen können. Aufgrund dieser Informationen sprach J* schließlich mit Schreiben vom 20.12.2022 die Kündigung der Klägerin zum 28.2.2023 aus (./B). Das Hauptmotiv für die Kündigung bestand darin, dass die Beklagte aufgrund des langen vorangehenden Krankenstandes von einer negativen Prognose ausging, was die künftige Arbeitsfähigkeit der Klägerin bzw das Auftreten künftiger Krankenstände betraf. Dies wurde als zu große Unsicherheit eingeschätzt. Zusätzlich trat, als untergeordnetes Motiv, auch eine – offenbar erst retrospektiv geäußerte – Unzufriedenheit mit der Arbeitsleistung hinzu, welche für sich alleine genommen für die Kündigungsentscheidung nicht als Motiv ausgereicht hätte.
Die Kündigung steht in keinem Zusammenhang mit der von der Klägerin angestrebten Wiedereingliederungsteilzeit. Die Beklagte stellte im Kündigungszeitpunkt bzw während des betreffenden Vorverfahrens keine Überlegungen dahingehend an, ob bei der Klägerin eine Behinderung vorlag oder nicht. Das Thema Behinderung war für den Kündigungsausspruch nicht maßgeblich.
Mit Schreiben vom 17.2.2023 wurde die Klägerin vom Dienst freigestellt (./D). [...]
Zu den gesundheitlichen Einschränkungen und zur Behinderteneigenschaft: Bezogen auf den 20.12.2022 war die Klägerin gesundheitlich dazu in der Lage, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, wobei damals Krankenstände nicht zu erwarten waren. Leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten waren und sind ohne weitere Einschränkungen zumutbar. Bei den Hauptdiagnosen eines Mastzellenaktivierungs-Syndroms und einer Histaminintoleranz sowie einer Dysbiose handelt es sich um entzündliche Reaktionen des Organismus, die das Wohlbefinden beeinträchtigen, allerdings nicht zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit führen. Die bei der Klägerin beschriebenen Durchfälle im Rahmen auch einer Dysbiose führten allerdings im Dezember 2022 zu einem reduzierten Ernährungszustand, sodass schwere körperliche Arbeiten für die Klägerin auszuschließen waren und sind. Es lag zum Zeitpunkt der Kündigung am 20.12.2022 bei der Klägerin kein in die Fachgebiete der Psychiatrie oder Neurologie fallendes Leiden vor. Der Klägerin waren aufgrund ihres Gesundheitszustands schwere körperliche Arbeiten nicht möglich. Abgesehen davon, ist ihre Teilhabe am Arbeitsleben nicht eingeschränkt. Weitere Ausschlüsse besonderer Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf eine Beeinträchtigung von Sinnesfunktionen, sind nicht zu erwarten. Es lagen keine geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen von Sinnesfunktionen vor, die eine Teilhabe am Arbeitsleben erschwert hätten. [...]
Rechtlich verneinte das Erstgericht zusammengefasst die Sozialwidrigkeit der Kündigung gemäß § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG, da die Klägerin ohne Sorgepflichten gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten lebe, mit dem sie die laufenden Ausgaben teile. Die Arbeitssuchdauer von vier bis sechs Monaten weise nach der Rechtsprechung nicht auf eine wesentliche Interessenbeeinträchtigung hin. Auch die Einkommenseinbuße von rund 17 % vermöge keine wesentliche Interessenbeeinträchtigung der Klägerin zu begründen, weil deren laufenden Ausgaben auch unter Berücksichtigung dieses reduzierten Einkommens finanziert werden könnten.
Gemäß § 15 Abs 1 AVRAG könne eine Kündigung, die wegen der Ablehnung einer Vereinbarung nach § 13a AVRAG oder wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Maßnahme nach den §§ 11 bis 14, 14c und 14d AVRAG ausgesprochen werde, bei Gericht angefochten werden, wobei § 105 Abs 5 ArbVG sinngemäß gelte. Es handle sich um eine Form der Motivkündigungsanfechtung. Der Zweck bestehe darin, sogenannte „Vergeltungskündigungen“ zu verhindern, die aus dem Grund ausgesprochen würden, dass die Inanspruchnahme einer Maßnahme nach den §§ 11 ff AVRAG beabsichtigt sei. Werde die Kündigung deshalb ausgesprochen, weil die Arbeitnehmerin den Wunsch auf (partielle) Arbeitsfreistellung gegenüber dem Arbeitgeber äußere oder dieser Wunsch auf anderen Wegen dem Arbeitgeber zu Ohren komme, werde der Anfechtungsklage Erfolg beschieden sein. Entscheidend sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Freistellungsmaßnahme und der Kündigung, der im Prozess glaubhaft zu machen sei. Das Thema Wiedereingliederungsteilzeit (§ 13a AVRAG) sei wiederholt zwischen den Parteien erörtert worden, die Klägerin habe zuletzt am ersten Tag ihres Dienstantritts (14.12.2022) das Thema gegenüber ihrer Vorgesetzten angesprochen und am 16.12.2022 den Antrag gestellt. Im Verfahren sei jedoch kein kausaler Zusammenhang zwischen den zunächst angestellten Überlegungen betreffend eine Wiedereingliederungsteilzeit und später dem Antrag der Klägerin auf eine Wiedereingliederungsteilzeit und der Kündigung hervorgekommen. Die Kündigung sei vielmehr primär aus dem festgestellten Motiv ausgesprochen worden, nämlich in erster Linie wegen der langen Dauer des vorangehenden Krankenstands, und des daraus von der Beklagten gezogenen Schlusses einer negativen Prognose betreffend die Arbeitsfähigkeit, sowie - in zweiter Linie - wegen einer gewissen Unzufriedenheit mit der Zusammenarbeit.
Das Diskriminierungsverbot des § 7b Abs 1 Z 7 BEinstG besage, dass aufgrund einer Behinderung niemand im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis mittelbar oder unmittelbar diskriminiert werden dürfe, auch nicht bei der Beendigung des Dienstverhältnisses. Im Falle einer derartigen Diskriminierung könne die Kündigung gemäß § 7f Abs 1 BEinstG unter den Voraussetzungen des § 7k Abs 1 BEinstG angefochten werden. Voraussetzung für die Anfechtung sei ein vorangehendes Schlichtungsverfahren beim Sozialministeriumservice, das hier stattgefunden habe. Das Diskriminierungsverbot des § 7b Abs 1 BEinstG betreffe jede Diskriminierung, die aufgrund einer Behinderung erfolge; wobei der Behinderungsbegriff des § 3 BEinstG maßgeblich sei. Dieser definiere die Behinderung als Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet sei, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gelte dabei ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. Vom Vorliegen einer Behinderung sei nach der Literatur dann auszugehen, wenn ein ärztlicher Sachverständiger das Vorliegen eines klassifizierbaren Grades der Behinderung im Rahmen eines einschlägigen Verfahrens nach Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung festgestellt habe. Maßgeblich sei nicht der Grad der Behinderung, sondern nur der Umstand, dass sich daran eine Diskriminierung knüpfen könne. Bei der Beurteilung sei die abstrakte Möglichkeit einer Beeinträchtigung einer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft einzubeziehen. Ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber ausschließlich wegen Krankheit gekündigt worden sei, werde nicht vom Diskriminierungsschutz erfasst. Der Begriff „Behinderung“ gehe auf die EU-Richtlinie RL 2000/78/EG zurück und sei so zu verstehen, dass er eine Einschränkung erfasse, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen sei, und die ein Hindernis für die Teilhabe des Betreffenden am Berufsleben bilde. Die eingeholten Gutachten ergäben, dass bei der Klägerin keine Einschränkungen bestünden, die die Ausübung einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit verhindern oder einschränken würden. Auszuschließen seien (internistisch) lediglich schwere körperliche Arbeiten wegen eines reduzierten Ernährungszustands. Dies erfülle nicht den Begriff einer Behinderung iSd § 3 leg cit. Die Aufgaben der Klägerin gemäß Dienstvertrag und Funktionsbeschreibung hätten auch keine schweren körperlichen Arbeiten umfasst, sodass keine Einschränkung bestanden habe. Da der Gesetzgeber nur auf eine Beeinträchtigung in Betracht kommender Funktionen, nicht aber auf deren vorübergehenden oder dauernden Verlust abstelle, könnten Krankenstände für sich allein keinen Behindertenschutz begründen, weil für diese Zeiträume Arbeitsunfähigkeit bestehe. Der Schutz des BEinst komme Personen zugute, die über eine verwertbare (Rest-)Arbeitsfähigkeit verfügten. Sei zu erwarten, dass der Arbeitnehmer als Folge der den Krankenstand bedingenden Erkrankung zwar nicht mehr voll, aber doch beschränkt, arbeitsfähig sein werde und werde diese Beschränkung nach dem Ende des Krankenstands voraussichtlich mehr als sechs Monate anhalten, dann läge eine Behinderung vor. Ein einmal erlangter Behindertenstatus gehe sohin auch nicht deshalb verloren, weil sich der Arbeitnehmer vorübergehend im Krankenstand befinde. Da das Gesetz anordne, dass eine Behinderung dann vorliege, wenn die Funktionseinschränkung die Teilhabe am Arbeitsleben erschwere, ergebe sich, dass der Schutz des Gesetzes jenen Personen zugute kommen solle, die noch in der Lage seien, Arbeit zu verrichteten. Krankheit und Behinderung könnten nicht ohne Weiteres miteinander gleichgesetzt werden. Laufe eine undifferenzierte Berechnung krankheitsbedingter Fehlzeiten eines Arbeitnehmers aber darauf hinaus, dass Fehlzeiten wegen mit einer Behinderung in Zusammenhang stehenden Krankheit mit Zeiten allgemeiner „schlichter“ Krankheiten gleichgesetzt werden können, könne dies eine mittelbare Diskriminierung eines Arbeitnehmers bewirken. Ein behinderter Arbeitnehmer habe nämlich aufgrund seiner Behinderung typischerweise ein zusätzliches Risiko von mit seiner Krankheit zusammenhängenden Krankenständen und sei auf diese Weise einem höheren Risiko ausgesetzt. Die Klägerin sei aber nicht wegen bei ihr – die Arbeitsfähigkeit möglicherweise einschränkenden – vermuteten Funktionsbeeinträchtigungen gekündigt worden, sondern in erster Linie wegen ihres langen Krankenstands bzw der Sorge, es würden wiederum lange Krankenstände auftreten.
Eine gänzliche Arbeitsunfähigkeit, die während eines Krankenstandes regelmäßig auftrete, sei kein Umstand, der einen Diskriminierungsschutz begründe. Vielmehr könnten auch behinderte Personen wegen Arbeitsunfähigkeit gekündigt oder sogar entlassen werden, wenngleich – bei begünstigten Behinderten – nur unter den strengen Voraussetzungen des § 8 Abs 4 lit b BEinstG. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen, wenn keine zumutbare Möglichkeit bestehe, dem Arbeitnehmer eine andere – geeignete – Arbeit zuzuweisen, bzw bestehe auch keine Verpflichtung, einen dauernd dienstunfähigen Arbeitnehmer in einer anderen als der arbeitsvertraglich geschuldeten Verwendung zu beschäftigen. Dem Diskriminierungsschutz entspreche es, dass der Arbeitgeber im Rahmen der Fürsorgepflicht einem behinderten Arbeitnehmer – im Rahmen des Zumutbaren – entgegenzukommen habe. Eine Kündigung, die deshalb ausgesprochen werde, weil der Arbeitnehmer zur Erfüllung der Dienstpflichten ungeeignet wäre, sei idR erlaubt (RS0081880). Krankheit als solche sei kein weiterer Grund, derentwegen Personen zu diskriminieren nach der Rl 2000/78 verboten sei (EuGH C-13/05, Chacon Navas, Rn 47; C-335, 337/11, Ring und Werge, Rn 42, 73).
Die Anfechtung wegen Diskriminierung scheitere daran, dass bei der Klägerin im Kündigungszeitpunkt keine Behinderung vorgelegen sei, sowie, dass der Grund für den Ausspruch der Kündigung nicht in einer von der Beklagten angenommenen allfälligen Behinderung der Klägerin liege, sondern vielmehr aufgrund der festgestellten Motive erfolgt sei. Die Beklagte habe die Klägerin nicht aus Sorge gekündigt, ihr allenfalls wegen einer Behinderung am Arbeitsplatz oder bei den Arbeitsbedingungen entgegenkommen zu müssen, sondern aus Sorge, die Klägerin werde wieder Krankenstände in Anspruch nehmen, ohne dass dabei von der Beklagten ein Zusammenhang mit einer vorliegenden Behinderung vermutet worden sei, habe doch die Klägerin der Beklagten jeweils unterschiedliche gesundheitliche Beeinträchtigungen geschildert, als deren Ursache zwar von der Klägerin ein Zusammenhang mit einer Covid-Infektion vermutet worden sei, die jedoch keine einheitliche Einschränkung bzw körperliche, geistige oder psychische Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen dargestellt habe, die kohärent über einen längeren Zeitraum vorlag und geeignet wäre, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Es seien vielmehr unterschiedliche Umstände geschildert worden, die zu einer Arbeitsunfähigkeit und deshalb zu einem Krankenstand geführt hätten.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt .
Mit der Beweisrüge bekämpft die Berufungswerberin die bei der auszugsweisen Wiedergabe des festgestellten Sachverhalts unterstrichenen Feststellungen und begehrt statt dessen folgende: „Unter Berücksichtigung der angeführten Diagnosen waren der Klägerin schwere körperliche Arbeiten nicht möglich, damit ist die Teilnahme am Arbeitsleben dadurch beeinträchtigt. … Die Kündigung steht im Zusammenhang mit der von der Klägerin angestrebten Wiedereingliederungsteilzeit. Die Beklagte stellte im Kündigungszeitpunkt bzw während des betreffenden Vorverfahrens Überlegungen dahingehend an, ob bei der Klägerin eine Behinderung vorlag oder nicht. Das Thema Behinderung (Erkrankung) war für den Kündigungsausspruch maßgeblich.“
Darüber hinaus würden die nachstehenden Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung aus anwaltlicher Vorsicht als dislozierte Feststellung bekämpft: „Die Beklagte kündigte die Klägerin nicht aus Sorge, ihr allenfalls wegen einer Behinderung am Arbeitsplatz oder bei den Arbeitsbedingungen entgegenkommen zu müssen, sondern aus Sorge, die Klägerin werde wieder Krankenstände in Anspruch nehmen, ohne dass dabei von der Beklagten ein Zusammenhang mit einer vorliegenden Behinderung vermutet wurde, hatte doch die Klägerin nach den Feststellungen der Beklagten jeweils unterschiedliche gesundheitliche Beeinträchtigungen geschildert, als deren Ursache zwar von der Klägerin ein Zusammenhang mit einer Covid-Infektion vermutet wurde, die jedoch keine einheitliche Einschränkung bzw körperliche, geistige oder psychische Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen darstellte, die kohärent über einen längeren Zeitraum vorlag und geeignet wäre, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Es wurden vielmehr unterschiedliche Umstände geschildert, die zu einer Arbeitsunfähigkeit und deshalb zu einem Krankenstand geführt hatten.“
Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Sachverständigen für Innere Medizin (insb ON 22 und ON 57) und den allgemein bekannten Informationen über die Bündelung von unterschiedlichen Beschwerden nach einer COVID Infektion unter den Begriff „Long COVID“ werde die Ersatzfeststellung begehrt: „Die Beklagte kündigte die Klägerin aus Sorge, die Klägerin werde aufgrund ihrer Long COVID Erkrankung wieder Krankenstände in Anspruch nehmen. Bei der Klägerin liegen unterschiedliche Symptome und Erkrankungen vor, wobei alle Beschwerden in ihrer Intensität durch die COVID-Erkrankung und den sich daraus ergebenen Langzeitfolgen ausgelöst wurden oder zugenommen haben. Sämtliche Beschwerden einschließlich dem Mastzellaktivierungssyndrom, welches sich seit der COVID Erkrankung verschlechtert hat, schränken das Leben der Klägerin erheblich ein und beeinträchtigt sie in ihrer Leistungsfähigkeit.“
Das Gericht hat nach § 272 Abs 1 ZPO unter sorgfältiger Berücksichtigung der gesamten Verhandlung und Beweisführung nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine tatsächliche Angabe für wahr zu halten ist oder nicht. Ein Beweis ist dann erbracht, wenn der Richter die Überzeugung von Vorhandensein der behaupteten Tatsache erlangt hat. Die durch den Richter persönlich durchgeführte Beweisaufnahme ist geradezu die Voraussetzung dafür, dass er die Beweise auch tatsächlich frei zu würdigen imstande ist. Erst in der Überzeugungsbildung auf Grund eigener Wahrnehmung liegt die innere Rechtfertigung für das Prinzip der freien Beweiswürdigung (sh Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka 5 , § 272 ZPO Rz 1; RS0110701). Dem entsprechend hat das Berufungsgericht die Beweiswürdigung (nur) darauf zu untersuchen, ob die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten und die Beweisergebnisse schlüssig gewürdigt wurden. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt der Klägerin sprechen, reicht noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen (RS0041830).
Werden Feststellungen im Berufungsverfahren bekämpft, hat das Berufungsgericht unter Berücksichtigung aller vorliegenden Beweisergebnisse und im Rahmen einer Gesamtschau zu beurteilen, ob gegen die vom Erstgericht vorgenommene Beweiswürdigung Bedenken bestehen (RS0040123). Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt der Berufungswerberin sprechen, reicht noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen. Die Berufungswerberin müsste vielmehr die Überschreitung des dem Verhandlungsrichter durch § 272 ZPO eingeräumten Bewertungsspielraums aufzeigen.
Das Erstgericht hat sich in seiner Beweiswürdigung ausführlich mit den Beweisergebnissen auseinandergesetzt und seine Feststellungen – so auch die bekämpften – nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend begründet. Demgegenüber gelingt es der Berufung nicht, die erforderlichen Zweifel an der erstgerichtlichen Beweiswürdigung zu wecken.
Das Erstgericht hat ohnehin festgestellt, dass der Klägerin aufgrund ihres Gesundheitszustands schwere körperliche Arbeiten nicht möglich waren; abgesehen davon, ist ihre Teilhabe am Arbeitsleben nicht eingeschränkt. Damit steht die gewünschte Feststellung nicht im Widerspruch mit der ohnehin getroffenen.
Inwiefern die Leistungsfähigkeit – auch bei einer Diagnose „Long Covid“ - darüber hinaus – also außer der ausgeschlossenen schweren Arbeiten - konkret beeinträchtigt sein sollte, vermag auch die Berufungswerberin in den gewünschten Feststellungen nicht anzuführen. Tatsächlich kann je nach dem Schweregrad eines Leidens bei gleicher Diagnose der Umfang der Einschränkungen bezüglich der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit ganz unterschiedlich sein (sh RS0084399). Der von der Berufung zitierte Patientenbrief „Neurolett“ samt der darin angeführten Diagnosen (in ./E) datiert vom 31.1.2023 und konnte somit der Beklagten im Zeitpunkt der Entscheidung zur Kündigung der Klägerin oder deren Ausspruch nicht bekannt sein. Aber auch die Berufungswerberin selbst geht mit den gewünschten Feststellungen von unterschiedlichen Symptomen und Erkrankungen aus.
Auch im Gutachten des vom Erstgericht im Verfahren bestellten internistischen Sachverständigen (ON 22 samt Ergänzung ON 57), auf das sich die Berufung stützen möchte, findet sich „Long Covid“ als festgestellte Diagnose nicht. Der Sachverständige kam aber gerade zu folgendem Schluss: „ Die Klägerin konnte ab 20.12.2022 einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen, wobei damals Krankenstände nicht zu erwarten waren.
Sowohl zum Zeitpunkt der Kündigung als auch in Zukunft werden der Klägerin jedenfalls leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten ohne weitere Einschränkungen zuzumuten sein. Dies ohne, dass leidensbedingte Krankenstände zu erwarten wären und ohne gegenseitige Leidensbeeinflussung zum nervenärztlichen Fachgebiet. Eine Besserung wird nicht zu erwarten sein, eine Verschlechterung ist nicht vorhersehbar. Die Anmarschwege sind nicht eingeschränkt. Bei den Hauptdiagnosen eines Mastzellenaktivierung-Syndrom und einer Histaminintoleranz sowie eine Dysbiose handelt es sich um entzündliche Reaktionen des Organismus, die das Wohlbefinden beeinträchtigen, allerdings nicht zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit führen. Die bei der Klägerin beschriebenen Durchfälle im Rahmen auch einer Dysbiose zu einem reduzierten Ernährungszustand geführt haben, sodass jedenfalls schwere körperliche Arbeiten auszuschließen sind.“ Dem entsprechend führte der Sachverständige im Ergänzungsgutachten (ON 57) nochmals aus: „ Wie im internen Gutachten angeführt, waren unter Berücksichtigung der angeführten Diagnosen schwere körperliche Arbeiten nicht möglich, damit ist die Teilnahme am Arbeitsleben dadurch beeinträchtigt. Weitere Ausschlüsse besonderer Arbeitsbedingungen insbesonders in Hinblick auf eine Beeinträchtigung von Sinnesfunktionen sind nicht zu erwarten.“ Auf dieser Basis hat das Erstgericht seine Feststellungen nachvollziehbar getroffen.
Im Übrigen steht dazu auch weiters unbekämpft fest, dass weitere Ausschlüsse auch nicht zu erwarten sind, leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten waren und sind ohne weitere Einschränkungen zumutbar. Dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Beklagten oder sonst am Arbeitsmarkt (körperlich) schwere Arbeiten zu verrichten gehabt hätte, behauptet auch die Berufungswerberin nicht.
Richtig ist, dass die folgenden Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung als dislozierte Feststellungen qualifiziert werden können: „Die Beklagte kündigte die Klägerin nicht aus Sorge, ihr allenfalls wegen einer Behinderung am Arbeitsplatz oder bei den Arbeitsbedingungen entgegenkommen zu müssen, sondern aus Sorge, die Klägerin werde wieder Krankenstände in Anspruch nehmen, ohne dass dabei von der Beklagten ein Zusammenhang mit einer vorliegenden Behinderung vermutet wurde.“
Diese sowie die weiters bekämpften Feststellungen, dass die Kündigung in keinem Zusammenhang mit der angestrebten Wiedereingliederungsteilzeit stand und die Beklagte keine Überlegungen dahin anstellte, ob bei der Klägerin eine Behinderung vorlag oder nicht, das Thema Behinderung für den Kündigungsausspruch nicht maßgeblich war, hat das Erstgericht mit nachvollziehbarer Beweiswürdigung ausführlich und überzeugend – auch in Auseinandersetzung mit den Aussagen der von ihm vernommenen Personen und den vorgelegten Gesprächsprotokollen – getroffen (§ 500a ZPO). Die Feststellungen lassen sich entgegen der bloßen Behauptung der Berufungswerberin somit sehr wohl aus den vom Erstgericht erhobenen Beweisergebnissen ableiten und finden auch Deckung im Vorbringen der beklagten Partei. Aus dem ohnehin festgestellten Umstand, dass Mag. D*, welcher die Kündigungsentscheidung gar nicht zukam, im Telefonat am 29.9.2022 eine Wiedereingliederung der Klägerin als organisatorisch aufwändig ansprach, lässt sich aber noch nicht ableiten, die Beklagte hätte die Kündigung aufgrund des Begehrens auf Wiedereingliederungsteilzeit ausgesprochen. Vielmehr schilderte sogar der Betriebsratsvorsitzende – wie ebenfalls unbekämpft feststeht -, dass es in der Vergangenheit immer wieder nach langen Krankenständen auch erfolgreiche Wiedereingliederungen gegeben habe.
In diesem Zusammenhang ergibt sich auch aus den insofern unbekämpften Feststellungen, dass bei der Beklagten bereits gegen Ende des Sommersemesters 2022 die Möglichkeit einer Kündigung der Klägerin angedacht worden war, also lange vor dem tatsächlichen Kündigungsausspruch, dem Dienstantritt der Klägerin und ihrem Antrag auf Wiedereingliederungsteilzeit. Man sah – so unbekämpft festgestellt – bereits damals schon keine Perspektive, dass die Klägerin ihre Funktion, wie es die Stelle erfordert, nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenstand würde ausüben können.
Die weiteren hier kritisierten Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts, stellen aber keine Tatsachen, sohin auch keine dislozierten Feststellungen dar.
Das Berufungsgericht übernimmt daher die Feststellungen des Erstgerichts - samt der von der Berufung aufgezeigten dislozierten Feststellung im aufgezeigten Sinn - und legt sie seiner Entscheidung zu Grunde.
Mit der ausführlichen Rechtsrüge meint die Berufungswerberin zusammengefasst, das Erstgericht verkenne das Tatbestandselement der Behinderung in § 3 BEinstG. Danach sei eine Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden – also mehr als voraussichtlich sechs Monate - körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet sei, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Diese Bestimmung sei vor dem Hintergrund der Vorgaben der GleichbehandlungsrahmenRL, unter Berücksichtigung der Judikatur des EuGH auszulegen. Eine solche Behinderung liege vor: Die Klägerin sei im Jänner 2022 mit COVID-19 infiziert worden und habe mit dem Post- COVID-Syndrom gekämpft mit vielfältigem Leidens- und Krankheitsbild. All diese Beschwerden und Symptome seien nach ihrer Erkrankung mit COVID aufgetreten und hätten während ihres Krankenstands und nach dessen Beendigung bestanden. Diese festgestellten Beschwerden und Symptome seien geeignet, eine Barriere für die wirksame Teilhabe am Berufsleben zu bilden. Die Behinderung sei nicht in der medizinischen (Funktions-)Beeinträchtigung an sich, sondern in deren Auswirkung zu erblicken. Eine heilbare oder unheilbare Krankheit könne unter den Begriff „Behinderung“ iSd RL 2000/78 fallen, wenn sie eine Einschränkung mit sich bringe, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen sei, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern könnten, und wenn diese Einschränkung von langer Dauer sei, wobei auf die soziale Komponente stark bedacht zu nehmen sei. Entscheidend sei, dass die Klägerin durch die Auswirkungen der Erkrankung(en) an einer vollen und wirksamen Teilhabe am Arbeitsleben in Zusammenschau der einzelnen nach der Erkrankung an COVID im Jänner 2022 aufgetretenen Symptome für einen langen Zeitraum gehindert gewesen sei. Aufgrund des „Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderung“ (vgl BGBl III 2008/155) sei § 3 BEinstG darüber hinaus iSe sozialen Verständnisses auszulegen und seien nicht lediglich tatsächliche Barrieren zu beurteilen, sondern auch gesellschaftlich konstruierten Hindernisse; sohin nicht nur die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes und der Aufgaben, somit die Fähigkeiten der Person, sondern auch das soziale Umfeld miteinzubeziehen. Das habe insbesondere dann Bedeutung, wenn es zu einer Stigmatisierung oder Ähnlichem kommen könne. Die Krankheit und der daraus resultierende Krankenstand der Klägerin erfüllten alle Merkmale, um als Behinderung iSd § 3 BEinstG angesehen zu werden. Der Klägerin sei klar mitgeteilt worden, dass die Kündigung aufgrund des Krankenstands ausgesprochen worden sei, zumal weitere Krankenstände befürchtet würden. Damit sei evident, dass eine Diskriminierung aufgrund des Gesundheitszustands vorliege und die Kündigung aus diesem Grund ausgesprochen worden sei, weswegen diese diskriminierend sei, zumal ein behinderungsbedingter Krankenstand vorliege. Auch sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der begehrten Wiedereingliederungsteilzeit erfolgt, sodass die Kündigung auch aus diesem Grund für rechtsunwirksam zu erklären gewesen wäre.
Die Berufungsausführungen überzeugen nicht.
Richtig ist, dass nach § 3 BEinstG eine Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen ist, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. Die Bestimmung des § 3 BEinstG steht mit der Umsetzung der GleichbehandlungsrahmenRL 2000/78/EG in Zusammenhang (9 ObA 36/23v mwN).
Wie der Oberste Gerichtshof zu 9 ObA 36/23v (mwN) darlegte, stellte der EuGH zur Frage nach der Abgrenzung von Krankheit und Behinderung zunächst fest (C-13/05 Chacón Navas), dass Krankheit von Behinderung zu unterscheiden ist und Krankheit per se nicht als Diskriminierungsgrund nach der RL 2000/78/EG zu qualifizieren ist. In der Folge hielt er differenzierend fest, dass der Begriff „Behinderung“ iSd RL 2000/78/EG dahin auszulegen ist, dass er einen Zustand einschließt, der durch eine ärztlich diagnostizierte heilbare oder unheilbare Krankheit verursacht wird, wenn diese Krankheit eine Einschränkung mit sich bringt, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können, und wenn diese Einschränkung von langer Dauer ist (EuGH C-335/11, 337/11 Ring und Werge).
Eine „Funktionsbeeinträchtigung“ bzw eine „Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen“ im Sinne des § 3 BEinstG ist nach herrschender Ansicht eine Einschränkung jener Funktionen, die bei einem gesunden Gleichaltrigen in der Regel vorhanden sind. Nicht jede Funktionsbeeinträchtigung ist allerdings auch eine Behinderung. Zusätzlich ist erforderlich, dass die Auswirkung der Beeinträchtigung die Teilhabe des Betroffenen am Arbeitsleben erschweren kann (9 ObA 36/23v; 8 ObA 66/18s; 9 ObA 45/21i; je mwN); wobei nicht (nur) auf die konkrete Arbeitsplatzsituation, sondern auf den abstrakten Arbeitsmarkt abzustellen ist (9 ObA 36/23v; 8 ObA 66/18s).
Die Funktionsbeeinträchtigung darf zudem nicht nur vorübergehend sein, sondern sie muss nach § 3 BEinstG voraussichtlich für mehr als sechs Monate bestehen (9 ObA 36/23v; 9 ObA 45/21i). Die „Langfristigkeit“ der Beeinträchtigung ist aber nicht nach deren Eintritt, sondern erst ausgehend vom (potenziellen) Diskriminierungszeitpunkt zu beurteilen (9 ObA 36/23v mit Verweis auf C-395/15Daouidi, Rn 53; C-397/18 Nobel Plastiques Ibérica SA Rn 44). Dabei ist (im Zweifel) eine Prognoseentscheidung zu treffen (9 ObA 36/23v mwN).
Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH zur Frage nach der Abgrenzung von Krankheit und Behinderung (C-13/05 Chacón Navas; C-335/11, 337/11 Ring und Werge) hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass Krankheit und Behinderung nicht ohne weiteres miteinander gleichgesetzt werden können. Krankheit kann als solche nicht als ein weiterer Grund neben den Gründen angesehen werden, derentwegen Personen zu diskriminieren nach der RL 2000/78/EG verboten ist (9 ObA 36/23v mwN). Läuft eine undifferenzierte Berechnung krankheitsbedingter Fehlzeiten eines Arbeitnehmers aber darauf hinaus, dass Fehlzeiten wegen mit einer Behinderung im Zusammenhang stehenden Krankheit Zeiten allgemeiner „schlichter“ Krankheiten gleichgesetzt werden, so kann dies aber eine mittelbare Diskriminierung eines Arbeitnehmers bewirken. Ein behinderter Arbeitnehmer hat nämlich aufgrund seiner Behinderung typischerweise ein zusätzliches Risiko von mit seiner Krankheit zusammenhängenden Krankenständen und ist auf diese Weise einem höheren Risiko im Zusammenhang mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses ausgesetzt als ein nicht behinderter (9 ObA 36/23v mwN; RS0129453).
Von diesen Grundsätzen ausgehend, hat das Erstgericht eine (unmittelbare und mittelbare) Diskriminierung der Klägerin zu Recht verneint. Nach den Feststellungen wurde die Klägerin nicht wegen einer Behinderung (Funktionsbeeinträchtigung), sondern va wegen ihrer erheblichen massiven Krankenstände gekündigt (vgl 9 ObA 36/23v), wobei zusätzlich als untergeordnetes Motiv auch eine Unzufriedenheit mit der Arbeitsleistung hinzutrat.
Es kann hier davon ausgegangen werden, dass der Klägerin während ihres Krankenstands die Teilnahme am Arbeitsleben gar nicht möglich war, sie ihre Arbeitsverpflichtung sohin gar nicht erfüllten konnte. Anderes behauptet sie nicht, auch nicht, dass ihre Teilhabe nur erschwert gewesen wäre. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung der Klägerin am 20.12.2022 war die Klägerin jedenfalls gesundheitlich dazu in der Lage, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, wobei damals Krankenstände nicht zu erwarten waren. Lediglich schwere Arbeiten waren ausgeschlossen, leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten waren und sind ohne weitere Einschränkungen zumutbar. Eine Funktionseinschränkung, die bei einem gesunden Gleichaltrigen in der Regel vorhanden ist, ergibt sich nicht.
Zudem steht fest, das die Beklagte im Kündigungszeitpunkt bzw während des betreffenden Vorverfahrens keine Überlegungen dahin anstellte, ob bei der Klägerin eine Behinderung vorlag oder nicht. Das Thema Behinderung war für den Kündigungsausspruch nicht maßgeblich.
Abgesehen davon, dass nicht feststeht, dass die Klägerin eine Maske hätte tragen müssen, ist nicht ersichtlich, weshalb das Tragen einer solchen – wie von vielen anderen Menschen auch - eine Stigmatisierung bedeuten sollte.
Soweit die Berufungswerberin hier zu argumentieren versucht, die Kündigung wäre aufgrund der angestrebten Wiedereingliederungsteilzeit erfolgt, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt zu den Gründen der Kündigung aus. So steht auch ausdrücklich fest, dass die Kündigung in keinem Zusammenhang mit der von der Klägerin angestrebten Wiedereingliederungsteilzeit steht.
Damit war der Berufung ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 Abs 1, 50 ZPO und das vollständige Obsiegen der Beklagten. Bei der Kostenentscheidung war – wie bereits unbeanstandet in erster Instanz - zu berücksichtigen, dass nur im Verfahren gemäß § 105 Abs 2 Z 3 ArbVG ein Kostenersatz gemäß §§ 58 Abs 1 iVm 50 Abs 2 ASGG nicht stattfindet. Die Kosten wurden jeweils in etwa zu gleichen Teilen betreffend die unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen verursacht, sodass die auf Basis des Gesamtstreitwerts verzeichneten Kosten der durch elektronische Eingabe verbesserten Berufungsbeantwortung zu zwei Dritteln von der Klägerin zu ersetzen sind.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil vorliegend eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zur Beurteilung stand.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden