23Bs119/25f – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* B*wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1, Abs 2 Z 1 und Z 2, 15 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 24. Jänner 2025, GZ **-53.4, nach der am 15. Mai 2025 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Aichinger, im Beisein der Richterin Mag. Staribacher und des Richters Mag. Trebuch LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Gretzmacher MAS LL.M., des Angeklagten A* B* und seines Verteidigers Mag. Alexander Tupy durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen Verfallsausspruch enthaltenden Urteil wurde der am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* B* des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1, Abs 2 Z 1 und Z 2„, 15“ (vgl jedoch RIS-Justiz RS0094068 [T1]; RS0122006 [T3]) StGB schuldig erkannt und hiefür „uAv § 28 Abs 1 StGB“ unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 17. Oktober 2024, AZ **, nach § 145 Abs 1 StGB – unter aktenkonformer Anrechnung der im Inlandsverfahren erlittenen Vorhaft - zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er „im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der gesondert verfolgten C* B* und dem gesondert verfolgten D* als Beitragstäter von Anfang Dezember 2022 bis zu seiner Festnahme in ** am 25.3.2024 in ** und anderen Orten, wobei A* B* mit dem Vorsatz handelte, sich durch das Verhalten des E* F* unrechtmäßig zu bereichern und die Tat gewerbsmäßig beging und längere Zeit hindurch fortsetzte, E* F* wiederholt mit der Veröffentlichung von Nacktfotos von ihm sowie einem Chatverlauf mit C* B* während der Vornahme von sexuellen Handlungen an sich an seine Familie, gedroht, sohin durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Veröffentlichen von Bildaufnahmen, die geeignet ist, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten Übels begründete Besorgnisse einzuflößen sowie durch gefährliche Drohung durch Veröffentlichung an seine Kontakte auf sozialen Plattformen, an seine Geschäftspartner sowie in Printmedien mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz und gesellschaftlichen Stellung und durch gefährlich Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper durch Zusenden von Nachrichten, worin A* B* schreibt, dass er zuerst den Kindern und weiteren Familienmitgliedern des F* etwas antuen werde und mit E* F* enden würde, zu einer Handlung, die diesen am Vermögen schädigte und geschädigt hätte, nämlich zur Zahlung von insgesamt EUR 275.000,-- genötigt und zu nötigen versucht, wobei es bereits zu folgenden Zahlungen und Forderungen kam und zwar
1.) Mitte Februar 2023 zur Übergabe von EUR 2.000,- in bar;
2.) Mitte März 2023 zur Übergaben von EUR 1.000,- in bar;
3.) am 31.3.2023 zur Überweisung von EUR 2.000,- auf dessen Konto;
4.) am 17.7.2023 zur Überweisung von EUR 1.500,- auf dessen Konto;
5.) zwischen Mitte Juli 2023 bis Ende August 2023 zur Überweisung von insgesamt EUR 128.500,- in mehreren Teilbeträgen vom Konto seiner Firma, G* LDA, auf das Konto der Firma des A* B*, der H* SRL;
6.) im März 2024 zur Forderung von 48.000,-- unter dem Vorwand seiner Firma H* SRL sei durch die in Pkt 5.) genannten Überweisungen eine Steuerschuld von EUR 48.000,-- entstanden, wobei es beim Versuch blieb und es auf Grund der Festnahme des A* B* am 25.3.2024 zu keinen weiteren Zahlungen mehr kam“.
Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht die „Höhe der verlangten Geldsumme und die professionelle Vorgehensweise mit einem konkreten Tatplan“ erschwerend, mildernd hingegen „die bisherige gerichtliche Unbescholtenheit und das Geständnis“.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 55; ON 56) und fristgerecht zu ON 61 ausgeführte, eine Reduktion und teilbedingte Nachsicht der Sanktion begehrende Berufung des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Grundlage für die Bemessung der Strafe nach § 32 StGB ist die Schuld des Täters. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte. Im allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können.
Im Hinblick auf die vorliegendenfalls vorzunehmende Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 17. Oktober 2024, AZ **, ist davon ausgehend zu ermitteln, welche Strafe bei gemeinsamer Aburteilung zu verhängen gewesen wäre, wobei bei der solcherart durchzuführenden gedanklichen Ermittlung der Strafhöhe für den Fall der Aburteilung sämtlicher Taten in einem Urteil demnach auch alle Strafzumessungsgründe miteinzubeziehen sind, die das Vor-Urteil betrafen (RIS-Justiz RS0091425). Es ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, welche Strafzumessungsgründe im Vor-Urteil herangezogen wurden, sondern die Strafbemessung ist mit Rücksicht auf die neu hinzugekommenen Strafzumessungsgründe nach Maßgabe jener vorzunehmen, die im damaligen Verfahren richtigerweise heranzuziehen gewesen wären ( Ratz, WK² StGB § 40 Rz 2). Solcherart wirkt nunmehr zunächst das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen zusätzlich erschwerend ( Leukauf/Steininger/Tipold, StGB 4 § 33 Rz 4 mwN).
Weiters sind die vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründe zum Nachteil des Berufungswerbers nicht nur um die mehrfache Deliktsqualifikation (RIS-Justiz RS0091058; RS0090909), sondern auch die Tatbegehung in Gesellschaft (RIS-Justiz RS0105898; RS0090930) zu ergänzen.
Dem Berufungswerber gelingt es demgegenüber nicht, weitere Milderungsgründe für sich ins Treffen zu führen.
Denn aufgrund der fallbezogen vorliegenden tatbestandlichen Handlungseinheit (US 3 ff; vgl diesbezüglich zur Erpressung RIS-Justiz RS0094062 [T1]) ist der Umstand, dass einzelne Handlungen nur versucht wurden, weder im Schuldspruch zum Ausdruck (RIS-Justiz RS0094068 [T1]; RS0122006 [T3]) noch mildernd in Anschlag (vgl 11 Os 51/11a) zu bringen.
Bei objektiver Abwägung der sohin ausschließlich zum Nachteil des Angeklagten korrigierten Strafzumessungslage und allgemeiner Strafzumessungserwägungen im Sinne des § 32 Abs 2 und 3 StGB sowie unter hier besonders gebotener Berücksichtigung auch generalpräventiver Erwägungen ( Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 14§ 32 Rz 7) hätte sich im Falle gemeinsamer Aburteilung bei einem zur Verfügung stehenden Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe (auch unter gebührender Einbeziehung der vorliegenden Milderungsgründe) eine solche von viereinhalb Jahren – sohin 45 % der Strafobergrenze – insbesondere angesichts des höchst perfiden Vorgehens und des Umstands, dass der Angeklagte seine Drohungen durch Übermittlung von kompromittierenden Lichtbildern an den ehemaligen Vorgesetzten des Opfers auch teilweise in die Tat umsetzte (US 7, 9 f und 12), durchaus als schuld- und tatangemessen sowie dem massiven sozialen Störwert, der Rechtsgutbeeinträchtigung und den angesprochenen generalpräventiven Aspekten entsprechend erwiesen, weshalb die verhängte Zusatzfreiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren nicht zu beanstanden ist. Eine Korrektur der mit dem Vorurteil verhängten Unrechtsfolge wurde damit nicht vorgenommen (RIS-Justiz RS0090807 [T13]).
Der Ansicht des Angeklagten zuwider liegen auch die Voraussetzungen für eine teilbedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe außerhalb jeglicher Reichweite, würde dies doch zufolge § 43a Abs 4 StGB – dessen Anwendung auf extreme Ausnahmefälle beschränkt ist (RIS-Justiz RS0092050) - eine hohe Wahrscheinlichkeit erfordern, dass der Rechtsbrecher keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde. Davon und von einem extremen Ausnahmefall kann unter Berücksichtigung des Tatzeitraums, der (unter Einbeziehung des Vor-Urteils) Opfermehrheit und der Persönlichkeit des Angeklagten jedoch keine Rede sein.
Der Berufung war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.