JudikaturOLG Wien

33R46/25i – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Immaterialgüterrecht
06. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien fasst als Rekursgericht *** in der Markenrechtssache des Antragstellers A*** , wegen Eintragung der Wortmarke Sparplanairbag, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 10.1.2025, AM 11120/2024, in nicht öffentlicher Sitzung den

Spruch

Beschluss:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Der Antragsteller begehrte die Eintragung der Wortmarke

Sparplanairbag

unter anderem für die Dienstleistungen der Klassen

35 Vermittlung von Verträgen für Dritte; Benchmarking [betriebswirtschaftliche Vergleichsdienste]; Bereitstellen von Online-Vergleichen von Finanzdienst-leistungen; Bereitstellen eines Online-Marktplatzes für Käufer und Verkäufer von Waren und Dienstleistungen.

36 Versicherungsberatung; Fondsvermögensanlagedienste; Finanzverwaltungs-dienste; Versicherungsdienstleistungen; Versicherungsvermittlung; Erstellen von Sparplänen; Finanzdienstleistungen, Geldgeschäfte und Dienstleistungen von Banken; Dienstleistungen von Effekten- und Warenhandelsbörsen; Investmentdienstleistungen; Bankgeschäfte; Online-Banking; Computergestützte Bankgeschäfte; Online-Finanzierungsgeschäfte; Online-Geschäftsbanking.

38 Online-Kommunikationsdienste; Bereitstellung eines Zugangs zu einem elektronischen Marktplatz [Portal] in Computernetzwerken; Telekommunikation über Plattformen und Portale im Internet; Über Plattformen und Portale im Internet und in anderen Medien bereitgestellte Telekommunikationsdienste.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Rechtsabteilung den Antrag für die genannten Dienstleistungen mit der Begründung ab, die Marke sei nur beschreibend iSd § 4 Abs 1 Z 4 MSchG. Unter „Sparplan“ sei unter anderem ein Plan zu verstehen, nach dem regelmäßig ein bestimmter Geldbetrag in ein Finanzinstrument investiert werde, um über die Zeit Vermögen anzusammeln. Ein „Airbag“ sei als Instrument, das der Sicherheit im Auto diene, bekannt. Die einzutragende Marke könne daher auch als Sparplansicherung bezeichnet werden, womit auch ohne größere Gedankenschritte die beschreibende Bedeutung in Bezug auf die hier maßgeblichen Dienstleistungen auf der Hand liege. Ein Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, das diese Dienstleistungen anbiete, sei darin nicht zu erkennen.

Dagegen richtet sich der vorliegende Rekurs des im Rekursverfahren unvertretenen Antragstellers mit dem sinngemäßen Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und das Zeichen in das Markenregister einzutragen. Bei dem Zeichen handle es sich um eine äußerst kreative und originelle Neuschöpfung, unter der ein völlig neuartiges Produkt vertrieben werden solle.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Allgemeine Grundsätze:

1.1 Die Rechtsabteilung hat die Abweisung des Antrags nur auf § 4 Abs 1 Z 4 MSchG gestützt. Zwar sind nach der Rechtsprechung des EuGH die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 4 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) gesondert zu prüfen (C-304/06 P, Eurohypo ). Die Unterscheidungskraft fehlt einem Zeichen aber dann, wenn es die maßgebenden Verkehrskreise als Information über die Art der mit ihm gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft. Eine beschreibende Marke im Sinne von § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG. Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (RS0132934; 4 Ob 11/14t, Expressglass ).

1.2 Ein Zeichen ist beschreibend, wenn es im normalen Sprachgebrauch der relevanten Verkehrskreise die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale kennzeichnet ( Koppensteiner , Markenrecht 4 71 mwN; Newerkla in Kucsko/Schumacher , marken.schutz³ § 4 Rz 169 ff; RS0109431). Dabei müssen die beteiligten Verkehrskreise „sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und indirekten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen“ herstellen können (C-326/01 P, Universaltelefonbuch , Rz 33; C-494/08 P, Pranahaus , Rz 29; 4 Ob 153/21k, Myflat; 4 Ob 26/93, Smash; 4 Ob 158/05x, Steirerparkett ). Lässt sich dagegen die Beziehung zwischen Ware oder Dienstleistung und Zeichen nur im Wege besonderer Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen, dann ist die Registrierung des Zeichens auch ohne Verkehrsgeltung ebenso erlaubt, wie wenn es sich um eine bloße Andeutung irgendwelcher Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung, der Art ihrer Herstellung oder ihrer Zweckbestimmung handelt (RS0066456; OLG Wien 33 R 99/24g, CEOS for future ).

1.3 Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind generell solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RS0132933; RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH C-108/97, Chiemsee; EuGH C-104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (RS0066749; Koppensteiner, Markenrecht 4 82), und zwar für die konkreten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher aaO Rz 53 ff).

1.4 Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörtern im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die beteiligten Verkehrskreise die Wörter als Phantasiebezeichnungen auffassen (RS0066644).

Die Eintragung einer Marke, die aus mehreren Worten zusammengesetzt ist, ist nach den selben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken (RS0122385 [T1]). Dasselbe gilt für Wortkombinationen: Sind die Bestandteile einer Wortkombination nicht unterscheidungskräftig, ist es die Wortkombination nur dann, wenn ihr Sinngehalt über die Summe ihrer Bestandteile hinausgeht (EuGH C 65/00, Biomild ). Unzulässig ist auch die Eintragung einer solchen Wortverbindung, die geeignet ist, von anderen Wirtschaftsteilnehmern zur Bezeichnung eines Merkmals ihrer Waren oder Dienstleistungen benutzt zu werden. Dies erklärt sich aus der Überlegung, dass ein allgemeines Interesse daran besteht, dass Zeichen oder Angaben, die Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von jedermann frei verwendet werden können, weshalb es nicht erlaubt ist, dass solche Zeichen oder Angaben einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (EuGH C-191/01 P, Doublemint , Rz 31 f; 4 Ob 180/16y, FairUse; OLG Wien 33 R 50/24x, EcoBox ).

2. Zum konkreten Zeichen:

2.1 Der Rekurswerber wendet sich nicht gegen die Bedeutung, welche die Rechtsabteilung den Worten „Sparplan“ (als Finanzinstrument zur regelmäßigen Investition) und „Airbag“ (im Sinne einer dem Schutz von Autoinsassen dienenden Vorrichtung) beigemessen hat (vgl Rekursseite 3, dritter Absatz). Er vermeint jedoch, die Kombination der Worte sei originell und beschreibe das damit zu kennzeichnende neuartige Produkt nicht.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass für die Prüfung der Eintragungsfähigkeit nicht ein konkretes Produkt maßgeblich ist, das mit dem Zeichen gekennzeichnet werden soll – dieses ist in der Regel im Eintragungsverfahren gar nicht bekannt -, sondern allgemein die Waren und Dienstleistungen, für welche die Eintragung begehrt wird (vgl Asperger aaO Rz 55).

Die Ausführungen des Antragstellers, warum sein konkretes Produkt durch das Zeichen nicht beschrieben wird, sind damit nicht zielführend.

2.2 Entgegen dem Rekursvorbringen ist die Rechtsabteilung auch nicht davon ausgegangen, das Zeichen sei „eine Art allgemein bekannte, sohin verkehrsbekannte Sparplansicherung“. Vielmehr hat die Rechtsabteilung die Ansicht vertreten, auch wenn die Wortkombination neu sei, müsse sie nicht automatisch unterscheidungskräftig sein.

Das trifft zu: Dass – wie hier - eine sprachliche Neuschöpfung vorliegt, schließt nicht aus, dass sie beschreibend ist (vgl 4 Ob 28/06f; Firekiller ; Koppensteiner , Markenrecht 4 71). Zu prüfen ist in diesem Fall, ob die Neuschöpfung in ihrer Bedeutung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die angesprochenen Waren wesentlich über den Bedeutungsgehalt der bloßen Summe der Bestandteile hinausgeht (vgl 4 Ob 78/18a, SCHNEEWETTE ; OLG Wien 33 R 170/23x, NOVOLINE ; 33 R 71/24i, HÄNGESTAPEL ).

Vorliegend ist das nicht der Fall: Vielmehr ist es hier gerade die Kombination der Worte D* und E*, die beschreibend im Sinne einer Schutzeinrichtung für das Finanzinstrument eines Sparplans wirkt (vgl OLG Wien 33 R 147/23i, VERTRAGSCHECK24 ). Eine besondere Gedankenoperation, um zu diesem Verständnis zu gelangen, ist nicht erforderlich.

2.3 Soweit der Antragsteller schließlich vorbringt, ein Dritter habe erfolgreich eine andere Marke („**“, **) für Dienstleistungen, die auf einem gleichartigen Konzept beruhen, erfolgreich angemeldet, so fehlt diesem Vorbringen in zweierlei Hinsicht die Relevanz: Zum einen entfalten Markeneintragungen nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich keine präjudizielle Wirkung für andere Verfahren (RS0125405 [T4]). Zum anderen ist der dortige Wortlaut, der weder die Wörter D* oder E* noch Synonyme dafür enthält, gerade nicht beschreibend für die Dienstleistungen der Klasse 36.

2.4 Zusammengefasst hat daher die Rechtsabteilung den Antrag zu Recht abgewiesen; der Rekurs musste daher erfolglos bleiben.

3. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war nach § 59 Abs 2 AußStrG (iVm § 139 PatG und § 37 Abs 3 MSchG) auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt (vgl 4 Ob 66/18m ua).

4. Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl 4 Ob 78/18a; 4 Ob 16/15d; RS0121895 [T3]). Aus diesem Grund ist der ordentliche Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 139 PatG und § 37 Abs 3 MSchG) nicht zulässig.