11R47/25z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien fasst als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Primus als Vorsitzende sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Fidler und Dr. Berka in der zu AZ ** des Landesgerichts A* anhängigen Ablehnungssache im Rahmen des zu AZ ** anhängigen Verfahrens der klagenden Partei B* GmbH , **, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. C* , Rechtsanwalt, **, 2. Univ.-Prof. Dr. D* , pA **, und 3. Dr. E* , Rechtsanwältin, pA **, alle vertreten durch die Zeiler Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 3.876.093,24 Euro sA, hier wegen Verfahrenshilfe, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts A* vom 13.01.2025, GZ **-14, den
Beschluss:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 4 ZPO).
Text
Begründung:
Im Verfahren vor dem Landesgericht A*, AZ **, lehnte die Klägerin die zuständige Richterin als befangen ab. Mit Beschluss vom 16.6.2023, AZ **, wies ein Dreirichtersenat des Landesgerichts A* den Ablehnungsantrag zurück. Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Rekurs und machte unter anderem geltend, die Richter des Befangenheitssenats seien befangen. Dieses Ablehnungsverfahren betreffend zwei der Richter des Senats wird vom Landesgericht A* zum AZ ** geführt. Der Klägerin wurde dort, nach Unterbrechung gemäß § 160 Abs 1 ZPO und einem Antrag der Beklagten gemäß § 160 Abs 2 ZPO, mit Beschluss vom 4.10.2024 aufgetragen, binnen drei Wochen einen neuen anwaltlichen Vertreter bekannt zu geben.
Die Klägerin beantragte daraufhin die Verfahrenshilfe im vollen Umfang (ON 10). Mit Beschluss vom 14.11.2024 (ON 11) wurde ihr die Verbesserung des Antrags aufgetragen, unter anderem durch Vorlage von Vermögensbekenntnissen aller Gesellschafter der Klägerin als wirtschaftlich Beteiligte. In ihrer Verbesserung (ON 12) legte die Klägerin keine weiteren Vermögensbekenntnisse vor und machte auch keine Angaben zu den Vermögensverhältnissen der Gesellschafter, sondern verwies auf Verfahren, in denen ihr die Verfahrenshilfe ohne eine solche Vorlage bewilligt worden sei. Sie führte aus, dass die Bestimmung des § 63 Abs 2 ZPO der EMRK widersprechen würde und verfassungswidrig sei. Die Gesellschafter der Klägerin würden es ablehnen, sich an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Die Klägerin sei nicht in der Lage die Gesellschafter zur Abgabe von Vermögensbekenntnissen zu verhalten.
Mit dem angefochtenen Beschlusswies das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag ab. Es führte rechtlich aus, dass gemäß § 63 Abs 2 ZPO einer juristischen Person die Verfahrenshilfe zu bewilligen sei, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden könnten und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheine. Wirtschaftlich Beteiligte seien bei einer GmbH alle Gesellschafter. Mangels Vermögensbekenntnisse der Gesellschafter könne nicht beurteilt werden, ob die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel von den wirtschaftlich Beteiligten der Klägerin aufgebracht werden könnten.
Dagegen wendet sich der Rekurs der Klägerin. Mit dem Rekurs ficht sie die Entscheidung in vollem Umfang aus den Gründen der Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung an, mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Verfahrenshilfeantrag stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Dem Revisor wurde der Rekurs nicht zugestellt.
Die Beklagten erstatteten keine Rekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass sich im Rekurs zwar die Überschriften "Aktenwidrigkeit“ und „Mangelhaftigkeit" finden, es wird aber weder eine Aktenwidrigkeit noch ein Verfahrensmangel in den Ausführungen vorgebracht. Eingegangen wird daher nur auf den im Rekurs tatsächlich (erkennbar) geltend gemachten und ausgeführten Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ( Sloboda in Fasching/Konecny 3IV/1 § 526 ZPO Rz 32 [Stand 1.9.2019, rdb.at]).
Die Rekurswerberin wendet sich im Wesentlichen gegen die Rechtsansicht, dass die Vorlage der Vermögensbekenntnisse der wirtschaftlich Beteiligten eine Voraussetzung zur Gewährung der Verfahrenshilfe an eine GmbH darstelle. Sie verwies erneut darauf, dass ihr in anderen zivilgerichtlichen Verfahren die Verfahrenshilfe auch ohne eine solche Vorlage gewährt worden sei, sodass die Vorlage offenkundig nicht zwingend sei. Sie habe außerdem dargelegt, was der Vorlage der Vermögensbekenntnisse der Gesellschafter entgegenstehe.
Die Ausführungen der Klägerin überzeugen nicht, das Rekursgericht teilt vielmehr die Rechtsansicht des Erstgerichts, auf die verwiesen wird (§ 500a ZPO). Durch § 63 Abs 2 ZPO wird dem Gericht aufgetragen, im Falle der Antrag-stellung durch eine juristische Person zu berücksichtigen, ob die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können. Der Rekurswerberin ist zwar dahingehend beizupflichten, dass dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, auf welche Weise eine Überprüfung dieser Umstände erfolgen soll. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass die Vermögensverhältnisse der wirtschaftlich Beteiligten nicht zwingend nur mittels des amtlichen Vermögensbekenntnisses nachgewiesen werden können, bedeutet das nicht, dass die Vorlage vom Gericht nicht aufgetragen werden darf, wenn es einen solchen exakten Nachweis der Vermögensverhältnisse eines Beteiligten für notwendig erachtet. Wird ein solcher Auftrag erteilt, haben die wirtschaftlich Beteiligten zwecks Beurteilung ihrer finanziellen Verhältnisse Vermögensbekenntnisse vorzulegen ( Schindler in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 63 ZPO Rz 17 [Stand 9.10.2023, rdb.at])
Das Unterlassen der Vorlage von Vermögensbekenntnissen der wirtschaftlich Beteiligten trotz entsprechender gerichtlicher Aufforderung führt zur Abweisung des Verfahrenshilfeantrags, auch wenn die juristische Person durch Vorlage eines unbedenklichen (eigenen) Vermögensbekenntnisses nachweisen konnte, dass die Kosten der Verfahrensführung aus eigenen Mitteln nicht aufgebracht werden können. Eine solche unvollständige Offenlegung der maßgeblichen Vermögensverhältnisse ist nämlich ebenso zu behandeln wie die Vorlage eines offenbar lückenhaften Vermögensbekenntnisses der Partei selbst ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3II/1 § 66 ZPO Rz 12 [Stand 1.9.2014, rdb.at]). Die von der Rekurswerberin vorgebrachte Weigerung der wirtschaftlichen Beteiligten, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse offen zu legen, fällt allein in ihre Sphäre (RS0134640 [T1]). Die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags erfolgte daher zu Recht.
Zum Antrag auf Vorlage gem. Art 89 B-VG:
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 63 Abs 2 ZPO hat der Rekurssenat nicht. Der VfGH hat erst kürzlich die Behandlung eines Antrags auf Aufhebung des § 63 Abs 2 ZPO abgelehnt und im Ergebnis keine Bedenken dagegen gehegt, dass bei der Entscheidung über die Gewährung der Verfahrenshilfe an eine GmbH die Vermögensverhältnisse der an der GmbH beteiligten Gesellschafter zu berücksichtigen sind (VfGH 25.11.2024, G 171/2024).
Dem Rekurs war somit der Erfolg zu versagen.
Die Zustellung an den Revisor gemäß§ 72 Abs 2a ZPO konnte mangels Beschwer unterbleiben (OLG Wien 8 Ra 120/08p).