JudikaturOLG Wien

2R159/24b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
29. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann als Vorsitzenden sowie die Richter Mag. Kunz und Mag. Viktorin in der Rechtssache der klagenden Partei A*, **, **, vertreten durch Dr. Manfred Arbacher-Stöger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH, *, vertreten durch Mag. Maximilian Lohsmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen (zuletzt) EUR 1.033,93 s.A., über den Kostenrekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 25.007,79) gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22.8.2024, ***, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahin abgeändert, dass sie lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 13.375,15 (darin EUR 1.603,39 USt und EUR 3.754,80 Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.195,62 (darin EUR 199,27 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Text

Mit Kaufvertrag vom 21.6.2018 erwarb die Klägerin von der Beklagten die Wohnung Top ** an der Liegenschaft EZ **, KG **, mit der Adresse **.

Mit Klage vom 24.6.2021 (bewertet mit EUR 35.000,-) begehrte die Klägerin von der Beklagten zunächst die Verbesserung im Einzelnen angeführter Mängel in dieser Wohnung, die am 7.7.2018 an die Klägerin übergeben worden sei.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte die Abweisung der Klage und wendete im Wesentlichen ein, es würden keine von ihr zu vertretende Mängel vorliegen.

In der Tagsatzung vom 15.11.2022 (ON 18) erklärten die Parteien im Rahmen von Vergleichsgesprächen ihre Bereitschaft zur Vornahme von Sanierungsmaßnahmen durch die Beklagte und vereinbarten infolge dessen Ruhen des Verfahrens. Die Beklagte erklärte in diesem Zusammenhang ihren Verzicht auf den Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens bis 30.6.2023.

Mit Schriftsatz vom 15.3.2024 (ON 20) beantragte die Klägerin die Fortsetzung des Verfahrens und brachte im Wesentlichen vor, die Sanierungsarbeiten seien am 23.6.2023 fertiggestellt worden, sodass dem ursprünglichen Klagebegehren betreffend Spruchpunkt 1. seitens der Beklagten entsprochen worden sei, sodass das Klagebegehren entsprechend einzuschränken sei. Aufgrund der notwendigen Arbeiten seien der Klägerin aber weitere Mehr- und Unkosten von insgesamt EUR 1.033,93 entstanden, nämlich Kosten für eine Ersatzwohnung von EUR 719,57 und anteilige Stromkosten betreffend die Ersatzunterkunft von EUR 314,36. Die Klage werde daher insofern modifiziert, als nunmehr EUR 1.033,93 sA für Mangelfolgeschäden sowie der Ersatz der Verfahrenskosten (auch hinsichtlich des ursprünglichen Klagebegehrens) begehrt werde.

In ihrer Äußerung vom 22.4.2024 erhob die Beklagte den Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens und brachte vor, dass hinsichtlich der klagsgegenständlichen Ansprüche Verjährung eingetreten sei, da eine rund 16-monatige Untätigkeit bis zur Einbringung des Fortsetzungsantrags als nicht gehörige Fortsetzung im Sinne des § 1497 ABGB zu qualifizieren sei.

In der Tagsatzung vom 25.6.2024 (ON 25) brachte die Klägerin ergänzend vor, der Kostenersatzanspruch verjähre erst nach 30 Jahren ab Rechtskraft der Kostenentscheidung. Solange über den Ersatz nicht abgesprochen sei, könne Verjährung des Kostenersatzanspruchs nicht eintreten.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das (zuletzt aktuelle) Klagebegehren unbekämpft ab und verpflichtete die Klägerin zum vollen Kostenersatz im Umfang von EUR 9.463,01. Diese Entscheidung stützte es auf § 41 Abs 1 ZPO und das unbestritten gebliebene Kostenverzeichnis des Beklagtenvertreters.

Gegen die Kostenentscheidung dieses Urteils richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Abänderungsantrag dahin, dass die Beklagte zum Ersatz der Prozesskosten der Klägerin im ersten Abschnitt von EUR 15.811,85 sowie die Klägerin zum Ersatz der Prozesskosten der Beklagten im zweiten Abschnitt von EUR 267,07 verpflichtet werde.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt .

Die Rekurswerberin moniert, dass aufgrund der im Rahmen ihres Fortsetzungsantrags erfolgten Klageänderung zwei Verfahrensabschnitte zu bilden gewesen wären und sie angesichts der Erfüllung des ursprünglichen Klagebegehrens im ersten Abschnitt obsiegt habe. Ausgehend davon habe sie Anspruch auf vollen Kostenersatz im ersten Verfahrensabschnitt (EUR 15.811,85), während sich der Kostenersatzanspruch der Beklagten für den zweiten Abschnitt auf EUR 267,07 belaufe. Der Kostenersatzanspruch verjähre erst nach 30 Jahren ab Rechtskraft der Kostenentscheidung. Auch eine nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens sei für den Kostenersatz unbeachtlich, zumal auch keine Kostenaufhebung vereinbart worden sei oder angenommen werden könne.

Zunächst ist auf die Klageänderung einzugehen, die im Zuge des Fortsetzungsantrags (ON 20) vorgenommen wurde. Darin schränkte die Klägerin ihr ursprüngliches – auf Verbesserung gerichtetes – Klagebegehren auf Kosten ein und dehnte die Klage gleichzeitig um ein Leistungsbegehren (EUR 1.033,93 sA) aus. Die Rekurswerberin wendet sich nunmehr gegen die Kostenentscheidung, soweit sie das ursprüngliche Klagebegehren betrifft.

Im Hinblick auf den für die Kostenentscheidung maßgeblichen Prozesserfolg ist stets zu fragen, aus welchen Gründen eingeschränkt wurde. Sind die Gründe der Klagseinschränkung solche, die einem Obsiegen gleichkommen (jedwede Erfüllung des Anspruchs durch den Beklagten), so wird der Beklagte voll ersatzpflichtig. Kommt die Einschränkung hingegen einer Aufgabe des Klagsanspruchs gleich, so gilt der Kläger als in diesem Umfang unterlegen ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.150).

Angesichts der von der Beklagten nicht bestrittenen (vgl RS0039927) Erfüllung des ursprünglichen Klagebegehrens ist grundsätzlich von einem Obsiegen der Klägerin auszugehen. Soweit die Beklagte den Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens ins Treffen führt, ist festzuhalten, dass ein längerer Verfahrensstillstand als nicht gehörige Fortsetzung der Klage iSd § 1497 ABGB zur Verjährung des Hauptanspruchs führen kann, was dann die Kostenersatzpflicht des Klägers nach § 41 ZPO wegen seines Unterliegens nach sich ziehen würde ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ II/1 § 41 ZPO Rz 4). Die Unterlassung der gehörigen Fortsetzung der Klage ist kein selbstständiger Verjährungsgrund, sondern führt vielmehr dazu, dass die durch die Klagsführung (vorläufig) bewirkte Unterbrechung der Verjährung wegfällt (RS0034573; M. Bydlinski/Thunhart in Rummel/Lukas/Geroldinger , ABGB 4 § 1497 Rz 57).

Auch wenn im Abwarten von rund 13 Monaten nach Ablauf der Ruhensfrist nach der Rechtsprechung (vgl 6 Ob 288/00x; 7 Ob 762/81; 4 Ob 170/54) eine nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens erkannt werden kann, ist im vorliegenden Fall die Erfüllung des Anspruchs zu berücksichtigen: Dem ursprünglichen Klagebegehren lag ein auf eine unbewegliche Sache bezogener gewährleistungsrechtlicher Verbesserungsanspruch zugrunde, der nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen am 23.6.2023 – und somit vor Ablauf der Frist zur gerichtlichen Geltendmachung gemäß § 933 Abs 1 ABGB (idF vor dem GRUG, BGBl I 2021/175) sowie vor der Klageänderung - von der Beklagten erfüllt wurde.

Da die - als Folge einer nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens drohende - Verjährung des Hauptanspruchs das aufrechte Bestehen eines durchsetzbaren Anspruchs voraussetzt, kommt die Verjährung eines bereits erfüllten Anspruchs nicht in Betracht. Der Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens führt somit im vorliegenden Fall nicht zu einem prozessualen Unterliegen der Klägerin, das einen Kostenersatzanspruch der Beklagten nach § 41 Abs 1 ZPO zur Folge hätte. Angesichts der Erfüllung des ursprünglichen Klagebegehrens ist vielmehr von einem Obsiegen der Klägerin (im Umfang des ursprünglichen Klagebegehrens) auszugehen, das insofern einen Kostenersatzanspruch der Klägerin nach § 41 Abs 1 ZPO begründet. Eine Rechtsgrundlage, weshalb der Klägerin ein Kostenersatzanspruch nicht (mehr) zustehen würde, ist entgegen der erstgerichtlichen Kostenentscheidung nicht ersichtlich.

Da die Klägerin – wie von ihr im Rekurs selbst eingeräumt – mit ihrem auf den Ersatz von Mangelfolgeschäden gerichteten Leistungsbegehren unterlag, waren im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang vorgenommene Klageänderung zwei Verfahrensabschnitte zu bilden. Der erste Abschnitt reicht bis zum Eintritt des Ruhens des Verfahrens in der Tagsatzung vom 15.11.2022 (ON 18). Der bereits die Klageänderung beinhaltende Fortsetzungsantrag vom 15.3.2024 (ON 20) war – entgegen der Ansicht der Rekurswerberin – dem zweiten Abschnitt zuzuordnen, zumal eine Klageänderung bereits mit der Schriftsatzeinbringung wirkt und eine von der Rekurswerberin gewünschte gesonderte Betrachtung des Fortsetzungsantrags und der Klageänderung bei einem einzelnen Schriftsatz kostenrechtlich nicht in Betracht kommt.

Unter Berücksichtigung der von der Rekurswerberin zugestandenen irrtümlichen Verzeichnung einer unrichtigen Dauer der Tagsatzung vom 15.11.2022 (ON 18), die sich - entsprechend den bereits im Verfahren erster Instanz erhobenen Einwendungen der Beklagten - tatsächlich nur auf eine (angefangene) Stunde erstreckte, beläuft sich der Kostenersatzanspruch der Klägerin für den ersten Abschnitt auf EUR 8.353,80 (netto) an Vertretungskosten sowie EUR 3.754,80 an Barauslagen.

Hinsichtlich des zweiten Abschnitts, in dem die Beklagte voll obsiegte, waren die von ihr verzeichneten Kosten - inklusive der von der Rekurswerberin außer Acht gelassenen Äußerung vom 25.4.2024 (ON 23) – der Kostenentscheidung zugrunde zu legen, zumal die Klägerin im Verfahren erster Instanz keine Einwendungen gegen die Kostennote der Beklagten erhoben hatte. Der Ersatzanspruch der Beklagten beträgt demnach EUR 336,84 (netto).

Saldiert ergibt dies einen Kostenersatzanspruch der Klägerin von EUR 8.016,96 (netto) zuzüglich 20 % USt (EUR 1.603,39) und EUR 3.754,80 an Barauslagen.

Dem Rekurs war sohin teilweise Folge zu geben und die Kostenentscheidung des Erstgerichts in diesem Umfang abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 43 Abs 2, 50 ZPO. Die Rekurswerberin obsiegte mit EUR 22.838,16 (EUR 9.463,01 + EUR 13.375,15), weshalb sie - ausgehend von einem Rekursinteresse von EUR 25.007,79 - mit mehr als 90 % durchgedrungen ist und somit nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil ihres Anspruchs unterlag. Die Beklagte hat ihr demnach die gesamten Rekurskosten zu ersetzen, allerdings lediglich auf Basis des obsiegten Betrags.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.