JudikaturOLG Linz

12Rs83/25z – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
15. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Barbara Jäger als Vorsitzende, Dr. Dieter Weiß und Mag. Nikolaus Steininger, LL.M. als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Peter Sighartner (Kreis der Arbeitgeber) und Franz Lumetsberger (Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag.phil. A* , geboren am **, Reiseverkehrskaufmann, **, **straße **, vertreten durch die Korn Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt , 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch ihren Angestellten Mag. B*, Landesstelle **, wegen Berufsunfähigkeitspension über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. Juni 2025, Cgs*-60, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 7. November 2023 hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension vom 29. Juni 2023 abgelehnt, weil Berufsunfähigkeit nicht dauerhaft vorliege. Darüber hinaus hat sie ausgesprochen, vorübergehende Berufsunfähigkeit im Ausmaß von mindestens sechs Monaten liege ebenfalls nicht vor und es bestehe kein Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung bzw auf medizinische und berufliche Maßnahmen der Rehabilitation.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Klage mit dem Begehren auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. Juli 2023, in eventu auf Feststellung des Anspruchs auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation sowie auf Rehabilitationsgeld im gesetzlichen Ausmaß dem Grunde nach ab 1. Juli 2023, in eventu des Anspruchs auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen. Der Entscheidung liegt – zusammengefasst, jedoch einschließlich in der Beweiswürdigung dislozierter Feststellungen – folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger hat das Studium der Geographie absolviert und war in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag insgesamt 155 Versicherungsmonate als Reiseverkehrskaufmann tätig.

Aufgrund seiner gesundheitlichen Beschwerden ist er seit Antragstellung nur noch in der Lage, in 10 % der auf fünf Stunden pro Tag und 25 Stunden pro Woche beschränkten Arbeitszeit mit Trage- bzw Hebebelastungen bis 5 bzw 10 kg verbundene Tätigkeiten im Gehen, im Stehen und – zumindest in der Hälfte der Arbeitszeit – im Sitzen zu verrichten, wobei weitere Einschränkungen bestehen: Insbesondere sind nur noch Arbeiten mit zeitweise überdurchschnittlichem Zeitdruck bzw fallweise forciertem Arbeitstempo möglich sowie Schicht- und Akkordarbeit ebenso auszuschließen wie Tätigkeiten, die überdurchschnittliche Ansprüche an die Konzentrationsfähigkeit stellen oder mit häufigen Konfliktsituationen verbunden sind; im Bereich der linken oberen Extremität bestehen feinmotorische Einschränkungen, wobei das Betätigen einer Maus und PC-Tastatur oder das Verwenden eines Kugelschreibers aber möglich ist; es ist ein – etwa durch eine Jalousie – abgedunkelter Arbeitsplatz zu empfehlen.

Bezüglich des Anmarschwegs bestehen keine Einschränkungen; öffentliche Verkehrsmittel können benutzt werden; Wohnsitzverlegung und Wochenpendeln sind zumutbar.

Bei Einhaltung des Leistungskalküls sind seit Antragstellung Krankenstände von 4,5 Wochen pro Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Eine Besserung des Gesundheitszustands ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Mit diesem Leistungskalkül sind leichte Büroarbeiten und Tätigkeiten eines Sachbearbeiters bzw in Archiv, Statistik oder Registratur in Teilzeit vereinbar ; davon gibt es österreichweit 100 Arbeitsplätze in nach den eigenen Bedürfnissen abdunkelbaren Einzelbüros.

In rechtlicher Beurteilung des Sachverhalts ist das Erstgericht zum Ergebnis gekommen, der Kläger genieße zwar Berufsschutz im Niveau der Beschäftigungsgruppe 3 (alt) des Kollektivvertrags für Angestellte und Lehrlinge in Handelsbetrieben (kurz: KollVHandelsAng), sei aber nicht berufsunfähig.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf Klagsstattgabe gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die unbeantwortet gebliebene, gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandelnde Berufung ist nicht berechtigt .

Rechtliche Beurteilung

1 In der Mängelrüge kritisiert der Kläger das Unterbleiben der Einholung eines neurologischen Gutachtens durch einen spezialisierten Facharzt, eines berufskundlichen Gutachtens und eines klinisch-psychologischen Gutachtens, das Unterbleiben der Einvernahme einer weiteren Zeugin sowie eine fehlende Beweiswürdigung.

1.1 Medizinische Fachfragen sind durch Sachverständige zu klären und nicht durch Zeugen- oder durch Parteienvernehmung; der Versicherte muss daher (nur) die Möglichkeit haben, dem medizinischen Sachverständigen seine Beschwerden und Befindlichkeiten vorzutragen (vgl nur Neumayr in ZellKomm 3§ 75 ASGG Rz 8 mwN). Wenn das vom Sachverständigen als notwendig erachtet wird, sind zwar (fachkundige) Zeugen zu vernehmen. Ein Sachverständigengutachten kann aber durch Zeugen nicht entkräftet werden, auch wenn diese sachverständig sind (RIS-Justiz RS0040598, insb [T1]).

Bei der Beurteilung medizinischer Fragen darf sich das Gericht grundsätzlich auf die eingeholten Gutachten verlassen. Wenn der medizinische Sachverständige die Notwendigkeit weiterer Befundaufnahmen – insbesondere die Einholung von Gutachten aus anderen Fachgebieten oder die Einvernahme von Auskunftspersonen – verneint, darf es davon ausgehen, dass diese tatsächlich nicht besteht (vgl nur Neumayr in ZellKomm 3§ 75 ASGG Rz 9 mwN).

1.2 Der Kläger hat seinen Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines auf das atypische SUNA-Syndrom spezialisierten Sachverständigen damit begründet, die beigezogenen neurologischen Sachverständigen hätten kein ausreichendes Wissen zu seiner Erkrankung (ON 51 S 2). Dem ist der – nach dem Ableben des ersten beigezogene zweite – neurologische Sachverständige entschieden und nachvollziehbar entgegengetreten (ON 56 S 2).

1.2.1Entscheidend für die Frage der Verweisbarkeit des Versicherten ist die aufgrund des medizinischen Leistungskalküls getroffene Feststellung, in welchem Umfang er im Hinblick auf die bestehenden Einschränkungen behindert ist bzw welche Tätigkeiten er ausführen kann; die Diagnose bildet nur die Grundlage für das vom Sachverständigen zu erstellende Leistungskalkül, auf dem wiederum die Feststellungen basieren (RIS-Justiz RS0084399).

Wenn in den vom zweiten neurologischen Sachverständigen etwa ein Jahr nach den vom ersten erstellten Diagnosen kein „Spannungskopfschmerz ohne neurologische Ausfälle oder Seitendifferenzen“ (ON 6 S 10) angeführt wird, sondern der „Verdacht auf Vorliegen von einseitigen neuralgiformen Kopfschmerzen ohne konjunktivale Injektion und ohne Tränenfluss im Sinne eines atypischen SUNA-Syndroms“ (ON 48 S 36), so unterscheiden sich die Diagnosen zwar in diesem Punkt. Ein maßgeblicher Widerspruch liegt darin jedoch nicht, zumal die von den beiden Sachverständigen – aufgrund der jeweils gestellten Diagnosen erstellten – neurologischen Leistungskalküle weitgehend identisch sind.

1.2.2 Der (zweite) neurologische Sachverständige hat die Befunde des Uniklinikums C* vom 1. November 2021 (Blg ./C) und 20. Juli 2022 (Blg ./D) und die Kopfschmerztagebücher (Blg ./F und ./G) eingesehen und seinem Gutachten zugrunde gelegt (ON 48 S 18-23).

1.2.3Auffällig ist allerdings, dass etwa die Dauer der Attacken im erstgenannten Befund mit „1-2 Sekunden“ beschrieben wird (Blg ./C S 1), während vom Kläger und seiner als Zeugin einvernommenen Gattin „zwei Minuten bis eine Viertelstunde“ (PV ON 18.3 S 3) bzw „ein bis drei Minuten“ (ZV ON 18.3 S 6) angegeben werden.

1.2.4 Nach seinem Vorbringen hat der Kläger überdies während der Untersuchung durch den zweiten neurologischen Sachverständigen „eine intensive Kopfschmerzattacke bekommen“ (ON 51 S 2). Über Vorhalt dieser Behauptung hat dieser aber festgehalten, der Kläger sei „im Rahmen der klinischen Untersuchung allseits orientiert“ gewesen, habe „keine Einschränkungen der Merkfähigkeit, der Gedächtnisleistungen oder der höheren Hirnleistungen“ gezeigt und sei auch in der Lage gewesen, „entsprechende und nachvollziehbare Angaben zu tätigen“ sowie „die Konzentrationsspanne und die Aufmerksamkeit während der gesamten Untersuchung aufrecht zu erhalten“ (ON 56 S 3 f). Auch keiner der weiteren vier Sachverständigen, die den Kläger im erstinstanzlichen Verfahren (eingehend) untersucht haben, hat davon berichtet, dieser sei während der Befundaufnahme weggetreten oder nicht ansprechbar gewesen (vgl erstes neurologisches Gutachten ON 6 S 8 f; orthopädisches Gutachten ON 9 S 2 f; urologisches Gutachten ON 11 S 2 f; internistisches Gutachten ON 15 insb S 9).

Im Befund vom 1. November 2021 (Blg ./C) wird ferner eine bestehende Photophobie beschrieben, also eine Lichtscheu bzw Lichtempfindlichkeit (vgl https://flexikon.doccheck.com/ de/Photophobie, abgefragt am 15. September 2025). Damit im Einklang stehen die Schilderungen des Klägers in der Befundaufnahme durch den (zweiten) neurologischen Sachverständigen (ON 48 S 33: die Beschwerden nähmen bei tiefstehender Sonne zu, abgedunkelte Räume seien besser). Im offenen Widerspruch dazu hat der Kläger zur Untermauerung der Behauptung der Unrichtigkeit des Gutachtens jedoch vorgebracht, seine Beschwerden würden in dunklen Räumen stärker und es komme bei Licht zu einer Besserung (ON 51 S 2).

1.2.5 Nach der Aktenlage offenbar unrichtig sind auch die Behauptungen in der Berufung, die medikamentöse Behandlung der Kopfschmerzen habe eine Gewichtszunahme und eine Inkontinenz ausgelöst (Berufung S 2 Pkt 1):

Die Inkontinenz ist nach den Angaben des Klägers gegenüber dem urologischen Sachverständigen „im Rahmen eines Burnout-Syndroms 2016“ wieder aufgetreten (ON 11 S 2), während die Kopfschmerzen (erst) seit dem Jahr 2021 bestehen (vgl Berufung S 2 Pkt 1; neurologisches Gutachten ON 6 S 3, 4; urologisches Gutachten ON 11 S 3; neurologisches Gutachten ON 48 S 32; Blg ./C und ./D).

Die krankhafte Fettsucht des Klägers ist nach dem unkritisiert gebliebenen internistischen Gutachten durch hyperkalorische Ernährung und Bewegungsmangel bedingt (ON 15 S 13).

1.2.6 Es ist daher auch für einen medizinischen Laien nachvollziehbar, wenn der neurologische Sachverständige die Angaben des Klägers und der Zeugin – wohl aufgrund gewisser Vorbehalte gegen deren Zuverlässigkeit – seinem Gutachten nicht zugrunde gelegt hat.

1.3.1 Sachverständige vermitteln aufgrund ihrer besonderen Fachkunde Erfahrungssätze, ziehen aus diesen Schlussfolgerungen oder stellen mithilfe ihrer Sachkunde Tatsachen fest (vgl nur Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO 5Vor § 351 ZPO Rz 1).

Welche Feststellungen das Erstgericht aufgrund des berufskundlichen Gutachtens hätte treffen müssen, ist der Mängelrüge nicht zu entnehmen, sodass sie insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (vgl RIS-Justiz RS0043039). In welche Beschäftigungsgruppe eines Kollektivvertrags eine Tätigkeit einzustufen ist, betrifft keine Tatsachen-, sondern eine – aufgrund von Tatsachenfeststellungen zum Inhalt der ausgeübten Tätigkeit zu lösende – Rechtsfrage.

1.3.2 Das Erstgericht hat kurz vor Schluss der Verhandlung mit den Parteien – abstellend darauf, dass diese Möglichkeit auch vom Kläger ohne besonderes Entgegenkommen durch den Dienstgeber genutzt werden könnte – als amtsbekannt erörtert, „dass gerade im Bürobereich üblicherweise eine Jalousie vorhanden ist, weshalb auch ein Büro abdunkelbar ist“, und dass in den genannten Verweisungstätigkeiten jedenfalls 100 Stellen österreichweit existieren, die mit dem eingeschränkten Leistungskalkül des Klägers noch vereinbar sind (ON 58.3 S 5).

Beides wurde vom Kläger im Verfahren erster Instanz nicht bestritten und durfte daher vom Erstgericht seinem Urteil ohne weitere Beweisaufnahmen zugrunde gelegt werden.

1.4 Der (zweite) neurologische Sachverständige hat die Einholung des beantragten klinisch-psychologischen (bzw arbeitspsychologischen) Gutachtens (ON 51 S 4 bzw 2) – mit ausführlicher Begründung – ebenso als nicht erforderlich erachtet wie die Einvernahme der weiteren beantragten Zeugin (Gutachtenserörterung ON 58.3 S 4 f).

Auch das Unterbleiben dieser Beweisaufnahmen begründet daher keinen Verfahrensmangel.

1.5 Die vorgelegten Urkunden und die Einvernahmen des Klägers und der Zeugin betreffen vom neurologischen Sachverständigen zu beurteilende medizinische Fragen und waren daher von diesem zu berücksichtigen. Einer Beweiswürdigung durch das Erstgericht – zu der es mangels eigener Fachkenntnis nicht in der Lage wäre – bedurfte es daher nicht.

2 In der Tatsachenrüge bekämpft der Kläger die kursiv dargestellten Feststellungen zu seinem Leistungskalkül und zu den Tätigkeiten, die er auszuüben imstande ist.

2.1 Im Zusammenhang mit dem Leistungskalkül wendet er sich abermals gegen das Gutachten des (zweiten) neurologischen Sachverständigen und begehrt als Ersatzfeststellungen, dem Kläger sei nicht einmal ein dreistündiger Arbeitstag zumutbar, zusätzliche Arbeitspausen seien erforderlich und Krankenstände von zumindest sieben Wochen jährlich zu erwarten.

Dabei gelingt es ihm jedoch ebensowenig wie in der Mängelrüge (vgl Pkt 1.2), die behauptete Unschlüssigkeit bzw mangelhafte Nachvollziehbarkeit des Gutachtens darzulegen.

2.2 Die Kritik an den Feststellungen zur Einsetzbarkeit leitet der Kläger ausschließlich aus den begehrten Ersatzfeststellungen zum Leistungskalkül ab; dass diese Tätigkeiten auch mit dem festgestellten Leistungskalkül nicht vereinbar wären, behauptet er nicht einmal.

3.1 In der Rechtsrüge wendet sich der Kläger gegen die Annahme der Verweisbarkeit und vermisst dabei zunächst Feststellungen zur ausgeübten (relevanten) Tätigkeit.

3.1.1 Im Verfahren erster Instanz hat er zunächst ohne Konkretisierung und Anbot von Beweisen vorgebracht, er sei „als Reiseverkehrskaufmann beschäftigt“ gewesen (ON 1 S 2).

Geraume Zeit nachdem das Erstgericht in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 24. Juli 2024 mit den Parteien erörtert hatte, die Tätigkeit als Reiseverkehrskaufmann entspreche der Beschäftigungsgruppe 3 (alt) des KollVHandelsAng (ON 18.3 S 2), hat der Kläger sein Vorbringen dahingehend ergänzt, er habe „bei dieser Tätigkeit [..] selbstständig auch sehr komplexe und umfangreiche Reisen für unsere Kunden geplant“ und „viel in Eigenverantwortung gearbeitet“ (Schriftsatz ON 26 S 5 [Pkt 3]).

Mit Schriftsatz vom 29. April 2025 hat er Dienstzeugnisse zum Beweis der Verrichtung „entsprechender qualifizierter Tätigkeiten als Angestellter“ vorgelegt (ON 51 S 2); Urkunden zur erfolgten Einstufung wurden jedoch nie vorgelegt (vgl RIS-Justiz RS0084890, insb [T3, T9]).

Die anschließenden Erörterungen der möglichen und zumutbaren Verweisungstätigkeiten durch das Erstgericht in zwei Tagsatzungen zur mündlichen Verhandlung sind abermals – insbesondere vom Kläger – unwidersprochen geblieben (ON 53 S 4, ON 58.3 S 5).

Mit dem Vorbringen in der Berufung, er sei [nicht bloß: „auch“] „ eigenverantwortlich umfassend mit der Planung und Durchführung von komplexen Reisen beauftragt [gewesen], wobei eine gründliche Fachkenntnis vorausgesetzt“ worden sei, zielt der Kläger wohl auf eine Einstufung in die Verwendungsgruppe D des Kollektivvertrags für die Angestellten in Reisebüros ab, verstößt damit aber ebenso gegen das auch in Sozialrechtssachen geltende Neuerungsverbot (vgl RIS-Justiz RS0042049) wie mit dem Vorbringen, für seine bisherige Tätigkeit sei es erforderlich gewesen, mit häufigen Konfliktsituationen zurechtzukommen. Dass Reisen häufig kurzfristig abgesagt werden, entspricht auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung.

3.1.2Bei der Pensionsversicherung der Angestellten handelt es sich um eine Berufs(gruppen)-versicherung, deren Leistungen einsetzen, wenn der Versicherte infolge seines körperlichen und/oder geistigen Zustands einen Beruf in der ausgeübten Berufsgruppe – zu der nicht nur Berufe aus einer Branche zählen, sondern auch solche aus anderen Branchen, die gleichwertige Kenntnisse voraussetzen – nicht mehr ausüben kann (RIS-Justiz RS0084904, insb [T10]). Das Verweisungsfeld wird durch den Beruf bestimmt, den der Versicherte zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübt hat (RIS-Justiz RS0084943, RS0084954).

Zur Beurteilung der sozialen Wertigkeit der bisherigen Tätigkeit und der möglichen Verweisungstätigkeit ist es legitim, vergleichsweise auf den ollVHandelsAng zurückzugreifen (RIS-Justiz RS0084861, insb [T4]). Dem entsprechend hat der Kläger selbst im erstinstanzlichen Verfahren seine Tätigkeit (fiktiv) im KollVHandelsAng eingestuft (vgl ON 26 S 5 [Pkt 3]).

3.1.3 Für die Einstufung in die Beschäftigungsgruppen des KollVHandelsAng ist die Art der Tätigkeit maßgebend; bei gleichzeitiger Ausübung mehrerer, in verschiedene Beschäftigungsgruppen einzuordnender Tätigkeiten erfolgt die Einreihung in jene Gruppe, die der überwiegenden Tätigkeit entspricht (vgl Gehaltsordnung Pkt A.2.a und b; ähnlich Pkt XVIII.A.1 und 2 des Kollektivvertrags für die Angestellten in Reisebüros).

3.1.4 Dass der Kläger „selbstständig auch sehr komplexe und umfangreiche Reisen für die Kunden geplant“ hat, ist daher nicht relevant, zumal diese Tätigkeit selbst nach seinem eigenen Vorbringen nicht überwiegend ausgeübt wurde.

Abgesehen davon war er nach dem Dienstzeugnis für die zuletzt nicht nur vorübergehend, nämlich von Oktober 2017 bis März 2023 ausgeübte Tätigkeit überhaupt nicht mit der Planung und Durchführung komplexer Reisen beauftragt, sondern „mit der telefonischen und schriftlichen Reservierung [zweier Reiseveranstalter] betraut“ und hatte dabei im Team die Anfragen und Buchungen der Reisebüro-Agenturen seines Arbeitgebers zu bearbeiten (Blg ./P; anderes könnte allenfalls für die vorangegangene Tätigkeit gelten; vgl Blg ./O).

3.1.5Nach seinem eigenen Vorbringen ist damit nicht ersichtlich, welche Tätigkeitsmerkmale eine höhere Einstufung als eine solche in die Beschäftigungsgruppe 3 (alt) des KollVHandelsAng – in die etwa auch Telefonisten in Callcentern einzustufen sind, die qualifizierte Auskünfte bzw Beratung geben – bzw in die Verwendungsgruppe C des Kollektivvertrags für Angestellte in Reisebüros rechtfertigen würden. Dafür trifft jedoch den Kläger die Behauptungs- und Beweislast (vgl nur RIS-Justiz RS0086050).

Es fehlen aber auch sonst Anhaltspunkte dafür, dass die letzte Tätigkeit (vgl Blg ./P) als – etwa mit der Tätigkeit eines Außendienstmitarbeiters im Verkauf, der schwierige Produktberatungen durchführt und überdies zum Abschluss von Geschäften sowie zur Disposition über Preis und Konditionen berechtigt ist (vgl Löschnigg/Löschnigg , Handels-KV 2017 Gehaltsordnung F Erl 11), vergleichbare – „selbständige Tätigkeit“ im Sinne der Beschäftigungsgruppe 4 des KollVHandelsAng qualifiziert werden könnte oder dass dafür „gründliche Fachkenntnisse“ oder eine über drei Jahre hinausgehende Einarbeitungszeit erforderlich gewesen wäre (vgl Verwendungsgruppe D des Kollektivvertrags für Angestellte in Reisebüros).

3.1.6 Auf Grundlage des Vorbringens des Klägers durfte das Erstgericht daher – wie von ihm wiederholt mit den Parteien erörtert – davon ausgehen, dass die zuletzt vom Kläger ausgeübte Tätigkeit in ihrer Wertigkeit einer Tätigkeit in der Beschäftigungsgruppe 3 des KollVHandelsAng entspricht.

3.2 Soweit der Kläger Feststellungen vermisst, „inwiefern im Berufsfeld des Klägers die Möglichkeit besteht, in abgedunkelten Einzelbüros zu arbeiten“, übergeht er die diesbezügliche – freilich in der Beweiswürdigung dislozierte – Feststellung, die auf der – vom Kläger unwidersprochenen – Erörterung dieser Frage mit den Parteien beruht (ON 58.3 S 5).

4 Der Berufung musste daher insgesamt der Erfolg versagt bleiben.

5Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Ein Kostenersatz aus Billigkeit scheidet aus, weil keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten bestanden haben.

6Die ordentliche Revision ist im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil keine in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage zu klären war.