7Bs119/25m – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Einzelrichter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* B*wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des B* gegen den Kostenbeschluss des Landesgerichts Steyr vom 11. Juli 2025, HR* (= GZ St*-18 der Staatsanwaltschaft Steyr), entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die Staatsanwaltschaft Steyr führte auf Grundlage eines Anlassberichts der Polizeiinspektion C* vom 8. Juli 2024 (ON 2.1) ein Ermittlungsverfahren gegen den ** geborenen A* B* wegen der Vergehen der vorsätzlichen Beeinträchtigung der Umwelt nach § 180 Abs 1 StGB, der Beweismittelfälschung nach § 293 Abs 1 StGB sowie des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2 StGB.
Mit Verfügung vom 15. Jänner 2025 stellte sie das Verfahren im Umfang der Betrugsvorwürfe und des Vorwurfs der Beweismittelfälschung gemäß § 190 StPO ein. Gleichzeitig erhob sie Anklage beim Bezirksgericht (§ 210 Abs 1 StPO) wegen eines Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, weil A* B* am 19. April 2024 in D* ** eine fremde Sache verunstaltet habe, indem er auf dem Vorplatz der Kläranlage D* zumindest einige Hundert Liter Fäkalabwässer aus einem Tankwagen abließ, wodurch es zu einer groben Verunreinigung des Vorplatzes der Kläranlage sowie mehrerer Kanalschächte kam, die einen Reinigungsaufwand von zumindest fünf Stunden zu je EUR 55,00 des E* nach sich zog (ON 1.0, ON 13).
Seinen erstmaligen Antrag auf Leistung eines Beitrags zu den Kosten seiner Verteidigung im Ermittlungsverfahren nach § 196a StPO (ON 14) wies das Landesgericht Steyr mit Beschluss vom 18. Februar 2025 (rechtskräftig) ab (ON 16).
Inzwischen wurde A* B* vom Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems mit Urteil vom 26. Februar 2025 (GZ U*-16) auch vom verbliebenen Vorwurf der Sachbeschädigung gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Mit Beschluss vom 12. April 2025 setzte das Bezirksgericht seinen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung nach § 393a Abs 1 StPO mit EUR 3.000,00 fest, welchen Betrag das Landesgericht Steyr infolge seiner Beschwerde auf EUR 4.000,00 anhob (ON 17.3 und 17.4).
Am 20. Juni 2025 wiederholte er seinen Antrag im Verfahren zu St* der Staatsanwaltschaft Steyr im Wesentlichen mit der Begründung, dass der im bezirksgerichtlichen Verfahren zugesprochene Betrag (nicht zuletzt aufgrund des von § 393a Abs 2 Z 3 StPO vorgegebenen Höchstbetrags) die Vertretungsleistung im Ermittlungsverfahren nicht angemessen berücksichtige und in Hinblick darauf ein zusätzlicher Kostenbeitrag nach § 196a StPO festzusetzen sei (ON 17).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diesen Antrag wegen entschiedener Sache als unzulässig zurück, wobei es festhielt, dass ihm auch inhaltlich kein Erfolg beschieden sein könnte, weil der Verteidigungsaufwand des Ermittlungsverfahrens nach dessen teilweiser Einstellung bei gleichzeitiger Anklage wegen weiterer Delikte und nachfolgendem Freispruch von diesen Vorwürfen (ausschließlich) bei der Beschlussfassung nach § 393a StPO zu berücksichtigen sei (ON 18).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* B*, mit welcher er diese Rechtsansicht als unrichtig bekämpft und auf eine antragsgemäße Beschlussfassung, allenfalls eine Kassation der erstgerichtlichen Entscheidung abzielt (ON 19).
Die Oberstaatsanwaltschaft enthielt sich einer Äußerung dazu.
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 oder § 190 StPO eingestellt, so hat der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten, der die nötig gewesenen und von ihm bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient, umfasst.
Wie im Hauptverfahren (vgl dazu Lendl in WK-StPO § 393a Rz 3; Önerin LiK-StPO § 393a Rz 4) muss dafür nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auch im Ermittlungsverfahren das Verfahren durch Einstellung nach § 108 oder § 190 StPO (oder teils - teils) vollständig erledigt worden sein. Eine Einstellung zu einer oder mehreren Taten bei (wie hier vorliegend) Anklage (oder Diversion) zu einer anderen Tat begründet hingegen keinen Anspruch auf einen Kostenbeitrag (vgl den Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 31. Juli 2024 über die Neuregelung des Verteidigungskostenbeitrags durch das Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975 geändert wird, BGBl I Nr 2024/96, 2; Prior , Der Ministerialentwurf zur Neuregelung des Verteidigungskostenbeitrags, ZWF 2024, 87; Wiesinger/Hlosta, Verteidigerkostenbeitrag neu nach §§ 196a und 393a StPO – Kurzüberblick für Verteidiger, JSt 2024, 477; Flörl , Beitrag zu den Kosten der Verteidigung, Lexis Briefings Zivilrecht in lexis360.at).
Dass der Beschwerdeführer hier von dem zunächst ausgeschiedenen und beim Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems angeklagten Tatvorwurf freigesprochen wurde, ändert daran nichts. In diesem Fall hat er nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers (lediglich) einen Anspruch auf einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung nach § 393a Abs 1 StPO (im Hauptverfahren), bei dessen Festlegung besonders bei aufwändigen Ermittlungen wegen komplexer Vorwürfe und gegebenenfalls nach Teileinstellung (so dezidiert die bereits vom Erstgericht zitierten ErläutRV 2557 BlgNr 27. GP 6 f) – wie hier geschehen (ON 17.4) – auch die Phase des Ermittlungsverfahrens im Sinn des § 196a StPO gebührend Berücksichtigung finden soll (so auch: OLG Wien 18 Bs 44/25i; OLG Innsbruck 7 Bs 71/25m; OLG Graz 1 Bs 25/25y, 1 Bs 59/25y; OLG Linz 10 Bs 198/24z).
Der Beschwerde ist damit ein Erfolg zu versagen.
Bleibt in Hinblick auf das weitere Rechtsmittelvorbringen anzumerken, dass der vom Gesetzgeber mit der Reform des Verteidigungskostenbeitrags verfolgte Zweck einer Neugestaltung und Ausweitung des Systems hin zu einer Erhöhung des Beitrags (vgl ErläutRV 2557 BlgNr 27. GP 1) auch so erreicht wurde. Immerhin erhielt der Beschwerdeführer vom Landesgericht Steyr einen Betrag von EUR 4.000,00 zugesprochen (ON 17.4); nach dem alten System hätten ihm demgegenüber gemäß § 393a Abs 1 Z 4 StPO idF BGBl I 152/2022 im äußersten Fall EUR 1.000,00 zuerkannt werden können.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).