10Bs158/25v – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des A* wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 7. April 2025, Hv*-22a, nach der in Anwesenheit der Oberstaatsanwältin Mag. Breier sowie des Angeklagten und dessen Verteidigerin Mag. Mayr durchgeführten Berufungsverhandlung am 18. August 2025 zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil im Adhäsionserkenntnis hinsichtlich A* dahin abgeändert, dass dieses lautet:
Gemäß § 369 Abs 1 StPO ist A* schuldig, dem Privatbeteiligten B* einen Teilschmerzengeldbetrag von EUR 300,00 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Mit seinen darüber hinausgehenden Ansprüchen wird der Privatbeteiligte B* auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten A* auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde (soweit von Relevanz) der ** geborene A* des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten verurteilt. Im Adhäsionserkenntnis wurde er gemäß § 369 Abs 1 StPO verpflichtet, B* binnen vierzehn Tagen einen Teilschmerzengeldbetrag in Höhe von EUR 1.000,00 zu bezahlen.
Nach dem Schuldspruch hat A* am 6. August (richtig:) 2024 in ** den B* durch das Versetzen eines Schlages mit der Hand in das Gesicht in Form einer Schädelprellung und von Kratzwunden am Körper verletzt.
Gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 24) und schriftlich ausgeführte (ON 28) Berufung des Angeklagten, mit der er die Verweisung des B* auf den Zivilrechtsweg anstrebt.
Der Berufung, zu der die Oberstaatsanwaltschaft keine Stellungnahme abgegeben hat, kommt teilweise Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 1325 ABGB hat derjenige, der jemanden an seinem Körper verletzt, die Heilungskosten des Verletzten zu ersetzen und ihm über sein Verlangen ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzengeld zu bezahlen. Das Schmerzengeld ist die Genugtuung für alle Beeinträchtigungen, die der Geschädigte infolge seiner Verletzungen und ihrer Folgen zu erdulden hat. Es soll durch Gewährung einer Globalentschädigung den Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, auf die Schwere der Verletzungen und auf das Maß der physischen und psychischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes abgelten, die durch die Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen und den Verletzten in die Lage versetzen, sich als Ersatz für die Leiden und an Stelle der ihm entgangenen Lebensfreude auf andere Weises gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen (RIS-Justiz RS0031474, RS0031040). Die Entschädigung ist daher um so höher zu bemessen, je bedeutender die Körperschädigung, je länger die Heilung oder Gesundheitsstörung, je intensiver die mit der Verletzung verbundenen Schmerzen und je empfindlicher die Folgen für das Leben und die Gesundheit des Geschädigten (einschließlich seiner seelischen Schmerzen und Belastungen) sind (1 Ob 32/05w, 2 Ob 154/03s uva; RIS-Justiz RS0031363 [T2]). Zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rechtsprechung ist aber auch ein objektiver Maßstab anzulegen, in dem der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen für die Bemessung im Einzelfall nicht gesprengt wird (RIS-Justiz RS0031075). Nach ständiger Rechtsprechung stellen die in der Praxis herangezogenen Schmerzensgeldsätze nach Schmerztagen keine Berechnungsmethode, sondern nur eine Berechnungshilfe dar.
Nach den auf den Angaben des B* (AS 7 in ON 22), den aktenkundigen medizinischen Unterlagen (ON 2.35) und den vorliegenden Lichtbildern (AS 6f in ON 2.34) beruhenden Feststellungen des Erstgerichts erlitt B* durch die Tathandlung des A* eine Schädelprellung und blutende Kratzwunden im Gesicht. Er befand sich in der Zeit vom 7. bis 18. August (richtig:) 2024 im Krankenstand. Er litt zwei Tage lang an mittelstarken und acht Tage lang an leichten Schmerzen (US 4).
Ausgehend von diesen Feststellungen der Erstrichter kann von einer Forderung symbolischer Beträge ohne nachvollziehbaren Sachverhaltsbezug nicht gesprochen werden. Auch mit seiner Argumentation, B* hätte kein Vorbringen erstattet, in dem die Höhe sowie die Kausalität des Schmerzengeldes („wie bei einem zivilprozessualen Klagebegehren notwendig“) beziffert worden sei (zum rechtzeitig bezifferten Privatbeteiligtenanschluss und zur Vernehmung des Angeklagten dazu [§ 245 Abs 1a StPO] vgl AS 18f in ON 15, AS 6 in ON 22), lässt sich für den Berufungswerber nichts gewinnen, ist doch das Rechtsmittelgericht in jenen Fällen, in denen der Schuldspruch selbst nicht bekämpft wird, an diesen- und die ihn bedingenden Tatsachenfeststellungen gebunden ( Spenling in Fuchs/Ratz, WK StPO § 366 Rz 34).
Nach Bemessung mittels freier richterlicher Überzeugung (§ 273 ZPO; RIS-Justiz RS0031415, 6 Ob 12/12a, 2 Ob 63/11w je mwN; RIS-Justiz RS0031415 [T7, T8]) und unter Berücksichtigung aller Umstände dieses Einzelfalls (die eingetretenen Verletzungen waren von wenig gravierender Intensität; vom Erstgericht wurde nicht berücksichtigt, dass vom Geschädigten die Schmerzperioden nicht gerafft auf einen 24-Stundentag, sondern bezogen auf die subjektiv verspürten Schmerzen angegeben wurden [US 4, 5]), erweist sich ein Teilschmerzengeldbetrag von EUR 1.000,00 mangels hinreichend gesicherter Grundlage für einen solchen Zuspruch als überhöht, sodass unter Globalbetrachtung ein Betrag von EUR 300,00 jedenfalls angemessen ist.
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.