JudikaturOLG Linz

13Nc14/25v – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
04. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Präsidenten Dr. Helmut Katzmayr als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter Mag. Stefan Riegler und Dr. Patrick Eixelsberger in der Rechtssache der Klägerin A* GmbH , FN **, **gasse **, **, vertreten durch die Edthaler Leitner-Bommer Schmieder Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, wider die Beklagte B* GmbH Co KG, FN **, **, **, vertreten durch Dr. Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Cg* des Landesgerichtes Linz, 2 R 100/25a des Oberlandesgerichtes Linz, über die Selbstanzeige gemäß § 22 GOG des Richters des Oberlandesgerichtes Linz Dr. C* in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. C* ist hinsichtlich der Entscheidung im Berufungsverfahren zu 2 R 100/25a befangen .

Text

Begründung

Im beim Landesgericht Linz zu Cg* anhängigen Verfahren begehrte die Klägerin von der Beklagten ausständige Entlohnung für die „Verkaufsbegleitung“ des Bauherrenmodells der Beklagten (und deren Investoren). Das Landesgericht Linz wies die Klage mit Urteil vom 2. Mai 2025 zur Gänze ab. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie primär die gänzliche Klagsstattgebung anstrebt.

Nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichtes Linz ist dessen zweiter Senat für die Entscheidung über die Berufung zuständig. Der diesem Senat angehörende Richter Dr. C* zeigte den Anschein seiner Befangenheit an, weil er (unmittelbarer) Nachbar eines der von rund 55 Investoren und Kommanditisten der Beklagten sei, mit welchem er einen einem freundschaftlichen Verhältnis gleichkommenden Kontakt pflege. Neben Treffen bei Besuchen und Feiern bei gemeinsamen Freunden kämen Berührungspunkte durch die Mitgliedschaft beider bei einem Sportverein. Dr. C* wies somit auf den seiner Ansicht nach zumindest bestehenden Anschein einer Befangenheit hin.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 19 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden oder eine Selbstanzeige gemäß § 22 GOG erstatten, wenn er im gegebenen Fall nach dem Gesetz von der Ausübung richterlicher Geschäfte ausgeschlossen ist (Z 1 leg cit) oder wenn ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (Z 2 leg cit).

Befangen ist ein Richter, der nicht unparteiisch entscheidet, sondern sich von unsachlichen psychologischen Motiven leiten lässt (RIS-Justiz RS0046024 [T2, T3]). Als Befangenheitsgründe kommen in erster Linie private persönliche Beziehungen zu einer der Prozessparteien oder zu ihren Vertretern in Betracht, die ein Naheverhältnis begründen, das bei objektiver Betrachtung zumindest geeignet ist, den Anschein einer Voreingenommenheit zu begründen ( Mayr aaO§ 19 JN Rz 6 mwN; RS0045935 [T1]). Im Interesse des Ansehens der Justiz ist bei der Beurteilung, ob Befangenheit vorliegt, ein strenger Maßstab anzuwenden (RS0045949). Es genügt, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte (RS0045949 [T2]).

Es ist im Allgemeinen ein Befangenheitsgrund anzunehmen, wenn ein Richter selbst seine Befangenheit anzeigt (RIS-Justiz RS0046053). Letztlich liefe es nämlich dem Interesse der Parteien an einem objektiven Verfahren zuwider, wenn ihre Angelegenheit von einem Richter entschieden würde, der selbst Bedenken dagegen äußert, eine unvoreingenommene Entscheidung treffen zu können (RS0046053 [T5]). Von einem Befangenheitsgrund ist grundsätzlich auch dann auszugehen, wenn der anzeigende Richter bloß die Möglichkeit des objektiven Anscheins für gegeben erachtet (RS0046053 [T6]). Nur ausnahmsweise wird bei Selbstmeldung eines Richters eine Befangenheit nicht gegeben sein, etwa bei Missbrauch oder wenn die angegebenen Umstände ihrer Natur nach nicht geeignet sind, eine Befangenheit zu begründen (RS0046053 [T4]).

In gegenständlicher Stellungnahme erachtete sich Dr. C* zwar abstrakt fachlich und nach langjähriger Tätigkeit als Richter als nicht befangen, befürchtete aber subjektiv negative Auswirkungen auf das Verhältnis mit dem Kommanditisten. Er machte damit zum einen (zumindest implizit) einen persönlichen Befangenheitsgrund geltend. Zum anderen ist es nicht von der Hand zu weisen, dass bei einer Partei Zweifel an der Objektivität aufkommen können, wenn sie im Nachhinein erfährt, dass einer der zuständigen Richter regelmäßige Begegnungen mit einem Kommanditisten des beklagten Unternehmens pflegt und ein freundschaftliches Verhältnis unterhält. Dieser Umstand kann auch dann eine Befangenheit begründen, wenn der Kommanditist selbst weder Partei des Verfahrens ist, noch gegen ihn sonst persönlich Ansprüche erhoben oder ein Fehlverhalten vorgeworfen werden. Schließlich berühren die erhobenen Klagsansprüche auch die wirtschaftlichen Interessen des Kommanditisten. Ein seiner Natur nach zur Begründung einer Befangenheit ungeeigneter Umstand liegt daher nicht vor. Die Befangenheitsanzeige ist somit begründet, da aufgrund der vom Richter dargestellten Konstellation bei objektiver Betrachtungsweise (zumindest) der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte (RIS-Justiz RS0046076 [insb. T14]), weshalb die Befangenheit des Richters festzustellen ist.

Vor dem Hintergrund des im Interesse des Ansehens der Rechtsprechung anzulegenden strengen Maßstabs ist bei Dr. C* – auch wenn diesem trotz der vorliegenden Nahebeziehung ohne Weiteres eine unbefangene Entscheidung zuzutrauen ist – vom Anschein einer Befangenheit auszugehen.

Gemäß § 24 Abs 2 JN findet gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel statt.