JudikaturOLG Linz

12Ra30/25f – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
03. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Barbara Jäger als Vorsitzende, Dr. Dieter Weiß und Mag. Nikolaus Steininger, LL.M. als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Bernhard Kreutzer, MBA (Kreis der Arbeitgeber) und Martin Gstöttner (Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, **-Gasse **, vertreten durch Mag. Manfred Arthofer, Rechts anwalt in Steyregg, gegen die beklagte Partei B* , **, **, vertreten durch die Summereder Pichler Wächter Rechtsanwälte GmbH in Leonding, wegen Feststellung (Streitwert: EUR 167.337,24) über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. März 2025, Cga*-15, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.153,92 (darin EUR 692,32 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war ab 1. August 2000 bei der Beklagten als Haustechniker, zuletzt im C* D* (in der Folge kurz „D*“) mit einem monatlichen Bruttobezug von EUR 3.984,22 beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis war aufgrund des Dienstvertrags vom 1. August 2000 das Oö. VBG 1993 anwendbar.

Das Dienstverhältnis wurde am 9. August 2024 mit schriftlicher Entlassung beendet.

Mit der am 16. August 2024 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses und brachte vor, er habe keinen Entlassungsgrund gesetzt.

Die Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, der Kläger habe eine erst zwei Monate alte Kellerentwässerungspumpe im D* ausgebaut und für sich verwendet.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen. Der Entscheidung liegt – zusammengefasst – folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 15. Mai 2023 ersetzte der Kläger während seiner Arbeitszeit eine erst zwei Monate zuvor im D* eingebaute Kellerentwässerungspumpe ohne Genehmigung gegen eine minderwertige Baumarkt-Poolpumpe, um sie am folgenden Tag in seinem Eigenheim einzubauen.

Am Tag nach der Information der Beklagten vom diesbezüglichen Verdacht erfolgte ein Gespräch mit dem Kläger, in dem „Pumpe und Vertrauensverlust“ angesprochen wurden. Dieser teilte dazu mit, er habe der Beklagten eine Pumpe aus seinem Eigenheim geborgt.

Im August 2024 befand sich keine zusätzliche Kellerentwässerungspumpe im D*, insbesondere nicht in der als Lager genutzten Garage.

In der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts ist das Erstgericht zum Ergebnis gelangt, der Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit sei durch den Ausbau der Kellerentwässerungspumpe während der Arbeitszeit und den Einbau im Eigenheim verwirklicht.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf Klagsstattgabe gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, die Berufung abzuweisen.

Die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandelnde Berufung ist nicht berechtigt .

Rechtliche Beurteilung

1 In der Tatsachenrüge bekämpft der Kläger die kursiv dargestellte Feststellung.

Das Erstgericht, das sich aufgrund der Einvernahme des Klägers, der Zeugin und des Zeugen einen persönlichen Eindruck von diesen verschaffen konnte, hat die seinen Feststellungen zugrundeliegenden Beweismittel umfangreich gewürdigt; darauf kann verwiesen werden (§ 500a ZPO). Den Argumenten des Klägers – der sich mit dem Großteil der Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht auseinandersetzt – ist lediglich ergänzend entgegenzuhalten:

1.1Belastbare Anhaltspunkte für den von ihm geäußerten Verdacht, der Zeuge, auf den das Erstgericht die bekämpfte Feststellung gestützt hat, habe „ein gesteigertes Interesse gezeigt, ihn zu diffamieren“ – womit er diesem eine falsche Beweisaussage (§ 288 StGB) unterstellt –, liegen nicht vor. Dieser hat vielmehr lediglich eine Möglichkeit geäußert, wie die Pumpe, die bei einer früheren Nachschau nicht im Lager war, dorthin gelangt sein könnte.

1.2.1Der Kläger hat zwar ausgesagt, er habe die Pumpe „zwei, drei Tage“ bzw „ein paar Tage“ zu Hause gehabt und „dann“ wieder ins D* gebracht (PV ON 14.4 S 2, 3); wann er sie zurückgestellt hat, konnte er allerdings nicht einmal annähernd angeben (ON 14.4 S 7, 10).

1.2.2In diesem Zusammenhang hat er zwar behauptet, er habe die Pumpe in das Lager (Garage) zurückgestellt (PV ON  14.4 S 10). Wenn er die Pumpe – die so wichtig war, dass dafür präventiv nicht irgendein, sondern ein baugleicher Ersatz auf Lager gelegt wurde (PV ON 14.4 S 4) – ausgebaut und nur kurz benötigt hätte, wäre allerdings zu erwarten, dass er die vorübergehend eingesetzte Poolpumpe zeitnah wieder gegen die hochwertige Pumpe tauscht.

Letztlich konnte er aber nicht einmal beantworten, welche der beiden Pumpen – die von ihm ausgebaute oder die erst fast zehn Monate später als „Backup“ bestellte weitere – er eingebaut hat (PV ON 14.4 S 9). Wenn allerdings – vom Kläger nicht substantiiert bestritten – die erst am 5. März 2024 gelieferte „Backup-Pumpe“ eingebaut wurde (vgl Blg ./7, ./2), kann der Rücktausch frühestens nach der Lieferung dieser Pumpe erfolgt sein.

Warum ein sorgfältiger Haustechniker die nur zur Überbrückung während des Baus eines Podests benötigte Pumpe (PV ON 14.4 S 2) erst (frühestens) nach knapp zehn Monaten zurückgestellt und die minderwertige Baumarkt-Pumpe entfernt hat, erschließt sich nicht.

1.3 Der Kläger konnte überdies die – ihrem Gesamtinhalt deutlich auf die beabsichtigte dauerhafte Verwendung der Pumpe in seinem Eigenheim hinweisenden – Sprachnachrichten vom 15. Mai 2023 nicht plausibel erklären. Insbesondere hat er in seiner Beschuldigtenvernehmung im Strafverfahren (Blg ./1 S 20) die Aussage verweigert, was durchaus damit zusammenhängen könnte, dass er zu diesem Zeitpunkt die im vorliegenden Verfahren vorgebrachten – durchaus nicht widerspruchsfreien – Erklärungen (noch) nicht „parat“ hatte. Wenig wahrscheinlich erscheint eine Empfehlung seines Rechtsvertreters, sich nicht wie im vorliegenden Verfahren zu rechtfertigen und solchermaßen einen – straflosen (vgl nur Stricker in Höpfel/Ratz , WK 2StGB § 127 Rz 178) – Gebrauchsdiebstahl zuzugestehen.

1.4Mit diesen Sprachnachrichten steht im Übrigen die Beschaffung der weiteren Pumpe im März 2024 (Blg ./2) im Einklang: Wenn mit den finanziellen Mitteln sparsam umgegangen werden musste, sodass eine erforderliche „Backup-Pumpe“ nicht sofort mitbestellt werden konnte, eine „billige“ Baumarkt-Pumpe den Zweck ebenso erfüllt – wovon der Kläger ausgegangen sein muss, hätte er doch als sorgfältiger Haustechniker sonst keine solche zur Überbrückung eingebaut – und die Beklagte bereits „wahrscheinlich hundert Pumpen gekauft“ (vgl PV ON 14.4 S 5) hat – wodurch freilich ein Grund dafür fehlt, warum der Kläger der Beklagten diese Pumpe „geborgt“ haben sollte –, ist der Kauf einer weiteren Pumpe nur plausibel, wenn er dazu dient, um die Verwendung der ersten Pumpe für eigene Zwecke zu kaschieren.

1.5 Die Verantwortung des Klägers ist damit so wenig konsistent, dass das Erstgericht diese zu Recht nicht seinen Feststellungen zugrunde gelegt hat.

2 In der Rechtsrüge kritisiert der Kläger die Bejahung der Vertrauensunwürdigkeit und vermisst Feststellungen zu seinem bisherigen Verhalten.

2.1 Soweit er ausführt, die Pumpe sei „bereits ein Jahr vor dem Entlassungsgespräch“ zurückgestellt worden, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Die Rechtsrüge ist insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RIS-Justiz RS0043603 , insb [T8]).

2.2 Auch wenn das Gesamtverhalten des Arbeitnehmers innerhalb eines längeren Zeitraums zu berücksichtigen ist, bedeutet das nicht, dass das Vertrauen nicht bereits durch eine einzelne Handlung verloren gehen kann (RIS-Justiz RS0081395 [T2]). Daran kann auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts – wonach der als Haustechniker tätige Kläger eine hochwertige, im Eigentum seiner Dienstgeberin stehende Pumpe gegen eine minderwertige ausgetauscht hat, um die hochwertige für sich selbst zu verwenden – kein Zweifel bestehen, ohne dass es Feststellungen zum sonstigen Verhalten des Klägers bedürfte.

3 Der Berufung war somit insgesamt der Erfolg zu versagen.

4Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

5Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil keine in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage zu lösen war (vgl RIS-Justiz RS0108229 [T4]).