6R72/25p – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edeltraud Kraupa als Vorsitzende sowie Dr. Karin Gusenleitner-Helm und Mag. Hermann Holzweber in der Rechtssache der Kläger 1. A* B* , geboren am **, und 2. C* B* , geboren am **, beide **straße **, **, Deutschland, beide vertreten durch die Linsinger Partner Rechtsanwälte GmbH in St. Johann im Pongau, gegen die Beklagte D* , geboren am **, **straße **, **, wegen Feststellung, über den Rekurs der Kläger gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 14. Mai 2025, Cg*-2, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kläger haben die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Die Kläger erhoben das Klagebegehren, zwischen ihnen als Eigentümer der Wohnung 2 und KFZ Top 4 mit insgesamt 91/184 Anteilen an der Liegenschaft EZ 182, KG **, und der Beklagten als Eigentümerin der Wohnung 1 mit 90/184 Anteilen an der vorgenannten Liegenschaft das Bestehen der Reallast der Hausverwaltung festzustellen. Dazu bringen die Kläger vor, dass sie die nunmehr in ihrem Eigentum stehenden Wohnungseigentumsobjekte mit Kaufvertrag vom 28.07.2009 vom Ehegatten der Beklagten unter Beitritt derselben erworben hätten. In diesem Kaufvertrag sei unter anderem vereinbart worden, dass die Verwaltung der Liegenschaft unentgeltlich vom jeweiligen Eigentümer der Wohnung 1 durchgeführt werde. Ebenfalls am 28.07.2009 sei die Wohnung 1 an die Beklagte übertragen worden. Infolge eines Wechsels der Gebäudeverwaltung habe die Beklagte die Rechtsansicht vertreten, dass die Kosten derselben auch von den Klägern entsprechend ihren grundbücherlichen Miteigentumsanteilen zu tragen seien und bestehe in der darin zu erblickenden Bestreitung der Reallast das rechtliche Interesse der Kläger an der Feststellung ihres Bestehens.
Mit dem angefochtenen Beschlusssprach das Erstgericht seine Unzuständigkeit aus (Punkt 1.) und überwies die Rechtssache gemäß § 44 Abs 1 JN an das Bezirksgericht St. Johann im Pongau (Punkt 2.).
Das Erstgericht führte dazu aus, dass Streitigkeiten zwischen Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten gemäß § 838a ABGB im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden seien. Auch alle Angelegenheiten über die Bestellung eines (Fremd-)Verwalters gehörten in das Außerstreitverfahren, in welchem ebenso Feststellungsbegehren zulässig seien. Dass sich die Kläger in ihrem Vorbringen auf eine im Kaufvertrag getroffene Vereinbarung beriefen, ändere daran nichts.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung verbunden mit einem Aufhebungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
In der Rechtsrüge argumentieren die Kläger nach zunächst zutreffender Darstellung der Rechtsprechung zu den Bestimmungen des § 40a JN und § 838a ABGB, dass sie sich ungeachtet ihrer Miteigentümerstellung auf den Kaufvertrag vom 28.07.2009 beriefen und Kern des gegenständlichen Begehrens die Leistungspflichten aus demselben bildeten, zumal sie ohne die dortige Verpflichtung des Rechtsvorgängers der Beklagten zur unentgeltlichen Hausverwaltung den Kaufvertrag niemals unterzeichnet hätten. Bei dem geltend gemachten Anspruch handle es sich um eine „vom Kaufpreis mitumschlossene Gegenleistung“, welche nicht als gemeinschaftsrechtlich qualifiziert werden könne.
Voranzustellen ist, dass es bei der Beurteilung, ob eine Rechtssache im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren zu erledigen ist, nicht auf die Bezeichnung durch die Parteien, sondern ausschließlich auf den Inhalt des Begehrens und das Vorbringen der Partei ankommt (§ 40a JN). Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind also der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen (RS0005896 [T17]; RS0013639; RS0005861), wobei vor allem der innere Sachzusammenhang des jeweils geltend gemachten Anspruchs mit einer entweder in die streitige oder in die außerstreitige Gerichtsbarkeit verwiesene Materie von Bedeutung ist (RS0013639 [T15]). Im Zweifel gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden (Zivilrechts-)Sachen auf den streitigen Rechtsweg (RS0012214 [T5, T14]). Die Motive der Kläger im Zusammenhang mit dem Kaufvertragsabschluss im Jahr 2009 sind daher zum einen nicht von Relevanz, zum anderen mangels diesbezüglichen Vorbringens in der Klage unbeachtlich.
Nach dem mit dem FamErbRÄG 2004 neu geschaffenen § 838a ABGB sind Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten allgemein im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden, dies auch dann, wenn der Auseinandersetzung eine Vereinbarung der Miteigentümer zugrunde liegt (RS0132879; RS0013563 [T15]). Irrelevant ist daher nunmehr, ob als Grundlage des Anspruchs das Miteigentumsverhältnis selbst oder ein Vertrag herangezogen wird, solange es sich bei diesem um eine gemeinschaftliche Vereinbarung iSd § 838a ABGB handelt, die von Miteigentümern im Verhältnis zueinander abgeschlossen wurde. Die Rechtsprechung stellt darauf ab, ob die Streitigkeit zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten "den Kern des Begehrens“ bildet (RS0013622 [T10]). Nicht in das außerstreitige Verfahren gehören Streitigkeiten zwischen Miteigentümern dann, wenn sich der Anspruch nicht (nur) aus dem Miteigentumsverhältnis ableitet, sondern auch auf andere Rechtsgrundlagen (etwa Besitzstörungs- oder Schadenersatzansprüche) stützt (5 Ob 226/24g mwN).
Im Hinblick auf die dargelegten Kriterien zur Beurteilung, ob eine Rechtssache im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren zu erledigen ist, ist aufgrund des Begehrens der Kläger ersichtlich, dass diese vorrangig die Feststellung des Bestands der Reallast der Hausverwaltung anstreben. In Zusammenschau mit dem in der Klage erstatteten Vorbringen ist jedoch ferner davon auszugehen, dass die Kläger auch eine Entscheidung darüber, wer die Hausverwaltung zu erbringen und die damit in Zusammenhang stehenden Kosten zu tragen hat, begehren. Somit stellt die Klärung von mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechten und Pflichten den Kern des gegenständlichen Begehrens dar.
Die Kläger stützen ihren Anspruch zwar nicht auf ihr Verhältnis als Miteigentümer, sondern auf den Kaufvertrag vom 28.07.2009. Im vorliegenden Fall sind jedoch sämtliche von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine Anwendung des § 838a ABGB trotz zugrundeliegender Vereinbarung gegeben. Zum einen stellt der Kaufvertrag, insbesondere dessen hier relevanter Teil, angesichts dessen, dass es neben den Klägern und der Beklagten keine weiteren Miteigentümer gibt, eine gemeinschaftliche Vereinbarung iSd § 838a ABGB dar. Zum anderen ist der Kaufvertrag trotz des Umstands, dass mit diesem erst der Titel für den Eigentumserwerb der Liegenschaftsanteile der Kläger geschaffen wurde, als von Miteigentümern im Verhältnis zueinander abgeschlossene Vereinbarung anzusehen. Eine streng sachenrechtliche Abgrenzung ist hier nicht geboten, zumal maßgebendes Kriterium das besondere Verhältnis der Vertragsparteien als Miteigentümer zueinander ist, zu dessen Begründung im gegenständlichen Fall mit Abschluss des Kaufvertrags sämtliche Voraussetzungen vorlagen.
Dass die Kläger den gegenständlichen Kaufvertrag mit dem Rechtsvorgänger der Beklagten abschlossen, vermag weder an der Qualifikation als gemeinschaftliche Vereinbarung iSd § 838a ABGB noch als von Miteigentümern im Verhältnis zueinander abgeschlossene Vereinbarung etwas zu ändern (vgl 5 Ob 226/24g).
Es ist daher aufgrund des inneren Sachzusammenhangs des Kerns des geltend gemachten Begehrens mit typischerweise in die außerstreitige Gerichtsbarkeit verwiesenen Materien und des Vorliegens sämtlicher von der Rechtsprechung zu § 838a ABGB entwickelter Kriterien für Konstellationen, denen Vereinbarungen der Miteigentümer zugrundeliegen, die gegenständliche Rechtssache im außerstreitigen Verfahren zu erledigen. Es liegt eine wohnrechtliche Außerstreitsache nach § 52 Abs 1 Z 3 WEG vor, weil der dortige Verweis alle sonstigen Angelegenheiten der Wohnungseigentümer erfasst, die nach den Regelungen des ABGB im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen sind (5 Ob 142/24d mwN).
Damit erweist sich der Rekurs als nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses stützt sich auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO. Die Überweisung einer Rechtssache vom streitigen in das außerstreitige Verfahren wäre nur dann der Zurückweisung der Klage gleichzuhalten, wenn mit der Überweisung der Rechtssache eine Veränderung der anzuwendenden materiellen Bestimmungen verbunden wäre; da dies hier nicht der Fall ist, ist der bestätigende Beschluss des Rekursgerichtes jedenfalls unanfechtbar (RS0103854 [T4]).