JudikaturOLG Linz

6R177/24b – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
15. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag. Edeltraud Kraupa als Vorsitzende sowie Dr. Karin Gusenleitner-Helm und Mag. Christine Mayrhofer der Rechtssache der Kläger 1. Ing. A* B*, geb. **, Unternehmer, und 2. C* B*-D*, geb. **, Diplomkrankenpflegerin, beide wohnhaft in **gasse **, beide vertreten durch die Kammler Koll Rechtsanwälte OG in Freistadt, gegen die Beklagte E* , geb. **, Pensionistin, ** Straße **, vertreten durch Dr. Peter Hrubesch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen (zuletzt) EUR 27.610,80 s.A. (Erstkläger) und EUR 51.109,29 s.A. (Zweitklägerin), über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 31.10.2024, GZ* (Berufungsinteresse: EUR 1.877,80), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Nach dem Tod ihrer Tochter am 22.03.2020 hatte die Beklagte im Zeitraum von Ende April 2020 bis Ende April 2021 engen Kontakt zu den Klägern.

Die Kläger begehrten zuletzt EUR 78.720,09 s.A. und brachten dazu im Wesentlichen vor, dass sie für die Beklagte, welche Hilfe bei einer Übersiedelung und bei Behördengängen benötigt habe, umfangreiche (im einzelnen aufgeschlüsselte [ON 36]) Betreuungsleistungen erbracht hätten. Es sei vereinbart worden, dass die Beklagte sämtliche Leistungen auch bezahle. Für das Pensionsgirokonto der Beklagten sei den Klägern eine Zeichnungsberechtigung eingeräumt worden, damit diese die im Rahmen der Betreuung der Beklagten anfallenden finanziellen Aufwendungen tätigen könnten. Der Erstkläger machte gegen die Beklagte eine Gesamtforderung von EUR 27.610,80 s.A. (EUR 22.410,00 für Betreuungsleistungen [747 Betreuungsstunden à EUR 30,00], EUR 1.150,80 für Fahrtkosten und EUR 4.050,00 für Kosten im Zusammenhang mit dem Umzug) geltend. Die Zweitklägerin begehrte insgesamt EUR 51.109,29 s.A., dies bestehend aus EUR 43.725,00 für Betreuungsleistungen (1.457,50 Betreuungsstunden à EUR 30,00), EUR 2.582,58 für Fahrtkosten und aus einem Differenzanspruch von EUR 4.801,71 an Geldleistungen (EUR 18.941,71 abzüglich Refundierung von EUR 14.140,00 durch die Beklagte [vgl ON 12]).

Die Beklagte bestritt und wandte zusammengefasst ein, dass eine Entlohnung der Kläger nie vereinbart worden sei. Die Kläger hätten sie lediglich bei der Organisation und Durchführung ihres Umzuges am 17.06.2020, der Adaptierung der neuen Wohnung sowie bei der Durchführung der hiezu erforderlichen Behördengänge unterstützt. Eine darüberhinausgehende Betreuung habe sie nicht benötigt. Allfällige berechtigte Ansprüche seien durch den von den Klägern selbst zugestandenen Refundierungsbetrag von EUR 14.140,00 abgegolten. Die Kläger hätten von ihr diverse Vollmachten notariell beglaubigt unterfertigen lassen, daraufhin sei sie von ihnen völlig abgeschottet und vereinnahmt worden. Sie hätten vom Pensionskonto der Beklagten Barbehebungen von insgesamt EUR 17.260,00, Überweisungen auf die eigenen Konten von insgesamt EUR 1.958,00 sowie weitere Überweisungen von insgesamt EUR 3.379,02, die eindeutig zu ihren eigenen Zwecken erfolgt seien, getätigt. Ebenso seien von ihrem Konto Abbuchungen iHv EUR 4.624,41 ohne Rechnungsnachweis vorgenommen worden, die jedenfalls nicht zu ihrem Gunsten vorgenommen worden seien. Von diesen Barbehebungen und Überweisungen von gesamt EUR 27.221,43 anerkannte die Beklagte den Betrag von EUR 11.591,00 und wendete den restlichen Betrag von EUR 15.630,00 kompensando ein.

Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht die Klagsforderung des Erstklägers mit EUR 1.877,80 als zu Recht bestehend, hingegen mit EUR 25.733,00 sowie die Kompensandoforderung in Bezug auf seine berechtigte Klagsforderung als nicht zu Recht bestehend; die Klagsforderung der Zweitklägerin erkannte das Erstgericht mit EUR 3.548,22 sowie die Kompensandoforderung bis zu dieser Höhe als zu Recht bestehend und die Klagsforderung mit EUR 47.561,07 hingegen als nicht zu Recht bestehend. Demnach gab das Erstgericht der Klagsforderung des Erstklägers unter Abweisung seines Mehrbegehrens von EUR 25.733,00 s.A. im Umfang von EUR 1.877,80 s.A. statt, und wies das Begehren der Zweitklägerin von EUR 51.109,29 s.A. zur Gänze ab.

Es legte seiner Entscheidung die auf US 17 bis 22 ersichtlichen Feststellungen zugrunde, auf die gemäß § 500a ZPO verwiesen werden kann. Hervorzuheben sind folgende Feststellungen:

„[…] Die Zweitklägerin tätigte vom Pensionsgirokonto der Beklagten nachstehende Überweisungen auf ihr eigenes Konto bei der F*, ohne dass eine Verwendung der jeweiligen Beträge auf Wunsch und/oder zugunsten der Beklagten feststellbar wäre:

[...]

gesamt € 1.958,--.

Darüber hinaus überwies die Zweitklägerin vom Pensionsgirokonto der Beklagten die folgenden Beträge, für die ebenfalls kein Wunsch der Beklagten und/oder ein Verwendung zugunsten der Beklagten feststellbar ist:

[...]

Zwischensumme 1 € 3.379,02;

sowie darüber hinaus die folgenden Beträge, wofür ebenfalls kein Wunsch der Beklagten und/oder ein Verwendung zugunsten der Beklagten feststellbar ist:

[...]

Zwischensumme 2 € 4.624,41.

[...]“

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht im Wesentlichen die Auffassung, die Parteien hätten verbindlich vereinbart, dass die Kläger der Beklagten bei der Übersiedlung behilflich seien und, dass der Erstkläger die Beklagte beim Verkauf der Wohnung sowie bei Behördengängen unterstütze. Für darüber hinaus reichende Kontakte bzw. „Tagesbetreuungen“ könne hingegen kein übereinstimmend erklärter verbindlicher Parteiwille angenommen werden. Der Nachweis vereinbarter Unentgeltlichkeit sei der Beklagten nicht gelungen. Für die gerechtfertigten Leistungen stünden dem Erstkläger somit insgesamt EUR 1.877,80 (71 Betreuungsstunden à EUR 20,00 und Fahrtkosten für 1.090 km à EUR 0,42) zu, wobei die von der Beklagten erhobene Kompensandoforderung gegen ihn nicht zu Recht bestehe, da er nicht Zahlungsempfänger von Leistungen, Auszahlungen und/oder Überweisungen der Beklagten gewesen sei.

Hinsichtlich der Forderung der Zweitklägerin errechne sich insgesamt ein Betrag von EUR 17.688,22 (305 Betreuungsstunden à EUR 20,00, Fahrtkosten von 5.200 km à EUR 0,42 sowie der Ersatz der Barzahlungen und Überweisungen für die Beklagte von EUR 6.665,64 EUR 2.738,58). Davon sei der Betrag von EUR 14.140,00 zu subtrahieren, welchen die Zweitklägerin durch Zahlungen der Beklagten bereitserhalten habe. Die Klagsforderung der Zweitklägerin bestehe daher mit EUR 3.548,22 zu Recht und mit EUR 47.561,07 nicht zu Recht. Für jene Überweisungen, für die weder ein Wunsch der Beklagten noch eine Verwendung zu ihrer Gunsten feststellbar gewesen sei, sei ihre Kompensandoforderung auf Rückzahlung gegen die zu Recht bestehende Klagsforderung der Zweitklägerin gerechtfertigt. Die Summe der Kompensandoforderung erreiche die zu Recht bestehende Klagsforderung der Zweitklägerin, sodass die Klagsforderung der Zweitklägerin abzuweisen gewesen sei.

Gegen den Zuspruch an den Erstkläger richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der unrichtigen bzw. unvollständigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf gänzliche Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Kläger beantragen in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung, über die entgegen des Antrages der Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, da eine mündliche Berufungsverhandlung nicht für notwendig erachtet wird (§ 480 Abs 1 ZPO), ist nicht berechtigt .

I. Zur Tatsachenrüge:

Vorweg ist festzuhalten, dass eine ordnungsgemäße Tatsachenrüge nur dann vorliegt, wenn klar ersichtlich ist, durch welche Tatsachen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und aufgrund welcher Beweismittel die begehrten Feststellungen getroffen werden könnten. Um die Beweisrüge in der Berufung auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber also deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0041835; Kodek in Rechberger/Klicka 5§ 471 ZPO Rz 15).

Wenn nun die Beklagte mit ihrer Tatsachenrüge die rechtliche Schlussfolgerung des Erstgerichts „Die von der Beklagten erhobene Kompensandoforderung gegen den Erstkläger besteht nicht zu Recht, da der Erstkläger nicht Zahlungsempfänger von Leistungen und/oder Auszahlungen und/oder Überweisungen der Beklagten war“ (US 24) bekämpft, so ist darauf hinzuweisen, dass sich diese auf den tatsächlich festgestellten Sachverhalt stützt. Aus diesem geht nämlich hervor, dass der Erstkläger nicht Zahlungsempfänger der Leistungen, Auszahlungen und/oder Überweisungen war, sondern die Zweitklägerin Überweisungen auf ihr eigenes Konto, an sonstige dritte Personen und diverse Unternehmen tätigte, ohne dass eine Verwendung der jeweiligen Beträge auf Wunsch und/oder zugunsten der Beklagten feststellbar war (US 20f). Dazu führte es beweiswürdigend aus, dass die Zahlungen und Überweisungen jeweils von der Zweitklägerin durchgeführt wurden, wie sich aus allen Aussagen – gemeint des Erstklägers, der Zweitklägerin und der Beklagten –, denen auch kein Urkundenbeweis entgegenstand (US 23), ergibt. Diesen beweiswürdigenden Überlegungen tritt die Beklagte auch inhaltlich nicht entgegen.

Entgegen der Ausführung in der Berufung entspricht es auch keineswegs allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein Ehegatte an Zahlungseingängen auf dem Konto des anderen Ehegatten gleichsam automatisch partizipiert. Inwiefern die von der Zweitklägerin getätigten Überweisungen und Zahlungen (vgl genauere Auflistung US 20 ff) auch dem Erstkläger zugutegekommen sein soll, ist nicht ersichtlich und, entgegen der Behauptung der Beklagten, sicherlich nicht offenkundig. Diese bloß pauschalen Ausführungen in der Berufung reichen nicht aus, um eine unrichtige bzw. unvollständige Tatsachenfeststellung des Erstgerichts aufgrund einer unrichtiger Beweiswürdigung zu begründen.

Die Feststellungen, dass die Zweitklägerin vom Pensionskonto der Beklagten ua Überweisungen auf ihr eigenes Konto und Zahlungen an Dritte tätigte, wird von der Beklagten gar nicht bekämpft. Daher erweist sich die Tatsachenrüge als nicht berechtigt und können die vom Erstgericht aufgrund einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen der rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt werden.

II. Zur Rechtsrüge:

Eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge hat vom festgestellten Sachverhalt auszugehen (vgl RS0043312 ua). Die Rechtsrüge ist hingegen nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen – ausgehend vom vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt – die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint (RS0043603).

Soweit die Beklagte meint, dass das Erstgericht bei richtiger rechtlicher Beurteilung zum Ergebnis eines Mitverschuldens des Erstklägers sowie einer Haftung zur Rückzahlung an die Beklagte gekommen wäre, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Festgestellt wurde nämlich, dass die am Pensionskonto der Beklagten zeichnungsberechtigte Zweitklägerin Überweisungen auf ihr eigenes Konto sowie weitere Zahlungen zu ihren eigenen Gunsten tätigte. Inwiefern deshalb oder aufgrund einer dem Erstkläger erteilten Vertretungsvollmacht diesen „Verantwortung an Transaktionen seiner Gattin“ treffen sollte, erschließt sich ausgehend vom festgestellten Sachverhalt nicht.

Die Berufung ist daher nicht berechtigt.

Da sich die Berufung der Beklagten lediglich gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteils und zwar gegen den Zuspruch an den Erstkläger richtet, ist die Berufungsbeantwortung der Zweitklägerin zurückzuweisen.

Der Kostenvorbehalt betreffend die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.