JudikaturOLG Innsbruck

15Ra33/25b – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
23. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Engers als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Vötter und die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Rofner sowie die fachkundigen Laienrichter AD RR Karlheinz Fagschlunger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AD RR Jürgen Fiedler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Forcher-Mayr Kantner Rechtsanwälte Partnerschaft in 6020 Innsbruck, gegen die beklagte Partei B* GmbH , vertreten durch Rainer-Rück-Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, wegen (eingeschränkt) brutto EUR 4.297,49 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 27.5.2025, signiert mit 12.6.2025, **-12, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird richtiggestellt auf B* GmbH .

II. Der Berufung wird keine Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen zu Handen ihrer Vertreter die mit EUR 877,39 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die (ordentliche) Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war bei der Beklagten vom 1.10.2023 bis 13.12.2024 als Reinigungskraft auf Vollzeitbasis (40 Wochenstunden) beschäftigt. Ihre vereinbarte Arbeitszeit war von Montag bis Freitag, 7:00 bis 11:00 und 15:00 bis 19:00 Uhr. Zuletzt verdiente sie monatlich brutto EUR 2.564,97 (netto EUR 1.900,00), 14 mal jährlich. Im Juni 2024 und November 2024 erhielt sie Sonderzahlungen (Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration) jeweils in Höhe von brutto EUR 1.282,48 ausbezahlt.

Die Klägerin hielt die vereinbarte Arbeitszeit nicht immer ein, sondern verschob sie nach ihren persönlichen Bedürfnissen; auf diesen Umstand machte eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung jenes Gebäudes, das die Klägerin zu reinigen hatte, den Geschäftsführer der Beklagten (im Folgenden: Geschäftsführer) aufmerksam. Dieser war mit der Arbeitsleistung der Klägerin zufrieden, legte jedoch großen Wert auf die Einhaltung der Arbeitszeit. Er setzte daher für 13.12.2024, 9:00 Uhr, eine Besprechung mit der Klägerin an, an der auch die Mitarbeiterin der Hausverwaltung teilnehmen und bei der die Nichteinhaltung der Arbeitszeit durch die Klägerin thematisiert werden sollte.

Am 13.12.2024 erschien die Klägerin nicht wie vereinbart um 7:00 Uhr zu ihrem Dienst. Die Mitarbeiterin der Hausverwaltung bemerkte dies und versuchte mehrmals, die Klägerin telefonisch zu erreichen, was ihr um ca 8:00 Uhr gelang. Die Klägerin erklärte, dass sie verschlafen habe. Um 8:30 Uhr erschien sie an ihrem Arbeitsplatz; in weiterer Folge fand die Besprechung mit dem Geschäftsführer und der Mitarbeiterin der Hausverwaltung statt. Der Geschäftsführer teilte der Klägerin mit, dass sie die vereinbarte Arbeitszeit in Zukunft einzuhalten habe. Die Klägerin zeigte sich uneinsichtig, wurde emotional und entgegnete: „Ich kündige sowieso und gehe nach Hause“ . Daraufhin stand sie auf und verließ um ca 8:45 Uhr ihren Arbeitsplatz, obwohl sie an diesem Tag noch bis 11:00 Uhr hätte arbeiten müssen. Zu diesem Zeitpunkt war sie in der Lage, ihren vertraglich geschuldeten Tätigkeiten nachzukommen. Sie sagte nicht, dass sie sich nicht wohl fühle, aufgrund von Schmerzen verschlafen habe, nicht im Stande sei, ihre Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten, oder dass sie einen Arzt aufsuchen werde. Auch vermittelte sie dem Geschäftsführer und der Mitarbeiterin der Hausverwaltung nicht den Eindruck, gesundheitlich beeinträchtigt zu sein.

Arbeitsutensilien hatte die Klägerin nicht an ihrem Arbeitsplatz. Den Chip, den sie zum Betreten des zu reinigenden Gebäudes benötigte, hat sie bis heute nicht abgegeben.

Der Geschäftsführer und die Mitarbeiterin der Hausverwaltung waren über die Reaktion der Klägerin in hohem Maß erstaunt. Der Geschäftsführer wollte die Klägerin weder kündigen noch sie zu einer Kündigung veranlassen, zumal er mit ihrer Arbeitsleistung zufrieden war; seine Intention bei der Besprechung war lediglich gewesen, dass sie die vereinbarte Arbeitszeit zukünftig einhält. Aufgrund ihrer Äußerung „Ich kündige sowieso und gehe nach Hause“ in Zusammenschau mit ihrem Verlassen des Arbeitsplatzes ging er davon aus, dass sie künftig nicht mehr zur Arbeit erscheinen wird. Als Konsequenz und nach Rücksprache mit dem Büro der Personalverrechnung wurde die Klägerin sohin am 13.12.2024 um 9:04:43 Uhr bei der ÖGK mit dem Abmeldegrund „unberechtigter vorzeitiger Austritt“ abgemeldet.

Nachdem die Klägerin den Arbeitsplatz um ca 8:45 Uhr verlassen hatte, erwirkte sie vorerst für den Zeitraum 13.12.2024 bis 16.12.2024 telefonisch die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von ihrer Ärztin für Allgemeinmedizin in **; diese Bescheinigung übermittelte die Klägerin der Mitarbeiterin der Hausverwaltung am 13.12.2024 um 9:38 Uhr per WhatsApp. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte „die Beklagte“ keine Kenntnis von einem allfälligen Krankenstand der Klägerin. Zuvor hatte die Klägerin um 9:17, 9:20 und 9:25 Uhr versucht, den Geschäftsführer telefonisch zu erreichen.

In einer WhatsApp-Nachricht an den Geschäftsführer teilte die Klägerin diesem am 13.12.2024 um 9:53 Uhr mit: „Ich möchten einvernehmliche Kündigung. LG Slavi!“

Erst am 16.12.2024 wurde die Klägerin persönlich bei der genannten Ärztin vorstellig. An diesem Tag übermittelte die Klägerin dem Geschäftsführer per WhatsApp um 10:48 Uhr eine Bestätigung über die Verlängerung des Krankenstands. Darauf antwortete dieser: „Du bist am 13.12.2024 unberechtigt vorzeitig ausgetreten und wir haben das selbstverständlich an die ÖGK gemeldet – daher betrifft uns dein Krankenstand nicht mehr. Du bekommst die nächsten Tage hier die Endabrechnung. Trotzdem gute Besserung und alles Gute“.

Die Klägerin schrieb daraufhin um 11:01 Uhr: „Hallo […], das stimmt nicht. Du hast zu mir gesagt, ich soll kündigen, was ich nicht getan habe. Am Ende des Gespräches habe ich dir gesagt, dass es mir gesundheitlich nicht gut geht und ich meinen Arzt kontaktieren werde. Das habe ich auch getan und die Krankenstandsbestätigung an […] geschickt.“

Der Geschäftsführer antwortete um 11:04 Uhr: „Du weißt, dass das so nicht stimmt. Du hast vor Zeugen gesagt, dass du jetzt kündigst und auch gleich nach Hause gehst – was du auch getan hast. Ich kann dir nur raten bei der Wahrheit zu bleiben.“

Die Klägerin erwiderte um 11:09 Uhr: „Hallo […], das stimmt nicht und ich gehe jetzt zur Arbeiterkammer.“

Die ÖGK bestätigte mit Schreiben vom 27.2.2025 eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin aufgrund von Krankheit vom 13.12.2024 bis 28.2.2025.

Mit Schreiben vom 16.12.2024 forderte die Arbeiterkammer namens der Klägerin ua ein gesetzeskonformes Dienstzeugnis ein. Am 19.2.2025 wurde das Dienstzeugnis in der Kanzlei der Klagsvertreter abgegeben.

Dieser zusammengefasste Sachverhalt steht im Berufungsverfahren unbekämpft fest (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO).

Die Klägerin begehrt – nach Einschränkung um das auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses gerichtete Begehren – zuletzt brutto EUR 4.297,49 sA aufgeschlüsselt wie folgt:

KE/EFZ 13.12.2024 bis 6.2.2025

4 Wochen 100 % + 4 Wochen 50 %

EUR 2.564,97 : 4,33 x 6 = EUR 3.554,23

SZ/KE/EFZ

4 Wochen 100 % + 4 Wochen 50 %

EUR 2.564,97 x 2 : 52 x 6 = EUR 591,91

UEL/KE 16 KT

EUR 2.564,97 x 14 : 12 : 26 x 30 : 365 x 16 = EUR 151,35

Sie brachte – zusammengefasst und soweit im Berufungsverfahren noch relevant – vor, die Beklagte, vertreten durch ihren Geschäftsführer, habe das Arbeitsverhältnis am 13.12.2024 fristwidrig beendet. An diesem Tag habe ein Gespräch über eine allfällige einvernehmliche Auflösung stattgefunden. Im Anschluss habe die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen einen Arzt aufsuchen müssen, was sie auch so kommuniziert habe; in der Folge sei sie krankgeschrieben worden. Entgegen den nachträglichen Behauptungen des Geschäftsführers habe sie zu keinem Zeitpunkt ihren Austritt erklärt; die Beklagte versuche damit bloß, die Verpflichtungen nach dem EFZG auszuhebeln. Auch ihren Schlüssel habe sie nicht abgegeben, was gegen die Annahme einer – konkludenten – Austrittserklärung spreche. Durch die von der Beklagten veranlasste Abmeldung bei der ÖGK sei das Arbeitsverhältnis fristwidrig beendet worden. Die geltend gemachten beendigungsabhängigen Ansprüche stünden der Klägerin in der begehrten Höhe zu, weil die Beklagte das Arbeitsverhältnis durch Kündigung frühestens zum 29.12.2024 hätte beenden können und die Klägerin bis 28.2.2025 infolge Krankheit arbeitsunfähig gewesen sei.

Die Beklagte stellte die Klagsforderung rechnerisch außer Streit, bestritt jedoch die Ansprüche dem Grund nach und brachte – ebenfalls zusammengefasst und soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse – vor, das Arbeitsverhältnis habe durch unberechtigten vorzeitigen Austritt der Klägerin am 13.12.2024 geendet. An diesem Tag sei diese mit eineinhalbstündiger Verspätung im Betrieb erschienen. Sodann sei in einer Besprechung mit ihr ua die Nichteinhaltung der Arbeitszeit thematisiert worden. Der Geschäftsführer habe schließlich eine Ermahnung ausgesprochen, zumal sich derartige Vorfälle in den Wochen zuvor gehäuft hätten. Die Klägerin habe sich jedoch uneinsichtig und emotional gezeigt und wortwörtlich gesagt „Ich kündige sowieso und gehe nach Hause“ . Daraufhin habe sie um ca 8:45 Uhr umgehend ihren Arbeitsplatz verlassen, obwohl sie noch bis 11:00 Uhr zu arbeiten gehabt hätte. Der Geschäftsführer habe daher um 9:04 Uhr die Abmeldung bei der ÖGK wegen unberechtigtem vorzeitigen Austritt veranlasst. Erst danach habe die Klägerin eine erste Arbeitsunfähigkeitsbestätigung übermittelt; zuvor habe sie eine Krankheit nicht erwähnt. Die gefallene Äußerung in Zusammenhalt mit dem tatsächlichen Verlassen des Arbeitsplatzes als Reaktion auf die Ermahnung könne bei objektiver Betrachtung nur als vorzeitiger Austritt der Klägerin gewertet werden.

Mit dem bekämpften Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Seiner Entscheidung legte es den eingangs zusammengefasst referierten Sachverhalt zugrunde, den es rechtlich dahin wertete, dass die Klägerin am 13.12.2024 unberechtigt vorzeitig ausgetreten sei. Beendigungserklärungen seien nach ihrem objektiven Erklärungswert zu beurteilen; es gelte die allgemein im rechtsgeschäftlichen Verkehr herrschende Vertrauenstheorie, nach der einer Willenserklärung die Bedeutung beizumessen sei, auf die der Empfänger redlicherweise vertrauen durfte und vertraut habe. Träfen im Zuge einer Auseinandersetzung mündliche Erklärungen und begleitende Handlungen zusammen, komme es für die Beurteilung des Erklärungswerts auf das Gesamtverhalten des Erklärenden an. Im Allgemeinen dürfe dem bloßen Fernbleiben von der Arbeit keine Erklärungsbedeutung beigemessen werden, wenn nicht weitere Umstände hinzuträten, die auf eine Beendigungsabsicht schließen ließen. Hier lasse die festgestellte, nach der Ermahnung durch den Geschäftsführer gefallene Äußerung der Klägerin in Zusammenschau mit dem darauffolgenden Verlassen des Arbeitsplatzes während der Arbeitszeit – ohne dass die Klägerin gesagt hätte, es gehe ihr nicht gut oder sie werde einen Arzt aufsuchen – bei objektiver, lebensnaher Betrachtung keinen anderen Schluss zu als den eines unberechtigten vorzeitigen Austritts. Auch die spätere Nachricht, wonach sie eine „einvernehmliche Kündigung“ wolle, unterstreiche ihren Beendigungswillen. Das Arbeitsverhältnis habe sohin durch unberechtigten vorzeitigen Austritt der Klägerin geendet, weshalb das Klagebegehren abzuweisen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Berufung der Klägerin , mit der sie gestützt auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung eine Abänderung im Sinn einer Klagsstattgebung anstrebt; hilfsweise wird – erkennbar – ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer fristgerechten Berufungsbeantwortung , dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.

Die Bezeichnung der Beklagten war gemäß § 235 Abs 5 ZPO (iVm § 2 Abs 1 ASGG) von Amts wegen auf die aus dem Firmenbuch ersichtliche Firma richtigzustellen. An der Identität besteht angesichts der im eigenen Schriftsatz (ON 6) sowie in den Urkunden angeführten Firmenbuchnummer kein Zweifel.

Rechtliche Beurteilung

Da die Durchführung einer Berufungsverhandlung nach Art und Inhalt des geltend gemachten Rechtsmittelgrunds nicht erforderlich ist, war über die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO). Dabei erweist sie sich aus folgenden Erwägungen als nicht berechtigt :

1. Die Berufungswerberin argumentiert in der ausschließlich ausgeführten Rechtsrüge zusammengefasst, ihrer in Rede stehenden Äußerung in Zusammenhalt mit ihrem Verhalten könne entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts nicht der Erklärungswert beigemessen werden, das Beschäftigungsverhältnis am 13.12.2024 zu beenden. Vielmehr handle es sich lediglich um eine Ankündigung, dieses aufkündigen zu wollen; anders sei das Wort „sowieso“ in der gewählten Formulierung nicht zu erklären. Dabei falle zudem ins Gewicht, dass die Klägerin den Chip (Schlüssel) zum Betreten ihres Arbeitsplatzes nicht zurückgelassen habe. Unter Berücksichtigung des weiteren Umstands, dass sie ab 13.12.2024, 0:00 Uhr, aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig gewesen sei, hätte das Erstgericht bei richtiger rechtlicher Beurteilung zum Ergebnis gelangen müssen, dass sie am 13.12.2024 keinen konkludenten vorzeitigen Austritt erklärt habe, sondern die Beklagte das Beschäftigungsverhältnis fristwidrig zu einem Zeitpunkt, als die Klägerin bereits arbeitsunfähig und im Krankenstand gewesen sei, durch Abmeldung bei der ÖGK beendet habe; davon ausgehend sei das Klagebegehren berechtigt.

2.Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhaltig, sondern erachtet die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, in der es die einschlägigen Grundsätze der höchstgerichtlichen Rechtsprechung völlig richtig auf den zu beurteilenden Sachverhalt angewendet hat, für zutreffend, sodass dem Rechtsmittel lediglich zu erwidern ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500a ZPO):

2.1.Austrittserklärungen können auch konkludent (§ 863 ABGB) erfolgen. Es muss sich jedoch um ein Verhalten handeln, das unter Berücksichtigung aller Umstände keinen vernünftigen Grund übrig lässt, an der auf die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigen Gründen gerichteten Absicht zu zweifeln (RIS-Justiz RS0014490; RS0014496). Dabei ist der objektive Erklärungswert maßgeblich (8 ObA 15/05x mwN).

2.2.Zutreffend verweist die Berufungswerberin auf die ständige Judikatur, wonach das bloße Nichterscheinen am Arbeitsplatz für sich allein noch nicht den Schluss rechtfertigt, dass der Arbeitnehmer vorzeitig ausgetreten ist. Es müssen noch weitere Umstände hinzutreten, aus denen eine solche Absicht des Arbeitnehmers erschlossen werden kann (RIS-Justiz RS0028657 [T3]; 9 ObA 144/19w). Wegen der besonderen Rechtsfolgen, die damit verbunden sind, ist an das konkludente Verhalten der Vertragsparteien ein strenger Maßstab anzulegen, weil die Gefahr besteht, dass dem Handelnden Äußerungen unterstellt werden, die nicht in seinem Sinn sind (RIS-Justiz RS0014490 [T2, T8]).

2.3.In der Regel wird dann, wenn ein Dienstnehmer nach einem Streit mit dem Dienstgeber den Betrieb während der Dienstzeit sofort verlässt, auf eine vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses geschlossen werden können. Es bedarf aber dennoch in jedem einzelnen Fall einer sorgfältigen Feststellung, Würdigung und Abwägung aller Umstände (RIS-Justiz RS0028525).

In diesem Sinn hat die Rechtsprechung das Vorliegen einer Austrittserklärung des Dienstnehmers etwa bejaht bei den Äußerungen „auf dieses Narrenhaus scheiße ich“ und – auf Vorhalt des Geschäftsführers – „machts euch den Dreck selber“ (9 ObA 48/93); ebenso bei der Räumung des Büros durch den Arbeitnehmer mit der gegenüber dem Vorgesetzten abgegebenen Erklärung „es reicht mir jetzt, ich gehe“ (RIS-Justiz RS0028578), der Äußerung der Klägerin, sie gehe und sie lasse sich das nicht mehr gefallen, bei nachfolgendem Verlassen des Büros kurz vor Dienstschluss (8 ObA 2012/96g) oder der telefonischen Erklärung des klagenden Kraftfahrers gegenüber dem Disponenten der Beklagten, er werde aufhören, er habe „die Schnauze voll“, die zweiwöchige Kündigungsfrist werde er sicher nicht einhalten, im Zusammenhang mit dem Ausräumen des LKW und Zurückstellung der Fahrzeugschlüssel (8 ObA 86/06i). Auch im Fall einer Arbeitnehmerin, die nach einer Arbeitsverweigerung eine dadurch ausgelöste Debatte mit der Äußerung beendete „wenn das so ist, dann geh ich“, und dies unmittelbar darauf in die Tat umsetzte, indem sie das Zimmer verließ, ohne an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, hat der Oberste Gerichtshof eine Austrittserklärung angenommen (RIS-Justiz RS0014496 [T2]).

Demgegenüber ist aus dem Verlassen des Betriebs allein eine schlüssige Austrittserklärung insbesondere dann nicht abzuleiten, wenn es bereits nach Dienstschluss erfolgte (RIS-Justiz RS0014490 [T1]). Auch der Antritt eines angekündigten Krankenstands nach Unmutsbekundungen und der Äußerung, „nie wieder für diese Firma arbeiten“ zu wollen, wurde mangels Eindeutigkeit nicht als schlüssiger Austritt gewertet (9 ObA 56/12v).

2.4. Die vom Erstgericht vertretene Rechtsauffassung, dass die mündliche Erklärung der Klägerin und ihr schlüssiges Verhalten bei gesamthafter Betrachtung verschiedene Deutungen nicht zuließen und kein vernünftiger Grund bestehe, an der auf die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Absicht zu zweifeln, entspricht den dargestellten, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Beurteilung der Frage einer konkludenten Austrittserklärung.

Die Argumentation im Rechtsmittel, die sich vor allem darauf stützt, die Klägerin habe nicht gesagt, „jetzt“ oder „sofort“ zu kündigen, sondern „sowieso“, und daraus eine bloße Ankündigung ableiten will, greift zu kurz, weil dieser Teil der Äußerung nicht isoliert betrachtet werden darf. So ist das unmittelbar vorangegangene Gespräch mit dem Geschäftsführer in die Würdigung miteinzubeziehen, das nur deshalb notwendig geworden war, weil die Klägerin in der Vergangenheit mehrfach die vereinbarte Arbeitszeit nicht eingehalten und damit ihre Pflichten als Arbeitnehmerin verletzt hatte, zuletzt noch am Tag der bereits angesetzten Besprechung. Im Zuge dessen hielt der Geschäftsführer die Klägerin zur künftigen Einhaltung der Arbeitszeit an, sie zeigte sich jedoch uneinsichtig und äußerte – genau in diesem Kontext – nicht nur, dass sie sowieso kündige, sondern auch, dass sie nach Hause gehe. Letztere Ankündigung setzte sie unmittelbar darauf auch in die Tat um, indem sie aufstand und ihren Arbeitsplatz verließ, obwohl sie noch mehr als zwei Stunden lang hätte arbeiten müssen (und an diesem Tag im Übrigen noch gar nicht gearbeitet hatte, weil nach ihrem verspäteten Erscheinen sofort die Besprechung stattgefunden hatte). Eine Krankheit oder einen sonstigen Grund für eine Dienstverhinderung oder das Verlassen des Arbeitsplatzes sprach die Klägerin dabei ebenso wenig an wie einen beabsichtigten Arztbesuch, sodass für eine andere Deutungsmöglichkeit ihres Verhaltens keine Anhaltspunkte bestehen.

Entgegen den Rechtsmittelausführungen hat die Klägerin sohin weder bloß ihren Arbeitsplatz verlassen noch hat sie nur angekündigt, das Arbeitsverhältnis in Zukunft beenden zu wollen. Vielmehr liegen bei verständiger Würdigung ihrer (gesamten) mündlichen Erklärung und ihrer (schlüssigen) Handlungen besondere Umstände vor, die die Annahme eines konkludenten vorzeitigen Austritts am 13.12.2024 begründen.

Einer „Räumung“ des Arbeitsplatzes als von der Berufungswerberin vermisstes Kriterium kann vorliegend keine maßgebliche Bedeutung zukommen, weil die Klägerin gar keine Arbeitsutensilien an ihrem Arbeitsplatz hatte. Richtig ist, dass sie den Chip, den sie zum Betreten des zu reinigenden Gebäudes benötigte, am 13.12.2024 nicht abgab. Dieser Umstand fällt aber angesichts des dargestellten Gesamtverhaltens der Klägerin bei der Beurteilung, ob eine konkludente Austrittserklärung vorliegt, nicht maßgeblich ins Gewicht. Hinzu tritt, dass die Klägerin diesen Chip nach den Feststellungen bis heute nicht retourniert hat, obwohl sie im gegenständlichen Verfahren die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen sich gelten lässt. Das legt den Schluss nahe, dass auch sie selbst dem Behalten dieses Gegenstands zu keinem Zeitpunkt eine nennenswerte Bedeutung für den Bestand oder Nichtbestand des Arbeitsverhältnisses beimaß; darauf weist die Berufungsbeantwortung zutreffend hin.

2.5.Soweit die Berufungswerberin bei der Beurteilung, ob eine konkludente Austrittserklärung vorliegt, berücksichtigt wissen will, dass die Klägerin ab 13.12.2024, 0:00 Uhr, aufgrund von Krankheit tatsächlich arbeitsunfähig gewesen sei, entfernt sich die Rechtsrüge vom festgestellten Sachverhalt und kann ihr deshalb kein Erfolg beschieden sein (RIS-Justiz RS0043603 [T8]). Es steht nämlich fest, dass die Klägerin am 13.12.2024 nach 8:45 Uhr zwar telefonisch – rückwirkend auch für diesen Tag – eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erwirkte, aber ebenso, dass sie im Zeitpunkt, als die den Arbeitsplatz verließ (13.12.2024, 8:45 Uhr) in der Lage war, ihren vertraglich geschuldeten Tätigkeiten bei der Beklagten nachzukommen; von einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit zu diesem Zeitpunkt kann sohin keine Rede sein.

3. Der Berufung ist somit ein Erfolg zu versagen.

4.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf §§ 2 Abs 1 ASGG, 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Die Beklagte verzeichnete die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung rechtzeitig und tarifkonform.

5.Die Beurteilung einer konkludenten Willenserklärung kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls erfolgen und stellt daher regelmäßig keine zur Rechtsfortentwicklung und Rechtsvereinheitlichung wesentliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (9 ObA 75/06d; 9 ObA 144/19w). Daher ist auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3 und 502 Abs 5 Z 4 ZPO).