JudikaturOLG Innsbruck

5R35/25y – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
Erbrecht
22. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Engers als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Vötter und die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Kitzbichler als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Dr. Martin Leys, Rechtsanwalt in 6460 Imst, gegen die beklagte Partei B * , vertreten durch DI Mag. Nikolaus Gratl, Rechtsanwalt in 6020  Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert: EUR 30.000,--), Einwilligung (Streitwert: EUR 30.000,--) und Räumung (Streitwert: EUR 30.000,--; Gesamtstreitwert: EUR 90.000,--), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 14.3.2025, ** 55 (Berufungsinteresse: EUR 30.000,--), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.138,12 (darin enthalten EUR 523,02 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu Handen ihres Vertreters zu ersetzen.

Der Wert des Streitgegenstands im Berufungsverfahren übersteigt EUR 5.000,--, nicht jedoch EUR 30.000,-- .

Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Übergabevertrag vom 19.3.2015 übergab die Klägerin dem Beklagten die Liegenschaften EZ **, ** und ** GB **. In diesem Vertrag wurde für die Klägerin ein Wohnungsgebrauchsrecht im gesamten Wohnhaus auf den damaligen GSt ** sowie ** (beide in EZ ** KG **) vorbehalten.

Der Beklagte verpfändete die schenkungsgegenständlichen Liegenschaften zur Sicherstellung von Kreditaufnahmen bei der C* wie folgt:

Ein Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für die Klägerin wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Silz vom 14.12.2023 wegen ausreichender Entscheidungsfähigkeit der Klägerin eingestellt. Ihr Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Form eines Betretungsverbots für den Beklagten wurde mit Beschluss vom 20.12.2023 abgewiesen.

Die Klägerin begehrt mit der am 29.11.2023 eingebrachten Klage die Feststellung, dass der zwischen ihr und dem Beklagten abgeschlossene Übergabevertrag ex  tunc rechtsunwirksam sei; in eventu, dass dieser rechtsunwirksam sei. Weiters beantragt sie, den Beklagten schuldig zu erkennen, in die Einverleibung des Eigentumsrechts der streitgegenständlichen Grundstücke (EZ **, ** und ** GB **) zu ihren Gunsten einzuwilligen und stellt schließlich das Begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, das Wohngebäude mit der Grundstücksadresse ** in ** zu räumen und das Gebäude frei von seinen persönlichen Gegenständen zu übergeben.

Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, dass sie bei Übergabe der Liegenschaft arglistig getäuscht worden sei, da ihr vorgespielt worden wäre, es werde ein Belastungs- und Veräußerungsverbot grundbücherlich gesichert. Dieses Verbot hätte ihr zu Lebzeiten das Liegenschaftseigentum sichern sollen und sei daher als Geschäftsgrundlage für den Übergabevertrag vom 19.3.2025 ( richtig: 2015) zu betrachten. Dass eine Grundbuchseintragung dieses Belastungs- und Veräußerungsverbots aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, sei ihr weder vom Beklagten noch vom Vertragserrichter mitgeteilt worden; hätte sie davon gewusst, hätte sie den Vertrag nicht unterzeichnet und ihr Eigentum nicht übertragen.

Der Beklagte habe auch mehrfach gegen das vereinbarte Belastungs- und Veräußerungsverbot verstoßen, indem er die Liegenschaften ohne ihr Wissen als Sicherheiten für Kredite verpfändet habe und Pfandrechte auf den Grundstücken eingetragen worden seien. Außerdem habe er ein Grundstück veräußert, wobei er sie über den Kaufpreis im Unklaren gelassen und ihr vorgespielt habe, das Geld für eine Dachsanierung zu benötigen; eine Sanierung sei jedoch nie erfolgt. Aufgrund dieser Täuschung, der wiederholten vertragswidrigen Belastungen der Liegenschaften sowie des unzumutbaren Verhaltens des Beklagten ihr gegenüber habe sie die Schenkung wegen groben Undanks und arglistiger Täuschung widerrufen. Sie fordere daher die Rückübertragung des Eigentums an den Liegenschaften sowie die Löschung der eingetragenen Pfandrechte über EUR 150.000,-- und EUR 100.000,--. Da der Übergabevertrag auf einer nicht erfüllbaren Grundlage beruhe, sei er von Beginn an rechtsunwirksam.

Zum Räumungsbegehren werde vorgebracht, dass die Klägerin in Anbetracht ihres Alters von 87 Jahren bei Vertragsabschluss den wahren Charakter des Beklagten nicht erkannt habe bzw nicht erkennen habe können. Trotz ihres im Vertrag festgelegten alleinigen Wohnungsgebrauchsrechts habe sich der Beklagte das gesamte Wohnhaus rechtswidrig angeeignet. Sein Verhalten sei unerträglich, da er sie terrorisiere, mit „Entmündigung“ drohe, Türen absperre, Untermieter aufnehme und ihre Bitten um ein friedliches Zusammenleben ignoriere. Auch körperliche Übergriffe seien inzwischen nicht mehr auszuschließen. Sein treuloses Verhalten zeige sich insbesondere auch in der Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Notwendigkeit eines Erwachsenenvertreters. Das Gesamtbild runde ab, dass Pkt IV. des Vertrags festlege, das Belastungs- und Veräußerungsverbot werde enden, sobald die Verbotsberechtigte aufgrund ihres Geisteszustands und der damit verbundenen Geschäftsunfähigkeit nicht mehr in der Lage sein sollte, selbst rechtsgültige Erklärungen abzugeben. Der gesamte Übergabevertrag sei stets auf die grundbücherliche Einverleibung dieses Verbots aufgebaut worden.

Die Klägerin verfüge aktuell nur noch über ein Schlafzimmer sowie die gemeinsame Nutzung von Küche und Wohnzimmer, obwohl ihr laut Vertrag das gesamte Wohnhaus zustehe. Sie sei im Lauf der Zeit aufgrund des veränderten Verhaltens des Beklagten vom ersten Stock in das Erdgeschoss zurückgedrängt worden. Diesem sei nie - auch nicht im zweiten Obergeschoss - ein Wohnrecht eingeräumt worden; die vorübergehende Gewährung eines Wohnrechts sei längst widerrufen worden. Da der Beklagte weder ein Nutzungs- noch ein Wohnrecht habe, sei er zur Räumung des Hauses verpflichtet. Infolge zwischenzeitlich erfolgter Grundstücksveränderungen beziehe sich ihr Wohnungsgebrauchsrecht auf die nunmehrige GSt Nr ** mit der Wohnadresse **.

Das Verhältnis zwischen den Streitteilen habe sich nach der Unterfertigung des Übergabevertrags zunehmend verschlechtert; der grobe Undank des Beklagten zeige sich vor allem in seinem fortwährend vertragswidrigen Verhalten und der schlechten Behandlung ihr gegenüber, die das Leben unter einem Dach unerträglich mache.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, er kenne die Klägerin seit seiner Kindheit; aufgrund der gemeinsamen Arbeit im landwirtschaftlichen Betrieb habe sich zwischen ihnen ein starkes Vertrauensverhältnis aufgebaut. Er wohne seit 2008 im betreffenden Wohnhaus und habe ihn die Klägerin gebeten, den Hof zu übernehmen und bei ihr einzuziehen. Sie habe ihm versprochen, im zweiten Obergeschoss ein Eigenheim errichten zu können, das ihm unbefristet zur Verfügung stehe. Es habe eine Vereinbarung über die Benutzung des Wohnhauses gegeben, wonach die Klägerin den ersten Stock und er das zweite Obergeschoss bewohne und nutze. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme, die es ihr erschwert hätten, den ersten Stock zu erreichen, habe er ein Darlehen aufgenommen, um das Erdgeschoss altersgerecht umbauen zu lassen, damit sie dort ein würdiges Leben führen könne.

Das Wohnungsgebrauchsrecht der Klägerin sei lediglich auf Wunsch des Beklagten in den Vertrag aufgenommen worden; es sei jedoch von Beginn an klar gewesen, dass ihm das zweite Obergeschoss unbefristet zur Verfügung stehe. Aufgrund des engen Vertrauensverhältnisses sei die Formulierung des Übergabsvertrags nicht weiter beachtet worden; in Wirklichkeit beziehe sich das Wohnungsgebrauchsrecht der Klägerin nicht auf das zweite Obergeschoss, da sie diesen Bereich seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt und daher konkludent auf die Nutzung verzichtet habe. Der Vorwurf, der Beklagte bewohne nahezu das gesamte Haus, sei falsch, da er nach wie vor nur den ihm zugewiesenen Bereich nutze. Hinsichtlich der versperrten Zimmer verhalte es sich so, dass die Klägerin den ersten Stock aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme nicht mehr nutze. Da der Beklagte im Obergeschoss Renovierungsarbeiten durchführe, habe er einen Abstellraum im ersten Stock versperrt, um wichtige Dokumente sicher aufzubewahren, nachdem es zuletzt zu einem „Postschwund“ gekommen sei. Abgesehen von diesem versperrten Raum sei der Rest des Hauses weiterhin frei zugänglich.

Im Sommer 2023 habe sich das Verhalten der Klägerin jedoch nach einem Streit mit den Nachbarn plötzlich verändert: Diese hätten dem Beklagten gedroht, sein Eigentum zu verlieren, falls er sich nicht ihrem Willen beuge. Dies habe zu einem zunehmend negativen Einfluss auf die Klägerin geführt und vermute der Beklagte, dass sie in dieser Zeit von Nachbarn sowie von entfernten Verwandten, die ein erbrechtliches Interesse an den Liegenschaften haben könnten, gegen ihn aufgehetzt worden sei. Seit diesem Streit käme es immer wieder zum Verschwinden von Dokumenten und verpassten Zustellungen; dies erwecke den Eindruck, dass die Klägerin als Werkzeug missbraucht werde.

Eine arglistige Täuschung der Klägerin werde bestritten: Der Beklagte sei als Laie in Rechtsfragen davon ausgegangen, dass eine Verbücherung des Belastungs- und Veräußerungsverbots möglich sei und habe darauf vertraut, dass diese auch durchgeführt werde. Die Klägerin hätte den Vertrag auch unterzeichnet, wenn sie von der Unmöglichkeit der Einverleibung des Verbots gewusst hätte. Der wahre Zweck des Verbots sei seinerzeit sein Schutz und nicht jener der Klägerin gewesen, weshalb das Belastungs- und Veräußerungsverbot keine Geschäftsgrundlage des Vertrags gewesen sei. Sollte sie tatsächlich einem Irrtum unterlegen sein, sei dieser keinesfalls arglistig verursacht worden und habe auch keine wesentliche Bedeutung. Es fehle überdies an den Voraussetzungen für eine Irrtumsanfechtung, da die Klage nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist für die Anfechtung von Willenserklärungen mittlerweile verjährt sei.

Die Klägerin habe von den Pfandrechtseinräumungen gewusst, zumal die Hypothekardarlehen hauptsächlich zur Sanierung des Hauses und damit zu ihrem eigenen Vorteil aufgenommen worden seien; zudem seien die Pfandrechte aus dem Jahr 2017 mittlerweile gelöscht worden. Es sei unrichtig, dass der Beklagte die Klägerin unleidlich behandle, bedrohe oder körperlich angehe, sodass kein tauglicher Grund für einen Schenkungswiderruf vorliege. Schließlich sei das Urteilsbegehren unschlüssig, da im Fall der hier vorliegenden übergebenden Schenkung ein Leistungs- und kein Feststellungsbegehren zu stellen sei.

Mit dem nunmehr bekämpften Urteil wies das Erstgericht in Spruchpunkt I. sämtliche Klagebegehren ab und verpflichtete die Klägerin in Spruchpunkt II. zum Kostenersatz an den Beklagten. Seiner Entscheidung legte es über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus nachstehende, im Berufungsverfahren nicht mehr strittige Feststellungen zugrunde:

Die Mutter des Beklagten zog im Jahr 2006 gemeinsam mit dem Beklagten in die Nachbarschaft der Klägerin. Der Beklagte, der sehr tierlieb ist, verbrachte bereits als Jugendlicher viel Zeit auf dem Hof der Klägerin und unterstützte ihren Ehemann bei der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs. Es entstand zwischen den Eheleuten und dem Beklagten ein gutes und vertrautes Verhältnis. Auch nach dem Ableben des Ehemanns der Klägerin im Jahr 2009 unterstützte er sie bei ihrer Tierhaltung. Nach einer Auseinandersetzung mit seiner Mutter im Jahr 2012 zog der Beklagte zunächst in ein Fremdenzimmer im Dachgeschoss des Hauses der Klägerin ein.

Seit dem Jahr 2013 führte der Beklagte offiziell den Hof. Im Jahr 2015 kamen er und die Klägerin überein, dass ihm der Hof übergeben werden soll. Zu diesem Zweck nahm der Beklagte Kontakt zu dem ihm bisher nicht bekannten Rechtsanwalt Dr. D* auf und vereinbarte einen Termin. Anlässlich eines Termins in seiner Kanzlei schilderten ihm die Streitteile ihre Situation. Da dem Anwalt auffiel, dass die Streitteile nicht miteinander verwandt waren, fragte er bei der kinderlosen Klägerin ausdrücklich nach, ob sie sich mit der geplanten Übergabe an den Beklagten sicher sei. Die Klägerin bestätigte die Übergabe mit der Begründung, dass der Beklagte im Gegenzug bereits Umbauarbeiten im Haus durchgeführt habe. Aus Gründen der Steueroptimierung schlug der Rechtsanwalt eine Adoption vor, was sich die Streitteile jedoch erst noch überlegen wollten. Im Zuge dieses Gesprächs wurden die wesentlichen Punkte der geplanten Übergabe und insbesondere festgelegt, dass ein Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie ein lebenslanges Wohnrecht zugunsten der Klägerin für die gesamte Liegenschaft in den Vertragstext mit aufgenommen werden sollten. Auf Basis dieser Erörterungen erstellte der Rechtsanwalt einen ersten Vertragsentwurf. Da er zu diesem Zeitpunkt von einer Adoption des Beklagten ausging, hielt er im Vertragsentwurf fest, dass das vereinbarte Belastungs- und Veräußerungsverbot grundbücherlich sichergestellt wird und nahm diesbezüglich auch eine Aufsandungserklärung mit auf.

Der Vertragsentwurf wurde zur Überprüfung an den Beklagten geschickt; ob die Klägerin eine eigene Ausfertigung erhielt, kann nicht festgestellt werden. Der Beklagte teilte dann dem Anwalt mit, dass sie keine Änderungswünsche hätten, aber eine Adoption für sie nicht in Betracht käme. Nachdem der Anwalt diese Information erhalten hatte, telefonierte er mit der Klägerin und erläuterte ihr die geänderte rechtliche Situation. Er wies darauf hin, dass das Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht in das Grundbuch eingetragen werden kann, sie jedoch durch das vorgesehene Wohnrecht abgesichert sei. Trotz des Wissens, dass eine grundbücherliche Absicherung gerade eben nicht möglich ist, war die Klägerin bereit, den Vertrag zu unterschreiben.

Zur Unterfertigung des Übergabsvertrags, der vollinhaltlich dem Vertragsentwurf entsprach, hatten die Streitteile am 19.3.2015 einen Termin bei einem Notar. Der Notar las ihnen den Vertrag vor und besprach mit den Parteien die einzelnen Bestimmungen im Detail. Dabei wies er sie darauf hin, dass das Belastungs- und Veräußerungsverbot auf Grund des fehlenden Verwandtschaftsverhältnisses zwischen den Parteien nicht grundbücherlich eingetragen werden kann. Da weder die Klägerin noch der Beklagte Änderungswünsche hatten, unterfertigten sie beide den vorbereiteten Übergabevertrag.

Dieser Übergabevertrag lautet auszugsweise ( wörtlich ) wie folgt:

„…

Als Gegenleistung für die obig ausgeführte Übergabe räumt der Übernehmer Herr B* Frau A* das höchstpersönliche, lebenslange und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht im gesamten Wohnhauses auf Gst ** in EZ ** des GB **, mit der Grundstücksadresse ** und am Gst ** in EZ ** des GB ** ein. Frau A* nimmt dieses vorbezeichnete Wohnungsgebrauchsrecht am gesamten Wohnhauses auf Gst ** in EZ ** des GB ** und am Gst ** in EZ ** der GB ** hiermit ausdrücklich an.

Sämtliche Betriebskosten werden von der Wohnungsgebrauchsberechtigten zur Gänze alleine getragen. Ausdrücklich wird festgehalten, dass der Wohnungsgebrauchsberechtigten kein Recht der Wohnungsfruchtniessung, sondern lediglich ein höchstpersönliches Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt wird. Im Übrigen bedarf dieses Wohnungsgebrauchsrecht keiner näheren Ausgestaltung, dies aufgrund des herrschenden Vertrauensverhältnisses zwischen den Vertragsparteien.

IV. BELASTUNGS- UND VERÄUSSERUNGSVERBOT

Der Übernehmer verpflichtet sich über Verlangen der Übergeberin zwecks Sicherung und Erhaltung des geschaffenen Besitzes und zur weiteren Absicherung obigen Wohnungsgebrauchsrechtes, die übergabsgegenständlichen Liegenschaften in EZ **, in EZ ** und in EZ ** je des GB **, ohne ausdrückliche Zustimmung und Einwilligung der Übergeberin Frau A* nicht zu belasten und zu veräußern und räumt daher Frau A* das Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364 c ABGB auf obig genannten Liegenschaften in EZ **, in EZ ** und in EZ ** je des GB ** ein.

Dieses Belastungs- und Veräußerungsverbot endet jedoch, sobald die Verbotsberechtigte aufgrund ihres Geisteszustandes und der damit verbundenen Geschäftsunfähigkeit nicht mehr in der Lage sein sollte, rechtsgültige Erklärungen selbst abzugeben. Über Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bestätigung oder eines Beschlusses, womit die Berechtigte unter Sachwalterschaft gestellt werden sollte, kann die Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes für Frau A* in EZ **, in EZ ** und in EZ ** je des GB ** grundbücherlich beantragt werden, wozu sämtliche Vertragsparteien ihre ausdrückliche Einwilligung erteilen.

Dieses Belastungs- und Veräußerungsverbot gem. § 364 c ABGB wird von der Berechtigten Frau A* angenommen und ist grundbücherlich sicherzustellen, sodass dieses dingliche Wirkung entfaltet.

VI. AUFSANDUNGSERKLÄRUNG

Frau A* und Herr B* erteilen ihre ausdrückliche Einwilligung, dass über Ansuchen auch nur eines Vertragspartners im GB ** die nachstehenden Eintragungen bewilligt werden können:

1./in EZ **:

a./ ob den zu B-LNr. 1 einverleibten 1/1-Anteilen der A*: die Einverleibung des Eigentumsrechtes für:

Herrn B*, geb. **. **

b./ die Einverleibung des höchstpersönlichen, lebenslangen und unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechtes für:

Frau A*, geb. ** ** im Sinne und Umfange des Vertragspunktes III. dieses Vertrages;

c./ die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes gemäß § 364 c ABGB für: Frau A*, geb. **, ** im Sinne und Umfange des Vertragspunktes IV. dieses Vertrages.

2./ in EZ **:

a./ ob den zu B-LNr. 1 einverleibten 1/1-Anteilen der A*:

die Einverleibung des Eigentumsrechtes für: Herrn B*, geb. **, **

b./ die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes gemäß § 364 c ABGB für: Frau A*, geb. **, ** im Sinne und Umfange des Vertragspunktes IV. dieses Vertrages.

3./ in EZ **:

a./ ob den zu B-LNr. 1 einverleibten 1/1-Anteilen der A*: die Einverleibung des Eigentumsrechtes für: Herrn B*, geb. **, ** b./ die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes gemäß § 364 c ABGB für: Frau A*, geb. **, ** im Sinne und Umfange des Vertragspunktes IV. dieses Vertrages.

…“

Es lässt sich nicht feststellen, aus welchen Gründen die Bestimmungen über die grundbücherliche Sicherstellung des vereinbarten Belastungs- und Veräußerungsverbots zugunsten der Klägerin und die dazugehörige Aufsandungserklärung im Übergabsvertrag noch enthalten sind und nicht vom Vertragsverfasser entfernt worden waren.

Der Kläger nahm im Jahr 2017 Kredite bei der C* auf, zu deren Sicherstellung Pfandrechte auf der Liegenschaft EZ ** GB ** eingetragen wurden. Weiters wurden Zwangspfandrechte grundbücherlich auf allen drei schenkungsgegenständlichen Liegenschaften eingetragen, und zwar zu (TZ **) ** des BG Silz über EUR 4.294,74 sA, (TZ **) ** des BG Silz über EUR 1.208,04 sA, mitsamt Einleitung des Versteigerungsverfahrens; (TZ **) ** des BG Silz über EUR 1.217,04 sA und (TZ **) ** des BG Silz über EUR 3.062,64 s.A. Diese Pfandrechte und Zwangspfandrechte wurden mittlerweile gelöscht. Nicht festgestellt werden kann, ob die Klägerin von den Pfandrechtseinräumungen wusste.

Mit Pfandurkunde vom 8.6.2021 über den Höchstbetrag von EUR 150.000,-- wurden wiederum Pfandrechte auf den Liegenschaften EZ **, EZ ** und EZ ** je Grundbuch ** eingetragen. Der Beklagte hatte die Klägerin von der bevorstehenden Pfandrechtseinräumung informiert und ihr erklärt, dass der Kredit für die Sanierung des Dachs des Wohnhauses und für den Erwerb eines landwirtschaftlichen Geräts notwendig ist. Die Klägerin war mit der Kreditaufnahme sowie der Pfandrechtseinräumung einverstanden und unterzeichnete als Zeichen ihrer Einverständnisses die Pfandurkunde.

Zur Sicherstellung aller Forderungen bis zum Höchstbetrag von EUR 150.000,--, die der E* gegen den Beklagten aus bereits gewährten und künftig zu gewährenden Darlehen erwachsen sind und in Hinkunft erwachsen werden, räumte der Beklagte zu Gunsten dieser Bank am 10.2.2022 ein Pfandrecht auf den schenkungsgegenständlichen Liegenschaften ein. Nicht festgestellt werden kann, ob die Klägerin von dieser Pfandrechtseinräumung wusste und in welchem Umfang die aufgenommenen Kreditsummen für die Bewirtschaftung des Hofes oder für die Instandhaltung des Wohnhauses verwendet wurden.

Ein Teil der Liegenschaft in EZ ** KG **, nämlich das Grundstück ** mit einer Fläche von 954 m², wurde vom Beklagten mit Kaufvertrag vom 29.1.2021 an den Käufer F* um den Preis von EUR 222.250,-- verkauft. Die Klägerin erklärte sich mit dem Verkauf einverstanden und unterfertigte den Kaufvertrag eigenhändig.

Der Beklagte bewohnte zunächst ein Fremdenzimmer im Dachgeschoss. Bereits vor der Übergabe der Liegenschaft war der Klägerin bekannt, dass der Kläger [ richtig: der Beklagte] für sich das Dachgeschoss für eine eigene Wohnung umbauen wollte. Die Klägerin erlaubte ihm ausdrücklich, dass er in das Dachgeschoss eine Wohnung baut, die von ihm bewohnt wird. Auch heute ist sie damit einverstanden, dass er die Wohnung im Dachgeschoss bewohnt.

Die Klägerin selbst bewohnte damals das Erdgeschoss und hatte weitere Räume im ersten Stock. Über Drängen des Beklagten zog sie dann zur Gänze in das Erdgeschoss, welches ihr der Beklagte wohnlich gestaltete. So isolierte er das Schlafzimmer und baute eine Dusche ein. Die Küche und die Stube benützt die Klägerin gemeinsam mit dem Beklagten. Dieser führte dann Umbauarbeiten im ersten Stock durch und brachte ohne Zustimmung der Klägerin vorübergehend Mieter im Haus unter.

Im Laufe der Jahre verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den Streitparteien erheblich. Das einst nahezu familiäre Verhältnis wurde zunehmend von unangemessenen Handlungen des Beklagten überschattet. So versperrte er immer wieder bestimmte Räume, insbesondere den Keller, was es der Klägerin im Winter erschwerte, Holz zu holen. Auch die Dusche und das Zimmer im 1. Stock waren versperrt und nicht zugänglich. Der Klägerin war zu verschiedenen Teilen des Hauses der Zugang nicht mehr möglich, da Räumlichkeiten, insbesondere Keller- sowie Stallräumlichkeiten vom Beklagten versperrt wurden. Der Umgangston des Beklagten mit ihr war zumindest zeitweise rauh und herrisch. Im Zuge von wörtlichen Auseinandersetzungen wurde der Beklagte laut und schrie mit der Klägerin. Es kam immer wieder vor, dass er ihr das Wort abschnitt, sie zum Verschwinden aufforderte und ihr zu verstehen gab, dass er nicht mit ihr diskutiere, da er der Hausherr sei und das Sagen habe. Darüber hinaus drohte er ihr einmal, sie und ihren Kater aus dem Haus zu werfen. Mehrfach beleidigte er sie mit herabwürdigenden Aussagen wie „Du alte Schachtl“ und anderen Beschimpfungen. Weiters ließ er Müll sowie Zigarettenstummel in den gemeinschaftlichen Bereichen des Hauses liegen, besonders in der Stube. Es kam auch vor, dass die Pflegerin der Klägerin Kot seiner Hunde im Wohnzimmer vorfand. Die Zusammenarbeit des Beklagten mit den Pflegern der Klägerin ist mühsam. So dauerte es Wochen, bis er einen für die Pfleger notwendigen Schlüssel in einem Schlüsseltresor vor dem Haus deponierte oder notwendige Reparaturarbeiten im Haus durchgeführt wurden. Auch brachte beim Bezirksgericht Silz eine Anregung zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters für die Klägerin ein. Diese Handlungen führten bei ihr zu einer erheblichen psychischen Belastung und schließlich zur deutlichen Verschlechterung ihres einst guten Verhältnisses. Handgreiflichkeiten gegenüber der Klägerin können nicht festgestellt werden.

Seit der Klagsanhängigkeit hat sich das Verhältnis zwischen den Streitparteien deutlich verbessert und die Situation hat sich weitgehend beruhigt. Der Beklagte wohnt derzeit nicht mehr im Haus. Die Klägerin kann sowohl das Erdgeschoss wie auch den ersten Stock bewohnen. Aktuell ist lediglich nur noch die Wohnung des Beklagten im Dachgeschoss versperrt, womit die Klägerin jedoch einverstanden ist.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Erstgericht darauf, dass Schenkungsverträge in der Regel nicht widerrufen werden könnten; grober Undank gegen den Schenker, also ein schwerer Fall von Undank, bilde hingegen einen Grund zum Schenkungswiderruf. Damit dies möglich sei, sei einerseits notwendig, dass sich der Beschenkte einer gegen den Schenker gerichteten Straftat in der im § 948 S 2 ABGB bezeichneten Art schuldig gemacht habe und zweitens, dass sich in dieser strafbaren Handlung grober Undank äußere. Überhaupt nicht oder nur verwaltungsrechtlich strafbare Handlungen würden den Widerrufstatbestand nicht erfüllen und sei es überdies erforderlich, dass sich in der strafbaren Handlung des Beschenkten grober Undank in der allgemein gebräuchlichen Bedeutung dieses Worts äußere: Es müsse eine verwerfliche Außerachtlassung der Dankbarkeit vorliegen. Für die Zurechenbarkeit sei auch das Bewusstsein erforderlich, dem Geschenkgeber eine Kränkung zuzufügen; ein bloß ungutes Verhältnis oder allgemeine Spannungen zwischen den Parteien ohne Vorliegen einer strafbaren Handlung reichten in der Regel nicht aus, um einen Schenkungsvertrag wegen groben Undanks zu widerrufen.

Das festgestellte Verhalten des Beklagten gegenüber der Klägerin erfülle nicht die rechtlichen Voraussetzungen für einen Schenkungswiderruf: Das Versperren von Räumen, Beleidigungen sowie das Ergreifen von Maßnahmen, die das Zusammenleben der Parteien erschwerten, stellten zwar zweifellos Verfehlungen gegenüber der Klägerin dar, die zu einer erheblichen psychischen Belastung führen würden. Allerdings seien diese Handlungen, so unangemessen sie auch sein mögen, keine strafbaren Handlungen iSd § 948 S 2 ABGB. Das Verhalten des Beklagten reiche daher nicht aus, um einen Widerruf der Schenkung im Sinn der genannten Bestimmung zu begründen.

Der Widerruf einer Schenkung durch den Schenker sei eine an gesetzliche Voraussetzungen gebundene rechtsgestaltende Willenserklärung, weshalb ein Leistungsbegehren zu stellen sei. Der gerechtfertigte Widerruf gestalte die Rechtslage dahin, dass der Beschenkte das Geschenk zurückzugeben habe. Soweit der Beklagte eingewendet habe, dass bei der vorliegenden, bereits übergebenen Schenkung anstelle eines Feststellungs- ein Leistungsbegehren zu stellen sei, sei dies zwar richtig, aber nicht weiter beachtlich, da der Beschenkte hier die Sache nicht herauszugeben habe.

Zur eingewendeten Verjährung wegen Irrtumsanfechtung sei darauf zu verweisen, dass ein Rückgriff auf die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage dort zu unterbleiben habe, wo das Gesetz selbst die Ausübung [ gemeint: Auswirkung] veränderter Verhältnisse – wie zB in den §§ 946 ff ABGB – regle, weshalb darauf nicht weiter eingegangen werden müsse.

Im Lauf des Verfahrens hätten sich keine Gründe ergeben, an der Geschäfts- bzw Prozessfähigkeit der Klägerin zu zweifeln. Auch das Verfahren zur Notwendigkeit der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters sei eingestellt worden, sodass dieser Einwand nicht berechtigt sei.

Die Dienstbarkeit der Wohnung könne entweder als Gebrauchsrecht iSd § 504 ABGB oder als Fruchtgenussrecht iSd § 509 ABGB vereinbart werden. Im ersten Fall handle es sich um eine höchstpersönliche, für die Dauer des Lebens des Berechtigten eingeräumte Befugnis, die Wohnung für seine Bedürfnisse zu benützen, während im zweiten Fall der Berechtigte die Substanz auf schonende Weise ohne alle Einschränkung genießen könne. Je nachdem, ob ein Wohnungsgebrauchs- oder ein Wohnungsfruchtgenussrecht vorliege, seien neben § 521 ABGB auch die §§ 504 ff oder 509 ff ABGB auf das Rechtsverhältnis anzuwenden. Stimme ein Wohnungsberechtigter einer baulichen Veränderung zu, durch die das ihm zustehende Wohnrecht – etwa durch Einschränkungen der Nutzung bestimmter Räume oder Zugangsbereiche – de facto unausübbar werde, könne darin ein konkludenter Verzicht auf diesen Teil des Wohnrechts gesehen werden.

Die Klägerin habe dem Beklagten ausdrücklich gestattet, in ihre Liegenschaft einzuziehen und sich damit einverstanden erklärt; ebenso habe sie den Umbau des Dachgeschosses gebilligt, um ihm eine eigenständige Wohneinheit zu ermöglichen. Zudem habe sie geäußert, dass sie das Dachgeschoss nicht betrete, da sie dort nichts verloren habe und damit einverstanden sei, dass der Beklagte auch heute noch dort wohne und die Wohnung versperre. Darin liege eine Anerkennung dieses Bereichs als ausschließlicher Wohnraum des Beklagten, womit zugleich ein Verzicht auf die Ausübung ihres Wohnrechts in diesem Teil des Wohnhauses anzunehmen sei, weshalb dem Räumungsbegehren nicht stattgegeben werden könne.

Während die bekämpfte Entscheidung in den Spruchpunkten I.1. und I.2. unbekämpft in Rechtskraft erwuchs, bekämpft die Klägerin die Abweisung ihres Räumungsbegehrens (Spruchpunkt I.3.) mit einer fristgerecht erstatteten Berufung , in der sie eine Rechtsrüge ausführt. Sie beantragt eine Abänderung der bekämpften Entscheidung dahin, dass dem Räumungsbegehren stattgegeben werde. Hilfsweise beantragt sie, den Beklagten schuldig zu erkennen, das Wohngebäude mit der Grundstücksadresse **, situiert auf GSt Nr ** in EZ ** GB **, die GSt Nr ** mit Ausnahme der im Vermessungsplan des DI G* vom 9.6.2016 gekennzeichneten Fläche „2“ im Ausmaß von 54 m², vorgetragen in EZ ** GB **, sowie mit Ausnahme des Dachgeschosses dieses Gebäudes von seinen persönlichen Sachen zu räumen und geräumt von seinen Fahrnissen binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu übergeben. Eventualiter stellt die Klägerin einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

In seiner ebenfalls rechtzeitig erstatteten Berufungsbeantwortung beantragt der Beklagte , dem Rechtsmittel der Gegenseite keine Folge zu geben.

Da nach Art und Inhalt des geltend gemachten Berufungsgrunds die Durchführung einer Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist, war über das Rechtsmittel in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden (§ 480 Abs 1 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt:

Die Klägerin argumentiert, dass die zu ihrem Räumungsbegehren vom Erstgericht vertretene Rechtsansicht durch die vorliegenden Feststellungen nicht gedeckt sei: Sie habe mehrfach vorgetragen, dem Beklagten niemals ein dauerhaftes und unentgeltliches Recht zur Benützung irgendwelcher Teile der Liegenschaft mit Ausnahme der Gestattung der Benützung des Dachgeschosses in Rechtsform einer Bittleihe eingeräumt zu haben. Unabhängig davon, dass das Erstgericht auf dieses Vorbringen nicht hinreichend eingegangen sei, hätte es dem Räumungsbegehren schon auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts stattgeben müssen. Die Abweisung dieses Begehrens sei auch unschlüssig: Wie es – allerdings unrichtig – erkenne, werde dem Beklagten hinsichtlich des Dachgeschosses ein Wohnrecht zuerkannt, dies aber keinesfalls hinsichtlich des ersten Obergeschosses, des Erdgeschosses und schon gar nicht der sonstigen Räumlichkeiten, insbesondere der landwirtschaftlich genutzten Räumlichkeiten und Umgebungsflächen. Das Erstgericht habe festgestellt, dass sich der Beklagte aller Räumlichkeiten der Liegenschaften bemächtigt habe und diese nach seinem Dafürhalten rechtsgrundlos benutze. Er versperre auch immer wieder bestimmte Räume, insbesondere im Keller sowie die Dusche und die Zimmer im ersten Stock; der Klägerin seien die Zugangsmöglichkeiten zu Keller- und Stallräumlichkeiten nicht mehr möglich gewesen. Auch die Bereiche im Erdgeschoss und die Umgebungsflächen würden vom Beklagten nach dessen Gutdünken rechtsgrundlos benützt. Das Erstgericht gehe offenkundig jedoch selbst davon aus, dass sich das – allerdings nie eingeräumte – Wohnrecht des Beklagten ausschließlich auf das Dachgeschoss beziehe; dennoch habe es das Räumungsbegehren zur Gänze abgewiesen.

Bei richtiger Beurteilung des festgestellten Sachverhalts hätte das Erstgericht dem Räumungsbegehren hinsichtlich der gesamten Liegenschaft mit Ausnahme des Dachgeschosses stattgeben müssen, dies insbesondere deshalb, weil der Beklagte zu seinem Wohnrecht ohnehin vortrage, dass ihm ein solches im zweiten Obergeschoss (Dachgeschoss) zur Verfügung stehen würde, nicht aber hinsichtlich der sonstigen Bereiche der Liegenschaft. Die Abweisung des Räumungsbegehrens sei auch deshalb unrichtig, weil hier von einer konkludenten Rechtseinräumung bzw einem konkludenten Verzicht der Klägerin nicht die Rede sein könne. Die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung bedeute keineswegs die Einräumung eines unentgeltlichen, lebenslänglichen Wohnungsgebrauchsrechts. Die Einräumung eines derart weitgehenden Rechts, nämlich eines Wohnrechts auf konkludentem Weg wäre nur dann möglich, wenn nicht der geringste Zweifel an der beiderseitigen rechtswirksamen Einräumung dieses Rechts für den Beklagten bestehen würden. Dieser habe nicht darlegen können, wann, wie und in welchem Umfang und zu welcher Gelegenheit hier eine positive Rechtsbegründung erfolgt sei. Das Erstgericht habe erschließbar mangels vorliegender Gegenleistung eine Schenkung angenommen, wobei diesbezüglich die Beurteilung einer konkludenten Rechtseinräumung besonders sorgfältig zu prüfen und zu beurteilen wäre. Eine konkludente Rechtseinräumung, die im Urteil weder hinreichend begründet noch dem Umfang nach beschrieben worden sei, sei nicht anzunehmen; vielmehr sei die rechtliche Beurteilung unrichtig und in sich selbst widersprüchlich. Eine bloße Gestattung der Benützung stelle keine Rechtseinräumung dar; sofern festgestellt werde, die Klägerin hätte sich dahin geäußert, dass der Beklagte im Dachgeschoss wohnen könne, so sei damit kein Wohnrecht begründet worden, sondern habe sie lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie ihm die Benützung des Dachgeschosses bis auf Widerruf im Wege einer Bittleihe gestatte.

Die rechtliche Beurteilung einer konkludenten Wohnrechtseinräumung hinsichtlich der Dachgeschosswohnung sei auch deshalb unrichtig, weil die Aussage der Klägerin, dass der Beklagte im Dachgeschoss wohnen dürfe, nicht als rechtsgeschäftliche Willenserklärung gewertet werden könne: Vielmehr ergebe sich insgesamt, dass sie ihm niemals ein Wohnrecht in rechtsgeschäftlich gültiger Form, und zwar auch nicht in konkludenter Art und Weise, eingeräumt habe. Richtigerweise wäre daher dem Räumungsbegehren – allenfalls mit Ausnahme der Dachgeschosswohnung – stattzugeben gewesen.

Dazu war zu erwägen:

1.1 Nach § 354 ABGB ist das Eigentum als ein Recht betrachtet die Befugnis, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten und jeden anderen davon auszuschließen. Das Eigentum ist demnach das umfassendste, von der Rechtsordnung anerkannte dingliche Herrschaftsrecht (Vollrecht) über eine Sache. Das Eigentumsrecht äußert sich im Einzelnen einerseits in der faktischen Einwirkungsbefugnis (vgl § 362 ABGB) sowie zum anderen darin, dass dem Eigentümer die rechtliche Verfügungsbefugnis über die Sache und die damit korrespondierende Ausschlussbefugnis zukommt. Durchsetzbar ist diese Befugnis mit den auf das Eigentumsrecht als solches gestützten Klagen auf Herausgabe, auf Unterlassung von Rechtsanmaßungen und Eingriffen sowie auf Unterlassung von Immissionen ( Riss in KBB 7 § 354 ABGB Rz 1). Allerdings können sowohl das Privatrecht als auch öffentliches Recht die Ausübung der Eigentumsrechte beschränken: Einerseits wegen der berechtigten privatrechtlichen Interessen anderen Personen, zB infolge Einräumung dinglicher oder obligatorischer Rechte einschließlich von Gläubigerrechten oder der Stellung als Nachbarn, andererseits im Interesse der Allgemeinheit, das sogar eine Enteignung rechtfertigen kann. Die Beweislast für Eigentumsbeschränkungen trifft grundsätzlich denjenigen, der solche behauptet ( Riss aaO § 354 ABGB Rz 2; RIS-Justiz RS0010849).

1.2 Dienstbarkeiten (Servituten) sind – im Vergleich zum Vollrecht des Eigentums – beschränkte dingliche, absolut geschützte Rechte an fremden beweglichen oder unbeweglichen Sachen, deren Eigentümer dazu verpflichtet ist, eine bestimmte Nutzung zu unterlassen, zu der er ansonsten befugt wäre (verneinende Servitut) oder eine bestimmte Nutzung durch den Berechtigten zu dulden (bejahende Servitut). Ein positives Tun des Eigentümers der belasteten Sache darf hingegen keine Hauptpflicht sein ( Koch in KBB 7 § 472 ABGB Rz 1 mwN).

Die persönliche Dienstbarkeit des Gebrauchs berechtigt zur Nutzung einer fremden Sache ohne Verletzung ihrer Substanz. Der praktisch wichtigste Fall einer persönlichen Dienstbarkeit ist das Wohnungsgebrauchsrecht iSd § 521 ABGB ( Koch aaO § 504 ABG Rz 1). Gegenstand des Wohnungsrechts sind bewohnbare Gebäudeteile samt Nebenräumen und zugehörigen Außenflächen, nicht aber land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen. Beim Wohnungsgebrauchsrecht dürfen die daraus Berechtigten das Objekt zum eigenen Bedarf verwenden. Gebrauchsberechtigt sind neben dem Rechtsinhaber auch Dritte, die dieser auch ohne Genehmigung des Belasteten - nicht jedoch gegen ausdrückliches oder konkludentes Verbot - auf Dauer aufnehmen darf, solange er selbst dort wohnt. Dazu gehören neben bestimmten Angehörigen wie Ehegatten, Lebensgefährten oder Kindern auch Pflege- oder Dienstpersonen, aber jeweils nur, sofern dies zu keiner ungebührlichen Ausdehnung der Dienstbarkeit iSd § 484 ABGB führt. Dies ist jedoch lediglich bei willkürlicher Aufnahme von Drittpersonen anzunehmen, nicht jedoch bei Bedarfsänderung infolge Krankheit oder Vergrößerung der Familie ( Koch aaO § 521 ABGB Rz 2 f mwN).

Nach § 522 ABGB behält der Eigentümer in jedem Fall das Recht, über alle Teile des Hauses, die nicht vom Wohnungsrecht umfasst sind, zu verfügen.

1.3 § 521 ABGB normiert ein „doppeltes Klagerecht“: Einerseits kann der Servitutsberechtigte sein Nutzungsrecht schützen, indem er gegen dessen Störung oder Leugnung vorgeht (actio confessoria; Servitutenklage), zum anderen kann sich ein Eigentümer mit einer Eigentumsfreiheitsklage (actio negatoria) gegen eine vom anderen behauptete Servitut sowie gegen sonstige unberechtigte Eingriffe wehren ( Koch aaO § 523 ABGB Rz 1).

Das Klagebegehren der actio confessoria kann zunächst auf Feststellung einer bestrittenen Dienstbarkeit gehen; weiters kann auf Beseitigung einer bereits erfolgten – selbst geringfügigen – Beeinträchtigung der Servitut, auf Unterlassung künftiger Störungen sowie allenfalls auf Ersatz des verursachten Schadens nach allgemeinen Grundsätzen geklagt werden. Klagegrund einer Servitutenklage ist jede Störung des Servitutsrechts, die dauernd wirkt oder wenn Wiederholung droht, wobei es sich immer um einen tatsächlichen Eingriff handeln muss. ( Koch aaO § 523 ABGB Rz 2; Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner ABGB 37 § 523 E 4ff). Beweispflichtig für den genauen räumlichen Umfang der gestörten Servitut ist nach der Beweislastregel des § 523 ABGB der Kläger, zu dessen Lasten entsprechende Beweisdefizite gehen ( Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner aaO § 523 ABGB E 16a).

1.4 Unter einer Räumung ist nicht nur die Überlassung einer Liegenschaft, sondern darüber hinaus auch die Entfernung von Personen und Sachen des Verpflichteten und die Übergabe der Liegenschaft an den Betreibenden in diesem Zustand zu verstehen ( Klicka in Angst/Oberhammer EO³ § 349 Rz 1).

Der Entscheidung des Gerichts sind das Parteivorbringen, wie es sich aufgrund von zulässigen Änderungen und Ergänzungen im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz darstellt und die Sachlage, wie sie in diesem Zeitpunkt feststeht, zugrunde zu legen (RIS-Justiz RS0036969 [T11]; Klauser/Kodek JN-ZPO 18 § 414 ZPO E 4).

2. Nach den hier maßgeblichen, im Berufungsverfahren unbekämpft gebliebenen Feststellungen ist der Beklagte seit 2015 Eigentümer der ehemals im Eigentum der Klägerin gestandenen Liegenschaften; letzterer wurde als Gegenleistung für deren Übergabe das höchstpersönliche, lebenslange und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht am gesamten Wohnhaus mit der Liegenschaftsadresse ** eingeräumt. Im Übergabsvertrag wurde dazu festgehalten, dass dieses Wohnungsgebrauchsrecht auf Grund des herrschenden Vertrauensverhältnisses zwischen den Vertragsparteien keiner näheren Ausgestaltung bedarf. In den folgenden Jahren erlaubte die Klägerin dem Beklagten ausdrücklich, im Dachgeschoss eine von ihm zu nutzende Wohnung zu bauen; damit, dass er diese bewohnt, ist sie noch heute einverstanden. Die Klägerin selbst bewohnte ursprünglich das Erdgeschoss sowie weitere Räume im ersten Stock und zog in weiterer Folge, nachdem ihr das Erdgeschoss vom Beklagten wohnlich gestaltet wurde, dort hin; Küche und Stube benutzt sie gemeinsam mit dem Beklagten, der aber mittlerweile nicht mehr im Haus wohnt. Bis zu seinem Auszug kam es immer wieder vor, dass er Räume im Keller, die Dusche ein Zimmer im ersten Stock oder den Zugang zu den Stallräumlichkeiten versperrte. Seitdem der Beklagte nicht mehr im Haus wohnt, kann die Klägerin sowohl das Erdgeschoss als auch den ersten Stock bewohnen; lediglich die Wohnung im Dachgeschoss ist versperrt, womit die Klägerin einverstanden ist.

3. Weil der Beklagte zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht mehr im Haus ** in ** wohnte, kann dass Räumungsbegehren der Klägerin, soweit es auf die Räumung der Liegenschaft von seiner Person gerichtet ist, schon wegen Wegfall ihres des darauf gerichteten Rechtsschutzinteresses nicht (mehr) von Erfolg getragen sein.

Soweit das Räumungsbegehren darüber hinaus auf die Entfernung von seinen „Sachen“ iSd § 349 EO aus ihrem Haus abzielt, ist darauf zu verweisen, dass die Klägerin den Urteilsannahmen zufolge damit einverstanden ist, dass der Beklagte die Wohnung im Dachgeschoss bewohnt. Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung steht es mit dem Gesetz in Einklang, wenn der Berechtigte vom Wohnungsrecht (ganz oder teilweise) keinen Gebrauch macht (RIS-Justiz RS0011714); wenn daher die Klägerin dem Beklagten - wie festgestellt – ausdrücklich erlaubte, in das Dachgeschoss des Hauses eine von ihm zu nutzende Wohnung zu bauen und nach wie vor damit einverstanden ist, dass er diese auch bewohnt, kann dies nur einen rechtlich zulässigen Teilverzicht auf ihr Wohnungsrecht im gesamten Haus ** in ** darstellen. In rechtlicher Hinsicht ist deshalb davon auszugehen, dass die Streitteile das der Klägerin vertraglich eingeräumte Wohnungsgebrauchsrecht im gesamten Wohnhaus zu einem späteren Zeitpunkt im festgestellten Ausmaß einschränkten bzw modifizierten, weshalb der Kläger nach § 522 ABGB über die im Dachgeschoss des Hauses befindliche Wohnung verfügen darf.

Sachverhaltsannahmen dazu, ob und allenfalls wo der Beklagte nach wie vor seine Fahrnisse in den von der Klägerin bewohnten Räumlichkeiten abstellt, lagert oder er ihr diese Räume nach wie vor unzugänglich macht, wurden nicht getroffen. Vielmehr steht fest, dass die Klägerin sowohl das Erdgeschoss als auch den ersten Stock des Hauses bewohnen kann. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass im Sinn der angeführten Judikatur Stallräumlichkeiten nicht Gegenstand eines Wohnungsrechts sein können, weshalb das darauf sowie auf die Räumung der zugehörigen, laut Grundbuch jedenfalls teilweise landwirtschaftlich genutzten Liegenschaftsflächen gerichtete Begehren nicht auf eine Beeinträchtigung dieses Rechts der Klägerin gestützt werden kann.

Feststellungen die den rechtlichen Schluss zuließen, dass zwischen den Streitteilen lediglich eine Bittleihe hinsichtlich der Räumlichkeiten im zweiten Stock vereinbart worden wäre, liegen hingegen nicht vor. Mit ihren diesbezüglichen Ausführungen in der Rechtsrüge entfernt sich die Klägerin daher vom festgestellten Sachverhalt, weshalb diese insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist und daher die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts in diesem Umfang nicht überprüft werden darf ( Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 471 Rz 16 mwN).

Da ausgehend vom Urteilssachverhalt zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz keine rechtsgrundlose Benützung von jenen Räumlichkeiten, die der Klägerin auf Grundlage der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen zu Wohnzwecken zur Verfügung stehen, durch den Beklagten, der ja Eigentümer ihrer gesamten ehemaligen Liegenschaften ist, vorliegt, besteht das Räumungsbegehren einschließlich des erhobenen Eventalbegehrens nicht zu Recht.

4. Ergänzend ist auszuführen, dass die Klägerin ursprünglich die Rückabwicklung des zwischen ihr und dem Beklagten im Jahr 2015 abgeschlossenen Übergabevertrags begehrte. Die diesbezüglichen Klagebegehren laut den Spruchpunkten 1. und 2. des bekämpften Urteils wurden mittlerweile rechtskräftig abgewiesen, sodass auch auf dieser Grundlage die Räumung des Wohngebäudes durch den Beklagten infolge titelloser Benützung rechtlich nicht in Betracht kommt. Der Berufung ist daher ein Erfolg zu versagen.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Aufgrund seines Rechtsmittelabwehrerfolgs hat der Beklagte Anspruch auf die tarifgemäß und rechtzeitig verzeichneten Kosten seiner Berufungsbeantwortung.

Da der Entscheidungsgegenstand im Berufungsverfahren nicht in einem Geldbetrag bestand, war gemäß § 500 Abs 2 ZPO eine Bewertung vorzunehmen. Dabei bestand kein Anlass, von der von der Klägerin vorgenommenen und unbestritten gebliebenen Bewertung ihres Räumungsbegehrens abzugehen, womit auszusprechen war, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands im Berufungsverfahren den Betrag von EUR 5.000,--, nicht aber EUR 30.000,-- übersteigt.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für das verbliebene Räumungsbegehren war auf der Tatsachenebene zu klären, weshalb keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zu lösen war. Die (ordentliche) Revision war daher nicht zuzulassen.