7Bs26/25v – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Dampf und die Richterin Dr. Offer als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A* wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB über die Berufung der Staatsanwaltschaft Feldkirch wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 16.1.2025, GZ **-16, sowie ihre Beschwerde gegen einen Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO nach der am 20.3.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Mag.Scherl, der Sitzungsvertreterin der Oberstaatsanwaltschaft OStA Mag. Draschl, des Angeklagten A* sowie seines Verteidigers RA Mag. Winkler für Dr. Stefan Geiler öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag
I. zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird F o l g e gegeben und die Freiheitsstrafe auf zehn Monate angehoben .
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
II. beschlossen:
Infolge Abänderung des Strafausspruchs wird der mit dem Urteil verbundene Beschluss nach § 494a StPO aufgehoben und nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO die bedingte Strafnachsicht zu ** des Landesgerichts Feldkirch widerrufen.
Mit ihrer Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Ein Einzelrichter des Landesgerichts Feldkirch erkannte mit dem angefochtenen Urteil den ** geborenen A* des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB schuldig.
Demnach habe er am 21.8.2024 in ** seine ehemalige Lebensgefährtin B* durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zum Nachteil einer Sympathieperson, zu einer Unterlassung, und zwar zur Abstandnahme davon, Kontakt zu ihrem Kollegen C* aufzunehmen, zu nötigen versucht, indem er ihr gegenüber sinngemäß äußerte, dass er die Tschetschenen zu C* nach Hause schickt, um dort aufzuräumen, diese ihm in die Genitalien schießen und dann den Rest erledigen werden, wenn B* den Kontakt zu ihm nicht abbricht.
Hiefür verhängte der Einzelrichter nach § 105 Abs 1 StGB in Anwendung des § 39 Abs 1a StGB eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, rechnete die erlittene Verwahrungshaft aktenkonform vom 15.1.2025, 20:15 Uhr, bis zum 16.1.2025, 14:03 Uhr gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB auf die ausgesprochene Strafe an und verpflichtete ihn nach § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens. Unter einem wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der zu ** des Landesgerichts Feldkirch gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen, jedoch die Probezeit gemäß § 494a Abs 6 StPO auf fünf Jahre verlängert.
Während der Angeklagte das Urteil unangefochten ließ, bekämpft dieses die Staatsanwaltschaft Feldkirch mit einer rechtzeitig angemeldeten Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe und einer Beschwerde gegen den Beschluss auf Absehen vom Widerruf nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO (ON 18). Mit dem Vorbringen unzureichender Gewichtung der Strafzumessungsgründe und generalpräventiven Erfordernissen zielt die Berufung auf eine Erhöhung der verhängten Freiheitsstrafe, die Beschwerde mit dem Argument spezialpräventiver Notwendigkeit infolge einschlägigen Rückfalls auf den Widerruf der bedingten Strafnachsicht ab (ON 21.4).
In seiner Gegenäußerung beantragt der Angeklagte, den Rechtsmitteln der Staatsanwaltschaft nicht Folge zu geben (ON 22).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer schriftlichen Stellungnahme den Standpunkt, dass sowohl der Berufung als auch der Beschwerde Berechtigung zukommen.
Rechtliche Beurteilung
Der Beantwortung der Strafberufung vorangestellt wird, dass der Einzelrichter zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und seiner Vorstrafenbelastung nachstehende Feststellungen getroffen hat.
Der am ** in ** geborene A* ist ** Staatsangehöriger und ledig. Er befindet sich derzeit im Krankenstand und erhält Krankengeld in Höhe von EUR 1.800,-- monatlich. Er hat kein nennenswertes Vermögen, demgegenüber jedoch Verbindlichkeiten aus Unterhaltsrückständen und Gerichtskosten sowie einer Verwaltungsstrafe in nicht feststellbarer Höhe. Er ist sorgepflichtig für drei Kinder im Alter von **, ** und ** Jahren, die aus seiner Beziehung mit B* stammen, welche von ** bis ** andauerte.
Die Strafregisterauskunft des Angeklagten weist beginnend mit 2012 sechs Eintragungen auf, von denen vier zählbar und auch einschlägig sind:
Auszugsweise wurde er mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29.7.2013, rechtskräftig seit 2.8.2013, zu ** wegen § 107 Abs 1 StGB zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. (2. Eintragung)
Weiters wurde er mit Abwesenheitsurteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 03.07.2020, rechtskräftig seit 05.08.2020, zu ** (4. Eintragung) des Vergehens nach § 107 Abs 1 und 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung schuldig erkannt und hierfür über ihn eine unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten sowie eine Geldstrafe von 240 Tagessätzen verhängt. Nach dem Schuldspruch hat er am 25.07.2019 in ** B*
Zuletzt (6. Eintragung) wurde er mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 20.12.2023 zu **, rechtskräftig seit 28.12.2023, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und hierfür über ihn eine unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von drei Monaten sowie eine Geldstrafe von 300 Tagessätzen verhängt. Für die Dauer der mit drei Jahren bestimmten Probezeit wurde Bewährungshilfe angeordnet und dem Angeklagten die Weisung erteilt, sich des Konsums alkoholischer Getränke zu enthalten und die Einhaltung der Weisung quartalsweise nachzuweisen.
Nach dem Schuldspruch hat er in **,
Am 2.9.2023 sprachen Beamte der Polizeiinspektion ** ein Betretungs- und Annäherungsverbot betreffend die Wohnung von B* in der ** gegen den Angeklagten aus. Mit einstweiliger Verfügung des Bezirksgerichtes Bregenz, **, wurde dem Angeklagten mitunter der Aufenthalt bei dieser Wohnung sowie ihrer unmittelbaren Umgebung, insbesondere dem Garten, dem Parkplatz vor dem Haus und der Tiefgarage, verboten. Mit weiterer einstweiliger Verfügung des Bezirksgerichtes Bregenz vom 10.9.2024 wurde die bestehende einstweilige Verfügung für die Dauer von einem Jahr verlängert.
Bei der Strafbemessung ging der Einzelrichter zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen einer Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1a StGB und damit einem erweiterten Strafrahmen von 1080 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe bis zu 18 Monaten aus. Ausgehend davon wertete er als erschwerend vier einschlägige Vorstrafen (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB), den raschen Rückfall zur seit 28.12.2023 rechtskräftigen Verurteilung des Landesgerichts Feldkirch zu ** sowie die Tatbegehung zum Nachteil einer Angehörigen, nämlich der Mutter der gemeinsamen Kinder und ehemaligen Lebensgefährtin (§ 33 Abs 2 Z 2 StGB), als mildernd den Umstand, dass die Tat beim Versuch geblieben sei (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB). Mit Blick auf die bereits im Verfahren ** des Landesgerichts Feldkirch als mildernd berücksichtigte Berauschung wurde diese weder mildernd noch erschwerend gewertet. Im Rahmen allgemeiner Strafzumessung wirkte der Umstand der Tatbegehung innerhalb offener Probezeit aggravierend als auch „die im Vorfeld der Hauptverhandlung getätigten Äußerungen des Angeklagten (ON 9.2)“, schließlich auch, dass der Angeklagte bei seiner Tathandlung gegen eine aufrechte einstweilige Verfügung verstoßen habe. Ausgehend davon hielt der Einzelrichter insbesondere aufgrund des raschen und einschlägigen Rückfalls zum Nachteil desselben Opfers die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe vor allem aus spezialpräventiven Gründen für notwendig, den zusätzlichen Widerruf der bedingten Nachsicht aber nicht erforderlich, da die dort erteilte Weisung einer Alkoholabstinenz mit der weiteren Betreuung durch die Bewährungshilfe zweckmäßiger erscheine als der Widerruf. Dessen ungeachtet wurde die Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre für notwendig erachtet und die Verpflichtung zum Kostenersatz auf die angesprochene Gesetzesstelle gestützt.
Der Einzelrichter hat die Strafzumessungsgründe im Wesentlichen vollständig und zutreffend erfasst. Sie sind nur insofern geringfügig korrekturbedürftig, als die im Vorfeld der Hauptverhandlung getätigten Äußerungen des Angeklagten (Anmerkung des Berufungsgerichts: Wonach er seinem Bewährungshelfer gegenüber angegeben habe, dass er seine Ex-Partnerin leiden sehen möchte und sie durchaus umbringen wolle, wenn er wegen ihr eine Haftstrafe zu verbüßen habe [vgl. ON 9.2]) auf der erschwerenden Seite nicht zu veranschlagen sind, da eine Berücksichtigung des Verhaltens des Täters nach der Tat sich zwar strafmildernd - abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmefällen - nicht aber strafschärfend auswirken kann ( Riffel in Höpfel/Ratz , WK 2 StGB § 32 Rz 37; RIS-Justiz RS0135288).
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen und unter weiterer Berücksichtigung allgemeiner Strafbemessungskriterien des § 32 StGB ist die ausgesprochene Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Blick darauf, dass auch die über den Angeklagten vormalig ausgesprochenen Strafenkombinationen nach § 43a Abs 2 StGB jeweils bereits einer Freiheitsstrafe von acht Monaten entsprochen haben (Nr. 4 und Nr. 6 der Strafregisterauskunft) aber eine zu milde Sanktion, die deshalb in Stattgebung der Strafberufung der Staatsanwaltschaft auf zehn Monate zu erhöhen war. Damit wird sie sämtlichen Belangen der Spezial- und Generalprävention gerecht.
Die Verurteilung zum Kostenersatz ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angezogenen Gesetzesstelle.
Infolge Abänderung des Strafausspruchs war der davon logisch abhängige Beschluss nach § 494a StPO aufzuheben und hatte das Berufungsgericht darüber selbst zu entscheiden ( Jerabek/Ropper in Fuchs/Ratz, WK-StPO § 494a Rz 11 und § 498 Rz 8; RIS-Justiz RS0101886, RS0101859)
Trotz des positiven Berichts der Bewährungshilfe - zuletzt vom 11.3.2025 zur Berufungsverhandlung - hat der Angeklagte innerhalb offener Probezeit und nur acht Monate nach Rechtskraft der mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch zu ** gewährten bedingten Strafnachsicht von drei Monaten trotz dort erteilter Weisung zu Alkoholabstinenz und angeordneter Bewährungshilfe erneut einschlägig in alkoholisiertem Zustand und zum Nachteil desselben Opfers delinquiert, weshalb es in Übereinstimmung mit der Ansicht der Staatsanwaltschaft zusätzlich zur Aburteilung hier auch des Widerrufs der bedingten Strafnachsicht bedarf, um den Angeklagten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.
Mit ihrer Beschwerde war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.