JudikaturOLG Graz

8Bs194/25b – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
20. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richterin Mag a . Berzkovics als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Petzner, Bakk. und Mag. Obmann, LL.M. in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB über die Berufung der Staatsanwaltschaft Graz gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 26. Mai 2025, GZ **-31, und deren Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss nach § 494a StPO nach der am 20. August 2025 in Gegenwart des Oberstaatsanwalts Mag. Liensberger, LL.M., des Angeklagten A* und seines Verteidigers Rechtsanwalt Mag. Doppelhofer durchgeführten Berufungsverhandlung

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folgegegeben und über A* nach § 107 Abs 1 StGB in Anwendung des § 39 Abs 1 und Abs 1a StGB die Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

2. den Beschluss gefasst:

Vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ B* und C* je des Landesgerichts für Strafsachen Graz wird abgesehen und zugleich Bewährungshilfe angeordnet.

Mit ihrer Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft darauf verwiesen.

Text

gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene Angeklagte A* des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür in Anwendung des § 39 Abs 1 und Abs 1a StGB nach § 107 Abs 1 StGB in Anwendung des § 43a Abs 2 StGB zur Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je EUR 4,00, im Uneinbringlichkeitsfall 150 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und zur für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

Mit dem unter einem gefassten Beschluss wurde gemäß § 494a (Abs 1 Z 2) StPO vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht in den Verfahren des Landesgerichts für Strafsachen Graz zu AZ B* (dreizehn Monate) und zu AZ C* (zwölf Monate) abgesehen.

Gemäß § 494 Abs 1 StPO iVm § 50 Abs 1 StGB wurde ferner für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet (ON 30).

Dem Schuldspruch zufolge hat der Angeklagte am 2. Dezember 2023 in ** Insp D* mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er zu ihm im Zuge eines Telefonats sagte, er werde ihn „finden“ und dann „ficken“, und hinzufügte „Lass dich überraschen, du wirst dann schon sehen!“.

Mit ihrer Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe strebt die Staatsanwaltschaft die Verhängung einer tat- und schuldangemessenen unbedingten Freiheitsstrafe an. Die Beschwerde zielt auf den Widerruf der bedingten Strafnachsicht in den genannten Verfahren ab (ON 32).

Rechtliche Beurteilung

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Die Strafbefugnis reicht fallbezogen nach § 107 Abs 1 StGB in Anwendung von § 39 Abs 1 und Abs 1a StGB bis zu eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe oder 1.080 Tagessätzen Geldstrafe.

Erschwerend ist, dass der Angeklagte bereits mehrfach (dreimal) wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt worden ist (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB; auch neben § 39 Abs 1 und Abs 1a StGB [RIS-Justiz RS0091527]). Schuldaggravierend (§ 32 Abs 3 StGB) wirken die Tatbegehung im raschen Rückfall, nämlich nur einen Tag nach der Entlassung aus dem mehrjährigen Strafvollzug, die Tatbegehung in zwei bereits auf fünf Jahre verlängerten Probezeiten und das Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen sowohl nach Abs 1 als auch nach Abs 1a des § 39 StGB.

Mildernd ist, dass der Angeklagte ein reumütiges Geständnis abgelegt hat (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB). Zwar liegt der besondere Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 16 StGB fallbezogen nicht vor, da dieser nur anzunehmen ist, wenn sich ein (hier:) Angeklagter selbst stellt, bevor er als Täter entdeckt worden ist (vgl Riffel in WK 2StGB § 34 Rz 37; Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 4§ 34 Rz 25), und sich der Angeklagte erst lange nach diesem Zeitpunkt gestellt hat (ON 2.4, 3). Allerdings ist seine Selbststellung als positives Nachtatverhalten im Rahmen der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) ebenso mildernd anzunehmen, wie seine Entschuldigung gegenüber dem Bedrohten und seine selbstständige Kontaktaufnahme mit der Bewährungshilfe.

Der vom Angeklagten reklamierte Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 18 StGB liegt nicht vor. Dieser würde eine Tatbegehung schon vor längerer Zeit voraussetzen, worunter eine Zeitspanne zu verstehen ist, die sich an der fünfjährigen Rückfallsverjährungsfrist des § 39 Abs 2 StGB orientiert (RIS-Justiz RS0108563; Riffel, aaO § 32 Rz 46), wovon mit Blick auf die Tatbegehung (erst) am 2. Dezember 2023 nicht die Rede sein kann.

Ausgehend von den genannten Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) ist auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) die Verhängung einer Freiheitsstrafe von acht Monaten tat- und schuldangemessen. Mit Blick auf das mehrfach einschlägig belastete Vorleben des Angeklagten, den der Vollzug von Freiheitsstrafen in einer Gesamtdauer von mehreren Jahren und die Gewährung bedingter Strafnachsichten sowie einer bedingten Entlassung nicht von der Begehung der hier gegenständlichen Tat abhielten, stehen spezialpräventive Gründe einer Anwendung des § 43a Abs 2 oder Abs 3 StGB entgegen.

Der Kostenausspruch gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Der erstinstanzliche Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe ist mangels bedingter Strafnachsicht gegenstandslos. Die vom Erstgericht gemäß § 494a StPO gefassten, zufolge Neubemessung der Strafe ebenfalls hinfällig gewordenen Beschlüsse erfordern nach dem Konzept der Gesamtregelung der Straffrage eine Prüfung und Neubewertung durch das Rechtsmittelgericht. Somit hat das Berufungsgericht über den Widerruf der bedingten Strafnachsichten neu zu entscheiden ( Jerabek/Ropperin WK StPO § 498 Rz 8; Kirchbacher, StPO 15§ 494a Rz 5/1). Die nach § 494a Abs 3 StPO erforderliche (RIS-Justiz RS0111829 [T7]), nach der Aktenlage im erstinstanzlichen Verfahren unterbliebene Einsichtnahme in die Urteilsabschriften zu AZ B* und AZ C* je des Landesgerichts für Strafsachen Graz wurde in der Berufungsverhandlung nachgeholt ( Jerabek/Ropper aaO § 494a Rz 8 f).

Fallbezogen beging der Angeklagte die in Rede stehende Tat in der Probezeit zu AZ B* und AZ C* je des Landesgerichts für Strafsachen Graz.

Trotz des mehrfach einschlägig belasteten Vorlebens, der Delinquenz in bereits verlängerten Probezeiten und der Wirkungslosigkeit des Vollzugs mehrerer Haftstrafen ist mit Blick auf das positive Nachtatverhalten des Angeklagten, der mittlerweile auch eine geregelte Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, zusätzlich zu der verhängten Freiheitsstrafe nicht auch der Widerruf der bedingten Strafnachsichten zu AZ B* und AZ C* je des Landesgerichts für Strafsachen Graz notwendig, um ihn in Zukunft von strafbaren Handlungen abzuhalten, weshalb gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf abgesehen wird.

Angesichts des getrübten Vorlebens des Angeklagten und mit Blick auf den äußerst raschen Rückfall nach der Entlassung aus dem mehrjährigen Strafvollzug scheint jedoch die Anordnung der Bewährungshilfe nach § 494a Abs 6 StPO – auch über ausdrücklichen Wunsch des Angeklagten (vgl Bericht der Bewährungshilfe vom 6. August 2025) – notwendig und zweckmäßig, um den Angeklagten bei seinem Bestreben nach einem künftigen deliktsfreien Leben zu unterstützen.

Mit ihrer Beschwerde war die Staatsanwaltschaft darauf zu verweisen.