Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Dr. Markus Fink, Rechtsanwalt in Bezau, gegen die beklagten Parteien 1. S*, 2. F*, und 3. G*, alle vertreten durch Advokaten Keckeis Fiel Scheidbach Rechtsanwälte OG in Feldkirch, wegen 134.443,19 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. Juli 2025, GZ 1 R 61/25t 92, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall vom 4. 8. 2016. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab.
[2] DerKläger zeigt mit seiner außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:
[3]1. Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den allgemeinen Verjährungsregeln gemäß § 1489 ABGB binnen drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger. Die kurze Verjährungszeit beginnt zwar nicht vor dem tatsächlichen Eintritt der Rechtsgutverletzung (also des „Primärschadens oder Erstschadens“) zu laufen, mit dessen positiver Kenntnis wird sie nach ständiger Rechtsprechung aber auch schon dann in Gang gesetzt, wenn der Geschädigte die Höhe seines Schadens noch nicht beziffern kann, ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt bzw diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind ( RS0087615 ). Mit Kenntnis des Primärschadens beginnt auch die Verjährungsfrist für alle voraussehbaren künftigen weiteren Teilschäden oder Folgeschäden ( RS0097976 ). Der drohenden Verjährung ist – auch bei Nichteinklagung des Primärschadens – mit einer Feststellungsklage zu begegnen ( RS0087613 ; RS0034618 [T5]). Auch für voraussehbaren Verdienstentgang infolge einer Verletzung beginnt die (kurze) Verjährungsfrist mit Eintritt des Primärschadens ( RS0083144 [T18]).
[4] 2. Nur die Verjährungsfrist für nicht (mit ausreichender Wahrscheinlichkeit) vorhersehbare neue Wirkungen eines Schadensfalls beginnt mit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme bzw sobald nach einem Primärschaden mit künftigen Schäden „mit Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist“ neu zu laufen (RS0034527 [T15] ;RS0083144 [T20] ). Unvorhersehbar sind Schäden nach der Rechtsprechung insbesondere dann, wenn sie sich von den früheren Schäden schon durch ihre Beschaffenheit und dadurch unterscheiden, dass sie auf bis dahin nicht wahrgenommene Zwischenursachen zurückzuführen sind. Folgeschäden sind demnach in der Regel dann nicht vorhersehbar, wenn zum schädigenden Ereignis, das den Erstschaden herbeigeführt hat, weitere Voraussetzungen hinzukommen müssen und nicht abzusehen ist, ob es tatsächlich dazu kommen wird (RS0087613 [T8] ;RS0034527 [T2, T10] ). Entscheidend ist die objektive Vorhersehbarkeit für den Geschädigten (RS0087613 [T7, T9]). Die Vorhersehbarkeit künftiger Schäden ist eine Frage des Einzelfalls, der – vom Fall einer zur Wahrung der Rechtssicherheit aufzugreifender Fehlbeurteilung abgesehen – keine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukommt (RS0111272 [T2] ).
[5] 3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach für den Kläger bereits ab dem Unfallzeitpunkt Schäden in Form von (weiterem) Schmerzengeld, Pflegebedarf und Verdienstentgang vorhersehbar waren und solche damit jedenfalls zum Zeitpunkt des Aufforderungsschreibens am 22. 10. 2021 bereits verjährt waren, hält sich vor dem Hintergrund, dass der Kläger nach den Feststellungen durch den Unfall am 4. 8. 2016 neben einer Cervikalverletzung sowie Prellungen an Schädel, Schulter, beiden Handgelenken, Oberbauch und Brustkorb eine psychische Retraumatisierung mit einer posttraumatischen Belastungsstörung, Depression und chronischer Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren erlitten hat, im Rahmen höchstgerichtlicher Rechtsprechung und bedarf daher keiner Korrektur.
[6] 4. Die Argumentation in der Revision, der Kläger habe erst ab Oktober 2019 an psychischen Problemen gelitten, die zu seiner Arbeitsunfähigkeit geführt haben, entfernt sich von den Feststellungen, wonach der Kläger aus psychiatrischer Sicht schon ab dem Unfall arbeitsunfähig war.
[7]5. Dass keine Feststellungsklage erhoben werden muss, wenn mit dem Schädiger eine außergerichtliche Vereinbarung zustandekommt (vgl 2 Ob 97/05m) bezieht sich auf eine Vereinbarung über die Haftung auch für künftige Schäden (vgl RS0112429), die hier gerade nicht vorlag. Das Vorbringen in der Revision, es liege ein deklaratives Anerkenntnis auch bezüglich künftiger Schäden aufgrund früherer Zahlungen der Beklagten vor, widerspricht dem Neuerungsverbot.
[8] 6. Die Revision ist damit zurückzuweisen.
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