JudikaturOGH

15Os106/25i – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
15. Oktober 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Oktober 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. MichelKwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Rathmayr in der Strafsache gegen * P* wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Geschworenengericht vom 4. Juni 2025, GZ 17 Hv 56/25y 131, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * P* des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 22. Oktober 2024 in S* * Pi* dadurch, dass er mit der ihm als Wachsoldat zugewiesenen und durchgeladenen Dienstwaffe durch Drücken des Abzugs in dessen Brust schoss, vorsätzlich getötet.

[3]Der Schuldspruch beruht auf der Bejahung der anklagekonform gestellten Hauptfrage nach einem das Verbrechen des Mordes herstellenden Sachverhalt, weshalb die in Richtung des Vergehens der grob fahrlässigen Tötung nach § 81 Abs 1 StGB gerichtete Eventualfrage unbeantwortet blieb.

Rechtliche Beurteilung

[4]Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[5] Indem die Tatsachenrüge das fehlende Motiv anspricht, lässt sie außer Acht, dass dieses weder die Schuldfrage noch den anzuwendenden Strafsatz berührt und solcherart keine entscheidende Tatsache darstellt (RISJustiz RS0088761 [insb T5]). Damit verfehlt sie die Ausrichtung am Prozessrecht (RISJustiz RS0106268 [T7]).

[6] Soweit das Rechtsmittelvorbringen als Kritik an der Feststellung zur subjektiven Tatseite zu verstehen ist, ist zu entgegnen :

[7]Der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10a StPO zielt – soweit hier von Bedeutung (Fehler in der Sachverhaltsaufklärung werden nicht behauptet) – darauf, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 iVm § 302 Abs 1 StPO) aufzuzeigen, die nahelegen, dass die Geschworenen das ihnen nach § 258 Abs 2 zweiter Satz iVm § 302 Abs 1 StPO gesetzlich zustehende Beweiswürdigungsermessen in geradezu unerträglicher Weise gebraucht haben (RISJustiz RS0118780 [T16, T17]).

[8] Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Beschwerde , indem sie ihre Einwände aus der Niederschrift der Geschworenen ( vgl RISJustiz RS0115549, RS0100809) ableitet.

[9] Da eine Aussage zu seinem Wissen und Wollen im Tatzeitpunkt in der Regel nur vom Angeklagten zu erwarten ist (RISJustiz RS0097540 [T21]), gelingt es dem Beschwerdeführer auch nicht, unter Bezugnahme auf die Ausführungen des ballistischen Sachverständigen, wonach ein vom Angeklagtenvorgebrachter – vom Sachverständigen aus waffentechnischer Sicht (ON 83.3, 15) als unwahrscheinlich qualifizierter (ON 130, 25; zur notwendigen Beachtung sämtlicher Verfahrensergebnisse siehe RIS-Justiz RS0117446 [T9]) – Schussunfall nicht auszuschließen sei, Bedenken gegen die Richtigkeit de r im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsachen in der vom Gesetz verlangten Intensität zu wecken. Eben dies gilt für den Hinweis auf das neuropsychiatrische Gutachten, das ihm keine psychische Erkrankung attestierte .

[10] Das weitere Vorbringen, wonach aufgrund der emotional angespannten Situation durch die zahlreichen Zuhörer im Verhandlungssaal und deren Unmuts bekundungen nach der Urteilsverkündung „Zweifel an der freien Entscheidung der Geschworenen“ bestünden, insbesondere ob sie der Stimme der Furcht iSd § 305 Abs 1 StPO kein Gehör gegeben hätten, spricht keinen Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt an. Dazu bleibt anzumerken, dass nur die – hier gar nicht behauptete – Unterlassung der Beeidigung der Laienrichter nach § 305 StPO mit ausdrücklicher Nichtigkeitssanktion (§ 345 Abs 1 Z 4 StPO) abgesichert ist; eine allfällige Verletzung dieses Eides hingegen keine Nichtigkeit bewirkt (RISJustiz RS0098258 [T1]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 257).

[11]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt(§§ 344, 285i StPO).

[12]Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.