JudikaturOGH

11Os87/25s – OGH Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
07. Oktober 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz, Dr. Oberressl, Dr. Brenner und Mag. Riffel in Gegenwart der Kontr. Tastekin als Schriftführerin in der Strafsache gegen A* O* und N* O* wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 21. März 2025, GZ 260 Hv 4/25t 42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen wegen des Ausspruchs über die Schuld der Angeklagten A* O* und N* O* werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die verbleibenden Berufungen der Angeklagten A* O* und N* O* werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten A* O* und N* O* fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]Mit dem angefochtenen Urteil (§ 22 Abs 1 VbVG; ON 41 S 10 f; ausgefertigt in ON 42) wurden A* O* des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 15 Abs 1, 156 Abs 1 StGB (I/) und N* O* des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 12 dritter Fall, 15 Abs 1, 156 Abs 1 StGB (II/) schuldig erkannt.

[2] Danach haben in V*

I/ A* O* als Schuldner mehrerer Gläubiger Bestandteile seines Vermögens beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger zu schmälern oder zu vereiteln versucht, indem er als Einzelunternehmer der NE* in Kenntnis seiner mangelnden Zahlungsfähigkeit

1/ von 2. Februar 2023 bis 9. März 2023 insgesamt 7.350 Euro an seine damalige Lebensgefährtin (und nunmehrige Ehefrau) N* O* überwies;

2/ am 28. Februar 2023 das Einzelunternehmen schloss und dieses samt Kundenstock, Webauftritt und Marke im Wert von zumindest 47.287,05 Euro unentgeltlich an die N* GmbH überließ, deren Alleingesellschafterin und Alleingeschäftsführerin N* O* war;

II/ N* O* dadurch zu den zu I/ dargestellten Tathandlungen des A* O* beigetragen, dass sie zu I/1/ ihr Girokonto als Empfängerkonto bereit stellte und zu I/2/ das Unternehmen NE* ohne Zahlung eines Kaufpreises in die N* GmbH aufnahm.

Rechtliche Beurteilung

[3]Dagegen richten sich die im Wesentlichen gleichlautenden und jeweils auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten A* O* und N* O*.

[4] Indem die Rechtsrügen (Z 9 lit a) behaupten, bei den von I/1/ umfassten Überweisungen an N* O* habe es sich um Unterhaltszahlungen für die gemeinsame Tochter, sohin um die Begleichung zu Recht bestehender Forderungen gehandelt, orientieren sie sich prozessordnungswidrig (vgl RISJustiz RS0099810) nicht an der Gesamtheit des Urteilssachverhalts, wonach es sich bei den angesprochenen Überweisungen um keine Lohn und Unterhaltszahlungen des Angeklagten A* O* handelte (US 4, 8).

[5]Gleiches gilt, soweit die Beschwerdeführer den zu I/2/ konstatierten Wert des unentgeltlich überlassenen Einzelunternehmens mit 47.287,05 Euro (US 5) schlicht als „falsch“ bezeichnen und den festgestellten Vorsatz auf Vereitelung oder Schmälerung der Befriedigung der bestehenden Gläubiger (US 5 f, 9) bestreiten. Mit den in diesem Zusammenhang angestellten eigenständigen Erwägungen wird lediglich der Versuch unternommen, die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) – Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld anzugreifen (vgl RIS Justiz ).

[6] Weshalb – trotz des angenommenen (strafbaren) Versuchs (vgl RISJustiz RS0115184 [T1, T5, T8]) – Feststellungen zur (mangelnden) Deckung der im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen und zur Vereitelung oder Schmälerung der Befriedigung zumindest eines Gläubigers erforderlich gewesen wären, erklären die Rechtsmittel nicht (RISJustiz RS0116565) .

[7] Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) der Angeklagten N* O* darüber hinausgehend behauptet, deren Konto sei von A* O* mitgenutzt worden, sodass von einem Bereitstellen des Kontos keine Rede sein könne, und die Beschwerdeführerin hätte die Überweisungen auch nicht verhindern können, argumentiert sie abermals nicht auf Basis der Urteilsfeststellungen.

[8] Demnach erfolgten die Überweisungen von Konten des A* O* auf jenes der N* O* und wurde „die Lage“ zwischen den Angeklagten auch im Jänner 2023 – sohin vor den betreffenden Überweisungen – besprochen (US 4), sodass N* O* es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass A* O* Schuldner mehrerer Gläubiger war, er durch die Überweisungen auf ihr Konto Bestandteile seines Vermögens beiseite schafft und sie durch Bereitstellung ihres Kontos dazu beiträgt (US 6).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten A* O* und N* O* w aren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Ebenso w armit den im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufungen wegen des Ausspruchs über die Schuld (§ 283 Abs 1 StPO) zu verfahren (§§ 296 Abs 2, 294 Abs 4 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die verbleibenden Berufungen der Angeklagten A* O* und N* O* gegen den Ausspruch über die Strafe (§ 285i StPO).

[10]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

[11]Über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des belangten Verbands N* GmbH (ON 44 S 19 ff) betreffend das über diesen Verband – § 22 Abs 2 VbVG entsprechend – gesondert gefällte (ON 41 S 11), aber nicht getrennt ausgefertigte (ON 42; vgl aber RISJustiz RS0130765) Urteil wird zu 11 Os 88/25p entschieden (§ 24 VbVG).