11Os74/25d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Juli 2025 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der Kontr. Bodinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen * C* und andere Beschuldigte wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 29 St 56/25a der Staatsanwaltschaft Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten * L* gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 4. Juni 2025, AZ 21 Bs 169/25v (ON 173.3 der Ermittlungsakten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
* L* wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
[1] Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. Mai 2025, AZ 315 HR 74/25g (ON 120.2 der Ermittlungsakten), wurde die am 4. April 2025 verhängte (ON 18) Untersuchungshaft des * L* fortgesetzt.
[2] Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde dagegen nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft auf Basis eines als Verbrechen der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 Z 1, Abs 4 erster Fall StGB beurteilten dringenden Tatverdachts sowie aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1, 2 und 3 lit b StPO fort.
[3] Danach erachtete es L* in objektiver und subjektiver Hinsicht als dringend verdächtig, er habe in W* und B* Vermögensbestandteile in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert von insgesamt 592.935 Euro, die aus kriminellen Tätigkeiten, und zwar aus – im Beschluss näher beschriebenen (BS 7 ff, insb BS 12 f) – mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe oder nach den §§ 27 oder 30 SMG mit Strafe bedrohten Handlungen herrührten, mit dem Vorsatz, ihren illegalen Ursprung zu verheimlichen oder zu verschleiern, einem anderen übertragen, indem er aus diesen kriminellen Tätigkeiten stammendes Bargeld
A/ im Betrag von 67.100 Euro am 27. Jänner 2025 in M* von dem in Deutschland wegen Suchtgiftdelikten verfolgten * La* übernahm und in Österreich einem anderen übergab „bzw übergeben sollte“;
B/ in W* übernahm, nach B* verbrachte und dort einem anderen übergab, und zwar
(1/) in einem noch näher festzustellenden Zeitraum bis 2. April 2025 in wiederholten Angriffen insgesamt 500.000 Euro sowie
(2/) am 2. April 2025 25.835 Euro.
Rechtliche Beurteilung
[4] Dagegen richtet sich die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten L*, die die Annahmen eines dringenden Tatverdachts und zur Verdunkelungsgefahr bekämpft.
[5] Sie reklamiert, die Bejahung des dringenden Tatverdachts in Bezug auf den erweiterten bedingten Vorsatz (BS 15: bei der Übertragung an einen anderen), den illegalen Ursprung des Bargelds zu verschleiern oder zu verheimlichen, stehe im Widerspruch (§ 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO) zur Verneinung eines solchen Verdachts, dass es objektiv bereits (BS 15: durch den Transport von Bargeld über eine Grenze innerhalb der Europäischen Union) zu einer solchen Verschleierung oder Verheimlichung gekommen sei (BS 4 f, 15 f). Diese Argumentation übersieht von vornherein, dass die Bejahung eines auf einen bestimmten Umstand bezogenen Vorsatzes unter Aspekten der (Begründungs )Logik (vgl RIS Justiz RS0099548, RS0119089; Ratz , WK StPO § 281 Rz 438 f) keineswegs von der Annahme abhängt, dass dieser Umstand objektiv auch tatsächlich eintritt.
[6] Dem weiteren Einwand (Z 5 vierter Fall) zuwider ist die Begründung des dringenden Verdachts in Bezug auf diesen erweiterten Vorsatz (bei der Übertragung von Bargeld) auch nicht offenbar unzureichend. Denn das Beschwerdegericht leitete diese Annahme – nach Maßgabe der in ihrer Gesamtheit in den Blick zu nehmenden (vgl RIS Justiz RS0110146 [T24]) Entscheidungsgründe – aus Verfahrensergebnissen zur Übernahme, zur Verwahrung, zum grenzüberschreitenden Transport und zur Übergabe von Bargeld durch den Beschwerdeführer ab (vgl BS 4 ff, 9 f, 12 ff: unter anderem Übernahme von fünf und sechsstelligen Bargeldbeträgen in „Einkaufssackerln“ auf Supermarktparkplätzen in unterschiedlichen Staaten; Transport im Kofferraum über mehrere Staatsgrenzen; Lagerung von etwa 100.000 Euro in der eigenen Wohnung; dies alles gegen vierstellige Honorare für Auftraggeber, die ihm nach eigenen Angaben aus einer Messengerdienst Gruppe bekannt gewesen seien), ohne dabei gegen Gesetze der Logik oder grundlegende Erfahrungssätze zu verstoßen (vgl RIS Justiz RS0099413).
[7] Im Übrigen werden die Verdachtsannahmen des Beschwerdegerichts (dessen Beweisbeurteilungsermessen) zum erweiterten Vorsatz nach Art einer zusätzlichen Beschwerde im Sinn der §§ 87 ff StPO bekämpft. Damit werden die im Grundrechtsbeschwerdeverfahren zur Verfügung stehenden Überprüfungskategorien (Z 5, 5a – vgl RIS Justiz RS0110146) verfehlt, weshalb insoweit eine Erwiderung nicht möglich ist (vgl RIS Justiz RS0112012 [insb T3, T6, T8, T9]).
[8] Der rechtlichen Kritik (Z 9 lit a) zuwider hat das Beschwerdegericht dringenden Tatverdacht in Betreff des erweiterten Vorsatzes sehr wohl bejaht (BS 4 f, 16) und diesen seiner Subsumtion zugrunde gelegt. Ausgehend von dieser unveränderten (vgl RIS Justiz RS0099810 [insb T25]) Sachverhaltsgrundlage zeigt die Grundrechtsbeschwerde keinen Subsumtionsfehler auf.
[9] Die auch hier vorgebrachte Kritik an den zu diesen Sachverhaltsannahmen führenden Beweiserwägungen des Beschwerdegerichts ist unter diesem Aspekt unbeachtlich.
[10] Eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdeeinwand, die Wirksamkeit der Verdunkelungsgefahr (§ 173 Abs 2 Z 2 StPO) sei fallbezogen mit dem Ablauf des 4. Juni (statt Juli) 2025 begrenzt gewesen (§ 178 Abs 1 Z 1 StPO), kann auf sich beruhen, weil das Beschwerdegericht die Haftfortsetzung auf zwei weitere (unbekämpfte) Haftgründe stützte (vgl RIS Justiz RS0061196 [insb T2, T5, T6]).
[11] Der Beschuldigte L* wurde somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.