13Os48/25w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Artner in der Strafsache gegen * Ü* wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen sowie im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 4. Jänner 2025, GZ 43 Hv 75/24s 71.3, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * Ü* jeweils eines Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (A), des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (B), der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (F I) und des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 zweiter Strafsatz StGB (F II) sowie jeweils eines Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (C), der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (D) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (E) schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Unter einem wurde (aus Anlass der vom Schuldspruch A, B, D, E, F I und F II umfassten Taten) seine strafrechtliche Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB angeordnet.
[2] Soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung hat er danach
(A) am 23. Juli 2024 in W * mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz seiner Mutter G* durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe eine fremde bewegliche Sache abgenötigt, indem er sie zur Herausgabe von 10 Euro Bargeld aufforderte und ihr (nach ihrer anfänglichen Weigerung) mit den Worten „Du wirst mir das Geld geben“ einen „Nagelzwicker mit ausklappbarem Messer (Taschenmesser)“ vorwies, woraufhin sie ihm „[a]us Angst“ das Geld übergab (US 8).
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Der Sache nach aus Z 9 lit a vermisst die Beschwerde Feststellungen zu Bedeutungsgehalt (RIS-Justiz RS0092588) und Ernstlichkeit (RIS-Justiz RS0112523) der – vom Schöffengericht als (Raubmittel der) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) beurteilten – Äußerung.
[5] Indem sie ihre Argumentation nicht auf der Basis der Gesamtheit der tatrichterlichen Feststellungen entwickelt, wonach der Beschwerdeführer seiner Mutter – unter anderem (vgl die Konstatierungen zu [vom Schuldspruch D umfassten] sonstigen Drohungen und Aggressionshandlungen des Beschwerdeführers gegenüber demselben Opfer im Sommer 2024 [US 6 f, 9 f und 13]) – auf diese Weise „mit dem Tod“ drohen wollte (US 8), verfehlt sie die prozessförmige Darstellung des herangezogenen materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0099810).
[6] Richtig ist, dass das angefochtene Urteil weder eine Aussage zur Länge der Klinge noch dazu enthält, ob diese zur Tatzeit geöffnet war.
[7] Soweit die Beschwerde – solcherart gar nicht getroffene – Feststellungen als undeutlich (Z 5 erster Fall) und aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) bezeichnet, geht sie schon deshalb ins Leere.
[8] Im Übrigen hat das Schöffengericht zwar seine Konstatierungen (US 8) zum Schuldspruch A – im Übrigen willkürfrei – aus der vom Gericht als glaubhaft erachteten Zeugenaussage des Opfers abgeleitet (US 14 f). Das von der Beschwerde relevierte Aussagedetail, wonach der „Nagelzwicker nicht geöffnet“ gewesen sei, die Zeugin jedoch „gewusst“ habe, „dass sich darin ein Messer befindet“ (ON 41.2, 14), hat es dabei jedoch nicht – und demzufolge auch nicht aktenwidrig – referiert.
[9] Als Subsumtionsrüge (Z 10) wiederum versäumt das Vorbringen aus dem Gesetz abgeleitet darzulegen, weshalb es zur rechtlichen Annahme der Qualifikation nach § 143 Abs 1 zweiter Fall StGB („unter Verwendung einer Waffe“) solcher Feststellungen (zu Beschaffenheit und Zustand des Messers) bedurft haben sollte (siehe aber RIS Justiz RS0116565).
[10] Hinzugefügt sei, dass ein Gegenstand, wie ihn der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen zur Drohung verwendete (indem er ihn dem Opfer „vor[hielt]“), unabhängig von Länge und Position der Klinge eine Waffe im Sinn der angesprochenen Gesetzesstelle ist (RIS-Justiz RS0093928 [insbesondere T49 und T51]; näher zum angesprochenen Tatbestandsmerkmal Eder-Rieder in WK 2 StGB § 143 Rz 18 ff).
[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[12] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).
[13] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.