JudikaturOGH

4Ob168/24w – OGH Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
24. Juni 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Istjan, LL.M., Mag. Waldstätten, Dr. Stiefsohn und Mag. Böhm in der Rechtssache der klagenden Partei * GmbH, *, vertreten durch Dr. Reinhard Blaschon, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17–19, 1010 Wien, wegen 374.500 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Juni 2024, GZ 13 R 25/24b 21, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 29. Dezember 2023, GZ 54 Cg 64/23p 15, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Im Juli 2019 wurde über das Vermögen einer Gesellschaft, die in Österreich eine Ökostromanlage betrieb, ein Insolvenzverfahren eröffnet. Bei einer Versteigerung im Mai 2020 erhielt die * GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft der Klägerin, den Zuschlag, und erwarb (vereinfacht gesagt) die Betriebsliegenschaft samt einem Vertrag über die Abnahme und Vergütung von Ökostrom mit einer Restlaufzeit bis 2030. Mit Vertrag vom 25. 2. 2021 verpachtete die Tochtergesellschaft sodann der Klägerin die Betriebsliegenschaft und trat ihr zudem um ein einmaliges Entgelt von 5.350.000 EUR sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Ökostromliefervertrag ab. Die Klägerin nahm die Bezugsrechte als immaterielles Wirtschaftsgut in ihr Anlageverzeichnis auf; bei der Tochtergesellschaft waren diese als Umlaufvermögen verbucht worden. Betreiberin der Ökostromanlage war und ist die Klägerin, die Tochtergesellschaft wurde als Projektgesellschaft lediglich aus haftungsrechtlichen Gründen für den Erwerb aus der Insolvenzmasse zwischengeschaltet.

[2] Die Klägerin begehrte mit Antrag vom 6. 9. 2020 eine COVID-19-Investitionsprämie von 14 % von 5.350.000 EUR für „ materielle und/oder immaterielle aktivierungspflichtige Investitionen des abnutzbaren Anlagevermögens für einen befristeten Betrieb einer Ökostromanlage “, erhielt schlussendlich jedoch nur 7 %, sohin 374.500 EUR.

[3] Die Vorinstanzen wiesen eine Klage auf eine Investitionsförderung von weiteren 7 % übereinstimmend ab, weil der von der Klägerin getätigte Aufwand nicht den Kriterien für eine erhöhte Förderung entspreche. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil die Auslegung des InvPrG und der zugehörigen Förderrichtlinie von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung sei.

[4] Die – von der Beklagten beantwortete – Revision der Klägerin ist ungeachtet des, den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichts mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig und daher zurückzuweisen .

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Das Bundesgesetz über eine COVID 19 Investitionsprämie für Unternehmen ( InvestitionsprämienG – InvPrG) in der im Antragszeitpunkt anwendbaren Fassung ( BGBl I Nr 88/2020 ) sah ua folgendes vor:

§ 1 Gegenstand der Förderung, Abwicklung

(1) Gegenstand des Förderungsprogrammes des Bundes ist die Schaffung eines Anreizes für Unternehmen, in und nach der COVID 19 Krise in das Anlagevermögen zu investieren. Die Förderung wird in Form eines Zuschusses gewährt.

[…]

§ 2 COVID 19 Investitionsprämie

(1) Gefördert werden materielle und immaterielle aktivierungspflichtige Neuinvestitionen in das abnutzbare Anlagevermögen eines Unternehmens an österreichischen Standorten, für die zwischen dem 1. September 2020 und 28. Februar 2021 diese Förderung beantragt werden kann. Erste Maßnahmen im Zusammenhang mit der Investition müssen zwischen 1. August 2020 und 28. Februar 2021 gesetzt werden.

(2) Nicht förderungsfähig sind insbesondere klimaschädliche Investitionen, unbebaute Grundstücke, Finanzanlagen, Unternehmensübernahmen und aktivierte Eigenleistungen.

[…]

(5) Die Investitionsprämie beträgt 7 % der Neuinvestitionen gemäß Abs 1. Bei Neuinvestitionen in den Bereichen Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit/Life Science beträgt die Investitionsprämie 14 %.

[6] Die gemäß § 3 InvPrG erlassene Förderungsrichtlinie der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort regelte:

5.2 Förderungsgegenstand

Gegenstand der Förderung ist die teilweise Bezuschussung von materiellen und immateriellen aktivierungspflichtigen Neuinvestitionen in das abnutzbare Anlagevermögen.

5.3 Förderungsfähige Investitionen

5.3.1 Neuinvestitionen

Förderungsfähig sind Neuinvestitionen in das abnutzbare Anlagevermögen an österreichischen Betriebsstätten eines Unternehmens, für die zwischen dem 1. September 2020 und 28. Februar 2021 die COVID-19-lnvestitionsprämie beantragt wurde. Neuinvestitionen sind aktivierungspflichtige Investitionen in materielle und immaterielle Vermögensgegenstände des abnutzbaren Anlagevermögens, die im Unternehmen bzw im Konzern bisher im Anlagevermögen bzw Anlagenverzeichnis noch nicht aktiviert waren.

[…]

5.6 Förderungshöhe

Der Zuschuss beläuft sich auf 7 % der Anschaffungskosten (gemäß § 203 Abs 2 UGB bzw § 6 Z 1 EStG) der förderungsfähigen Investitionen. Bei förderungsfähigen Investitionen gemäß Anhang 1 bis 3 erhöht sich der Zuschuss für diese Teile der Investitionen auf 14 %. […]

Anhang 1

20. Ökostromanlagen

a. „Ökostromanlagen“ gemäß § 5 (1) Z 23 des Bundesgesetzes über die Förderung der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern (Ökostromgesetz 2012 – ÖSG 2012) die ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern Ökostrom erzeugen und als solche anerkannt sind oder von der Ökostromabwicklungsstelle in das Ökostromanlagenregister gemäß § 37 Abs 5 aufgenommen wurden. [...]

[7] § 5 Abs 1 Z 23 ÖkostromG definiert(e) eine „Ökostromanlage“ wie folgt:

[…] eine Anlage, die ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern Ökostrom erzeugt und als solche anerkannt ist oder von der Ökostromabwicklungsstelle in das Ökostromanlagenregister gemäß § 37 Abs 5 aufgenommen wurde.

[8] 2. Der Oberste Gerichtshof hielt in seiner Entscheidung zu 10 Ob 52/24f (vgl auch RS0117563 [T6], RS0049862 ) bereits fest, dass die Förderrichtlinien für eine COVID 19 Investitionsprämie nach dem InvPrG wie rechtsgeschäftliche Erklärungen gemäß §§ 914 f ABGB auszulegen sind (zur fehlenden Verordnungsqualität s auch VfGH V 118/2024 ), und die Frage der Förderbarkeit im Einzellfall idR keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet.

[9] 3. Die Vorinstanzen verneinten einen Anspruch aus der Förderzusage wegen der Unbestimmtheit des klägerischen Antrags und legten zudem die zitierten Bestimmungen dahin aus, dass eine erhöhte Förderung von 14 % zwar auch bei immateriellen Investitionen zustehen könne. In concreto erfordere der Verweis auf Z 20 des Anhangs 1 zur Förderrichtlinie und auf § 5 Abs 1 Z 23 ÖkostromG jedoch eine Sachinvestition in eine Ökostromanlage im Sinne einer „materiellen Anlage“, während die Klägerin bloß Rechte aus einem Stromliefervertrag erworben habe. Das Berufungsgericht verwies schließlich auch auf die Gesetzesmaterialien zum (nach §§ 6, 7 ABGB auszulegenden) InvPrG ( ErlRV 288 BlgNR XXVII GP) und leitete daraus ab, dass der Erwerb von bestehenden Bezugsrechten nicht dem gesetzgeberischen Ziel diene, die „Transformation der Wirtschaft in Richtung Ökologisierung“ zu fördern.

[10] 4. Die Revision der Klägerin kann dem nichts Stichhaltiges entgegensetzen, indem sie erneut damit argumentiert, dass sie eine immaterielle Investition im Bereich Ökologisierung iSd § 2 Abs 1 und 5 InvPrG getätigt habe.

[11] Wie sich aus dem Klagsvorbringen ergab, setzte die Klägerin ihre Tochtergesellschaft ein, um im Mai 2020 haftungsminimierend ua den hier strittigen Stromliefervertrag mit einem „lukrativen Abnahmetarif für die verbleibende Vertragslaufzeit“ aus einer Insolvenz zu erwerben. Es begründet keine aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn die Vorinstanzen dessen entgeltliche Abtretung nicht als – mit dem doppelten Tarif besonders förderungswürdige – „Neuinvestition in Anlagevermögen an österreichischen Standorten“ verstanden, die der Ökologisierung diente, insbesondere nicht als Investition gemäß Anhang 1 Z 20 für bzw in eine „Ökostromanlage“ iSd § 5 (1) Z 23 ÖkostromG – die ja weiterhin im Eigentum der Tochtergesellschaft steht und gesondert verpachtet wird. Auch wenn man insofern im Sinne der Klägerin materielles und immaterielles Anlagevermögen gleichstellt, kann sie nicht darlegen, inwiefern es sich entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts bei der bloßen Übernahme des Stromliefervertrags von der Tochtergesellschaft um eine (immaterielle) Neuinvestition handelte, die der Ökostromanlage oder sonst der Ökologisierung zugute gekommen wäre.

[12] Die Revision ist daher mangels Aufzeigens einer im Einzellfall unvertretbaren Auslegung oder sonstigen erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

[13] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Wurde – wie hier – die Unzulässigkeit der Revision in der Revisionsbeantwortung nicht geltend gemacht, so gebühren dem Revisionsgegner bei Verwerfung der Revision keine Kosten (RS0035962, RS0035979).