4Ob111/77 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien J* und A* A*, Schlossermeistersehegatten in *, vertreten durch Dr. Kurt Asamer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Jo*, Buchhalter in *, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 66.769,-- samt Anhang infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 6. Juni 1977, GZ. 31 Cg 25/77 14, womit das Urteil des Arbeitsgerichtes Salzburg vom 4. Februar 1977, GZ. Cr 610/76 7, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Mit der vorliegenden Widerklage (Hauptprozeß: Cr 175/76 des Arbeitsgerichtes Salzburg) verlangen die Kläger vom Beklagten die Zahlung von S 66.769,-- samt Anhang. Der Beklagte habe während seiner Tätigkeit als Buchhalter der Kläger in den Jahren 1971 bis 1975 insgesamt S 41.25 3, -- an zunächst einbehaltener Lohnsteuer widerrechtlich wieder an sich selbst ausgezahlt. Er habe ferner im J ahr 1972 ein Diäten- und Reisekostenpauschale von monatlich S 1.500,--, 14 x jährlich, welches Bestandteil seines Gehalts und daher l ohnsteuerpflichtig gewesen sei, zu Unrecht als nicht lohnsteuerpflichtig behandelt und dadurch eine Lohnsteuernachforderung von S 16.584,-- verursacht. Schließlich habe der Beklagte während der Jahre 197 3, 1974 und 1975 die Lohnsteuer von seinem Gehalt unrichtig berechnet, so daß die Kläger in der Folge vom Finanzamt mit einer weiteren Nachforderung von S 8.9 3 2,-- belastet worden seien. Der Beklagte habe den Klägern für diese Beträge, welche sie im Herbst 1976 auf Grund einer Betriebsprüfung an das Finanzamt * abgeführt hätten, Ersatz zu leisten.
Der Beklagte hat dieses Vorbringen bestritten und mangelnde Konkretisierung der Klagebehauptungen eingewendet. Es entspreche nicht den Tatsachen, daß er sich eine zunächst einbehaltene Lohnsteuer im Betrag von S 41.253,-- wieder ausgezahlt habe. Richtig sei nur, daß er bestimmte Beträge als Lohnsteuerrückvergütung, wie Jahresausgleich, Kraftfahrzeugpauschale udgl., ausgezahlt erhalten habe; da dem Lohnsteuerprüfer die entsprechenden Unterlagen offenbar nicht vorgelegt worden seien, hätten sich die Kläger die Nachforderungen des Finanzamtes selbst zuzuschreiben. Das steuerfreie Kilometergeld von j ährlich S 21.000,-- sei vom Finanzamt * auf Grund eines vom Erstkläger selbst unterfertigten Antrages mit Bescheid vom 18. März 1971 ausdrücklich anerkannt worden; davon abgesehen, seien diese Beträge dem Beklagten – welcher sie im übrigen im Vertrauen auf die Richtigkeit der Abrechnung längst gutgläubig verbraucht habe – netto zugesichert worden. Unrichtig sei schließlich auch die Behauptung, daß der Beklagte in den Jahren 1973 bis 1975 die Lohnsteuer falsch berechnet habe.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 4. Februar 1977 (ON. 6 S. 21 ff.) wendete der Beklagte die zu Cr 175/76 des Arbeitsgerichtes Salzburg gegen die Kläger erhobenen Gehaltsansprüche bis zur Höhe des Klagebegehrens zur Aufrechnung ein. Außerdem wendete er „compensando“ ein, daß die Kläger „verpflichtet gewesen wären, dem Beklagten Gelegenheit zu geben, im Zuge der Steuerüberprüfung zu den Prüfungsergebnissen Stellung zu nehmen“; da sie ihn jedoch nicht einmal verständigt hätten, müßten sie alle Einwendungen, die der Beklagte gegenüber dem Finanzamt gehabt hätte, jetzt auch gegen sich gelten lassen.
Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung des eingeklagten Betrages, ohne über die zur Aufrechnung eingewendeten Gegenforderungen spruchmäßig zu entscheiden. Seinem Urteil liegen folgende Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:
Der Beklagte war bis Ende 1972 bei der Einzelfirma J* A* und daran anschließend in den Jahren 1973 bis 1975 bei der J* A* OHG – deren Gesellschafter die beiden Kläger sind – als Buchhalter beschäftigt. Er war in dieser Funktion auch für die Berechnung und Erledigung der Lohnsteuerangelegenheiten der Dienstnehmer, also auch seiner eigenen, verantwortlich.
Im September 1976 führte das Finanzamt * sowohl bei der bis Ende 1972 bestandenen Einzelfirma J* A* als auch bei der ab 1973 bestehenden J* A* OHG eine routinemäßige Lohnsteuerprüfung durch, welche sich auf die Jahre 1972 bis 1975 erstreckte, dabei aber auch Auszahlungen des Jahres 1971 erfaßte, soweit diese erst im Prüfungszeitraum mit dem Finanzamt verrechnet worden waren. Grundlage der Prüfung waren Buchhaltung, Lohnlisten und Lohnkonten. Auf Grund dieser Prüfung ergaben sich (ua) Differenzen zwischen der ordnungsgemäß abzuführenden und der tatsächlich abgeführten Lohnsteuer des Beklagten. Die aufgedeckten Fehlbeträge gliederten sich dabei folgendermaßen auf:
a) Für den Zeitraum 1971/72 ergaben sich zu Unrecht rückverrechnete Lohnsteuerbeträge von zusammen S 25.291,-- (Beilage B in Verbindung mit Beilagen C , D, E, F, G, H und I), für die Jahre 1973 bis 1975 ein weiterer Betrag von insgesamt S 15.962,-- (Beilage J in Verbindung mit Beilagen K, L, M und N). Alle diese Beträge waren vom Beklagten der Kasse der Kläger entnommen worden, wobei er die Entnahme auf den jeweiligen Kassazetteln durch seine Unterschrift bestätigt hatte. Die Anträge auf Durchführung eines Jahresausgleiches für die Jahre 1972 und 1973 waren nicht aufzufinden.
b) Der Beklagte hatte im Jahr 1972 ein Fahrtkosten-Pauschale von monatlich S 1.500,--, 14 x im Jahr, bezogen. Da hiefür keine Belege vorhanden, die betreffenden Beträge daher lohnsteuerpflichtig waren, ergab sich daraus eine Nachforderung von S 16.584,-- an nicht berechneter und nicht abgeführter Lohnsteuer (Beilage O ).
c) Da der Beklagte überdies während der Jahre 197 3 bis 1975 die Lohnsteuer von seinem Gehalt unrichtig berechnet hatte, forderte das Finanzamt aus diesem Grunde eine weitere Nachzahlung von S 8.9 3 2,-- (Beilage J).
Die angeführten Beträge wurden im Zuge eines Finanzverfahrens festgestellt und der Firma J* A* bzw. der J* A* OHG mit den Bescheiden vom 29. Oktober 1976 (Beilage S) und vom 2. November 1976 (Beilage R) zur Zahlung vorgeschrieben. Spätestens am 15. Dezember 1976 wurden die eingeklagten Beträge von den Klägern auf Grund dieser rechtskräftig gewordenen Bescheide an das Finanzamt gezahlt.
Im Verfahren Cr 175/76 des Arbeitsgerichtes Salzburg macht der Beklagte (dort als Kläger) gegenüber den Klägern (dort Beklagten) Lohn- und Schadenersatzforderungen aus seinem Dienstverhältnis geltend.
Rechtlich bejahte das Erstgericht die Befugnis der Kläger, die von ihnen an das Finanzamt geleisteten Lohnsteuernachzahlungen, für deren Einbehaltung und Abfuhr sie gemäß § 82 Abs. 1 EStG 1972 gehaftet hätten, gemäß § 1358 ABGB vom Beklagten zurückzufordern. Da das Fahrkostenpauschale von monatlich S 1.500,-- Bestandteil des Einkommens des Beklagten gewesen sei und es sich daher bei der Teilforderung der Kläger von S 16.584,-- um einen auf sie übergegangenen Anspruch auf Nachzahlung zu wenig entrichteter Steuer handle, komme ein gutgläubiger Verbrauch dieses Betrages, wie ihn der Beklagte geltend gemacht habe, überhaupt nicht in Betracht. An die rechtskräftigen Bescheide des Finanzamtes * sei das Arbeitsgericht gebunden, obgleich der Beklagte dem Steuerverfahren nicht beigezogen worden war. Sein Einwand, daß es dann, wenn ihm die Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und alle Unterlagen vorgelegt hätten, niemals zu solchen Steuernachforderungen gekommen wäre, wie er sie jetzt ersetzen solle, gehe daher ins Leere. Der Beklagte könne im vorliege nde n Rechtsstreit auch nicht mit Lohn- und Schadenersatzforderungen des Hauptprozesses aufrechnen, weil seine Schuld ungeachtet dessen, daß sie vorerst von den Klägern beglichen wurde, immer eine Steuerschuld bleibe und es daher an der erforderlichen Gegenseitigkeit fehle. Im übrigen wäre es auch unbillig, die Kläger auf die Zahlung des von ihnen ausgelegten Betrages bis zum Abschluß des Hauptverfahrens warten zu lassen.
Infolge Berufung des Beklagten hob das Berufungsgericht das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht zurück. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß der Beklagte mit seinen Lohn- und Schadenersatzansprüchen aus dem Hauptprozeß im vorliegenden Verfahren mangels Gegenseitigkeit nicht aufrechnen könne, sei verfehlt, weil Gläubiger des nunmehr eingeklagten Regressanspruches nicht etwa die Republik Österreich, sondern die Kläger seien, auf welche die F orderung des Finanzamtes durch Einlösung nach § 1 3 5 8ABGB übergegangen sei. Auf die Billigkeit oder Unbilligkeit einer solchen Aufrechnung komme es nicht an, weil § 391 ZPO das Erfordernis der „Richtigkeit“ (Liquidität) einer aufrechnungsweise geltend gemachten Gegenforderung beseitigt habe. Da im konkreten Fall Forderungen und Gegenforderungen aus demselben Arbeitsvertrag resultierten und daher im rechtlichen Zusammenhang stünden (§ 3 91 Abs. 3ZPO), habe das Urteil des Erstgerichtes auch nicht als Teilurteil bestätigt werden können; das Erstgericht werde vielmehr im fortgesetzten Verfahren über die Gegenforderungen des Beklagten zu entscheiden und dabei zweckmäßigerweise den gegenständlichen Rechtsstreit mit dem Hauptprozeß zu verbinden haben.
Das Verfahren des Erstgerichtes sei aber auch insoweit mangelhaft geblieben, als nicht geprüft worden sei, ob die Kläger nicht etwa dadurch ihre Fürsorgepflicht (§ 1157 ABGB) verletzt hätten, daß sie es unterlassen hätten, dem Betriebsprüfer des Finanzamtes im September 1976 alle erforderlichen Unterlagen (Anträge auf Jahresausgleich und Kraftfahrzeugpauschale) vorzulegen und darüber hinaus auch die beiden Bescheide des Finanzamtes * vom 29. Oktober und vom 2. November 1976 mit Berufung anzufechten. Das Erstgericht habe zwar zutreffend erkannt, daß die Gerichte grundsätzlich an rechtskräftige Verwaltungsbescheide gebunden seien; sollten aber die Kläger dem Zeugen M* tatsächlich nicht alle für die Prüfung notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt haben, obgleich bei deren Vorhandensein ein für den Beklagten günstigeres Prüfungsergebnis eingetreten wäre, dann hätten sie damit ihre Fürsorgepflicht als Arbeitgeber ebenso verletzt wie durch die Nichtanfechtung der beiden Haftungsbeschei d e, wenn ein solches Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Das Erstgericht werde daher unter Beiziehung eines Sachverständigen prüfen müssen, ob und in welchem Ausmaß die Vorlage der vom Beklagten reklamierten Prüfungsunterlagen ein für ihn günstigeres Prüfungsergebnis gebracht oder ein Rechtsmittel gegen die beiden Bescheide mit Aussicht auf Erfolg hätte erhoben werden können.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Kläger mit dem Antrag, die angefo ch tene Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgeri c ht eine Sachentscheidung im Sinne der Bestätigung des Ersturteiles aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Wie die Untergerichte zutreffend erkannt haben, tritt der Arbeitgeber, dessen Haftung für zu wenig ei nbe haltene Lohnsteuer vom Finanzamt auf Grund des § 82 EStG 1972 in Anspruch genommen wird, in die Rechte des ursprünglichen Gläubigers – der Republik Österreich – ein; er ist befugt, vom Arbeitnehmer als Steuerschuldner gemäß § 1 358 ABGB den Ersatz der gezahlten Schuld zu fordern. Da dieser Anspruch seine rechtliche Qualifikation als Forderung auf Nachzahlung zu wenig entrichteter Lohnsteuer behält, kommen die im Anschluß an das Judikat 33 neu entwickelten Rechtsgedanken über die Rückforderung gutgläubig empfangenen und verbrauchten Arbeitsentgeltes hier nicht zum Tragen (Art. 729 3 ; Arb 9098 = JBl 197 3 , 482). Damit stellt sich aber zunächst die – bisher weder von den Parteien noch von den Untergerichte aufgeworfene – Frage nach der Berechtigung der Kläger zur Geltendmachung des vorliegenden Rückersatzanspruches:
Unbestritten steht fest, daß de r Beklagte bis Ende 1972 bei de r Einzelfirma J* A* beschäftigt und daran anschließend in den Jahren 197 3 bis 1975 Angestellter der J* A* OHG war; dem Bund gegenüber gemäß § 82 Abs. 1 Satz 2 EStG 1972 als Arbeitgeber haftbar war daher für die bis einschließlich 1972 vom Gehalt des Beklagten einzubehaltenden und abzuführenden Lohnsteuerbeträge der Erstkläger J* A*, für die später aufgelaufenen Lohnsteuerrückstände aber die J* A* OHG. Während folgerichtig der über den Prüfungszeitraum 1. Jänner 1971 bis 31. Dezember 1972 ergangene Haftungsbescheid des Finanzamtes * vom 29. Oktober 1976 (Beilage S) auch tatsächlich an J* A* ergangen ist, der die folgenden drei Jahre betreffende Bescheid vom 2. November 1976 (Beilage R) aber an die J* A* OHG, wurden sämtliche Beträge, deren Rückersatz jetzt vom Beklagten verlangt wird, nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Erstgerichtes „ von den klagenden Parteien J* und A* A*“ bezahlt (S. 39). Da diese jedoch als Gesellschafter der J* A* OHG gemäß § 128 HGB dem Finanzamt für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft – einschließlich der gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB auf die offene Handelsgesellschaft übergegangenen Verbindlichkeiten der früheren Einzelfirma J* A* –einstehen müssen, haben sie mit ihrer Zahlung an das Finanzamt * eine fremde Schuld beglichen, für die sie auch persönlich haftbar waren; sie sind durch diese Zahlung gemäß § 1358 Satz 1 ABGB in die Rechte des Gläubigers (Republik Österreich) eingetreten und daher befugt, vom Beklagten den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern.
Mit Recht hat das Berufungsgericht aber auch Feststellungen darüber für notwendig gehalten, ob und wie weit die Vorlage weiterer Prüfungsunterlagen sowie allenfalls auch die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die beiden Haftungsbescheide tatsächlich ein für den Beklagten günstigeres Prüfungsergebnis erbracht hätte: Gemäß § 82 Abs. 1 EStG 1972 ist zwar beim Lohnsteuerabzug der Arbeitnehmer Steuerschuldner; der Arbeitgeber haftet aber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Gemäß § 7 Abs. 1 BAO werden Personen, die nach den Abgabevorschriften für eine Abgabe haften, durch die Geltendmachung dieser Haftung zu Gesamtschuldnern. Aus einer Schuldnergemeinschaft folgt aber, daß jeder Mitschuldner die Interessen der Gemeinschaft zu wahren hat und eine Verletzung dieser Interessen seinen Ausgleichs- bzw. Regressanspruch auf die ganze Schuld mindern oder ganz vernichten kann. Der aus einer solchen Verletzung der Gemeinschaftsinteressen entstandene Schaden kann gegen den Rückgriffsanspruch aufgerechnet werden (SZ 37/109; Gschnitzer in Klang² IV/ 1 , 314). Der Arbeitgeber, gegen den die Haftung für nicht einbehaltene Lohnsteuer geltend gemacht worden ist, kann daher mit seinem Rückgriffsanspruch gegen den Arbeitnehmer als Steuerschuldner nur durchdringen, wenn und soweit er die Interessen des mithaftenden Arbeitnehmers im Steuerprüfungsverfahren entsprechend gewahrt hat. Da der Arbeitnehmer von der Einleitung des Steuerverfahrens – an dem er nicht beteiligt ist –nicht verständigt wird, ist er auf die Wahrung seiner Interessen durch den Arbeitgber angewiesen, an welchen allein ja auch der Haftungsbescheid ergeht. Dem Arbeitnehmer steht gegen diesen Bescheid kein selbständiges Berufungsrecht zu; er kann allerdings gemäß § 257 Abs. 1 BAO einer vom Arbeitgeber erhobenen Berufung beitreten, solange darüber noch nicht entschieden ist. Hingegen kann der Arbeitgeber, der sich mit einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung zu wehren sucht, gegen den Abgabenanspruch zugleich auch jene Rechte geltend machen, die dem Arbeitnehmer als dem Abgabepflichtigen zustehen (§ 248 BAO). Unterläßt er dies, dann kann der Arbeitnehmer – welcher gegen die Finanzbehörde selbständig nicht auftreten kann – dem Regressanspruch des Arbeitgebers die Verletzung der Gemeinschaftsinteressen entgegenhalten (so bereits Arb 8761 = EvBl 1970/ 3 76).
Entgegen der von ihnen auch noch in dritter Instanz vertretenen Rechtsauffassung waren daher die Kläger schon auf Grund der zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer gemäß § 82 Abs. 1 EStG 1972 bestehenden Schuldnergemeinschaft verpflichtet, im Zuge des Lohnsteuerprüfungsverfahrens auch die Interessen des Beklagten entsprechend zu wahren, dem Lohnsteuerprüfer also nicht nur alle in ihren Händen befindlichen, den Beklagten betreffenden Unterlagen auszufolgen, sondern ihm auch – erforderlichenfalls un ter Zuziehung des Beklagten – alle sonstigen für das Prüfungsverfahren wesentlichen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß mitzuteilen und gegebenenfalls auch einen nicht der Sach- und Rechtslage entsprechenden Haftungsbescheid mit Berufung anzufechten. Der Beklagte hat im Verfahren vor den Unterinstanzen ausdrücklich behauptet und unter Beweis gestellt, daß die Kläger dieser Verpflichtung nicht nachgekommen seien und es insbesondere unterlassen hätten, alle in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen – insbesondere die Jahresausgleichsanträge des Beklagten für 1972 und 1973 sowie die zur Rechtfertigung des mehrfach erwähnten Reisekostenpauschales unentbehrlichen Fahrtenbücher – dem Lohn s teuerprüfer auch tatsächlich vorzulegen; nur dadurch sei es überhaupt zur Nachforderung jener Beträge durch das Finanzamt gekommen, welche die Kläger jetzt ersetzt verlangten. Da sich das Erstgericht – von seiner unrichtigen Rechtsansicht über die mangelnde Relevanz eines solchen Vorbringens ausgehend –mit dieser Frage überhaupt nicht befaßt und dazu auch keine Feststellung getroffen hat, war eine Aufhebung seines Urteils schon aus diesem Grund nicht zu vermeiden. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht zunächst gemäß § 182 ZPO auf eine Ergänzung und Konkretisierung der erwähnten – zum Teil recht allgemein gehaltenen – Behauptungen und Beweisanbote des Beklagten hinzuwirken und sodann nach Aufnahme der ihm notwendig scheinenden Beweise die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Auf dieser Grundlage wird dann zu beurteilen sein, ob den Klägern tatsächlich eine Verletzung ihrer Pflicht zur Wahrung der Gemeinschaftsinteressen zur Last fällt, welche ihren Rückersatzanspruch gegen den Beklagten im Sinne der obigen Rechtsausführungen ganz oder teilweise ausschließen könnte.
Die Rechtsmittelausführungen der Kläger können diese Rechtsauff assung nicht widerlegen: Da sich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers im Lohnsteuerprüfungsverfahren nicht aus § 1157 ABGB, sondern, wie oben dargetan, schon aus der zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages gemäß § 82 Abs. 1 EStG 1972 der Finanzbehörde gegenüber bestehenden Schuldnergemeinschaft ableitet, ist auf den Umfang der Fürsorgepflicht der Kläger sowie deren allfällige Verwirkung durch den Beklagten nicht weiter einzugehen. Es trifft auch nicht zu, daß der Beklagte den Klägern ausschließlich die Nichtvorlage seiner Jahresausgleichsanträge für 1972 und 1973 und seiner Fahrtenbücher sowie die Unterlassung eines Rechtsmittels gegen die beiden Haft un gsbescheide angelastet, die übrigen Zahlungen der Kläger an die Steuerbehörde aber nicht beanstandet hätte; der Beklagte hat vielmehr sowohl in erster Instanz (siehe insbesondere ON. 6 S. 33) als auch in seiner Berufung ON. 8 die Nachforderungen des Finanzamtes mehrfach als zur Gänze ungerechtfertigt bezeichnet und auf die mangelhafte Wahrung seiner Interessen durch die Kläger – für welche er die Nichtvorlage der Jahreausgleichsanträge und der Fahrtenbücher lediglich als Beispiel nannte –zurückgeführt. Die Kläger sind hier nur insoweit im Recht, als das Gericht sicherlich keine Erkundungsbeweise aufzunehmen hat und es daher allein Sache des Beklagten sein wird, unter entsprechender Anleitung durch das Erstgericht (§ 182 ZPO) konkret zu behaupten und zu beweisen, in welchem Ausmaß die Vorlage der von ihm angeführten weiteren Unterlagen – sofern sich diese in den Händen der Kläger befunden haben – sowie überhaupt seine Beiziehung zum Lohnsteuerprüfungsverfahren und eine allfällige Anfechtung der beiden Haftungsbescheide zu einem für ihn günstigeren Prüfungsergebnis und damit zu einer geringeren Steuernachforderung des Finanzamtes geführt hätte.
Was schließlich die vom Beklagten zur Aufrechnung eingewendete Gegenforderung aus dem Hauptprozeß zu Cr 175/76 des Arbeitsgerichtes Salzburg anlangt, so ist den insoweit durchaus zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses über die Aufrechnungsvoraussetzungen der Gegenseitigkeit und der „Richtigkeit“ dieser Forderungen nichts hinzuzufügen; auch die Kläger sind in ihrem Rekurs auf diese Frage nicht mehr zurückgekommen. Ob aber die Fällung eines Teilurteils im Sinne des § 391 Abs. 3 ZPO wegen rechtlichen Zusammenhanges zwischen dem Klageanspruch und der Gegenforderung im konkreten Fall ausgeschlossen ist oder nicht, ist angesichts der fehlenden Spruchreife der Klageforderung beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens noch nicht zu prüfen.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO sowie auf der Erwägung, daß das Rechtsmittel der Kläger immerhin in mehrfacher Hinsicht zur Klarstellung der Rechtslage beigetragen hat.