JudikaturJustiz9Os22/79

9Os22/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. April 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. April 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Santa als Schriftführerin in der Strafsache gegen Viktor A wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. November 1978, GZ 3 b Vr 5247/78-37, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Verlesung der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft und Anhörung der Ausführungen der Verteidigerin Dr. B sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. Juni 1935 geborene, zuletzt beschäftigungslose Viktor A des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB

und des Vergehens des Diebstahls nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Urteilsspruchs hat er in Wien I. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte von Bankinstituten durch Bekanntgabe des für die Sparbücher der Hermine C bestehenden Losungsworts 'Burgenland' und Vorspiegelung der Berechtigung, von diesen Sparbüchern Geld abheben zu dürfen, sohin durch Täuschung über Tatsachen zur Auszahlung von Beträgen verleitet, welche Handlungen Hermine C an ihrem Vermögen schädigten, und zwar 1.) am 28. März 1978 mit dem abgesondert verfolgten Leopold Heinz D als Mittäter Angestellte der Ersten Österreichischen Spar-Casse zur Auszahlung von 100.000 S;

2.) am 23. März 1978 mit einem Unbekannten als Mittäter Angestellte der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien zur Auszahlung von 50.000 S;

II. fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert anderen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, nämlich 1.) am 23. März 1978 der Hermine

C 6.000 S Bargeld;

2.) am 29. Mai 1978 der Elisabeth E 8.000 S Bargeld sowie ein zweireihiges goldenes Armband, ein goldenes Armband mit Schließe, eine goldene Halskette mit Kreuz, eine goldene Uhr, einen goldenen Ring mit sieben Brillanten, einen goldenen Ring mit einem Brillanten, einen vierfachen Dukaten, drei Golddukaten, einen eingefaßten verzierten Golddukaten und mehrere alte Münzen im Gesamtwert von mindestens 12.000 S.

Mit seiner auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte die Schuldsprüche wegen Verbrechens des Betrugs (Punkte I/1 und 2 des Urteilssatzes) und wegen Vergehens des Diebstahls zum Nachteil der Hermine C (Punkt II/1 des Urteilssatzes); den Schuldspruch wegen Diebstahls zum Nachteil der Elisabeth E (Punkt II/2 des Urteilssatzes) läßt er unangefochten.

Als Begründungsmangel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer, der Ausspruch des Erstgerichtes, der Angeklagte habe sich am Tag des Diebstahls an Hermine C (Punkt II/1 des Urteilssatzes) in Begleitung der Genannten befunden, sei aktenwidrig und nur unzureichend begründet, weil die Zeugin Emma F weder vor dem Untersuchungsrichter noch in der Hauptverhandlung angegeben habe, am 23. März 1978

mit ihrer Schwester (Hermine C) bei der Bank gewesen zu sein; außerdem habe Emma F bei der Gegenüberstellung einen anderen Mann als den von ihr vom Fenster aus gesehenen Begleiter ihrer Schwester identifiziert, nachdem sie ursprünglich den Angeklagten auf Grund seiner Brille zu erkennen vermeint habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge versagt.

Aktenwidrig sind die Entscheidungsgründe dann, wenn sie den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergeben (EvBl. 1972/17 u.a.). Eine Aktenwidrigkeit solcher Art vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, zumal seinem Vorbringen zuwider die Zeugin Emma F in der Hauptverhandlung auch bekundet hat, mit ihrer Schwester zur Sparkasse Geld abheben gegangen zu sein (S. 324 d.A.).

Im übrigen setzt sich das Erstgericht in den Gründen des angefochtenen Urteils ohnehin eingehend mit dem Identifizierungsvorgang auseinander und weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, daß der von Emma F beobachtete Mann alles unternommen hat, um mit der Zeugin nicht ins Gespräch zu kommen, wobei er sogar versucht hat, sich vor ihr zu verbergen. Da jedoch der Zeuge Heinz Leopold D ebenfalls den Angeklagten als jenen Mann identifiziert hat, welcher ihm am 28. März 1978 - fünf Tage nach der Wegnahme der Sparbücher (S. 336 d.A.) - ein Sparbuch der Hermine C mit dem Ersuchen übergeben hatte, für ihn bei der Ersten Österreichischen Spar-Casse 100.000 S zu beheben, konnte das Erstgericht ohne Denkfehler und mit zureichendem Grund als erwiesen annehmen, daß es sich bei dem von Emma F vom Fenster aus beobachteten Begleiter ihrer Schwester tatsächlich um den - auch von Hermine C als Täter bezeichneten - Angeklagten Viktor A gehandelt hat (S. 339-341 d.A.).

Für nichtig im Sinne des § 281 Abs 1 Z 10 StPO erachtet der Beschwerdeführer den Schuldspruch wegen Mittäterschaft beim Verbrechen des Betrugs (Punkte I/1 und 2 des Urteilssatzes) deshalb, weil der Angeklagte an der Tatausführung durch Täuschung der Bankangestellten und Herbeiführung des Irrtums bei den Getäuschten selbst nicht mitgewirkt habe.

Auch die Rechtsrüge erweist sich als nicht zielführend. Zwar ist dem Angeklagten darin beizupflichten, daß bei Tatbegehung durch eine Personenmehrheit nur demjenigen die Stellung eines unmittelbaren Täters zukommt, der sich in der Ausführungsphase an der Tat beteiligt (ÖJZ-LSK 1977/ 17). Auch Mittäter sind unmittelbare Täter und müssen daher Ausführungshandlungen setzen (ÖJZ-LSK. 1978/180), doch muß nicht jeder Mittäter das gesamte Tatbild verwirklichen (ÖJZ-LSK. 1977/17). Die strafbare Handlung begeht aber nicht nur der unmittelbare Täter, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, sie auszuführen, oder der sonst zu ihrer Ausführung beiträgt (§ 12 StGB), wobei Bestimmungstäter im Sinne der zweiten Alternative des § 12

StGB auch ist, wer sich zur Tatbegehung eines schuldlosen oder nur

fahrlässig handelnden Werkzeugs bedient (ÖJZ-LSK. 1978/89 und 124).

Des Betrugs nach § 146 StGB macht sich schuldig, wer mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, jemanden durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt. Die Ausführungsphase beim Betrug erstreckt sich somit auf die Täuschung über Tatsachen und die Herbeiführung des Irrtums beim Getäuschten, denen zufolge der Getäuschte die ihm oder einem anderen drohende Vermögensschädigung nicht erkennen soll.

Den Urteilsfeststellungen zufolge hat der Angeklagte mit der Möglichkeit gerechnet, daß die Wegnahme der Sparbücher bereits entdeckt worden war, weshalb er sich, um einer allfälligen Festnahme zu entgehen, zur Täuschung der Bankangestellten anderer Personen bediente, die er über die Herkunft der Sparbücher im Unklaren ließ (S. 335-336 und 338 d.A.).

Entgegen der vom Erstgericht vertretenen Rechtsauffassung ist der Angeklagte daher nicht als unmittelbarer Täter (Mittäter), sondern als Bestimmungstäter im Sinne der 2. Alternative des § 12 StGB zu beurteilen, in welchem Zusammenhang es nach dem Gesagten keine Rolle spielt, ob die von ihm mit der Abhebung der Sparbeträge beauftragten Personen auch selbst mit Betrugsvorsatz oder nur fahrlässig bzw. überhaupt nicht schuldhaft gehandelt haben.

Der dem Schöffensenat insoweit unterlaufene Rechtsirrtum vermag jedoch im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der drei Täterschaftsformen des § 12 StGB (Prinzip der Einheitstäterschaft; vgl. ÖJZ-LSK. 1976/205) und die vom Erstgericht mängelfrei getroffene Feststellung aller die Beurteilung der inkriminierten Handlungsweise als Bestimmungstäterschaft ermöglichenden Tatumstände eine Urteilsnichtigkeit nach der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO nicht zu bewirken (vgl. RZ 1976/77 sowie ÖJZ-LSK. 1978/89, 125, 126, 1976/116 und OGH 9.1.1979, 9 0s 125/78, noch unveröffentlicht). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 (vier) Jahren, wobei es überdies gemäß § 23

StGB die Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter anordnete.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die Begehung zweier strafbarer Handlungen der gleichen und verschiedener Art, den Umstand, daß der Angeklagte bereits mehrmals wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Verfehlungen abgestraft wurde, und die Tatsache, daß durch die Tat alte und hilflose Personen ihrer Ersparnisse beraubt wurden, als mildernd hingegen keinen Umstand. Mit seiner Berufung bekämpft der Angeklagte sowohl die Strafhöhe als auch den Ausspruch über die Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter, wobei er die Herabsetzung der Strafe und die Ausschaltung des in Rede stehenden Ausspruchs mangels entsprechender Gefährlichkeit des Angeklagten begehrt. Der öffentliche Ankläger strebt dagegen mit seiner Berufung eine Erhöhung der Strafe an.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe sind insoweit zu korrigieren, als dem Angeklagten ein teilweises Geständnis als mildernd zugute zu halten ist (s.S. 315 d.A.). Ausgehend von den solcherart berichtigten Strafzumessungsgründen und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB) entspricht aber das vom Erstgericht gefundene Strafmaß dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Taten sowie der - durch mehrere zum Teil empfindliche Vorstrafen belasteten - Täterpersönlichkeit des Angeklagten. Damit kam weder eine Herabsetzung der Strafe noch aber deren Erhöhung in Betracht.

Das Erstgericht hat aber auch zutreffend das Vorliegen der von § 23 Abs 1 Z 3 StGB geforderten Gefährlichkeitsprognose bejaht, wobei es sich vor allem auf das psychiatrische Sachverständigengutachten stützen konnte.

Damit erweisen sich beide Berufungen als unbegründet, weshalb spruchgemäß zu erkennen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Rechtssätze
4