JudikaturJustiz9ObA60/99k

9ObA60/99k – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Mai 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Fritz Miklau und Dr. Vera Moczarski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gerhard G*****, Geschäftsführer, *****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei P*****GesmbH, *****, vertreten durch Cerha, Hempel Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, wegen S 4,258.536 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. November 1998, GZ 8 Ra 256/98w-63, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 17. Dezember 1997, GZ 5 Cga 170/96x-57, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die in der Abweisung des 4,5 % übersteigenden Zinsenbegehrens als unangefochten von dieser Entscheidung unberührt bleiben, werden teils bestätigt, teils dahin abgeändert, daß sie als Teilurteil zu lauten haben:

"Die Klageforderung besteht mit S 229.523,28 brutto zu Recht.

Die eingewendete Gegenforderung besteht nicht zu Recht.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 229.523,28 brutto samt 4,5 % Zinsen seit 5. 7. 1996 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren der klagenden Partei auf Zuspruch von S 3,609.012,72 brutto samt 4,5 % Zinsen seit 5. 7. 1996 wird abgewiesen.

Die Entscheidung über die hierauf entfallenden Verfahrenskosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten"

Im übrigen - nämlich in der Entscheidung über das Begehren auf Zuspruch weiterer S 420.000,- brutto sA - werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 2. 11. 1980 bei der Beklagten - einer Tochtergesellschaft des multinational tätigen P*****Konzerns - als unmittelbar dem Geschäftsführer unterstellter Angestellter beschäftigt; ab 29. 11. 1995 war er Geschäftsführer. Das Dienstverhältnis endete am 5. 7. 1996 durch Entlassung.

Die Beklagte vertreibt ua Frankier-, Falz- und Kuvertiermaschinen. Es ist üblich, daß Produzenten von Briefkuverts dem Vertreiber solcher Maschinen die zu deren Vorführung und zur Einschulung von Kunden erforderlichen Kuverts kostenlos zur Verfügung stellen. Üblicherweise werden diese Kuverts zu Werbezwecken mit den Namen des Herstellers der Kuverts und des Vertreibers der Maschinen bedruckt. Seit 1983 verwendete die Beklagte hauptsächlich Kuverts des deutschen Herstellers A*****.

1984 wurde vom Geschäftsführer der A*****, vom damaligen Geschäftsführer der Beklagten B***** und vom Beklagten die C*****GmbH (in der Folge: C*****) gegründet, an der der Kläger zunächst mit 25 % beteiligt war. Seit 1992 ist er ihr alleiniger Gesellschafter. Vom 2. 7. 1985 bis zum 23. 11. 1992 war der Kläger formal als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C***** eingetragen, ohne jedoch eine Geschäftsführertätigkeit zu entfalten und ein Entgelt zu beziehen. Das Unternehmen, das sich ua mit dem Handel von Briefkuverts beschäftigt, wurde vielmehr von der (späteren) Gattin des Klägers geführt, die seit November 1992 - seit diesem Zeitpunkt erfüllt sie die dafür nötigen Voraussetzungen - auch Geschäftsführerin ist. Die Tätigkeit des Klägers für die C***** beschränkte sich auf die fallweise Unterfertigung von Schreiben, auf das Führen von Telefongesprächen von seinem Arbeitsplatz bei der Beklagten aus, und - in seiner Freizeit - auf die Unterstützung seiner Gattin bei der Errichtung eines Bürogebäudes. Die Beklagte und die C***** standen in keinem Konkurrenzverhältnis. Der damalige Geschäftsführer der Beklagten B***** genehmigte die Tätigkeit des Klägers in der C*****.

Seit 1993 war Bernhard G*****, der Alleingeschäftsführer der P***** Deutschland GmbH, unmittelbarer Vorgesetzter des jeweiligen Geschäftsführers der Beklagten. In einem aus Anlaß der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer geführten Gespräch teilte dieser G***** mit, Inhaber der C***** zu sein, aber selbst nur höchstens eine halbe Stunde monatlich für dieses Unternehmen Zeit aufzuwenden. G***** stimmte dem zu. Im Hinblick auf den geringfügigen Arbeitsaufwand und das Fehlen einer Konkurrenzsituation sah er sich nicht veranlaßt, hievon seinen eigenen Vorgesetzten zu verständigen.

Aufgrund einer Konzernrichtlinie war der Kläger verpflichtet, alljährlich auf einem an den Vorstandsvorsitzenden des Konzerns adressierten Formular bekanntzugeben, ob er oder ein Mitglied seiner Familie einer Tätigkeit nachgehe oder gesellschaftsfremde Interessen verfolge, die in Widerspruch zu den Interessen von P***** stehen.

Durch Unterfertigung des Formulars bestätigte der Kläger, die

maßgebende Unternehmensrichtlinie gelesen zu haben (vgl das in seiner

Richtigkeit nicht bestrittene Konvolut Beil ./5a). Diese Richtlinie

definiert zu vermeidende Interessenskonflikte. Nach ihrem Inhalt darf

ein Organwalter, eine Führungskraft oder ein anderer Dienstnehmer

keiner Tätigkeit nachgehen oder gesellschaftsfremde Interessen

verfolgen, die gegebenenfalls (1) auf irgendeine Art in Widerspruch

zu den Interessen der Gesellschaft stehen, (2) für die Gesellschaft

schädlich sind bzw. dieser Unannehmlichkeiten verursachen bzw (3)

seine Loyalität gegenüber der Gesellschaft. ..... unterlaufen. Als

typische Beispiele für zu vermeidende Situationen werden ua die im

Rahmen eines Konsulenten- oder Dienstvertrages erfolgende Tätigkeit

für ein Unternehmen genannt, das ....Produkte, Materialien oder

Leistungen an die Gesellschaft oder an eine ihrer

Tochtergesellschaften liefert ("außer in Übereinstimmung mit dem

Procedures Guide") oder das mit der Gesellschaft oder eine ihrer

Tochtergesellschaften Handelsbeziehungen unterhält oder .... in dem

der Dienstnehmer bzw. irgendein Mitglied seiner nahen Verwandtschaft

einen wesentlichen Anteil bzw. eine Beteiligung hält, ferner der

Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen, über das die

Gesellschaft .... Verhandlungen über einen Zusammenschluß, eine

Fusion, einen Erwerb oder ein Joint Venture durchführt oder durchzuführen beabsichtigt, und auch die Entgegennahme von über herkömmliche Höflichkeit und anerkannte Geschäftspraktiken hinausgehenden Geschenken von Personen, die mit der Gesellschaft Geschäftsbeziehungen erhalten (so die in ihrer Richtigkeit nicht bestrittene Beil ./4a).

Der Kläger hat nie eine positive Meldung abgegeben sondern die Durchführung von Tätigkeiten, die einen Interessenskonflikt begründen, immer verneint.

Während der Geschäftsführertätigkeit B*****s kam es zwischen der Beklagten und der C***** zu einer wechselseitigen Nutzung der Unternehmensressourcen. Die C***** stellte der Beklagten gelegentlich einen LKW zur Verfügung; hingegen führten die Chauffeure der Beklagten kostenlos Kuvert-Lieferungen für die C***** durch. Außendienstmitarbeiter der Beklagten erhielten im Falle von bei einer Maschinenvorführung erfolgten Kuvertbestellungen von der C***** eine Provision, die von der Lohnverrechnung der Beklagten abgerechnet wurde. Bis 1993 wurden von den Mitarbeitern der Beklagten in ihrer Arbeitszeit für die C***** Auslandsüberweisungen, fallweise auch Schreibarbeiten und - mit einem Aufwand von etwa einer halben Stunde im Monat - Buchungsarbeiten durchgeführt. Seit der Übernahme der Geschäftsführung durch den Kläger wurden diese Tätigkeiten der Beklagten für die C***** erheblich reduziert. Insgesamt gesehen ist der Beklagten durch diese Tätigkeiten "kein nennenswerter Schaden" entstanden, zumal sich - jedenfalls seit der Übernahme der Geschäftsführung durch den Beklagten - die beiderseitigen Leistungen etwa die Waage hielten.

Am 2. 7. 1996 machte ein eben gekündigter Chauffeur der Beklagten die Konzernleitung auf seine Fahrertätigkeit für die C***** aufmerksam, worauf nach Durchführung von Ermittlungen der Kläger, der zugab, Alleinbesitzer der C***** zu sein, vom Personalchef für Europa entlassen wurde.

Mit der Begründung, unberechtigt entlassen worden zu sein, begehrt der Kläger von der Beklagten letztlich S 4,258.536,- brutto sA (Kündigungsentschädigung 1,400.000.-; "Urlaubsentschädigung 58 Tage alt, 30 Tage neu" S 420.000; Erfolgsprämie für 1996 S 448.000,-; Erfolgsprämie für 1997 S 105.000.-; Entfall des Dienstwagens S 37.536,-, Abfertigung S 1,848.000,-).

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Entlassung sei gerechtfertigt erfolgt. Der Kläger habe - ursprünglich im kollusiven Zusammenwirken mit dem damaligen Geschäftsführer B***** - fortgesetzt und ohne hiezu berechtigt zu sein, Mitarbeiter und Unternehmensressourcen der Beklagten zum Vorteil der C***** eingesetzt (siehe im Detail die Behauptungen S 3 u 4 der Klage). Da er als Gesellschafter und zeitweise auch als Geschäftsführer der C***** am Aufbau und am Betrieb dieses Unternehmens mitgewirkt habe, habe im Sinne der Unternehmensrichtlinie ein gravierender Interessenskonflikt bestanden, den er pflichtwidrig nicht offengelegt habe. Vielmehr habe er Jahr für Jahr das Bestehen eines Interessenskonfliktes verneint. Er habe damit gegen eine Verpflichtung verstoßen, die der Wahrung fundamentaler Dienstgeberinteressen diene. Hilfsweise werde eine die Klageforderung übersteigende Gegenforderung eingewendet, die der Beklagten durch die Verwendung von ihren Mitarbeitern und Ressourcen für die C***** entstanden sei.

Das Erstgericht gab der Klage - von der Abweisung des 4,5 % übersteigenden Zinsenbegehrens abgesehen - statt. Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus traf es die "Feststellung", daß der Kläger unter den gegebenen Umständen keine Veranlassung hatte, in der seinem Verhalten erteilten Zustimmung des Geschäftsführers B***** eine unredliche Haltung des letzteren zu erblicken.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Entlassung nicht gerechtfertigt sei, weil die jeweiligen Vorgesetzten des Klägers seinem Verhalten zugestimmt hätten. Daß der Kläger und B***** gemeinsam die Beklagte geschädigt hätten, treffe nicht zu. Ihre Behauptungen über eine wesentliche Tätigkeit des Klägers für die C***** und eine über das festgestellte Ausmaß hinausgehende Inanspruchnahme von Ressourcen der Beklagten habe diese nicht bewiesen. Es sei daher weder ein Entlassungsgrund verwirklicht worden, noch sei die eingewendete Gegenforderung berechtigt.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen, vertrat aber die Rechtsauffassung, daß die Entlassung zu Recht erfolgt sei. Zwar sei keine der in der Unternehmensrichtlinie beispielsweise als Interessenskonflikt definierten Situationen exakt verwirklicht; aus den angeführten Beispielen und der abstrakten Beschreibung von zu vermeidenden Situationen sei jedoch klar erkennbar, daß der Kläger seine Verbindung zur C***** hätte melden müssen. Die dennoch erfolgte Unterlassung von entsprechenden Meldungen sei dem Kläger als fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen und begründe den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit. Dazu komme der Umstand, daß der Kläger im Hinblick auf die Verflechtung der beiden Unternehmen und die wechselseitige Verwendung von Ressourcen die Geschäfte der Beklagte nicht vorurteilsfrei habe führen können. Auf die Information der jeweils unmittelbaren Vorgesetzten könne er sich nicht mit Erfolg berufen, weil das im Konzern aufgelegte Meldeformular an eine andere Person, nämlich an den Vorstandsvorsitzenden, gerichtet sei. Schädigungsabsicht und Eintritt eines Schadens seien für das Vorliegen von Vertrauensunwürdigkeit nicht erforderlich.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen. Hilfsweise wird eine Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Berufungsgericht herangezogene Entlassungsgrund des § 27 Z 1 AngG, 3. Tatbestand, ist verwirklicht, wenn sich der Angestellte einer Handlung oder - falls eine Rechtspflicht zum Handeln besteht - einer Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen läßt. Dabei kommt es vor allem darauf an, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung bestand, daß seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien, wobei nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers entscheidet, sondern an das Gesamtverhalten des Angestellten ein objektiver Maßstab anzulegen ist, der nach den Begleitumständen des einzelnen Falles und nach der gewöhnlichen Verkehrsauffassung angewendet zu werden pflegt. Maßgebend ist, ob das Verhalten des Angestellten das Vertrauen des Dienstgebers so schwer erschüttert hat, daß diesem die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (SZ 69/14; Ris-Justiz RS0029833; Kuderna Entlassungsrecht**2 86). Bei Angestellten in leitender Stellung ist ein strengerer Maßstab hinsichtlich der Vertrauensunwürdigkeit anzulegen, als bei Dienstnehmern mit untergeordneten Tätigkeiten (RdW 1992,249;

Ris-Justiz RS0029341). Zur Verwirklichung des genannten Entlassungsgrundes reicht fahrlässiges Verhalten aus (WBl 1990,313;

Ris-Justiz RS0029652; Kuderna, aaO 86); Schädigungsabsicht oder Eintritt eines Schadens sind nicht erforderlich (Kuderna, aaO 86).

Entscheidend sind im hier zu beurteilenden Fall die aus der wiedergegebenen Konzernrichtlinie abzuleitenden Informationspflichten des Klägers. Das Berufungsgericht hat diese Richtlinie zutreffend ausgelegt und ist zu Recht davon ausgegangen, daß nach der darin vorgenommenen Umschreibung von zu vermeidenden Interessenskonflikten und nach den dazu angeführten typischen Beispielen für den Kläger klar erkennbar war, daß seine Situation als meldepflichtiger Interessenskonflikt anzusehen war. Die dagegen vorgebrachten weitwendigen Überlegungen des Revisionswerbers zur Bedeutung einzelner Worte der Richtlinie lassen ihren in seiner Gesamtheit klar zutage tretenden Inhalt außer Acht. Schon die allgemeinen Ausführungen zum Begriff des Interessenskonfliktes machen deutlich, daß insofern ein strenger Maßstab angelegt wird, was schon daraus ersichtlich ist, daß jedes Verhalten als zu vermeiden und meldepflichtig angesehen wird, daß "auf irgendeine Art in Widerspruch zu den Interessen der Gesellschaft" steht bzw. die Loyalität des Dienstnehmers gegenüber der Gesellschaft unterläuft. Vor allem aber die im Anschluß daran angeführten Beispiele lassen erkennen, daß die Richtlinie jedenfalls dann einen Interessenskonflikt annimmt, wenn eine nahe Verbindung des Dienstnehmers - sei es über ausgeübte Tätigkeiten oder Beteiligungen durch ihn oder auch nur durch nahe Angehörige - zu Unternehmen besteht, die mit dem Konzern in Handelsbeziehungen stehen und mit denen der Konzern zusammenarbeitet. Daß dabei in Pkt. 2 der Richtlinie auf Tätigkeiten im Rahmen eines Konsulenten- oder Dienstvertrages abgestellt wird, kann nicht ernsthaft dahin interpretiert werden, daß jede andere Tätigkeit für ein in der umschriebenen Weise tätiges Unternehmen nicht als Interessenskonflikt angesehen wird. Die für ein mit der Beklagten in engen Handelsbeziehungen stehendes Unternehmen als dessen alleiniger Gesellschafter (wenn auch zuletzt nicht als dessen Geschäftsführer) ausgeübte Tätigkeit des Klägers ist jedenfalls der Tätigkeit für ein derartiges Unternehmen als Angestellter oder Konsulent gleichzuhalten. Jede andere Auslegung würde den klar zutage tretenden Sinn der Richtlinie verleugnen. Ebensowenig kann zweifelhaft sein, daß die Stellung des Klägers als alleiniger Gesellschafter eines Unternehmens, das mit der Beklagten auf unüberprüfbare Weise einen ständigen Austausch von Ressourcen vornimmt, geeignet ist, seine Loyalität gegenüber der Beklagten zu beeinträchtigen.

Das Berufungsgericht hat auch richtig erkannt, daß die mit der erörterten Richtlinie von der Beklagten (bzw. dem Konzern, dem sie angehört) verfolgte Absicht klar und sachlich gerechtfertigt ist. Der Kläger war als alleiniger Geschäftsführer der Beklagten nur schwer zu kontrollieren; die ihm gegenüber weisungs- und kontrollberechtigten Personen hatten ihren Sitz im Ausland. Unter diesen Umständen muß der Dienstgeber auf den für ihn Handelnden uneingeschränkt vertrauen können, weshalb es nicht unangemessen ist, dies durch Anordnungen, wie sie hier mit der erörterten Richtlinie erlassen wurden, sicherzustellen. Daß dieses Bestreben gerechtfertigt ist, zeigt gerade der Fall des Klägers. Nur durch die strikte Einhaltung der Richtlinien können Situationen vermieden werden, in denen - wie hier - der Geschäftsführer jahrelang von der Konzernleitung unbemerkt umfangreiche Aktivitäten setzt, die - wenngleich sie im Einzelfall keinen Schaden verursacht habe mögen - grundsätzlich zur Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten geeignet sind und nachträglich nur unter größten Beweisschwierigkeiten untersucht werden können.

All dies muß dem Kläger klar gewesen bzw. muß zumindest für ihn bei pflichtgemäßer Sorgfalt leicht erkennbar gewesen sein. Dessen ungeachtet hat er in den ihm vorgeschriebenen jährlichen Meldungen, in denen er bestätigte, die Richtlinie gelesen zu haben, das Vorliegen von Tätigkeiten, die einen Interessenskonflikt darstellen können, immer wieder verneint. Dadurch hat er das Vertrauen seines Dienstgebers in einer Weise erschüttert, die - legt man den für leitende Angestellte anzuwendenden Maßstab an - den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit verwirklicht.

Auf die Genehmigung seiner Tätigkeit durch den seinerzeitigen Geschäftsführer der Beklagten kann er sich nicht mit Erfolg berufen. Es mußte ihm als auch schon damals unmittelbar dem Geschäftsführer unterstellten Angestellten klar sein, daß auch der zunächst am Aufbau und am Betrieb der Couvertic beteiligte B***** damit einen zu vermeidenden Interessenskonflikt in Kauf genommen hat und dienstvertraglich nicht berechtigt war, die gemeinsam ausgeführte Tätigkeit mit der Wirkung zu genehmigen, daß entgegen den eindeutigen Anordnungen der Richtlinie eine Meldung an die Konzernleitung unterbleiben kann. Daß das Erstgericht in diesem Zusammenhang die "Feststellung" traf, der Kläger habe keine Veranlassung gehabt, in der Zustimmung B*****s ein unredliches Verhalten zu erblicken, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dabei handelt es sich nämlich in Wahrheit um keine Tatsachenfeststellung sondern um eine Wertung des festgestellten Sachverhaltes durch das Erstgericht, die aber vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt wird. Die Zustimmung B*****s ändert daher an der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Klägers nichts (8 ObA 195/97b).

Aber auch die Zustimmung des nach den Feststellungen damals dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten übergeordneten Alleingeschäftsführer der P***** Deutschland GesmbH Bernhard G***** kann das Verhalten des Klägers nicht rechtfertigen. Zum einen ist den Feststellungen nur zu entnehmen, daß der Kläger G***** erklärt hat, Inhaber der C***** zu sein und für dieses Unternehmen im Monat höchstens eine halbe Stunde Zeit aufzuwenden. Daß er G***** über den Umfang der Beziehungen der Beklagten mit der C***** informierte und ihm auch mitteilte, daß ein erheblicher Austausch von Ressourcen stattfindet, ist den Feststellungen hingegen nicht zu entnehmen. Schon deshalb kommt der Zustimmung G*****s nicht die vom Kläger gewünschte Bedeutung zu. Vor allem aber war - wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat - für den Kläger klar erkennbar, daß die von ihm jährlich abzugebenden Meldungen nicht an die deutsche Konzerngesellschaft, sondern an den Vorstandsvorsitzenden im Hauptquartier des Konzerns adressiert waren. Auch eine ihm von G***** erteilte Zustimmung rechtfertigte es daher nicht, in den vorher und nachher abgegebenen Jahresmeldungen an die Konzernspitze eine als Interessenskonflikt einzustufende Tätigkeit zu verheimlichen.

Der erkennende Senat teilt daher die Meinung des Berufungsgerichtes, daß der Entlassungsgrund der Vertrauenswürdigkeit verwirklicht ist.

Der Revisionswerber weist aber zutreffend darauf hin, daß die Berechtigung der Entlassung nicht die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens rechtfertigt, weil dieses auch entlassungsunabhängige Ansprüche enthält.

Zum einen verweist der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf den aliquoten Teil der Erfolgsprämie 1996. Tatsächlich hat die Beklagte keinerlei Vorbringen erstattet, weshalb das Begehren auf Zuspruch des auf die Zeit bis zur Entlassung entfallenden Teiles der (der Höhe nach mit S 448.000,- außer Streit stehenden [S 38 in ON 10 und S 149 in ON 38]) Erfolgsprämie für 1996 nicht zu Recht bestehen soll. Im Umfang von S 229.523,28 - dies ist der auf die Zeit bis zur Entlassung fallende Teil der Prämie - ist daher die angefochtene Entscheidung iS der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Auf die von der Beklagten eingewendete (und vom Erstgericht verneinte) Gegenforderung ist sie schon im Berufungsverfahren nicht mehr zurückgekommen.

Ebenfalls als entlassungsunabhängig bezeichnet der Revisionswerber die "Urlaubsentschädigung für den alten Urlaub". Auch insofern ist ihm dahin beizupflichten, daß dem Kläger trotz der Berechtigung der Entlassung jedenfalls ein Anspruch auf Urlaubsabfindung verbleibt. Das Begehren auf Zuspruch einer Urlaubsabfindung ist in jenem auf Zuspruch einer Urlaubsentschädigung als minus enthalten (Ris-Justiz RS0077108; zuletzt 9 ObA 305/98p und 8 ObA 27/98y). Zudem erstreckt sich die pönalisierende Regelung des § 10 Abs 2 UrlG nur auf den noch nicht verbrauchten Urlaub des laufenden Urlaubsjahres. Nicht verbrauchte Ansprüche auf Urlaub aus früheren Jahren sind daher - soweit nicht Verjährung nach § 4 Abs 5 UrlG eingetreten ist - ohne Rücksicht auf die Art der Lösung des Arbeitsverhältnisses zu entschädigen (SZ 60/261; Ris-Justiz RS0077314). Insoweit ist das Verfahren aber noch nicht spruchreif, weil die überaus dürftigen Angaben in der Klage für eine abschließende Beurteilung nicht ausreichen. Es ist daher erforderlich, den maßgebenden Sachverhalt mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zu zweckdienlichen Behauptungen zu geben. Der Beklagten steht es frei, bei dieser Gelegenheit den erstmals in der Revisionsbeantwortung erhobenen Einwand, dem Kläger sei der rechtzeitige Verbrauch seines Urlaubs zumutbar gewesen sei, zu erheben, auf den derzeit wegen des im Rechtsmittelverfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht eingegangen werden kann. Im Umfang des Begehrens auf Urlaubsentschädigung (S 420.000,-) waren die Entscheidungen der Vorinstanzen daher aufzuheben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Im übrigen war das angefochtene Urteil zu bestätigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.

Rechtssätze
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