JudikaturJustiz9ObA20/99b

9ObA20/99b – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. April 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Richard Warnung und Wilhelm Hackl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Heinz P*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagte Partei St***** AG, ***** vertreten durch Dr. Heinz Pichler, Rechtsanwalt in Judenburg, wegen S 43.442,88 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Oktober 1998, GZ 7 Ra 178/98w-27, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Es ist ständige Rechtsprechung, daß unter dem "für den letzten Monat gebührenden Entgelt" der Durchschnittsverdienst zu verstehen ist, der sich aus den mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederkehrenden Bezügen ergibt. Zu diesem Durchschnittsverdienst gehören auch regelmäßig geleistete Überstunden (ZAS 1988/13 [Andexlinger/Spitzl]; Arb 11.294; Ind 1995/2301; 9 ObA 257/89; 8 ObS 3/94; 9 ObA 100/95). Für den Zeitraum, der durch die Abfertigung abgedeckt wird, soll der zuletzt bezogene Durchschnittsverdienst gesichert und damit eine gewisse Kontinuität des zuletzt bezogenen Verdienstes gewährleistet werden (Arb 10.831; 11.294; 8 ObS 3/94). Bei schwankenden Überstundenleistungen ist ein Durchschnitt zu errechnen, wobei die Rechtsprechung als Beobachtungszeitraum den eines Jahres als sachgerecht angesehen hat (ZAS 1988/13 [Andexlinger/Spitzl]; Arb 10.831; 11.294; 9 ObA 100/95). Die Abfertigung darf den Durchschnittsverdienst weder übersteigen noch hinter ihm zurückbleiben (ZAS 1988/13 [Andexlinger/Spitzl]).

Von dem zuletzt bezogenen Durchschnittsentgelt sind die eine prognostische Prüfung erfordernden Zeiten, in denen zwar nicht gearbeitet wurde, die aber nach dem Ausfallsprinzip entgeltpflichtig sind, zu unterscheiden. Während durch die Abfertigung die zuletzt bezogenen Durchschnittsverdienste gesichert werden sollen, sichert das Ausfallsprinzip jenes Entgelt, das der Arbeitnehmer während seines Urlaubs oder Krankenstandes verdient hätte, wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte. Für die Beurteilung der Regelmäßigkeit von hier einzubeziehenden Überstunden ist grundsätzlich in diesem Bereich ein Zeitraum von 13 Wochen heranzuziehen und bei regelmäßiger Überstundenleistung in diesen Zeiten das hiefür zustehende Entgelt auch bei Ermittlung des für die Zeiträume der Nichtarbeit zustehenden Entgelts zu berücksichtigen. In Fällen, in denen der Arbeitnehmer aus welchem Grund auch immer in diesem Beobachtungszeitraum nicht arbeitete, sind diese Nichtarbeitszeiten zu neutralisieren. Für die Ermittlung des für die Zeit der Nichtarbeit zu berücksichtigenden gebührenden Überstundenentgelts ist das für die Überstunden, die während des Beobachtungszeitraumes geleistet wurden, gebührende Entgelt durch die Zahl der Normalarbeitsstunden, die während der Zeit der tatsächlichen Arbeitstätigkeit im Beobachtungszeitraum angefallen sind, zu teilen. Nur so kann die durchschnittliche Erhöhung des Entgelts durch während der Zeit der tatsächlichen Arbeit regelmäßig geleisteten Überstunden ermittelt werden (ZAS 1993/15). Das Ausfallsprinzip fingiert, daß in der Zeit der Nichtarbeit tatsächlich gearbeitet wurde. Der erkrankte Arbeitnehmer soll im Verhältnis zu den arbeitsleistenden Arbeitnehmern nicht verkürzt, aber auch nicht privilegiert werden (8 ObA 407/97d).

Nach der Rechtsprechung hat aber die Berücksichtigung von Überstunden im Abfertigungsrecht nicht in Analogie zur Ermittlung des Urlaubsentgelts nach dem Urlaubsgesetz oder der Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz zu erfolgen, weil ein Wesenselement der Abfertigung, nämlich das einer "Treueprämie" lediglich die tatsächliche längere Zurverfügungstellung der Arbeitskraft einer dem Ausfallsprinzip entsprechenden prognostischen Prüfung entgegensteht (ZAS 1988/13). Nach dem Ausfallsprinzip entgeltpflichtige Zeiten werden im Beobachtungszeitraum so behandelt, als hätte der Arbeitnehmer seine Dienste geleistet. In diesen Zeiten ist daher letzten Endes weder eine Entgeltschmälerung noch ein Entgeltausfall eingetreten, so daß das wenn auch nach dem Ausfallsprinzip bemessene Entgelt voll dem Arbeitsentgelt gleichgestellt ist. Daß es allenfalls, weil keine Überstunden geleistet werden konnten, geringer war als in einem anderen Monat ohne nach dem Ausfallsprinzip entgeltpflichtige Zeiten hat nicht zur Folge, daß diese Zeiten so wie bei der Entgeltfortzahlung zu neutralisieren wären. Diese nach dem Ausfallsprinzip bestimmten Entgelte sind lediglich bei der Ermittlung des Durchschnittsverdienstes aus dem letzten Jahr wie sonstiges Arbeitsentgelt einzubeziehen, sind aber regelmäßige, wenn auch fiktive Überstunden bereits enthaltende Entgelte. Ein weiterer Ausgleich durch Neutralisierung dieser Monate ist daher nicht erforderlich.

Nach den Ausführungen des Berufungsgerichtes wurden als Bemessungsgrundlage für den Durchschnittsverdienst ohnehin das gesamte letzte Jahr, sohin alle Entgelte einschließlich der nach dem Lohnausfallsprinzip herangezogen.

Diese Erwägungen lassen sich bereits aus den Grundsätzen der zitierten Entscheidung ZAS 1988/13 ableiten. Demgemäß liegt aber keine Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG vor.

Ob Zeiten dann auszuklammern wären, wenn keine Entgeltfortzahlungsansprüche mehr bestehen (Arb 10.831), und ob sich in diesem Fall der Beobachtungszeitraum verändert, bildet mangels entsprechender Behauptungen von tatsächlichen entgeltfreien Zeiten, in denen das Lohnausfallsprinzip nicht mehr zum Tragen kam, ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage.

In diesem Zusammenhang liegen auch die behaupteten Feststellungsmängel nicht vor, weil weder in dem von der Revision genannten Schriftsatz vom 21. 7. 1997 noch in der Tagsatzung vom 21. 10. 1997 konkret behauptet wurde, daß der Kläger in bestimmten, in den Beobachtungszeitraum fallenden Zeiten keinen Entgeltfortzahlungsanspruch mehr gehabt hätte. Aus den Lohnabrechnungen des Dienstgebers sind ebenfalls nur die Anzahl der EFZG-Stunden und das Krankengeld EFZG sowie die Auszahlungsbeträge zu entnehmen, ohne daß erkennbar wäre, daß ein Lohnfortzahlungsanspruch für bestimmte Zeiten nicht bestanden hätte.

Rechtssätze
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