JudikaturJustiz9ObA192/97v

9ObA192/97v – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. September 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Martin Krajcsir und Josef Redl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Reinhard H*****, Arzt, ***** vertreten durch Dr. Walter Barfuss ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde H*****, ***** vertreten durch Dr. Reinhard Kloiber und Dr. Ivo Burianek, Rechtsanwälte in Mödling, wegen S 93.127,87 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24.Februar 1997, GZ 8 Ra 21/97k-18, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 1. September 1996, GZ 7 Cga 70/95t-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird an das Prozeßgericht erster Instanz zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Urteilsfällung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger, der schon vorher als Arzt bei der Beklagten gearbeitet hatte, ist seit 1. 2. 1992 aufgrund eines Dienstvertrages als Konsiliarfacharzt am a. ö. Krankenhaus Hollabrunn tätig.

Die Beklagte - Rechtsträger dieses Krankenhauses - schloß mit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) und mit der Versicherungsanstalt der Eisenbahnen (VAE) gleichlautende Vereinbarungen gemäß § 57 Abs 1 NÖ KAG (Zusatzübereinkommen), in denen die Abgeltung für die Behandlung von Sonderklassepatienten geregelt wurde. Nach Art III Abs 1 und 2 dieser Zusatzübereinkommen zahlen die genannten Anstalten "gemäß § 45 Abs 1 lit a und b in Verbindung mit § 57 Abs 2 lit a NÖ KAG als Sondergebühren" die dort (unter Anwendung von zwischen der Österreichischen Ärztekammer mit den Anstalten vereinbarter Tarifbestimmungen und von Richtlinien der Anstalten) vereinbarten Leistungen. Laut Art III Abs 7 der Übereinkommen wird "durch die Vereinbarung der Höhe der Sondergebühren nach § 45 Abs 1 lit a und b NÖ KAG (Abs 1 und 2) .... der Entscheidung des Anstaltsträgers, welche Beträge als ärztliches Honorar im Sinne des § 45 Abs 1 lit b NÖ KAG anzusehen sind, nicht vorgegriffen".

Die §§ 44, 45, 49 und 57 NÖ KAG idF vor der NÖ KAG-Novelle 1995 haben - soweit hier von Interesse - folgenden Wortlaut:

§ 44

(1) Mit den Pflegegebühren (Pflegegebührenersätzen) in der allgemeinen Gebührenklasse sind, unbeschadet Abs 2 und § 45a, alle Leistungen der Krankenanstalt abgegolten.

§ 45:

(1) Neben den Pflegegebühren dürfen folgende Sondergebühren und ärztliche Honorare verlangt werden:

a) ein Zuschlag zur Pflegegebühr für Patienten, welche auf eigenen Wunsch in einem Krankenzimmer der Sonderklasse untergebracht wurden,

b) das ärztliche Honorar für die Behandlung der unter lit a genannten Patienten, für die Behandlung von Patienten in Anstaltsambulatorien und für die Blutabnahme nach straßenpolizeilichen Vorschriften (§ 43 Abs 6),

(2) Das ärztliche Honorar hat die Anstalt im Namen und auf Rechnung jener Ärzte einzuheben, die gemäß § 49 Abs 5 berechtigt sind, ein solches zu verlangen. Für die Einhebung ist von der Anstalt eine Einhebungsvergütung im Ausmaß von 2,5 v.H. vom ärztlichen Honorar einzubehalten.

(Die folgenden Absätze regeln die Aufteilung des ärztlichen Honorars auf die nachgeordneten Ärzte).

§ 49

(1) Die Pflege- und Sondergebühren sind für die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse kostendeckend zu ermitteln.

.....

(3) Der Zuschlag zu den Pflegegebühren für Patienten, welche auf eigenen Wunsch in einem Krankenzimmer der Sonderklasse untergebracht wurden, ist in der auf Schilling aufgerundeten Höhe von 30 bis 150 Prozent der Pflegegebühren der allgemeinen Gebührenklasse vom Träger der Krankenanstalt zu bestimmen. Der Zuschlag kann je nach Zahl der Betten in den Krankenzimmern der höheren Gebührenklasse beziehungsweise nach einer bestimmten Pflegedauer für die weiteren Pflegetage in verschiedener Höhe bestimmt werden.

....

(5) Das ärztliche Honorar wird vom verantwortlichen leitenden Arzt der Abteilung (Institutsvorstand) mit dem betroffenen Patienten (§ 45 Abs 1 lit b) oder mit dem für ihn Zahlungspflichtigen vereinbart.

....

.........

§ 57

(1) Im übrigen werden die Beziehungen der Versicherungsträger zu den öffentlichen Krankenanstalten durch privatrechtliche Verträge geregelt, die zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger im Einvernehmen mit dem in Betracht kommenden Versicherungsträger einerseits und dem Rechtsträger der Anstalt andererseits abzuschließen sind und zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form bedürfen.

(2) In diesen Verträgen ist vor allem zu regeln:

a) das Ausmaß der von den Trägern der Sozialversicherung den Trägern der Krankenanstalten zu entrichtenden Pflegegebührensätze - unter Berücksichtigung der Abgeltung für therapeutische Behelfe - und allfälligen Sondergebühren nach § 45 Abs 1,

...............

Mit der am 1. 1. 1995 in Kraft getretenen NÖ KAG Novelle 1995 wurde die in § 49 Abs 2 genannte Einhebungsvergütung auf 6 % erhöht. § 57 Abs 2 lit a wurde dahin geändert, daß in den Verträgen nach § 57 Abs 1 das Ausmaß der von den Trägern der Sozialversicherung den Trägern der Krankenanstalten zu entrichtenden Pflegegebührenersätze und allfälligen Sondergebühren "nach § 45 Abs 1 lit a, c, d und e" zu regeln ist. Nach § 57 Abs 3 in der nunmehrigen Fassung gebührt den zur Honorarvereinbarung berechtigten Ärzten für die Untersuchung und Behandlung von Versicherten von Sozialversicherungsträgern, mit denen Zusatzübereinkommen zum NÖ Krankenanstaltenvertrag iS des § 57 Abs 2 geschlossen wurden, ein Anteil von 50% der von den Sozialversicherungsträgern an die Rechtsträger geleisteten Sondergebühren gemäß § 57 Abs 2 lit a.

Ferner wurde durch die NÖ KAG - Novelle 1995 für die Zeit vom 1. Jänner 1990 bis zum 31. Dezember 1994 rückwirkend folgende Regelung erlassen (Art II des NÖ KAG - Nov.):

"Wurden Vereinbarungen abgeschlossen zwischen dem Land Niederösterreich, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband als Rechtsträger einer öffentlichen Krankenanstalt und den in einem öffentlich-rechtlichen oder dienstvertragsrechtlichen Dienstverhältnis stehenden und zur Honorarvereinbarung berechtigten Ärzten (§ 49 Abs 5) über die Anteile dieser Ärzte bzw. der nachgeordneten Ärzte an den von der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten und der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen für ihre Versicherten an die Rechtsträger geleisteten Zahlungen, so bestimmen diese Vereinbarungen den besoldungsrechtlichen Anspruch der genannten Ärzte gegenüber den genannten Rechtsträgern".

Der Kläger begehrt von der Beklagten letztlich S 93,127,87. Sie habe diesen Betrag in gesetzwidriger Weise neben der zulässigen Einhebungsvergütung von 2,5% in der Zeit von 1. 4. 1992 bis 28. 2. 1995 vom Anteil des Klägers an den von der BVA und der VAE aufgrund der Zusatzübereinkommen geleisteten ärztlichen Honoraren iS § 45 Abs 1 lit b als "Hausrücklaß" einbehalten. Dies gehe aus dem (einen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Primararzt eines niederösterreichischen Krankenhauses betreffenden) Erkenntnis des VwGH vom 29. 6. 1994, 93/12/0279 hervor. Darin werde festgehalten, daß der Rechtsträger des Krankenhauses iS der zwingenden Norm des § 45 Abs 2 NÖ KAG von dem von ihm eingehobenen ärztlichen Honorar nur die im Gesetz vorgesehene Einhebungsvergütung einbehalten dürfe. Die dem Kläger zustehenden ärztlichen Honorare seien nach Ablauf von zwei Monaten nach dem jeweils letzten Monat der Jahre 1992, 1993 und 1994 fällig geworden. Durch Art II der NÖ KAG - Novelle 1995 habe der Gesetzgeber allfällige bisher abgeschlossene, gegen zwingendes Recht verstoßende Verträge rückwirkend auf eine gesetzeskonforme Basis stellen wollen. Dies sei für den Kläger bedeutungslos, da er mit der Beklagten keine Vereinbarung geschlossen habe. Hätte ein solcher den Einbehalt des Hausrücklasses rechtfertigender Vertrag existiert, wäre er im Hinblick auf § 45 Abs 2 KAG und wegen der Unzulässigkeit des Verzichtes auf arbeitsrechtlich zustehende Ansprüche gesetzwidrig gewesen. Die Vorgangsweise des Landesgesetzgebers, einen gesetzwidrigen Vertrag rückwirkend zu sanieren, sei wegen des aus dem Gleichheitssatz erfließenden Gebotes des Vertrauensschutzes verfassungswidrig.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Schon nach der alten Rechtslage sei die Einbehaltung des Hausrücklasses zulässig gewesen, weil dieser kein ärztliches Honorar darstelle. Der Kläger lasse - ebenso wie das in der Klage zitierte Erkenntnis des VwGH - außer Acht, daß in den von der BVA und der VAE erbrachten Leistungen Zuschläge zu den Pflegegebühren (§ 45 Abs 1 lit a) enthalten seien. Es müsse zwischen den ärztlichen Leistungen im engeren Sinne - der am Patienten erbrachten ärztlichen Tätigkeit - und den ärztlichen Leistungen im weiteren Sinne - darin sei die gesamte (nichtärztliche) personelle, die apparative und die räumliche Infrastruktur ("Infrastrukturkomponente") enthalten - unterschieden werden. Durch das von der BVA und der VAE gezahlte ärztliche Honorar werde die ärztliche Leistung im weiteren Sinne abgegolten. Für die Infrastrukturkomponente stehe den Ärzten aber kein Honorar zu. Der Zuschlag zur Pflegegebühr gelte insbesondere für die "Hotelkomponente", also für die Unterbringung nach Maßgabe verfügbarer Betten in Zimmern mit besserer Ausstattung und Lage und geringer Bettenanzahl und die Inanspruchnahme zusätzlicher Leistungen der Krankenanstalt. Das Entgelt für all diese Leistungen der Krankenanstalt sei in dem von den Versicherungsträgern gezahlten Pauschalbetrag enthalten. Hierauf hätten aber die Ärzte keinen Anspruch. Dem seit Jahren bei der Beklagten beschäftigten Kläger sei die Abrechnung der Sondergebühren und insbesondere die Einbehaltung des Hausrücklasses bekannt gewesen. Im Hinblick auf die jahrelange Akzeptanz dieser Übung, die auf Erlässe der NÖ Landesregierung beruhe, sei von einer zumindest konkludent geschlossenen Vereinbarung zwischen den Streitteilen über den dem Kläger zustehenden Anteil an den Sondergebühren auszugehen, die nicht gegen das NÖ KAG verstoßen habe. Erst aus Anlaß des zitierten Erkenntnisses des VwGH habe der Kläger die bisherige Praxis in Frage gestellt. Sollte keine Vereinbarung über den Abzug des Hausrücklasses bestehen, habe die Beklagte im Umfang der einbehaltenen Beträge einen Anspruch gemäß § 1041 ABGB, weil sie für die ärztlichen Leistungen des Klägers die erforderliche Infrastruktur zur Verfügung gestellt habe. Vorsichtshalber werde insofern noch einmal die Kompensation erklärt. Die NÖ KAG - Novelle 1995 stelle lediglich aus Anlaß des zitierten Erkenntnisses des VwGH die bisherige Rechtslage, von der sie nicht abweiche, klar und bestätige die bisherige Praxis. Im übrigen stellten die Zusatzübereinkommen Verträge zugunsten Dritter (nämlich der Ärzte) dar, ohne die es keine zwischen den Streitteilen aufzuteilenden Sondergebühren gäbe. Fehle es an einer privatrechtlichen Vereinbarung über die Aufteilung dieser Gebühren, bestehe auch für die Auszahlung der den Ärzten zugeflossenen Anteile keine rechtliche Grundlage. Der für April 1992 geforderte Betrag sei verjährt.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Über den schon eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus traf es folgende Feststellungen:

Dem Kläger war bereits bei Eintritt in das Dienstverhältnis bekannt, daß die Beklagte einen "Hausrücklaß" von 40% "des ärztlichen Honorars" für sich abzieht und dies damit begründet, daß sie dem Arzt gewisse Leistungen zur Verfügung stellt (räumliche und apparative Infrastruktur; Dienstzeit der Ärzte). Da diese Übung beiden Vertragsparteien bekannt war, ist darüber bei den Vertragsverhandlungen nicht mehr gesondert gesprochen worden.

Unter Hinweis auf das mehrfach zitierte Erkenntnis des VwGH vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, daß die Ärzte Anspruch auf Auszahlung des gesamten ärztlichen Honorars abzüglich der Einhebungsvergütung hätten, sodaß Vereinbarungen über einen Hausrücklaß von 40% gesetzwidrig und daher nichtig gewesen wären. Die davon abweichende rückwirkende Regelung des Art II der NÖ KAG-Novelle verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, müsse aber bis zu einer allfälligen Aufhebung durch den VfGH angewendet werden. Das vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung angestrebte Ziel werde jedoch nicht erreicht, weil nichtige Vereinbarungen durch eine rückwirkende Gesetzesbestimmung nicht saniert werden könnten. Überdies sei es zu keiner Vereinbarung über den Hausrücklaß gekommen. Daß sich der Kläger "mehr oder weniger gezwungen" mit einem gesetzwidrigen Zustand abgefunden habe, reiche hiefür nicht aus.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die (ordentliche) Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und ging ebenfalls davon aus, daß zwischen den Parteien keine Vereinbarung über den "Hausrücklaß" zustande gekommen sei. Zudem wäre eine solche Vereinbarung gesetzwidrig und nichtig bzw wegen der Unverzichtbarkeit unabdingbarer arbeitsrechtlicher Ansprüche unwirksam gewesen, sodaß Art II der NÖ KAG-Novelle, der an "bestehende Vereinbarungen" anknüpfe, nicht zum Tragen komme. Die von der Beklagten geltend gemachte "Infrastrukturkomponente" werde durch die allgemeinen Pflegegebühren, die "Hotelkomponente" durch Pauschalbeträge nach Art III Abs 1 Z 5 und Abs 2 des Zusatzübereinkommens abgegolten. Aus diesem Grund und im Hinblick auf die gesetzliche Verpflichtung der Beklagten, jeden aufnahmebedürftigen Patienten in der allgemeinen Gebührenklasse aufzunehmen, sei auch der von ihr behauptete Bereicherungsanspruch zu verneinen. Der Verjährungseinwand betreffend den für April 1992 zustehenden Betrag sei nicht berechtigt, weil die Beklagte das Klagebegehren der Höhe nach anerkannt und außer Streit gestellt habe. Überdies sei dem Kläger der Betrag für April 1992 erst mit 1.3. 1993 ausgezahlt worden. Eine frühere Auszahlung habe die Beklagte nicht behauptet. Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG nicht gegeben seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Aktenwidrigkeit mit dem Antrag, es im Sinne der Abweisung der Klage abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zulässig, da zu den dargestellten Rechtsfragen, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Sie ist im Sinne des darin gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, daß sich keine der Parteien auf eine zwischen dem Kläger und den in Frage kommenden Patienten geschlossene Vereinbarung iS § 49 Abs 5 NÖ KAG beruft. Vielmehr beruhen die hier in Rede stehenden Leistungen der BVA und der VAE auf einem zwischen ihnen und der Beklagten geschlossenen Vertrag iS § 57 NÖ KAG. Der Umstand, daß das Sondergebührenmodell des Krankenanstaltengesetzes des Bundes eine (in § 49 Abs 5 NÖ KAG vorgesehene) direkte Rechtsbeziehung zwischen dem Arzt und dem in der Sonderklasse untergebrachten Patienten nicht zuläßt (vgl dazu ausführlich 8 ObA 2317/96k), ist daher hier nicht von Bedeutung.

Im übrigen macht die Revisionswerberin zu Recht geltend, daß der Standpunkt der Vorinstanzen, bei dem von der Beklagten einbehaltenen Teil der Leistungen der BVA und der VAE handle es sich um "ärztliches Honorar" iS § 45 Abs 1 lit b NÖ KAG, das gemäß Abs 2 leg cit nur um die im Gesetz normierte Einhebungsvergütung gekürzt werden dürfe und ansonsten ungeschmälert an die berechtigten Ärzte weiterzugeben sei, den zentralen Einwand der Beklagten außer acht läßt, daß die hier interessierenden Leistungen der genannten Versicherungsträger eine Pauschalleistung darstellten, die neben dem ärztlichen Honorar einen "Zuschlag zur Pflegegebühr" iS § 45 Abs 1 lit a NÖ KAG enthalte. Daran ist jedenfalls richtig, daß Art III der Zusatzübereinkommen solche sowohl das ärztliche Honorar als auch den Zuschlag zur Pflegegebühr umfassenden Pauschalleistungen der genannten Versicherungsträger vorsieht, deren Aufteilung auf die beiden Komponenten iS Art III Abs 7 der Übereinkommen erst von der Beklagten vorzunehmen ist. Ob es sich aber bei den von der Beklagten iS der Klagebehauptungen gekürzten Beträgen um die gesamten Pauschalleistungen der Versicherungsträger handelt - so der Standpunkt des Beklagten - oder ob die behaupteten Kürzungen nur den auf das ärztliche Honorar entfallenden Teil der Pauschalleistungen betreffen - so offenbar der Standpunkt des Klägers - ist bislang nicht geklärt. Bei der vom Erstgericht dazu getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellung handelt es sich um eine rechtliche Wertung, die mangels der hiefür maßgebenden Feststellungen nicht überprüfbar ist. Diese Frage ist aber von entscheidender Bedeutung:

In dem vom Kläger ins Treffen geführten Erkenntnis des VwGH vom 29. 6. 1994, 93/12/0279, wurde die Rechtsauffassung vertreten, daß von den von der BVA und der VAE erbrachten Leistungen, sofern sie ärztliches Honorar für die ärztliche Behandlung der Sonderklasse-Patienten iS § 45 Abs 1 lit b erster Fall NÖ KAG darstellen, ausschließlich eine Einhebungsvergütung nach § 45 Abs 2 NÖ KAG einbehalten werden darf. Dieser Auffassung entsprechen auch die weiteren im zitierten Erkenntnis enthaltenen Ausführungen, wonach dann, wenn Sondergebühren für Sonderklasse-Patienten vom Krankenanstaltenträger iS § 57 Abs 2 lit a NÖ KAG (verstanden als Oberbegriff für Sondergebühren iS § 45 Abs 1 lit a, lit c und lit d bzw. der ärztlichen Honorare nach § 45 Abs 1 lit b NÖ KAG) eingehoben werden, die auch ärztliches Honorar für die Behandlung der Sonderklasse-Patienten enthalten, "hinsichtlich der Weiterverrechnung dieses Teiles, der für die ärztliche Behandlung bestimmt ist, nur nach den Regelungen des § 45 Abs 2 ff NÖ KAG vorzugehen" sei. Über diese Ausführungen hinausgehend lehnt der VwGH in weiterer Folge die Meinung des belangten Rechtsträgers ab, aufgrund der Regelung des Art III Abs 7 des Zusatzübereinkommens stehe es im freien Ermessen des Rechtsträgers, ob überhaupt und wieviel den leitenden Ärzten von den unter Bezugnahme auf § 45 Abs 1 lit a und lit b NÖ KAG bezahlten Gebühren für Sonderklasse-Patienten zustehe, weil nach dieser Ansicht die Regelung des § 45 Abs 2 ff NÖ KAG sinnentleert wäre. Eine derartige Bedeutung dürfe Art III Abs 7 des Übereinkommens nicht zukommen, weil es gesetzliche Regelungen nicht verdrängen könne.

Diese Rechtsauffassung des VwGH liegt auch seinem Erkenntnis vom 22. 3. 1995, 94/12/0254, und seinem Beschluß vom 18. 12. 1996, 95/12/0321, zugrunde. Mit dem zuletzt genannten Beschluß stellte der VwGH an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, Art II und Art III Abs 2 der NÖ KAG - Novelle 1995 als verfassungswidrig aufzuheben. Die in Art II angesprochenen privatrechtlichen Vereinbarungen (über die Einbehaltung des "Hausrücklasses") hätten nämlich gegen die zwingenden Regelungen des § 45 NÖ KAG idF vor der Novelle 1995 verstoßen und wären daher iS § 879 Abs 1 ABGB nichtig gewesen. Durch die angefochtenen Bestimmungen werde die Rechtswirksamkeit dieser nichtigen Vereinbarungen bewirkt. Eine solche rückwirkende Änderung der Rechtslage, für die eine sachliche Rechtfertigung fehle, verstoße gegen den Gedanken der sachlichen Gleichberechtigung.

Der vom VwGH vertretenen Auffassung, daß von dem Teil der aufgrund der Zusatzübereinkommen von der BVA und der VAE erbrachten Leistungen, der ärztliches Honorar iS § 45 Abs 1 lit b darstellt, ausschließlich eine Einhebungsvergütung nach § 45 Abs 2 NÖ KAG einbehalten werden darf, tritt der Oberste Gerichtshof bei. Die dagegen von der Revisionswerberin vorgebrachten Einwände überzeugen nicht: Für ihre Annahme, der Begriff des "ärztlichen Honorars" iS § 45 Abs 1 lit b NÖ KAG, der auch eine dem Rechtsträger der Krankenanstalt zustehende "Infrastrukturkomponente" enthalte, sei mit dem (engeren) Begriff des "ärztlichen Honorars" iS § 45 Abs 2 (i.V. mit § 49 Abs 5) leg cit nicht ident, fehlt es an einer rechtfertigenden Grundlage. Daß das ärztliche Honorar hier nicht aufgrund einer Vereinbarung zwischen Arzt und Patient iS § 49 Abs 5 NÖ KAG sondern aufgrund eines Zusatzübereinkommens iS § 57 NÖ KAG geleistet wird, ändert nichts daran, daß es nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes die ärztliche Behandlung der Sonderklassepatienten abgelten soll und daher - abgesehen von der im Gesetz normierten Einhebungsvergütung - ungeschmälert dem betroffenen Arzt zufließen muß. Sollte daher der Standpunkt des Klägers zutreffen, daß die Einbehaltung eines die Einhebungsvergütung übersteigenden "Hausrücklasses" von jenem Teil der Leistungen der Versicherungsträger erfolgte, der (nach der Aufteilung der in den Zusatzübereinkommen vereinbarten Pauschalleistungen) ärztliches Honorar iS § 45 Abs 1 lit b NÖ KAG darstellt, wäre die Einbehaltung des Hausrücklasses somit unzulässig gewesen.

Der Hinweis auf eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen den Streitteilen, nach der die Beklagte berechtigt wäre, einen "Hausrücklaß" vom ärztlichen Honorar einzubehalten, könnte an diesem Ergebnis nichts ändern, weil eine solche Vereinbarung, wegen des darin gelegenen Verzichtes auf unabdingbare Entgeltansprüche während des aufrechten Arbeitsverhältnisses nicht wirksam geschlossen werden kann (9 ObA 95/93; 9 ObA 36/97b; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht5 360). Entgegen der vom VwGH vertretenen Meinung wäre nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes Art II der NÖ KAG - Novelle 1995 auf derart unwirksame Vereinbarungen nicht anzuwenden. Diese Bestimmung kann nämlich im Hinblick auf das Gebot verfassungskonformer Auslegung (Bydlinski in Rummel**2 Rz 21 zu § 6 mwN) nur dahin verstanden werden, daß sie auf wirksam geschlossene Verträge zwischen den berechtigten Ärzten und den Rechtsträgern der betroffenen Krankenanstalten abstellt, nicht aber die Sanierung unwirksamer Vereinbarungen anstrebt. Entgegen der Meinung der Revisionswerberin bedeutet dieses Verständnis der zitierten Norm nicht, daß sie völlig überflüssig wäre. Immerhin stellt sie klar, daß für die Aufteilung der aufgrund der Zusatzübereinkommen erbrachten, sowohl ärztliches Honorar als auch den Zuschlag zur Pflegegebühr enthaltenden Pauschalleistungen (zulässige) Vereinbarungen zwischen Arzt und Rechtsträger der Krankenanstalt maßgeblich sind. Dies ergibt sich zwar - wie noch näher darzulegen sein wird - ohnedies bereits aus der Rechtslage vor der NÖ KAG - Novelle 1995, was aber den von der Revisionswerberin behaupteten Intentionen des Landesgesetzgebers entspricht, der mit der zitierten Novelle nur die von ihm ohnedies als gegeben angenommene Rechtslage klarstellen wollte.

Auch mit einem Anspruch nach § 1041 ABGB könnte die Beklagte eine Kürzung des ärztlichen Honorars - sollte eine solche erfolgt sein - nicht rechtfertigen: Der Landesgesetzgeber hat in § 45 Abs 1 NÖ KAG abschließend geregelt, welche Sondergebühren und ärztliche Honorare für die Behandlung, Unterbringung und Verpflegung von Sonderklasse-Patienten verlangt werden können. Eine Korrektur dieser Anordnung des Gesetzgebers durch einen Verwendungsanspruch, der nur vom Gesetz nicht gedeckte Vermögensverschiebungen ausgleichen soll (Rummel in Rummel**2 Rz 4 zu § 1041), kommt nicht in Betracht.

Sollte daher die Beklagte den "Hausrücklaß" von jenem Teil der Leistungen der Versicherungsträger einbehalten haben, der ärztliches Honorar iS § 45 Abs 1 lit b darstellt, wäre die Forderung des Klägers auf Rückersatz der ohne Berechtigung einbehaltenen (und noch nicht verjährten) Beträge gerechtfertigt.

Anders wäre die Rechtslage zu beurteilen, falls die Beklagte - wie es ihrem Prozeßstandpunkt entspricht - den "Hausrücklaß" (und auch die Einhebungsvergütung) vom gesamten von den Versicherungsträgern geleisteten Pauschalbetrag, der sowohl das ärztliche Honorar als auch den Zuschlag zur Pflegegebühr umfaßt, einbehalten hätte. Soweit die oben dargestellte Auffassung des VwGH dahin zu verstehen ist, daß der Anteil des Klägers auch unter dieser Voraussetzung vom gesamten von den Versicherungsträgern geleisteten Betrag zu berechnen sei, wird sie vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt. Daß die Versicherungsträger in den mit den Rechtsträgern der Krankenanstalten geschlossenen Zusatzübereinkommen die Aufteilung des von ihnen geleisteten Pauschalbetrages den Rechtsträgern überlassen, kann nicht dazu führen, den gesamten Pauschalbetrag - also auch den Zuschlag zur Pflegegebühr iS § 45 Abs 1 lit a - den Ärzten zuzuerkennen. Da der Landesgesetzgeber in § 57 NÖ KAG idF vor der Novelle 1995 den Rechtsträgern der Krankenanstalten das Recht einräumt, das Ausmaß der von den Versicherungsträgern zu leistenden "Sondergebühren nach § 45 Abs 1" (als Oberbegriff, der auch die ärztlichen Honorare iS § 45 Abs 1 lit b umfaßt) mit den Versicherungsträgern zu vereinbaren, ist es auch nicht gesetzwidrig, wenn die Rechtsträger den Zuschlag zur Pflegegebühr iS § 45 Abs 1 lit a und die ärztlichen Honorare iS § 45 Abs 1 lit b in Form eines beide Komponenten umfassenden Pauschalbetrages vereinbaren, dessen (gesetzeskonforme und sachgerechte) Aufteilung ihnen vorbehalten bleibt. Beizupflichten ist dem VwGH aber insoweit, daß diese Aufteilung nicht "im freien Ermessen" des Rechtsträgers der Krankenanstalt liegt. Zum einen ist er an die gegebenen gesetzlichen Beschränkungen gebunden (so normiert § 49 Abs 3 NÖ KAG für den Zuschlag zur Pflegegebühr die dort angeführten Obergrenzen); zum anderen ergibt sich schon aufgrund seiner aus § 1157 ABGB abzuleitenden Fürsorgepflicht seine Verpflichtung, eine den Grundsätzen der Billigkeit entsprechende sachgerechte Aufteilung des von den Versicherungsträgern geleisteten Pauschalbetrages vorzunehmen (siehe die insoweit vergleichbaren Ausführungen in 8 ObA 2317/96k zur Aufteilung von in Form eines Honorarpools definierten Zahlungen an mehrere Ärzte).

Ist die Beklagte aber berechtigt, die von den Versicherungsträgern geleisteten Pauschalbeträge in diesem Sinne aufzuteilen, muß es umso mehr zulässig sein, die Aufteilung dieser Beträge in Pflegegebühren und ärztliches Honorar mittels einer Vereinbarung zwischen Rechtsträger und den berechtigten Ärzten vorzunehmen. Dies ergibt sich somit schon aus der Rechtslage vor der NÖ KAG - Novelle 1995, deren Art II daher tatsächlich nur eine Klarstellung der ohnedies schon vorher gegebenen Rechtslage darstellt.

Geht man iS des Standpunktes der Beklagten davon aus, daß die Einbehaltung des Hausrücklasses inhaltlich der Aufteilung der von den Versicherungsträgern geleisteten Pauschalbeträge darstellt, ist ihr im übrigen auch darin zu folgen, daß über diese Aufteilung konkludent eine Vereinbarung mit dem Kläger zustande gekommen ist. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen war nämlich dem schon vor dem Beginn des nunmehrigen Dienstverhältnisses bei der Beklagten tätigen Kläger der Abzug des "Hausrücklasses" und die dafür maßgeblichen Überlegungen der Beklagten bekannt. Da dieser Umstand beiden Teilen bekannt war, wurde darüber bei den Vertragsverhandlungen nicht mehr gesprochen. Auch in der Folge hat der Kläger - bis zum zitierten Erkenntnis des VwGH - der Einbehaltung des "Hausrücklasses" nicht widersprochen. Ob dieses Verhalten des Klägers von einem rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen getragen war, ist nicht entscheidend. Maßgebend ist vielmehr, was der Partner bei sorgfältiger Würdigung dem Verhalten des Klägers entnehmen konnte (Rummel in Rummel**2 Rz 8 zu § 863 mwN). Da beide Teile beim Abschluß des Vertrages von der praktizierten Aufteilung ausgingen und sie auch weiterhin jahrelang vom Kläger akzeptiert wurde, konnte die Beklagte ohne "vernünftigen Grund, daran zu zweifeln" (§ 863 ABGB) von seiner Zustimmung zur geübten Praxis ausgehen. Die Meinung des Erstgerichtes, es habe sich nur um die Hinnahme eines gesetzwidrigen Zustandes gehandelt, trifft unter der hier zugrunde gelegten Annahme, daß die Einbehaltung des "Hausrücklasses" vom gesamten von den Versicherungsträgern geleisteten Pauschalbetrag erfolgte, nicht zu. Unter dieser Annahme erweist sich daher der Standpunkt der Klägerin als gerechtfertigt, daß die Einbehaltung des Hausrücklasses durch eine konkludent zustande gekommene Vereinbarung mit dem Kläger gedeckt ist.

Im Hinblick auf den bereits oben erwähnten Grundsatz der Unabdingbarkeit von Entgeltansprüchen ist aber zu beachten, daß diese Vereinbarung nur insoweit wirksam ist, als sie den unabdingbaren Ansprüchen des Klägers Rechnung trägt. Sollte daher der von der Beklagten von den Pauschalleistungen der Versicherungsträger einbehaltene Betrag die in § 49 Abs 3 NÖ KAG festgelegten Obergrenzen für den Zuschlag zu den Pflegegebühren überschreiten, wäre die mit dem Kläger geschlossene Aufteilungsvereinbarung im Umfang dieser Überschreitung gesetzwidrig und unwirksam. Wie bereits oben ausgeführt, könnte Art II der NÖ KAG - Novelle 1995 an diesem Ergebnis nichts ändern, weil er nur auf wirksame Vereinbarungen abstellt. Eine derartige Gesetzwidrigkeit der Vereinbarung wurde aber bislang nicht geltend gemacht.

Zusammenfassend ergibt sich daher, daß die Entscheidung von der strittigen und bislang ungeklärten Frage abhängt, ob der Einbehalt des Hausrücklasses durch die Beklagte vom ärztlichen Honorar iS § 45 Abs 1 lit b NÖ KAG oder von Pauschalleistungen der Versicherungsträger erfolgte, die neben dem ärztlichen Honorar auch noch den Zuschlag zur Pflegegebühr iS § 45 Abs 1 lit a leg cit umfassen. Zur Klarstellung dieser Frage wird es erforderlich sein, den Sachverhalt mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zu zweckdienlichen Beweisanboten zu geben. Es ist daher erforderlich, die Arbeitsrechtssache an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Den Ausführungen der Revisionswerberin zum Verjährungseinwand ist dahin beizupflichten, daß die Annahme des Berufungsgerichtes, sie habe nicht behauptet, daß der Betrag für April 1992 früher als vom Berufungsgericht angenommen ausgezahlt wurde, unzutreffend ist. Ebenso ist richtig, daß die Ausführungen des Berufungsgerichtes über den Zeitpunkt dieser Zahlung durch keinerlei Feststellungen gedeckt ist. Auch insofern wird der Sachverhalt daher klarzustellen sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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