JudikaturJustiz9ObA119/20w

9ObA119/20w – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Februar 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Hon. Prof. Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Bernhard Gruber (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Angela Taschek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Moser Mutz Rechtsanwälte GesbR in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei Land Kärnten, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Arnulfplatz 1, vertreten durch Dr. Robert Kugler, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen 64.968 EUR sA infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 14.204,78 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. September 2020, GZ 6 Ra 29/20m 23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. September 2019, GZ 34 Cga 21/19t 19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger, der als selbständiger Medienberater tätig war, schloss nach einem Vergabeverfahren am 3. 6. 2002 mit der K***** als deren Auftragnehmer einen unbefristeten PR Beratungsvertrag (in Form eines Werkvertrags). Vertragsgegenstand war die journalistische Beratung der K***** (und deren Organe) und des Landeskrankenhauses *****. Als Entgelt wurden jährliche Pauschalhonorare vereinbart. Für die Beratung der K***** betrugen diese zunächst 60.000 EUR jährlich exklusive USt (zahlbar in gleichen monatlichen Teilbeträgen von je 5.000 EUR) und für das Landeskrankenhaus ***** 30.000 EUR jährlich exklusive USt (zahlbar in monatlichen Teilbeträgen von je 2.500 EUR). In der Folge wurden vier Zusatzvereinbarungen getroffen.

[2] Aufgrund einer 2010 eingeleiteten GPLA Prüfung waren Verwaltungsverfahren anhängig, die ihren Abschluss mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 7. 6. 2017, GZ ***** fanden, mit dem die außerordentliche Revision der Beklagten zurückgewiesen wurde. Ab diesem Zeitpunkt war klargestellt, dass der PR Vertrag mit dem Kläger samt Zusatzverträgen rechtlich nicht als Werkvertrag, sondern als Dienstvertrag zu qualifizieren ist. Der Kläger wurde rückwirkend mit 3. 2. 2002 als Dienstnehmer bei der Kärntner Gebietskrankenkasse gemeldet.

[3] Über Weisung des Aufsichtsrats wurde im Jahr 2009 der Vertragsteil betreffend das K***** Management zum 31. 1. 2010 gekündigt. Das vorerst weiterlaufende befristete unkündbare Vertragsverhältnis betreffend das K***** K***** (vormals Landeskrankenhaus *****) wurde mit Schreiben vom 30. 8. 2011 mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund aufgelöst. Die folgenden Rechtsstreitigkeiten über den Fortbestand des (gesamten) Vertragsverhältnisses wurden am 28. 1. 2014 vergleichsweise beendet. Inhalt des Vergleichs war (zusammengefasst), dass sich die Beklagte zur Begleichung der von 2011 bis 2014 aufgelaufenen Entgeltrückstände in Höhe von 239.632,57 EUR verpflichtete (wovon 22.100,32 EUR zur Abdeckung etwaiger an die Sozialversicherung zu bezahlender Beträge einbehalten wurden) und der Kläger auf Basis der bisher bestehenden Vertragslage weiterarbeiten sollte, indem er ab Februar 2014 weiterhin Honorarnoten über den vertraglich vereinbarten Betrag (ohne Abzug von hypothetischen Arbeitnehmeranteilen) legen sollte. Diesem Vergleichspunkt lag die damalige Ansicht der Vertreter der Beklagten zu Grunde, ihr Rechtsstandpunkt bezüglich des Vorliegens eines Werkvertrags, werde sich in den – damals noch anhängigen – Verwaltungsverfahren als richtig erweisen. Weiters wurde vereinbart, dass mit Rechtskraft der Entscheidung im anhängigen Verwaltungsverfahren über die Sozialversicherungspflicht nach dem ASVG und in dessen Entsprechung der Vertrag entweder als Werkvertrag oder als freier Dienstvertrag (allenfalls als echter Dienstvertrag) fortgeführt werde (Punkt 4 des Vergleichs).

[4] Zum Jahresende 2015 wurde die Tätigkeit des Klägers einvernehmlich beendet.

[5] Mit der vorliegenden – im Jahr 2018 eingebrachten – Klage begehrt der Kläger 29.232 EUR an Urlaubsentschädigung (ausgehend von einem Urlaubsguthaben von 84 Arbeitstagen und einer Bemessungsgrundlage auf Basis des vereinbarten Werkvertragshonorars von 7.656 EUR : 22 mal 84). Weiters begehrt er den Zuspruch von 35.736 EUR an „Rückforderungsanspruch Arbeitnehmeranteile“, insgesamt somit 64.968 EUR brutto sA.

[6] Im Revisionsverfahren ist unstrittig, dass der Kläger als Bediensteter der Beklagten anzusehen ist, auf das Dienstverhältnis die zwingenden Bestimmungen des Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetzes K-LVBG 1994 Anwendung finden und ihm aufgrund der Beendigung des Dienstverhältnisses ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung gemäß § 69 K LVBG 1994 für 46 Urlaubstage zukommt. Strittig verblieben ist, ob die Berechnung der Urlaubsentschädigung auf Grundlage des monatlich zur Auszahlung gelangten Werkvertragshonorars von 7.656 EUR zu erfolgen hat oder ob auf das – niedrigere – zwingende Entgeltschema nach dem K LVBG 1994 Bedacht zu nehmen ist.

[7] Der Kläger bringt dazu zusammengefasst vor, hätte die Beklagte im Jahr 2002 rechtskonform einen Dienstvertrag abgeschlossen, wäre dieser ohne Zweifel als Sondervertrag bezeichnet worden. Nach § 8 K LVBG 1994 sei für einen Sondervertrag – im Gegensatz zu § 36 VBG – kein Zustimmungserfordernis eines bestimmten Organs vorgesehen. Einem Dienstvertrag auf Grundlage des K LVBG 1994 (mit entsprechend niedriger Entlohnung) hätte er niemals seine Zustimmung erteilt. Als Bemessungsgrundlage für die Urlaubsentschädigung sei daher das tatsächlich zwischen den Streitteilen vereinbarte Entgelt für eine Vollzeitbeschäftigung in Höhe von 7.656 EUR heranzuziehen (entsprechend dem auf ein Monat umgeschlagenen jährlichen Pauschalhonorar). Im PR Beratervertrag sei eine Vollzeitbeschäftigung vereinbart gewesen; jedenfalls habe er seine Tätigkeiten in diesem Ausmaß erbracht. Das sich nach dem K LVBG 1994 ergebende Urlaubsausmaß betrage daher 224 Stunden (= 28 Arbeitstage) pro Jahr.

[8] Die Beklagte bestreitet und wendet ein, der Abschluss eines Dienstvertrags (Sondervertrags) sei nicht in ihrer Intention bzw in der Intention der K***** gestanden. Der mit dem Kläger abgeschlossene Vertrag sei auch nicht als Sondervertrag bezeichnet worden. Die vom Kläger begehrte Urlaubsentschädigung sei weitaus überhöht. Als Bemessungsgrundlage für die Urlaubsentschädigung seien die zwingenden Entgeltbestimmungen des K LVBG 1994 (Entlohnungsschema I, Entlohnungsgruppe A [höherer Dienst] Entlohnungsstufe 11) heranzuziehen, somit bei einer Vollzeitbeschäftigung ein Grundbezug von 2.242,27 EUR brutto. Der Zeitaufwand für die vom Kläger zu erbringenden Leistungen habe aber nicht einer Vollzeitbeschäftigung im Ausmaß von 40 Wochenstunden entsprochen. Laut Punkt 2 des PR-Beratervertrags sei – entsprechend dem seinerzeit gelegten Anbot des Klägers – das Pauschalhonorar von damals 5.000 EUR monatlich für durchschnittlich 5 Manntage (= Beratertage pro Monat) bemessen worden. Ausgehend von einer Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 9,23 Wochenstunden entsprechend einer Beschäftigung im Ausmaß von 23,09 % einer Vollzeitbeschäftigung reduziere sich der Urlaubsanspruch gemäß § 65 K LVBG 1994 auf 51,57 Stunden (23,09 % von 224). Die Urlaubsentschädigung errechne sich somit mit 1.803,22 EUR (739,21 EUR + 2/12 Sonderzahlungen : 22 x 46).

[9] Die Beklagte erhob weiters eine Gegenforderung in Höhe von 100.846,10 EUR.

[10] Das Erstgerich t stellte fest, dass die Forderung des Klägers mit 19.514,76 EUR brutto sA seit 1. 1. 2016 zu Recht bestehe und die eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Die Beklagte sei daher schuldig, dem Kläger 19.514,76 EUR brutto sA zu zahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 45.453,24 EUR sA wurde abgewiesen. Vom zugesprochenen Betrag von 19.514,76 EUR entfallen 16.008 EUR auf die Urlaubsentschädigung (7.656 EUR brutto dividiert durch 22 x 46 Arbeitstage).

[11] Das Erstgericht traf über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus – noch folgende Feststellungen:

„Sonderverträge werden bei der K***** grundsätzlich nur in Ausnahmefällen geschlossen, wenn ein dringender Bedarf besteht, spezielle Fähigkeiten gebraucht werden und mit den Vorgaben des Vertragsbedienstetengesetzes ein Vertrag nicht zustande kommen könnte. Im Fall des Klägers war von Seiten der Beklagten der Abschluss eines Sondervertrags nicht gewollt, weil man den Einkauf der Leistung eines Unternehmers und den Abschluss eines Werkvertrags beabsichtigte. Als Bemessungsgrundlage für das Pauschalhonorar führten die Vertreter der Beklagten in den PR Beratervertrag den Terminus der '5 Manntage pro Monat' ein, um das zeitliche Ausmaß der Tätigkeiten im Verhältnis zum Pauschalhonorar darzulegen und dessen Angemessenheit einzuschätzen. Zu diesem Zweck wurden die vom Kläger eingeforderten monatlichen Tätigkeitsberichte auch jeweils überprüft. Der genaue Zeitaufwand und das (genaue) Ausmaß der Tätigkeit des Klägers kann nicht festgestellt werden.

Der Kläger konsumierte in den Jahren 2014 und 2015 je 10 Urlaubstage.“

[12] Rechtlich nahm das Erstgericht den Standpunkt ein, der hypothetische Parteiwille des Klägers sei dahin gegangen, dass er eine Tätigkeit als PR Berater für ein Entgelt, wie im K LVBG 1994 festgelegt, nicht aufgenommen hätte, dies auch nicht als Vollzeitbeschäftigung mit dem vierfachen Bezug. Es sei daher davon auszugehen, dass es im Jahr 2002 zum Abschluss eines entsprechenden – in der Dispositionsmöglichkeit der Parteien stehenden (§ 8 K LVBG 1994) – Sondervertrags gekommen wäre. Als Bemessungsgrundlage der Urlaubsentschädigung sei der Werkvertragslohn von 7.656 EUR brutto monatlich heranzuziehen (7.656 EUR : 22 x 46).

[13] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten (mit der das Ersturteil im Umfang der Abweisung von 14.204,78 EUR brutto, also insofern angefochten wurde, als ein über 1.803,22 EUR brutto hinausgehender Betrag für Urlaubsentschädigung zugesprochen worden war) nicht Folge. Ob die Vereinbarungen als Sonderverträge anzusehen seien, sei nicht maßgeblich. Solche wären mangels Erfüllung der Formvorschriften zweifellos unzulässig. Maßgeblich sei, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen bewusst gewesen wäre, dass die Vereinbarung als Dienstvertrag im Anwendungsbereich des K LVBG 1994 mit allen zwingenden Konsequenzen zu qualifizieren sei. Daran haben die Parteien offenkundig auch bei Abschluss des Vergleichs im Jahr 2014 nicht gedacht. Das Vorliegen eines Vertragsbedienstetenverhältnisses sei im Vergleich nicht releviert worden. Zu prüfen sei daher, welches Gehalt die Parteien zugrunde gelegt hätten, wenn ihnen die rechtliche Qualifikation als Dienstvertrag nach dem K LVBG 1994 bewusst gewesen wäre. Der Rechtsansicht des Erstgerichts, dass es zum Abschluss eines Sondervertrags mit dem vereinbarten Nettohonorar als Bruttobezug gekommen wäre, sei beizupflichten. Der zuständige Vorstand habe PR Leistungen eines professionell tätigen Beraters für den Auftritt der Betriebe der Beklagten zukaufen wollen. Der Kläger wäre mit einem Bezug nach dem K LVBG 1994 wohl nicht einverstanden gewesen. Der Abschluss eines Sondervertrags entspreche auch dem Sachlichkeitsgebot, weil es sich – ähnlich etwa wie bei technischen Spezialisten – um eine nicht in das Vertragsbedienstetenschema passende Tätigkeit gehandelt habe. Bei der Berechnung der Urlaubsentschädigung sei daher das vereinbarte Nettoentgelt als Bruttoentgelt zugrunde zu legen.

[14] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, es bestehe keine Rechtsprechung dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung die Rechtsfolgen eines Sondervertrags im Vertragsbedienstetenrecht herbeigeführt werden können.

[15] Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, der Revision Folge zu geben und die Entscheidung des Berufungsgerichts dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[16] Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[17] Die Revision der Beklagten ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

[18] Die Revisionswerberin macht unter Hinweis auf die Entscheidung 8 ObA 78/15a zusammengefasst geltend, die Entlohnung nach dem K LVBG 1994 habe nach dessen zwingenden Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften zu erfolgen, sodass sich auch die Bemessungsgrundlage für die eingeklagte Urlaubsentschädigung zwingend nach diesen Vorschriften zu richten habe. Ein Sondervertrag wäre im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht begründbar.

[19] Dazu ist auszuführen:

[20] 1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn vom Berufungsgericht infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936). Die Einzelfallabhängigkeit gilt auch für die Frage, ob eine „Vertragslücke“ vorliegt, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu beseitigen ist ( Rummel in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 914 ABGB Rz 22 f).

[21] 2.1 Im vorliegenden Fall bedarf die Annahme der Vorinstanzen, es liege eine mittels ergänzender Vertragsauslegung (durch Rückgriff auf einen Sondervertrag) zu schließende Vertragslücke vor, einer Korrektur, weil sie mit den Auslegungsregeln nicht in Einklang steht:

[22] 2.2 Dienstrechtsgesetze für öffentlich Bedienstete sind dadurch gekennzeichnet, dass sie für die Dienstverhältnisse zu bestimmten Körperschaften den wesentlichen Inhalt des Dienstvertrags zwingend, also weder durch Kollektivvertrag noch Betriebsvereinbarung noch Einzelvertrag abdingbar festlegen (RS0050823). Die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Vertragsbediensteten können nur unter den im Gesetz vorgesehenen Rahmenbedingungen geändert werden (RS0029331 [T3]). Die Entlohnung der Vertragsbediensteten hat daher grundsätzlich nach den jeweiligen, zwingenden Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften zu erfolgen (RS0081810). Jede nicht dem Gesetz entsprechende Gestaltung ist rechtswidrig und hat jedenfalls pro futuro keinen Bestand ( Rebhahn , Vertrauensschutz in gesetzlich determinierten Dienstverhältnissen, DRdA 2002, 202).

[23] 2.3.1 Auch die Einstufungsvorschriften des K LVBG 1994 sind zwingendes Recht, von dem grundsätzlich nicht abgegangen werden kann (RS0081810 [T1]; 8 ObA 60/10x). Ihre Geltung ist nicht von einer Vereinbarung im Dienstvertrag abhängig.

[24] 2.3.2 Entlohnungen, die über die zwingenden Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften hinaus gehen, können nur in begründeten Ausnahmefällen in Sonderverträgen (§ 36 VBG, § 8 K LVBG 1994) vereinbart werden ( Ziehensack , VBG § 36 Rz 15; 9 ObA 143/06d). Bei Sonderverträgen ist nicht nur der ausdrückliche Abschluss und die Bezeichnung als Sondervertrag Voraussetzung, sondern ist auch die Schriftlichkeit indiziert (RS0115297). Mündliche oder schlüssige Abschlüsse von Sonderverträgen kommen nicht in Betracht.

[25] 2.3.3 § 8 K LVBG 1994 weist die Besonderheit auf, dass ein dem § 36 VBG 1948 entsprechendes Zustimmungserfordernis nicht vorgesehen ist. Sonderverträge für Vertragsbedienstete des Landes Kärnten können daher von den Organen abgeschlossen werden, die auch zum Abschluss von sonstigen Dienstverträgen legitimiert sind (RS0108450).

[26] 3.1 Nach § 69 K LVBG 1994 ist der Urlaubsanspruch, der noch nicht verfallen ist bzw dessen Konsumation in natura wegen der Beendigung des Dienstverhältnisses nicht mehr erfolgen kann, in Geld abzulösen. Die Höhe der Urlaubsentschädigung bemisst sich aus dem Monatsentgelt und weiteren Bestandteilen (§ 69 Abs 2 K LVBG 1994).

[27] 3.2 Auch bei Berechnung der Urlaubsentschädigung ist daher auf das zwingende Entgeltschema nach K LVBG 1994 Bedacht zu nehmen.

[28] 4.1 Dies trifft grundsätzlich auch dann zu, wenn ein Vertragsverhältnis erst im Nachhinein rechtlich in ein Dienstverhältnis nach dem K LVBG 1994 umqualifiziert wird:

[29] 4.2.1 Zur Entgeltanpassung bei rechtlicher Umqualifizierung von Vertragsverhältnissen in einen echten Arbeitsvertrag wurde zur Urlaubsersatzleistung bereits ausgesprochen, dass deren Geltendmachung nicht einmal dann als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, wenn sie mit dem früheren Verhalten eines Arbeitnehmers im Widerspruch steht, weswegen bei der Berechnung dieses Anspruchs die von den Parteien getroffene Entgeltabrede zugrunde zu legen ist (8 ObA 20/04f; 8 ObA 56/11k; 9 ObA 51/12h).

[30] 4.2.2 Im Fall der Umqualifizierung eines freien Dienstverhältnisses in ein dem VBG unterliegenden Dienstverhältnis hat die Entlohnung im Hinblick auf den zwingenden Charakter der Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften des VBG jedoch nach den jeweils geltenden einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu erfolgen. Entlohnungen, die darüber hinaus gehen, können nur in Sonderverträgen (§ 36 VBG) vereinbart werden. Zur Urlaubsersatzleistung wurde ausgeführt, dass einem Vertragsbediensteten, der aufgrund unrichtiger Qualifikation seines Dienstverhältnisses tatsächlich keinen Erholungsurlaub konsumiert hat, nach Beendigung des Dienstverhältnisses ein prinzipieller Anspruch auf Urlaubsersatzleistung zusteht, bei deren Berechnung auf das zwingende Entgeltschema nach dem VBG Bedacht zu nehmen sei (8 ObA 78/15a = DRdA 2016, 274/32 [ Ziehensack ] RS0130445).

[31] 5. Zutreffend weist die Revisionswerberin darauf hin, dass diese Rechtsprechung auch für den vorliegenden Fall Gültigkeit hat, weil die Rechtsfolgen eines Sondervertrags nach § 8 K-LVBG 1994 im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht herbeigeführt werden können:

[32] 5.1 Treten nach Abschluss einer Vereinbarung Konfliktfälle bzw Störungen in der Vertragsabwicklung auf, die von den Parteien nicht bedacht und auch nicht geregelt wurden, ist eine ergänzende Vertragsauslegung zur Beseitigung der aufgetretenen Vertragslücke vorzunehmen (RS0016415). Diese ergänzende Vertragsauslegung hat also nur dann Platz zu greifen, wenn eine Vertragslücke vorliegt (RS0017829).

[33] 5.2 Ganz allgemein kann nicht bereits dann vom Wegfall einer Entgelt- oder sonstigen Gegenleistungsvereinbarung und folglich vom Entstehen einer Lücke ausgegangen werden, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Leistungspflichten eines Vertragspartners geringer oder größer als ursprünglich vereinbart sind, auch wenn es gegenüber der ursprünglichen Parteienabsicht zu einer Veränderung des Äquivalenzverhältnisses kommt.

[34] 5.3 Das Berufungsgericht hat die zwischen den Parteien getroffenen vergleichsweisen Vereinbarungen hinsichtlich des Entgelts als lückenhaft mit der Begründung angesehen, die Parteien hätten nicht bedacht, dass im Fall der Feststellung der Dienstnehmereigenschaft des Klägers der Dienstvertrag in den Anwendungsbereich des K LVBG 1994 fällt und das dort normierte zwingende Entgeltschema zur Anwendung gelangt. Diese Ansicht stellt auf die falsche Vorstellung der Parteien darüber ab, welche Rechtsfolgen unabhängig vom Willen der Parteien von der Rechtsordnung vorgesehen sind (RS0008653) und leitet daraus das Vorliegen einer Vertragslücke ab.

[35] 5.4 Nach ständiger Rechtsprechung ist für den Bereich des zwingenden Rechts ein Rechtsfolgenirrtum aber unbeachtlich (RS0008653 [T2]). Dieser Grundsatz gilt auch bei zwingenden Bestimmungen des Arbeitsrechts (8 ObA 26/00g; 9 ObA 51/12h zur Qualifzierung eines vermeintlich freien Dienstvertrags als echter Arbeitsvertrag).

[36] 5.5 Mit dem Vergleich der Parteien sollten die Rechtsstreitigkeiten über den Fortbestand der Verträge bereinigt und die – von beiden Seiten nunmehr doch wieder gewünschte – weitere Zusammenarbeit geregelt werden. Der Kläger hat in dem Vergleich eine Nachzahlung der rückständigen Entgelte durchgesetzt und erreicht, dass die weitere Zusammenarbeit auf Basis der bestehenden Werkverträge erfolgen sollte. Auch für die Zeit nach Abschluss der damals noch anhängigen Verwaltungsverfahren wurde bereits eine Regelung getroffen, indem die zukünftige „Fortführung“ des Vertrags entsprechend den Ergebnissen dieser Verfahren – allenfalls auch als echter Dienstvertrag – vereinbart wurde (Pkt 4 des Vergleichs). Diese Vereinbarung ermöglichte dem Kläger, im Fall der Fortführung als Dienstvertrag nachträglich dienstrechtliche Ansprüche (wie bezahlten Urlaub) geltend zu machen. Der Kläger (bzw sein damaliger Rechtsvertreter) musste aber davon ausgehen, dass auf das Dienstverhältnis das K LVBG 1994 zur Anwendung gelangt und dessen zwingende Einstufungs- und Entlohnungsvorschriften eingreifen, mögen diese auch niedrigere Entgelte enthalten als der vereinbarte Werkvertragslohn.

[37] 6. Der Ansicht, bei Berechnung der eingeklagten Urlaubsentschädigung sei von einer Vertragslücke auszugehen, der dadurch zu begegnen sei, dass die Rechtsfolgen eines Sondervertrags durch ergänzende Vertragsauslegung begründet werden, kann daher nicht gefolgt werden. Auch im vorliegenden Fall ist bei der Berechnung der Urlaubsersatzleistung auf das zwingende Entgeltschema des K LVBG 1994 Bedacht zu nehmen.

[38] 7. Ausgehend von seiner – vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten – anderslautenden Rechtsansicht hat das Erstgericht noch keine Feststellungen zu etwaigen anzurechnenden Vordienstzeiten und dem fiktiven Bezug bei Einreihung in das Entgeltschema nach dem K LVBG 1994 getroffen. Da sich die Höhe der Urlaubsentschädigung aus dem Monatsentgelt und weiteren Bestandteilen bemisst (§ 69 Abs 2 K LVBG 1994), werden die für die Berechnung der Höhe der Urlaubsentschädigung notwendigen Feststellungen im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein. Im Hinblick darauf, dass für die Bemessungsgrundlage der Urlaubsentschädigung das Ausmaß der Beschäftigung in den Jahren 2014 und 2015 relevant ist, ist es zusätzlich erforderlich, die bisher zu diesem Thema getroffenen Feststellungen zu verdeutlichen bzw den Inhalt dieser Feststellungen (allenfalls durch ergänzende Feststellungen) klar zu stellen.

[39] Die Revision der Beklagten erweist sich daher im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags als berechtigt.

[40] 8. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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