JudikaturJustiz9ObA118/18w

9ObA118/18w – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Ingomar Stupar und ADir. Gabriele Svirak in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei ***** D*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler, Dr. Gerd Grebenjak, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Fetz, Dr. Birgit Fetz ua, Rechtsanwälte in Leoben, wegen 500 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. August 2018, GZ 7 Ra 23/18h-12, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Dezember 2017, GZ 23 Cga 75/17x-7, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 252,31 EUR (darin 42,05 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revision der Klägerin ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig. Nach Lage des Falls bedarf es nicht der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Die Zurückweisung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen des Erstgerichts wurde mit der 45 jährigen Klägerin im Juli 2017 kein Arbeitsverhältnis begründet, weil der Geschäftsführer der Beklagten ihre schriftliche Bewerbung nicht erhalten hatte und zum Zeitpunkt ihrer späteren mündlichen Vorsprache die von der Beklagten inserierte Stelle im Eiscafé nicht mehr frei war. Der Geschäftsführer teilte ihr in diesem Sinn mit, dass er „derzeit niemanden brauchen“ würde. Damit wird aber der ausdrücklich auf § 26 Abs 1 Z 2 GlBG gestützten Klage der Klägerin auf 500 EUR sA (ON 1, 5), sie habe eine Einstellungsdiskriminierung erfahren, die Grundlage entzogen, weil die weitere Aussage des Geschäftsführers, dass es in seinem Betrieb im Sommer bei Hochsaison stressig sei und er deswegen bei Bedarf jüngeres Personal im Alter bis zu 35 Jahren suche, nicht kausal für die Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung war.

3. Klarstellend ist aber festzuhalten, dass die zusätzliche Bemerkung des Geschäftsführers, obwohl die Stelle bereits vergeben war, altersdiskriminierend war, wurde der Klägerin doch damit signalisiert, dass sie in Zukunft altersbedingt nur geringe Chancen auf einen Arbeitsplatz bei der Beklagten habe.

4. In diesem Zusammenhang wurde bereits vom Obersten Gerichtshof ausgesprochen (8 ObA 11/09i), dass der Gesetzgeber bei der Festlegung des ideellen Ersatzanspruchs das insoweit damit anerkannte und auch pauschal bewertete Rechtsgut schützen wollte, sich „diskriminierungsfrei“ am Arbeitsmarkt zu bewerben. Geht es doch darum, dass den betroffenen Personengruppen nicht bei ihren Bewerbungen der Eindruck vermittelt werden soll, dass sie aufgrund der sie spezifisch treffenden Merkmale (Geschlecht, Alter, ethnische Zugehörigkeit etc) am Arbeitsmarkt ohnehin „keine Chancen“ hätten, und sie so von Bewerbungen abgehalten werden (s RIS-Justiz RS0124659). Das entspricht auch dem weiten Verständnis des EuGH zu Art 2 Abs 2 lit a RL 2000/43/EG in der Rs C 54/07 Feryn (Verbandsverfahren betreffend die öffentliche Äußerung des Direktors eines Unternehmens, dass sein Betrieb grundsätzlich Monteure einstellen wolle, aber keine Menschen fremder Herkunft beschäftigen könne; s auch EuGH vom 25. 4. 2013, Rs C 81/12, Asociatia Accept ).

5. Dies ändert im Hinblick auf den vorliegend geltend gemachten Schadenersatzanspruch der Klägerin von 500 EUR sA nach § 26 Abs 1 Z 2 GlBG allerdings nichts am erbrachten Beweis der Beklagten, dass das Interesse der Klägerin an einer Bewerbung nicht wegen ihres Alters, sondern mangels Erhalts der schriftlichen Bewerbung und mangels einer freien Stelle zum Zeitpunkt der mündlichen Bewerbung nicht berücksichtigt werden konnte, womit aber die Anspruchsvoraussetzung des § 26 Abs 1 Z 2 GlBG nicht erfüllt ist. Der festgestellte Sachverhalt ließ die Beurteilung, dass ein altersdiskriminierendes Motiv des Geschäftsführers für die Nichtberücksichtigung der Klägerin bei der inserierten Stelle zumindest mitursächlich war (vgl 9 ObA 107/15y mwN), nicht zu.

6. Ob der Ausspruch des Geschäftsführers als unerwünschte Verhaltensweise gegenüber der Klägerin im Sinn einer altersdiskriminierenden Belästigung nach § 21 Abs 2 GlBG anzusehen wäre, ist hier nicht näher zu prüfen, weil die Klägerin ihr Begehren nicht darauf gestützt hat.

7. Die Revision der Klägerin ist daher mangels Abhängigkeit ihrer Behandlung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf den Mangel einer erheblichen Rechtsfrage hingewiesen.