JudikaturJustiz9Ob49/14t

9Ob49/14t – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. August 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** T*****, vertreten durch Dr. Christa Scheimpflug, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei D***** T*****, vertreten durch Mag. Dr. Ralf Heinrich Höfler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt nach Scheidung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23. April 2014, GZ 43 R 157/14b 39, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 10. Jänner 2014, GZ 3 C 10/12b 34, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Streitteile haben die Kosten des Revisionsverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung:

1. Die Ehe der Streitteile, beide serbische Staatsbürger, wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 7. 11. 2011, AZ 3 C 34/11f, rechtskräftig geschieden. Der Ausspruch der Scheidung erfolgte nach serbischem Recht, dem ein Ausspruch des Verschuldens fremd ist. Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts auf das vorliegende Unterhaltsbegehren der Klägerin ist nicht mehr strittig.

Rechtliche Beurteilung

Gestützt auf § 68a EheG sprachen die Vorinstanzen der Klägerin für den Zeitraum 7. 11. 2011 bis 19. 2. 2013 rückständigen Unterhalt von insgesamt 4.285,92 EUR zu. Die dagegen gerichtete Revision des Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Es wurde bereits ausgesprochen, dass dann, wenn eine Ehe nach ausländischem Recht, das nur eine Scheidung ohne Verschuldensausspruch kennt, geschieden wurde und auf den Unterhaltsanspruch österreichisches Recht zur Anwendung kommt, dem bedürftigen Ehegatten analog § 69 Abs 3 EheG unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ein Unterhaltsanspruch gegen den anderen Teil zusteht (RIS Justiz RS0114475). Ob auch § 68a EheG Anwendung finden könnte, wurde in der Entscheidung 1 Ob 190/06g offen gelassen. Eine Beantwortung ist auch im vorliegenden Fall nicht erforderlich.

3. Der Beklagte stellt die Anwendbarkeit des § 68a EheG als solche nicht in Frage, meint aber im Ergebnis, dass iSd § 68a Abs 3 EheG eine Unterhaltskürzung oder -streichung wegen schwerwiegender Eheverfehlungen der Klägerin vorzunehmen gewesen wäre.

Gemäß § 68a Abs 3 erster Satz EheG vermindert sich der Unterhaltsanspruch nach Abs 1 oder 2 oder besteht nicht, soweit die Gewährung des Unterhalts unbillig wäre, weil der Bedürftige einseitig besonders schwerwiegende Eheverfehlungen begangen oder seine Bedürftigkeit grob schuldhaft herbeigeführt hat oder ein gleich schwerwiegender Grund vorliegt, im Fall des Abs 2 auch, weil die Ehe nur kurz gedauert hat. Je gewichtiger die Gründe sind, desto eher ist vom Bedürftigen zu verlangen, seinen Unterhalt durch die Erträgnisse einer anderen als einer zumutbaren Erwerbstätigkeit oder aus dem Stamm seines Vermögens zu decken.

Der Unbilligkeitsgrund besonders schwerer Eheverfehlungen bezieht sich auf ein Verhalten während der Ehe und nicht auf Verstöße gegen nacheheliche Pflichten ( Stabentheiner in Rummel 2 § 68a EheG Rz 10). Die Bestimmung soll den Zuspruch von Unterhalt verhindern, wenn der Unterhaltsberechtigte während aufrechter Ehe derart eklatant gegen eheliche Gebote verstoßen hat, dass nach dem objektiven Gerechtigkeitsempfinden aller vernünftig denkenden Menschen ein Unterhaltszuspruch schon dem Grunde nach unbillig erscheint (1 Ob 253/12f mwN; s auch Zankl/Mondel in Schwimann 4 § 68a EheG Rz 31). Eine „normale“ Eheverfehlung reicht dafür nicht aus. Gründe für besonders schwerwiegende Eheverfehlungen hat der Beklagte in erster Instanz jedoch nicht geltend gemacht, berief er sich doch ohne nähere Konkretisierungen nur darauf, dass die Klägerin „das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe“ treffe (AS 7). Auf seine Ausführungen zum Tatbestand des § 68a Abs 3 EheG muss danach nicht näher eingegangen werden.

4. Der Beklagte vermisst auch ein Vorbringen der Klägerin sowie Feststellungen zu ihrem Lebensbedarf. Darauf kommt es im Zusammenhang mit § 68a Abs 3 erster Satz EheG jedoch nicht an, weil nach dieser Bestimmung als Kriterium der Billigkeitsprüfung nur das Verhalten des Berechtigten heranzuziehen ist. Die Selbsterhaltungsfähigkeit der Klägerin ist im Rahmen der grundsätzlichen Zuerkennung eines Unterhaltsanspruchs nach § 68a Abs 1 oder 2 EheG, nicht aber für die Anwendbarkeit des Unbilligkeitskorrektivs des § 68a Abs 3 erster Satz EheG von Bedeutung. Die Ausführungen der Vorinstanzen zu § 68a Abs 1 und 2 EheG werden vom Beklagten aber nicht weiter in Frage gestellt.

5. Da der Beklagte insgesamt keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Die Klägerin hat nicht auf die Unzulässigkeit der Revision, sondern nur auf ihre mangelnde meritorische Berechtigung hingewiesen (s RIS Justiz RS0035979).