JudikaturJustiz9Ob32/09k

9Ob32/09k – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. August 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin (gefährdeten Partei) Helga K*****, vertreten durch Viehböck, Breiter, Schenk Nau Rechtsanwälte OEG in Mödling, gegen den Antragsgegner (Gegner der gefährdeten Partei) Erich S*****, vertreten durch Dr. Thomas König, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 18. Dezember 2008, GZ 23 R 126/08d 75, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mistelbach vom 21. Juli 2008, GZ 6 C 97/05h 69, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird - soweit darin über den Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 1. 9. 2005, 6 C 97/05h 2, entschieden wurde, dahin abgeändert, dass er in diesem Umfang zu lauten hat:

„Die einstweilige Verfügung vom 1. 9. 2005, 6 C 97/05h 2, wird aufgehoben."

Die Antragstellerin hat die hierauf entfallenden Kosten des Verfahrens selbst zu tragen.

Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben und der angefochtene Beschluss mit der Maßgabe bestätigt, dass er wie folgt zu lauten hat:

„Dem Gegner der gefährdeten Partei wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des von der Antragstellerin zu 6 C 67/08a des Erstgerichts eingeleiteten Aufteilungsverfahrens die Rückkehr in die vormalige Ehewohnung in *****, und in deren unmittelbare Umgebung verboten."

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit 83,32 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin 13,88 EUR Umsatzsteuer) und die mit 92,92 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 15,49 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Im Rahmen des zwischen den Streitteilen vor dem Erstgericht anhängig gewesenen Ehescheidungsverfahrens verbot das Erstgericht dem Antragsgegner mit einstweiliger Verfügung vom 1. 9. 2005 gemäß § 382b EO, in die Ehewohnung und deren unmittelbare Umgebung zurückzukehren. Nach dem der einstweiligen Verfügung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Antragsgegner die Antragstellerin wiederholt bedroht und sie dadurch in Angst und Unruhe versetzt. Für die Antragstellerin stelle die Ehewohnung die einzige Wohnmöglichkeit dar. Aufgrund des Verhaltens sei der Antragstellerin ein Zusammenleben mit dem Antragsgegner unzumutbar.

Das Erstgericht hatte diese einstweilige Verfügung für die Zeit bis zur rechtskräftigen Beendigung des Ehescheidungsverfahrens bzw bis zur Beendigung eines innerhalb von vier Wochen nach rechtskräftiger Erledigung des Ehescheidungsverfahrens einzuleitenden Aufteilungsverfahrens erlassen.

Ein Rekurs des Antragsgegners gegen die erstgerichtliche Entscheidung blieb erfolglos. In teilweiser Stattgebung eines von ihm erhobenen Revisionsrekurses änderte der Oberste Gerichtshof jedoch mit Beschluss vom 12. 7. 2006, 9 Ob 41/06, die Entscheidung über die Geltungsdauer der (im Übrigen in dritter Instanz nicht mehr bekämpften) einstweiligen Verfügung dahin ab, dass die Verfügung (nur) für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Ehescheidungsverfahrens erlassen wurde. Das Mehrbegehren der Antragstellerin, die einstweilige Verfügung bis zum Zeitpunkt zu erlassen, bis zu dem durch Vereinbarung oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über die Zuweisung der Ehewohnung abgesprochen wird, wurde mit der Begründung abgewiesen, dass eine während des Ehescheidungsverfahrens erlassene einstweilige Verfügung nach § 382b EO nur bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Verfahrens erlassen werden könne.

Mit Urteil des Erstgerichts vom 12. 1. 2007 wurde die Ehe der Streitteile aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden. Dieses Urteil wurde in zweiter Instanz mit Urteil vom 29. 5. 2007 (dem Vertreter des Antragsgegners zugestellt am 3. 7. 2007) bestätigt. Die gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene außerordentliche Revision des Antragsgegners wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 22. 10. 2007, 9 Ob 62/07v, zurück.

Am 29. 5. 2008 beantragte der Antragsgegner, die für die Dauer des Ehescheidungsverfahrens erlassene einstweilige Verfügung vom 1. 9. 2005 im Hinblick auf die rechtskräftige Beendigung dieses Verfahrens aufzuheben.

Am 5. 6. 2008 stellte die Antragstellerin beim Erstgericht den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, in dem sie ua die Zuweisung der (in ihrem Alleineigentum stehenden) Liegenschaft, in der sich die vormalige Ehewohnung befindet, begehrt. Gleichzeitig beantragte sie, die einstweilige Verfügung vom 1. 9. 2005 bis zur rechtskräftigen Beendigung des hiermit eingeleiteten Aufteilungsverfahrens zu verlängern. Zu diesem zuletzt genannten Antrag brachte sie im Wesentlichen vor, dass die Situation zwischen ihr und dem Antragsgegner nach wie vor sehr angespannt sei. Der Gedanke, dass der Antragsgegner in die Ehewohnung zurückkehren könnte, versetze sie nach wie vor in Angst und Unruhe. Zuletzt habe sich der Antragsgegner in einer SMS gegenüber der gemeinsamen Tochter negativ über die Antragstellerin geäußert und der Antragstellerin und der Tochter vorgeworfen, dass diese nun die Chance hätten, die ganze Familie auszulöschen. Die Ehewohnung sei nach wie vor die einzige Wohnmöglichkeit der Antragstellerin.

Der Antragsgegner sprach sich gegen diesen Antrag aus. Er verfüge über keine brauchbare Wohnmöglichkeit, nächtige in einer Fischerhütte oder bei Freunden und habe daher ebenfalls ein dringendes Wohnbedürfnis an der vormaligen Ehewohnung. Er habe schon länger keine Drohungen gegen die Antragstellerin geäußert. Die von der Antragstellerin zitierte SMS könne nicht als substantielle Drohung verstanden werden.

Mit Beschluss vom 21. 7. 2008 (den der sowohl für das Scheidungs- als auch für das Aufteilungsverfahren zuständige Richter in den Scheidungsakt einlegte) hat das Erstgericht daraufhin die einstweilige Verfügung vom 1. 9. 2005, „mit welcher dem Gegner der gefährdeten Partei die Rückkehr in die Ehewohnung ... und deren unmittelbare Umgebung verboten wurde, ... bis zum rechtskräftigen Abschluss des eingeleiteten Aufteilungsverfahrens 6 C 67/08a, verlängert" (Punkt 1). Den Antrag des Antragsgegners, die genannte einstweilige Verfügung aufzuheben, wies es ab (Punkt 2).

Ua erachtete das Erstgericht als bescheinigt, dass der Antragsgegner derzeit in einer Badehütte wohne und für sich keine andere geeignete Wohnmöglichkeit als die (im Alleineigentum der Antragstellerin stehende) Ehewohnung sehe. Nach der Aufhebung der einstweiligen Verfügung wolle er dort wieder einziehen. In einer Kurzmitteilung vom 2. 6. 2008 an die Tochter der Streitteile habe er erklärt, dass die Antragstellerin die Möglichkeit habe, die Familie auszulöschen. Anlässlich eines Verhandlungstermins vor dem Bezirksgericht Leopoldstadt habe der Antragsgegner mit der Antragstellerin in emotionaler Weise laut gesprochen, wodurch sich die Antragstellerin bedroht gefühlt habe. Im Übrigen sei in den Lebensumständen der Streitteile keine Änderung eingetreten. Die Antragstellerin habe zum Ausdruck gebracht, dass sie weiter Angst vor dem Antragsgegner empfinde und es nicht aushalten würde, mit ihm wieder in einer Wohnung zu leben.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass sich die für die Erlassung der einstweiligen Verfügung vom 1. 9. 2005 maßgebenden Umstände nicht geändert haben. Das Wohnbedürfnis der Antragstellerin sei unverändert. Auch ihr Schutzbedürfnis sei nach wie vor gegeben. Dem Verlängerungsantrag sei daher stattzugeben.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs dagegen nicht zulässig sei.

Eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO erlösche bei Ablauf der Frist, für die sie erlassen worden sei, nicht von selbst. Vielmehr bedürfe es zu ihrer Aufhebung eines Antrags. Einem solchen Antrag könne die gefährdete Partei durch Einleitung eines Hauptverfahrens mit einem darauf gestützten Antrag auf Verlängerung der einstweiligen Verfügung begegnen. Für die Verlängerung müssten nicht neuerlich die schon im Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung bejahten Voraussetzungen bescheinigt werden. Es genüge die Bescheinigung, dass sich die entscheidungswesentlichen Umstände nicht geändert haben und somit der Sicherungszweck nicht anders erreichbar ist. Das Bescheinigungsverfahren habe hier ergeben, dass sich die entscheidungswesentlichen Umstände nicht nachträglich geändert haben und dass der Zweck der einstweiligen Verfügung die Hintanhaltung von Gewalt gegenüber der Antragstellerin - ohne Verlängerung nicht sichergestellt werden könne. Der Antragstellerin sei das Zusammenleben mit dem Antragsgegner weiterhin nicht zumutbar.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, dass die einstweilige Verfügung vom 1. 9. 2005 aufgehoben und das Begehren der Antragstellerin auf Verlängerung der einstweiligen Verfügung bzw auf Erteilung einer neuen einstweiligen Verfügung gemäß § 382b EO abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin, der die Beantwortung des außerordentlichen Revisionsrekurses freigestellt wurde, beantragt, den Revisionsrekurs als verspätet oder als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Meinung der Antragstellerin ist der Revisionsrekurs nicht verspätet. Er wurde innerhalb der dem Antragsgegner offen stehenden Frist per Telefax eingebracht. Nach dem Inhalt der auf der Sendung angebrachten Faxzeile wäre diese zwar verspätet eingelangt. Die vom Erstgericht und auch vom Obersten Gerichtshof durchgeführten Erhebungen ergaben jedoch zweifelsfrei, dass die Faxübermittlung wenige Minuten vor dem Ende der Rechtsmittelfrist erfolgte. Dem vom Erstgericht erteilten Auftrag, das per Telefax eingebrachte Rechtsmittel durch Vorlage eines von einem Rechtsanwalt unterfertigten Schriftsatzes zu verbessern, ist der Revisionsrekurswerber rechtzeitig nachgekommen.

Der Revisionsrekurs ist aus den im Folgenden dargestellten Überlegungen zulässig. Er ist teilweise auch berechtigt.

Wenn auch eine einstweilige Verfügung nach herrschender Auffassung durch den Ablauf der Verfügungsfrist nicht von selbst erlischt (RIS Justiz RS0005543; RS0113303), so ist sie doch auf Antrag des Gegners der gefährdeten Partei nach Ablauf der Verfügungsfrist jedenfalls aufzuheben (7 Ob 99/99f uva). Die grundsätzlich mögliche Verlängerung einer einstweiligen Verfügung ist nach Ablauf der Verfügungsfrist unzulässig (RIS Justiz RS0005566; 7 Ob 99/99f; 1 Ob 210/01s uva). Analog zu § 128 Abs 3 ZPO ist eine Verlängerung nur möglich, wenn der Verlängerungsantrag noch innerhalb der Verfügungsfrist gestellt wird. Nach Ablauf der Verfügungsfrist - hier mit Rechtskraft des Scheidungsurteils - kann nur mehr eine neue einstweilige Verfügung beantragt und erlassen werden, wenn und soweit die hiefür erforderlichen Voraussetzungen, deren Vorliegen neuerlich zu prüfen ist, gegeben sind (1 Ob 210/01s; 6 Ob 596, 597/94; Zechner , Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung, § 391 Rz 3 f; Kodek in Angst , Kommentar zur EO, § 391 Rz 6 uva). All dies gilt auch für die einstweilige Verfügung gemäß § 382b EO (7 Ob 157/07z; Sailer in Burgstaller/Deixler Hübner , EO, § 382b Rz 18).

Soweit in der vom Rekursgericht für seine hievon abweichende Auffassung ins Treffen geführten Entscheidung 9 Ob 41/06d - zugegeben missverständlich - von einer „Verlängerung" der einstweiligen Verfügung „bis zum Ende aller Verfahren über die Benützung der Wohnung" (RV 252 BlgNR 20. GP 8 f) die Rede ist, ist klarzustellen, dass darunter im hier gegebenen Zusammenhang also nach Ablauf der für die Dauer des Scheidungsverfahrens erlassenen einstweiligen Verfügung die „Verlängerung" des notwendigen Rechtsschutzes der gefährdeten Partei - allerdings durch Erlassung einer neuen einstweiligen Verfügung - bis zum Ende des Aufteilungsverfahrens zu verstehen ist.

Daraus ergeben sich für die Entscheidung über den Revisionsrekurs folgende Konsequenzen:

1) Zum Aufhebungsantrag des Antragsgegners:

Aufgrund der dargestellten Rechtslage ist dem Antragsgegner beizupflichten, dass sein Antrag, die einstweilige Verfügung vom 1. 9. 2005 wegen Ablaufs der Verfügungsfrist aufzuheben, berechtigt war. In diesem Umfang ist seinem Revisionsrekurs daher stattzugeben. Der angefochtene Beschluss ist in diesem Umfang im Sinne der Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 1. 9. 2005 abzuändern.

Die Antragstellerin, die im Verfahren über die Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 1. 9. 2005 somit voll unterlegen ist, hat die von ihr verzeichneten Kosten - soweit sie auf das Aufhebungsverfahren entfallen (siehe dazu unten) - selbst zu tragen. Der Antragsgegner hat im Aufhebungsverfahren zwar voll obsiegt, aber keine Kosten verzeichnet.

2) Zur Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin vom 5. 6. 2008:

Die Antragstellerin hat diesen Provisorialantrag mit ihrem Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse verbunden und damit ohne jeden Zweifel eine Provisorialmaßnahme im Rahmen des Aufteilungsverfahrens für dessen Dauer angestrebt. Dass dabei im Wortlaut ihres Provisorialantrags von einer „Verlängerung" und nicht von der „Erlassung" der einstweiligen Verfügung für die Dauer des Aufteilungsverfahrens die Rede ist, steht der Deutung ihres Begehrens als Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung des in ihrem Antrag genannten Umfangs für die dort angeführte Zeit nicht entgegen (vgl dazu etwa die in einem anderen, aber insoweit vergleichbaren Zusammenhang ergangene Entscheidung 10 Ob 172/98m). Davon geht auch der Revisionsrekurswerber selbst aus, der in seinem Rechtsmittel - wie schon in zweiter Instanz - ausdrücklich ausführt, dass der mit dem Aufteilungsantrag verbundene Provisorialantrag „als ein vollständig neuer Antrag zu behandeln ist".

Dass wie der Revisionsrekurswerber meint - über diesen neuen Antrag erst nach der Entscheidung über seinen Antrag, die bisherige einstweilige Verfügung aufzuheben, entschieden werden und die Entscheidungen über den neuen Antrag nicht zeitgleich mit der Entscheidung über den Aufhebungsantrag erfolgen darf, trifft nicht zu. Für diese Auffassung kann der Revisionsrekurswerber keine rechtfertigenden Gründe ins Treffen führen.

Im Gegensatz zur Meinung des Revisionsrekurswerbers lagen auch sämtliche Voraussetzungen für die Stattgebung des Provisorialantrags der Antragstellerin vom 5. 6. 2008 vor:

Richtig ist, dass die gefährdete Partei, die die Erlassung einer neuen einstweiligen Verfügung anstrebt, sämtliche Voraussetzungen für die von ihr begehrte Entscheidung zu bescheinigen hat. Im Gegensatz zur Meinung des Revisionsrekurswerbers ist der Antragstellerin dies im hier zu beurteilenden Fall aber ohnedies gelungen: Vor allem erachteten die Vorinstanzen als bescheinigt, dass der Antragsgegner in einer an die Tochter der Streitteile gerichteten SMS vom 2. 6. 2008 auf die Möglichkeit der Antragstellerin hinwies, die Familie „auszulöschen". Ferner steht fest, dass die Antragstellerin wegen dieses Umstands weiterhin Angst vor dem Antragsgegner empfindet und sich ein Zusammenleben mit ihm nicht vorstellen kann. Auch bei einem Vorfall vor dem Bezirksgericht Leopoldstadt, bei dem der Antragsgegner die Antragstellerin in emotionaler Weise laut ansprach, fühlte diese sich vom Antragsgegner bedroht. Auf dieser Grundlage erachteten die Vorinstanzen das Schutzbedürfnis der Antragstellerin ebenso wie im Übrigen ihr dringendes Wohnbedürfnis - weiterhin als bescheinigt. Nun mag es zutreffen, dass die Formulierung des „Auslöschens der Familie" mehrdeutig ist und nicht zwangsläufig eine ernstzunehmende Drohung darstellen muss. Unter den hier gegebenen Umständen erscheint die Deutung dieser Formulierung als ernstzunehmende Drohung jedoch objektiv nachvollziehbar und weder als „paranoid" noch als „Wahnvorstellung". Die Bejahung des für die Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung notwendigen Schutzbedürfnisses der Antragstellerin ist daher weder die Folge einer - von den Vorinstanzen gar nicht angenommenen - „Bindungswirkung" der einstweiligen Verfügung vom 1. 9. 2005, noch das Ergebnis einer rein subjektiven Sichtweise der Antragstellerin, sondern das Ergebnis einer nachvollziehbaren und schlüssigen Beurteilung des als bescheinigt angenommenen Sachverhalts durch die Vorinstanzen.

Die Vorinstanzen haben daher den Provisorialantrag der Antragstellerin vom 5. 6. 2008 zu Recht als berechtigt erachtet. Dass in ihrer Entscheidung von einer „Verlängerung" der einstweiligen Verfügung die Rede ist, ändert am materiellen Gehalt der Entscheidung nichts. Dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen, wobei jedoch im Sinne der obigen Ausführungen in Form einer Maßgabebestätigung klarzustellen war, dass durch die Entscheidung der Vorinstanzen nicht die einstweilige Verfügung vom 1. 5. 2007 für die Dauer des Aufteilungsverfahrens verlängert, sondern für diesen Zeitraum einen (neue) inhaltsgleiche einstweilige Verfügung erlassen wurde.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens über die Erlassung der einstweiligen Verfügung gründet sich auf die §§ 40, 41 und 50 ZPO iVm § 393 Abs 2 EO. Die Antragstellerin ist mit ihrem Provisorialantrag zur Gänze durchgedrungen und hat daher Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten, soweit sie auf diesen Antrag entfallen. Da die Antragstellerin in erster Instanz keine Kosten verzeichnet hat - wie schon das Rekursgericht ausgeführt hat, ist die Verzeichnung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Rekursbeantwortung verspätet , sind Gegenstand der Kostenentscheidung nur die Kosten des Rekurs- und des Revisionsrekursverfahrens. Diese entfallen sowohl auf das Aufhebungsverfahren als auch auf das Verfahren über die Erlassung der einstweiligen Verfügung und sind daher zu gleichen Teilen auf diese beiden Verfahren aufzuteilen. Der auf das Verfahren über die Erlassung der einstweiligen Verfügung entfallende Teil also die Hälfte der verzeichneten Gesamtkosten - ist der Antragstellerin zuzusprechen.

Rechtssätze
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