JudikaturJustiz9Ob227/99v

9Ob227/99v – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. September 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach der am 18. November 1998 verstorbenen Erna Margarethe K*****, geboren am 27. Februar 1926, zuletzt wohnhaft in *****, vertreten durch Dr. Erich Portschy, Rechtsanwalt in Feldbach, gegen die beklagte Partei Mathilde P*****, Kindergartenhelferin, *****, vertreten durch Dr. Gerald Weidacher ua, Rechtsanwälte in Gleisdorf, wegen Anfechtung eines Übergabsvertrages, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 13. Juli 1999, GZ 6 R 153/99k-22, womit über Rekurs der beklagten Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldbach vom 14. Mai 1999, GZ 2 C 73/97t-16, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit ihrer am 10. Oktober 1996 bei Gericht eingelangten Klage begehrte Erna Margarethe K***** die Nichtigerklärung (in eventu: die Erklärung der Auflösung) des von ihr mit der Beklagten geschlossenen Übergabsvertrages auf den Todesfall vom 27. März 1996. Sie begründete dieses Begehren primär damit, infolge ihres damals schlechten Gesundheitszustandes nicht in der Lage gewesen zu sein, die Tragweite des Vertrages zu erfassen, der keine angemessene Gegenleistung vorsehe. Überdies machte sie arglistige Irreführung durch die Beklagte geltend, die zudem die im Übergabsvertrag übernommenen Pflege- und Betreuungsverpflichtungen nur mangelhaft erfülle.

In der über diese Klage anberaumten Tagsatzung vom 17. April 1997 wurde das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines Parallelverfahrens unterbrochen.

Am 18. 11. 1998 verstarb die Klägerin.

Am 12. 5. 1999 beantragte ihre Verlassenschaft, die Klage im Wege einer einstweiligen Verfügung bei der betroffenen Liegenschaft EZ ***** KG ***** anzumerken. Die Beklagte habe mittlerweile ihr Eigentum an dieser Liegenschaft im Grundbuch einverleiben lassen.

Das Erstgericht bewilligte die Anmerkung der Klage unter Hinweis auf § 61 GBG.

Mit dem angefochtenen Beschluß änderte das Rekursgericht diese Entscheidung im Sinne der Abweisung des Antrages auf Anmerkung der Klage ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach § 61 Abs 1 GBG könne eine Streitanmerkung bei bloß schuldrechtlichen Ansprüchen nicht bewilligt werden, selbst dann, wenn der Anspruch auf den Erwerb eines bücherlichen Rechtes gerichtet sei. Eine Streitanmerkung setze die Geltendmachung eines dinglichen Rechtes voraus und sei nur zu bewilligen, wenn der Kläger in seinem bücherlichen Recht verletzt zu sein behaupte. Die klagende Partei stütze ihren Anspruch auf Aufhebung des Übergabsvertrages darauf, daß sie infolge ihres Gesundheitszustandes nicht in der Lage gewesen sei, die Tragweite des Vertrages zu erkennen. Damit behaupte sie weder die Verletzung eines bücherlichen Rechtes, noch werde die Wiederherstellung des vorigen bücherlichen Standes begehrt.

Rechtliche Beurteilung

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht gegeben seien.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, ihn iS der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil Teile der Begründung der angefochtenen Entscheidung der Klarstellung bedürfen. Er ist aber nicht berechtigt.

Beizupflichten ist dem Rekursgericht insoweit, als es die Anmerkung der Klage im Hinblick auf das Fehlen eines Begehrens auf Wiederherstellung des vorigen bücherlichen Standes (iS der Unwirksamerklärung und Löschung der bekämpften Eintragung: EvBl 1996/135; SZ 62/80; SZ 60/237 uva) ablehnt.

§ 61 Abs 1 GBG ermöglicht die Anmerkung der Klage - gleichzeitig mit deren Einbringung oder später - "wenn jemand, der durch eine Einverleibung in seinem bücherlichen Rechte verletzt erscheint, die Einverleibung aus dem Grunde der Ungültigkeit im Prozeßweg bestreitet und die Wiederherstellung des vorigen bücherlichen Standes begehrt". Die Streitanmerkung hat also ua zur Voraussetzung, daß die Wiederherstellung des früheren Buchstandes verlangt wird (NZ 1990, 237 [Hofmeister]). Ein solches Begehren wurde aber im vorliegenden Verfahren bislang nicht gestellt.

Daß - wie im Revisionsrekurs geltend gemacht wird - zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage ein derartiges Begehren gar nicht habe gestellt werden können, weil die (damalige) Klägerin noch bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft gewesen sei, ist richtig. Gerade das macht aber deutlich, daß die Klage in ihrer derzeitigen Form keine Löschungsklage iS § 61 Abs 1 GBG ist. Daß Erna Margarethe K***** mittlerweile verstorben ist und - wie die klagende Partei nunmehr behauptet hat - das Eigentum der Beklagten im Grundbuch einverleibt wurde, ändert für sich allein die Rechtsnatur der Klage nicht. Dazu hätte es nicht nur des ergänzenden Vorbringens über die Einverleibung des Eigentums der Beklagten, sondern überdies der - im Revisionsrekurs ohnedies angekündigten - Erweiterung des Klagebegehrens um das Begehren auf Wiederherstellung des vorigen Buchstandes bedurft, die aber bislang nicht erfolgte. Daß das Verfahren nach seinem Inhalt ohnedies den Zweck verfolgt, letztlich den seinerzeitigen Grundbuchstand wiederherzustellen, kann das völlige Fehlen eines darauf gerichteten Begehrens nicht ersetzten (vgl. auch Hofmeister, NZ 1990, 239, der in seiner Glosse zur oben zitierten Entscheidung NZ 1990, 237 ebenfalls eine Umstellung des - nicht auf Wiederherstellung des vorigen Buchstandes gerichteten - Klagebegehrens durch den Kläger als notwendig erachtet).

Damit erweist sich aber die Abweisung des Antrages auf Anmerkung der Klage durch das Rekursgericht jedenfalls als zutreffend.

Soweit aber die Begründung der Rekursentscheidung den Eindruck erweckt, die Klage könne - unabhängig vom fehlenden Wiederherstellungsbegehren - schon im Hinblick auf das Vorbringen der klagenden Partei nicht angemerkt werden, bedarf es folgender Klarstellung:

Zurecht macht die Revisionsrekurswerberin geltend, daß die Rechtsprechung die Streitanmerkung gemäß § 61 Abs 1 GBG wiederholt auch dann bewilligt hat, wenn die Einverleibung wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtstitels, auf dem sie beruhte, als ungültig angefochten wurde (JBl 1986, 53 und die dort angeführten Belegstellen). Dabei handelte es sich aber stets um Fälle der vertraglichen Rückabwicklung, die auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (ex tunc) zurückwirken sollten, oder um solche der Beseitigung rechtlich unzulässiger Eintragungen, sodaß der Anfechtende tatsächlich in einem bücherlichen Recht, das durch den nichtigen Rechtsvorgang scheinbar beendet oder eingeschränkt worden war, verletzt zu sein behauptete (z.B. Anfechtung des der Einverleibung zugrunde liegenden Vertrages als Scheingeschäft; vgl. JBl 1986, 53 und die dort angeführten weiteren Beispiele). Hingegen wurden die Voraussetzungen für die Streitanmerkung nach § 61 Abs 1 GBG verneint, wenn die Löschung des bücherlichen Rechtes wegen eines erst nach rechtswirksamer Eintragung eingetretenen Umstandes, zum Beispiel bei Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks oder bei Kompensation der pfandgesicherten Forderung mit einer erst später entstandene Gegenforderung, begehrt wurde (JBl 1986, 53 mwN). Daraus wurde in der zitierten Entscheidung JBl 1986, 53 zu Recht der Schluß gezogen, daß die Klage, mit der der Kläger - gestützt auf seinen Rücktritt von einem Übergabsvertrag wegen Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtungen durch seinen Gegner - die Einverleibung seines Eigentums begehrt, nicht angemerkt werden kann, weil der Übergabsvertrag im Abwicklungsstadium nur mit Wirkung ab der Auflösungserklärung (ex nunc) angefochten werden könne und daher die Gültigkeit der Eintragung selbst nicht bestritten werde.

Anders als im eben erörterten Fall wird aber hier die Nichtigkeit des (hinsichtlich der Gegenleistungen der Beklagten offenkundig bereits lange im Abwicklungsstadium befindlichen) Übergabsvertrages wegen mangelnder Geschäftsfähigkeit der Klägerin geltend gemacht. Ob in einem solchen Fall die schuldrechtliche Rückabwicklung ex nunc oder ex tunc zu erfolgen hat, braucht nicht erörtert zu werden, weil mit der behaupteten Nichtigkeit jedenfalls - und zwar unabhängig von der Frage der schuldrechtlichen Rückabwicklung - geltend gemacht wird, daß der Vertrag von vornherein ungültig war und daher keine zulässige Grundlage für die Einverleibung des Eigentums der Beklagten sein konnte (so auch RZ 1994/40). Der Antrag auf Anmerkung der Klage scheitert daher im hier zu beurteilenden Fall nur am fehlenden Begehren auf Wiederherstellung des vorigen Buchstandes iS § 61 Abs 1 GBG. Im Falle der Erweiterung des Klagebegehrens um ein solches Begehren wäre hingegen die Streitanmerkung iS der zitierten Gesetzesstelle zu bewilligen.

Die Anmerkung der Klage aus einem anderen Rechtsgrund als jenen des § 61 Abs 1 GBG strebt die klagende Partei nicht mehr an (S 68 in ON 19).

Über den Antrag auf Bewilligung einer Streitanmerkung ist auch dann, wenn er im Zuge eines Rechtsstreites beim Prozeßgericht gestellt wird, im Grundbuchsverfahren nach den Vorschriften des GBG zu entscheiden, weshalb die Erstattung einer (Revisions )Rekursbeantwortung unzulässig ist und kein Kostenersatz stattfindet (RIS-Justiz RS0060516, zuletzt 4 Ob 130/98).

Rechtssätze
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