JudikaturJustiz8ObS112/01f

8ObS112/01f – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Felix Joklik und o. Univ. Prof. Dr. Walter Schrammel als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ing. Erich K*****, vertreten durch Dr. Thomas Stampfer, Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Bundessozialamt Steiermark, 8021 Graz, Babenbergerstraße 35, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Dr. Wolfgang Klobassa, Rechtsanwalt, 8570 Voitsberg, Conrad - von- Hötzendorfstraße 15, als Masseverwalter über das Vermögen der Firma A***** GmbH, *****, wegen S 641.540,-- sA an Insolvenz-Ausfallgeld, infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse S 142.122,-- netto sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Jänner 2001, GZ 8 Rs 2/01b-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. September 2000, GZ 37 Cgs 28/00v-16, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Umfang der angefochtenen Abweisung von S 142.122,-- netto an Insolvenz-Ausfallgeld dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 142.122,-- netto an Insolvenz-Ausfallgeld samt 4 % Zinsen vom 10. 3. 1999 bis 11. 8. 1999 binnen 14 Tagen zu bezahlen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an Kosten

a) des Berufungsverfahrens S 11.625,-- (darin enthalten S 1.937,50 an USt) und

b) des Revisionsverfahrens S 8.370,-- (darin enthalten S 1.395,-- an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei S 61.126,37 (darin S 10.187,73 USt) an Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger überlegte sich gemeinsam mit anderen Mitarbeitern der Abteilung Beregnung der R***** GmbH selbständig zu machen, als es aus wirtschaftlichen Gründen zu Umbesetzungen und Umstrukturierung dieses Unternehmens kam, und Mitarbeiter gekündigt wurden. In weiterer Folge führte dies im März 1997 zur Gründung der späteren Gemeinschuldner-GmbH. Dabei wurden die Geschäftsanteile des Klägers sowie der anderen Gesellschafter treuhändig gehalten und im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern eine Regelung getroffen, die einerseits das einzige aktive Eigenkapital der Gesellschaft - das Stammkapital von S 900.000,-- - auf die neun Gesellschafter aufteilte und andererseits auch vorsah, dass diese Gesellschafter jeweils Bürgschaften für Kredite in Höhe von insgesamt S 5 Mio übernehmen, wovon auf den Kläger S 400.000,-- entfielen. Insgesamt wurden der Gesellschaft ein Betriebsmittelkredit in Höhe von S 12 Mio und andererseits ein solcher über den Exportforderungsfonds in Höhe von S 10 Mio gewährt.

Bei der Gründung der Gesellschaft war auch vorgesehen, dass die Gesellschafter in unterschiedlichem Ausmaß mitarbeiten und als Vorleistung zum Aufbau der Gesellschaft einen Gehaltsverzicht leisten sowie unentgeltlich Arbeitsleistungen erbringen, und zwar der Kläger in Höhe von S 400.000,--. Diese Arbeitsleistungen wurden vom Kläger "im Vorleistungszeitraum" von April 1997 bis Oktober 1997 erbracht. Der Kläger wurde dann ab 1. 10. 1997 bei der späteren Gemeinschuldnerin, an der er mit 9,6 % beteiligt ist, mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22 Stunden und einem Monatsentgelt von S 23.168,-- brutto angestellt. Zu dieser Gehaltsvereinbarung kam es deshalb, weil ein höheres Gehalt wirtschaftlich nicht tragbar war und ursprünglich geplant war, den Kläger bei einer Vollzeitbeschäftigung mit dem Gehalt von S 22.000,-- brutto anzumelden. Dagegen äußerte jedoch der Steuerberater im Hinblick auf den kollektivvertraglichen Mindestlohn des Klägers Bedenken. Deshalb wurde der Kläger dann formal als Teilzeitbeschäftigter bei der Gebietskrankenkasse gemeldet, wobei jedoch allen Gesellschaftern von Anbeginn an klar war, dass er auch mit 38,5 Arbeitstunden pro Woche nicht sein Auslangen finden werde. Über Drängen des Klägers und in Erwartung einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage wurde dann ab 1. 10. 1998 sein Gehalt um S 5.000,-- bei einer Arbeitszeit von 31 Stunden pro Woche angehoben. Auch war ersichtlich, dass die erbrachten Mehrarbeitsleistungen des Klägers nicht mehr vor der nächsten Saison abbaubar waren. Insgesamt sammelte der Kläger dann vom 1. 10. 1997 bis zur Konkurseröffnung am 11. 2. 1999 895,20 Mehrarbeits- und 1041,94 Überstunden. Es war mündlich vereinbart, dass er diese Stunden nach Abschluss der Konstruktionsphase ab Herbst 1999 als Zeitausgleich konsumieren sollte, jedoch hätte er dann ein Jahr lang überhaupt keine Arbeitsleistungen für das Unternehmen erbringen müssen, was unvorstellbar war.

Der Kläger war gegenüber dem Geschäftsführer der späteren Gemeinschuldner weisungsgebunden, wurde zu zusätzlichen Arbeiten aufgefordert und musste während der Blockzeit zwischen 9.00 Uhr und 15.30 Uhr anwesend sein. Für Dienstreisen und Urlaubsantritt benötigte er entsprechende Vereinbarungen. Über eine Berechtigung zur Zeichnung der Firmenkonten verfügte der Kläger nicht.

Der Kläger bekam über den Betrieb wirtschaftliche Informationen. Die meisten Angelegenheiten wurden mit ihm besprochen und bearbeitet. Im Sommer 1998 wurde er erstmals vom Geschäftsführer über die angespannte finanzielle Situation in Kenntnis gesetzt. Jedoch meinte der Geschäftsführer, dass sich die Probleme mit der Bank regeln ließen. Der Geschäftsführer versuchte bereits im Oktober 1998 bei der Bank eine Aufstockung des Kredites um S 8 Mio zu erreichen. Die Oktoberbilanz wies einen Verlust aus und es wurde eine Mitteilung an das Firmenbuchgericht über den Verlust des Stammkapitals vorbereitet. Das Unternehmen hatte einen hohen Lagerstand, der einem Umsatzverlust von S 7 Mio entsprach. Wegen der ungünstigen Beregnungssituation hatten sich die Verkaufsergebnisse extrem schlecht gestaltet. Die Bank stellte einen Finanzierungsvorschlag in Aussicht. Als Lösungsmöglichkeiten stand eine Aufstockung der Bürgschaft und eine Zufuhr von Eigenkapital von S 100.000,-- bis S 200.000,-- pro Gesellschafter zur Debatte. Der Gesprächspartner des Unternehmens schied jedoch aus dem Kreditinstitut aus und die Gesellschaft war nicht in der Lage, die von der Bank dann gewünschte Besicherung in Höhe von 1 : 1 aufzubringen. Deshalb wurde der Kredit gesperrt und am 11. 2. 1999 der Konkursantrag gestellt. Der Kläger erklärte dann im Konkurs am 9. 3. 1999 seinen berechtigten vorzeitigen Austritt nach § 25 KO und meldete im Konkursverfahren folgende Ansprüche im Rang einer Konkursforderung an.

1. Gehalt für Jänner 1999 S 22.142,-- netto

2. KV-Einmalzahlung S 1.298,-- netto

3. Gehalt von 1. 2. 1999 S 8.155,-- netto

4. anteil. UZ/WR von 1. 1.1999 bis 11. 2. 1999

S 5.181,-- netto

5. Entgelt für nicht konsumierten Zeitausgleich für 895,20

Mehrarbeitsstunden und 1041,94 Überstunden von 1. 10. 1997 bis 11. 2.

1999 S 499.007,-- netto

6. 8,5 % Zinsen aus S 23.440,-- von 1. 2. 1999 bis 11. 2. 1999

S 61,-- netto

7. Urlaubsentschädigung für 39 Werktage

S 45.308,-- netto

8. Kündigungsentschädigung von 10. 3. 1999 bis 20. 4. 1999

S 36.319,-- netto

9. Kündigungsentschädigung gemäß § 25 KO von 21. 4. 1999 bis 30. 6.

1999 S 60.655,-- netto

________________

Gesamt S 678.126,-- netto

Überdies machte der Kläger Ansprüche im Rang einer Masseforderung gegenüber der Konkursmasse geltend:

1. Gehalt von 12. 2. 1999 bis 28. 2. 1999

S 13.405,-- netto

2. Gehalt von 1. 3. 1999 bis 9. 3. 1999

S 6.350,-- netto

3. anteil. UZ/WR von 12. 2. 1999 bis 9. 3. 1999

S 3.964,-- netto

Gesamt S 23.719,-- netto .

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld in Höhe von S 701.895,-- wurde von der Beklagten zur Gänze abgelehnt.

Unter Abzug von S 60.655,-- netto an vom Kläger in der Zeit vom 21. 4. 1999 bis 30. 6. 1999 verdientem Entgelt zuzüglich weiterer Kosten von S 350,-- begehrt nun der Kläger Insolvenz-Ausfallgeld für die angemeldeten Forderungen in Höhe von insgesamt S 641.540,-- samt 4 % Zinsen vom 10. 3. 1999 bis 11. 8. 1999. Er stützt dies zusammengefasst darauf, dass ihm als normalem Arbeitnehmer seine arbeitsrechtlichen Ansprüche durch das IESG gesichert seien. Auch der Einwand der Beklagten, dass es sich in Wahrheit um Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen gehandelt habe, sei nicht berechtigt, da der Kläger hinsichtlich seiner Mehrarbeit- und Überstundenleistungen keinen Anspruch auf Geldbeträge, sondern nur auf Konsumation des Zeitausgleiches gehabt habe. Auch sei die Gesellschaft nicht kreditunwürdig gewesen. Es habe sich um übliche Vereinbarungen gehandelt, die auch nicht sittenwidrig seien.

Die Beklagte und der Nebenintervenient beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten im Wesentlichen ein, dass der Kläger nach den gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen "Mehrleistungen" einzubringen gehabt habe und auf die Auszahlung der Gehaltsbestandteile bis zum Erreichen der Gewinnzone verzichtet habe. Er könne nun das fehlende Entgelt für die zusätzlich geleisteten Stunden nicht zu Lasten des Insolvenz-Ausfallgeldfonds einfordern. Es habe sich um Gesellschafterleistungen gehandelt. Auch seien die Leistungen mehr als 6 Monate vor dem Stichtag erbracht worden und daher gemäß § 3 Abs 1 IESG nicht gesichert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es folgerte dabei rechtlich aus dem einleitend dargestellten Sachverhalt, dass der Kläger im Hinblick auf seine Einordnung in den Betrieb und seine Weisungsgebundenheit trotz seiner gesellschaftsrechtlichen Beteiligung als Arbeitnehmer der GmbH anzusehen sei. Seine arbeitsrechtlichen Ansprüche seien aber deshalb nicht nach dem IESG gesichert, da es nicht dessen Zweck sei, den Gesellschaftern in einer GmbH das Finanzierungsrisiko abzunehmen. Vielmehr sei unter Heranziehung der aus dem zum deutschen Recht entwickelten Grundsätze über das Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen davon auszugehen, dass der Gesellschafter, der einer Gesellschaft zu einem Zeitpunkt, zu dem ihr ein ordentlicher Kaufmann Eigenkapital zugeführt hätte, statt dessen ein Darlehen gewährt, keinen Anspruch auf Rückgewährung des Darlehens im Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft habe. Der Darlehensgewährung entspreche auch jede andere Rechtshandlung eines Gesellschafters, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich gleichzuhalten sei. Dazu gehöre auch, das "Stehenlassen" des einem Arbeitnehmer zustehenden Gehaltes. Entscheidend sei dabei der Vorsatz, den drohenden Konkurs des Unternehmens entweder zu vermeiden oder zumindest aufzuschieben, obwohl die Kreditunwürdigkeit des Unternehmens nicht gegeben sei. Die Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit mit 22 bzw 31 Stunden sei als bloßer Formalakt zu betrachten, um die finanzielle Belastung des Unternehmens zu minimieren. Der Kläger habe die auf die Differenz zur Normalarbeitszeit entfallenden Gehaltsbestandsteile gestundet und dadurch eine dem Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehen gleichwertiger Art der Zuführung von Liquidität bewirkt. Wann genau die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft eingetreten sei, könne auf sich beruhen, da hier ein Fremdvergleich zeige, dass es sich hier überhaupt um ein atypisches, nicht die auf die Erzielung von Entgelt für die Bestreitung des Lebensunterhaltes gerichtetes Arbeitsverhältnis gehandelt habe. Dieses falle nicht in den Schutzbereich des IESG. Der Kläger habe hier zur Finanzierung des Unternehmens beigetragen. Dazu sei ein normaler Arbeitnehmer nicht bereit.

Das Berufungsgericht gab der vom Kläger ausschließlich hinsichtlich seiner Gehaltsforderungen ab Jänner 1999 und der Beendigungsansprüche erhobenen Berufung im Umfang von S 142.122,-- netto nicht Folge. Es schloss sich der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes an. Ergänzend führte es im Wesentlichen aus, dass eine Trennung von Ansprüchen aus einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis in einen Anteil, in dem ein Minderheitsgesellschafter durch Stehenlassen seiner Entgeltforderung der insolventen Arbeitgeberin ein Eigenkapital ersetzendes Gesellschafterdarlehen gewähre und einen Teil, auf den er als Arbeitnehmer ausgehend von einem fingierten Austritt Ansprüche habe, nicht möglich sei. Insoweit wirke die gesellschaftsrechtliche Beurteilung fort.

Auch die Richtlinie 80/987/EWG über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers stehe dem nicht entgegen, da Art 10 dieser Richtlinie Regelungen zur Vermeidung von Rechtsmissbräuchen erlaube.

Die Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung zu einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Kläger bis knapp vor Konkurseröffnung das vereinbarte Arbeitsentgelt regelmäßig ausbezahlt erhielt, nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil ausschließlich hinsichtlich der Abweisung des laufenden Entgeltes für die Teilzeitbeschäftigung ab Jänner 1999 erhobene Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grunde zulässig und auch berechtigt.

Grundsätzlich zutreffend haben die Vorinstanzen hinsichtlich der planmäßig während der mehrjährigen Entwicklungsphase vom Kläger zu erbringenden Mehrleistungen, die erst nach deren Abschluss in Form von Zeitausgleich von einem gesamten Jahr abgegolten werden sollten, das Vorliegen eines Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehens bejaht und daher die Klage insoweit berechtigt abgewiesen.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind die im deutschen Recht zu § 32a dGmbHG entwickelten Grundsätze über Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen - in Analogie zu § 74 Abs 1 GmbHG - auch im österreichischen Recht heranzuziehen. Dem Gesellschafter, der der kreditunwürdigen Gesellschaft anstelle der erforderlichen Zuführung von Eigenkapital lediglich ein Darlehen gewährt, soll es nicht ermöglicht werden, dadurch das Finanzierungsrisiko auf die Gläubiger abzuwälzen.

Darlehensgewährungen durch einen Gesellschafter einer

kreditunwürdigen GesmbH werden daher dem Rückzahlungsverbot in

Analogie zu § 74 Abs 1 GmbHG unterstellt. Solche Darlehen dürfen

daher bis zur nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft weder mittelbar

noch unmittelbar zurückgezahlt werden. Diese Grundsätze gelten auch

in der Insolvenz und in der Liquidation der Gesellschaft und führen

dazu, dass Ansprüche aus Eigenkapital ersetzenden

Gesellschafterdarlehen hinter die Ansprüche der übrigen Gläubiger

zurückzutreten haben (vgl jüngst OGH 26. 4. 2001 8 ObS 249/00a; OGH

26. 4. 2000 9 ObA 53/00k = ARD 5153/4/2000 = ASoK 2001, 100 = ecolex

2000/295 ((Mazal)) = infas 2000 A 89 = RdW 2000/508 = WBl 2000/345 =

ZIK 2000/165 jeweils mwN etwa SZ 64/53 = WBl 1991, 399 ((Ostheim)) =

EvBl 1991/179 = GesRZ 1991, 162 = JAP 1991/92, 246 ((P. Bydlinski));

SZ 66/8; SZ 69/208; DRdA 1997, 289; RIS-Justiz RS0054372; RS0060076

uva). Einem im Zeitpunkt der Kreditunwürdigkeit gewährten

Gesellschafterdarlehen gleichgestellt sind Finanzplankredite - dies

sind Gesellschafterdarlehen, die planvoll als Eigenkapitalersatz

gegeben werden (vgl 9 ObA 53/00k = ARD 5153/4/2000 = ASoK 2001, 100 =

ecolex 2000/295 ((Mazal)) = infas 2000 A 89 = RdW 2000/508 = WBl

2000/345 = ZIK 2000/165 mwN; ÖBA 1997, 307; ecolex 1998, 331, DRdA

1997, 289; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht I2 325). Die

Regeln über das Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen werden

nicht nur auf die Gewährung von Krediten in der Krise angewendet,

sondern auch auf solche "Kredite", die der Gesellschaft in nicht

kritischer Zeit gewährt, aber in der Krise "stehengelassen" worden

sind, weil auch in der Stundung von Forderungen eine dem Eigenkapital

ersetzenden Gesellschafterdarlehen gleichwertige Art der Zuführung

von Liquidität an die Gesellschaft liegt (OGH 8 ObS 249/00a, 9 ObA

53/00k = ARD 5153/4/2000 = ASoK 2001, 100 = ecolex 2000/295 ((Mazal))

= infas 2000 A 89 = RdW 2000/508 = WBl 2000/345 = ZIK 2000/165 mwN

RdW 1994, 143; SZ 70/232). Nach ständiger Rechtsprechung wird auch

das Stehenlassen von Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis durch

einen Arbeitnehmer der GmbH, der zugleich auch deren Gesellschafter

ist und die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft erkennen konnte, als

Eigenkapitalersatz qualifiziert (OGH 8 ObS 249/00a, 9 ObA 53/00k =

ARD 5153/4/2000 = ASoK 2001, 100 = ecolex 2000/295 ((Mazal)) = infas

2000 A 89 = RdW 2000/508 = WBl 2000/345 = ZIK 2000/165 mwN). Nach

dieser Rechtsprechung wäre auch das planmäßige Stehenlassen der während der mehrjährigen Entwicklungsphase vom Kläger zu erbringenden Mehrleistungen, die erst nach deren Abschluss in Form von Zeitausgleich von einem gesamten Jahr abgegolten werden sollten, als eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren. Steht doch dem Arbeitnehmer dann, wenn - wie hier - bei Überstundenarbeit der Zeitpunkt des Ausgleichs nicht im vorhinein vereinbart wird, nach 13 Wochen zwingend (vgl § 19g AZG) der Anspruch auf Konsumation des Zeitausgleichs unter Anwendung von § 19f Abs 2 AZG zu. Von einer konkreten Vereinbarung des Zeitpunktes des Zeitausgleiches kann hier aber nicht die Rede sein.

Der Oberste Gerichtshof hat nunmehr allerdings mit seinem Beschluss vom 26. 4. 2001 zu AZ 8 ObS 249/00a in diesem Zusammenhang dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die darauf abzielen, inwieweit der Verlust von Arbeitnehmeransprüchen unter Anwendung der Grundsätze über das Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen den Zielen der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers entspricht.

Dies kann jedoch im vorliegenden Fall auf sich beruhen. Die

Entscheidungen der Vorinstanzen sind im Umfange der Abweisung der

während der mehrjährigen Entwicklungsphase vom Kläger erbrachten

Mehrleistungen ohnehin in Rechtskraft erwachsen. Der nun noch

begehrte Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für das laufende Entgelt

ab Jänner 1999 bis zur Konkurseröffnung am 11. 2. 1999 bzw Beendigung

am 9. 3. 1999 und der Beendigungsansprüche stellt kein Eigenkapital

ersetzendes Gesellschafterdarlehen dar. Wurden diese Beträge doch von

vorneherein nicht der Gesellschaft bewusst zugeführt und war nach den

Vereinbarungen (subjektiv) auch eine unterschiedliche Vorgangsweise

hinsichtlich dieses regelmäßigen Entgeltes für die

Teilzeitbeschäftigung einerseits und den Mehrleistungen für die

Anlaufphase der Gesellschaft andererseits vorgesehen. Diese Ansprüche

aus der Teilzeitbeschäftigung sind auch von vornherein von jenen aus

den Mehrleistungen zum Aufbau der Gesellschaft, die erst später

abgegolten werden sollten, objektiv trennbar gewesen. Sie stellten

ein normales Arbeitsentgelt dar, während die von vornherein

gestundeten Mehrleistungen ihre Wurzeln doch auch in der

gesellschaftsrechtlichen Einbindung des Klägers hatten.

Entscheidend für den Umfang der Nichtigkeit von Vereinbarungen, die

das Gebot der erforderlichen Kapitalzuführung umgehen, ist nun nicht

der Wille der Parteien, sondern der Schutzzweck der Verbotsnorm (vgl

OGH 11. 5. 2000, 7 Ob 211/99a; Koziol/Welser Grundriss des

bürgerlichen Rechts I10, 162; Apathy in Schwimann ABGB2 § 879 Rz 37;

Krejci in Rummel ABGB3 § 879 Rz 250 uva). Zur Abdeckung der von den

Mehrleistungen klar getrennten Ansprüche aus dem Teilzeitverhältnis

haben aber die Gesellschafter offensichtlich das erforderliche

Kapital zugeführt und wurde dem Kläger sein Entgelt auch regelmäßig

bezahlt. Insofern ist aus den Grundsätzen über das Verbot des

Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehens auch kein Anspruchsverlust ableitbar.

Durch die klare Trennbarkeit von jenen Entgelten für Mehrleistungen,

die als Eigenkapital ersetzendes Gesellschafterdarlehen anzusehen

sind, und dem normalen und auch regelmäßig bezahlten Entgelt für die

Teilzeitbeschäftigung unterscheidet sich der vorliegende Fall auch

von den Vorentscheidungen. In diesen wurde eine Trennung von

laufendem "kreditierten" Entgelt und Beendigungsansprüchen ausgehend

von einem fiktiven früheren Beendigungszeitpunkt nicht vorgenommen

und sämtlichen Ansprüchen die Anerkennung versagt (vgl insbesondere

OGH 8 ObS 69/00f = WBl 2000/214 = ARD 5153/5/2000 = DRdA 2000, 535 =

RdW 2000/529 = ZIK 2000/230; 8 ObS 311/99i; 8 ObS 249/00a; ähnlich zu

anderen Konstellationen 8 ObS 4/00x tw veröffentlicht ARD 5171/9/2000 = ZIK 2000/284; 8 ObS 5/00v tw veröffentlicht ARD 5171/6/2000 = ZIK 2000/284). Handelte es sich dabei doch damals um Ansprüche, die nur ausgehend von einer fiktiven Verhaltensweise errechnet hätten werden können, während hier die Trennung zwischen dem laufend gezahlten Entgelt und den kreditierten Mehrleistungen auf Grund der tatsächlichen Verhaltensweisen nachvollziehbar ist. Ferner ging es dabei darum, dass bei einem früheren Austritt des Arbeitnehmers wegen der vorenthaltenen Entgelte auch die Beendigungsansprüche früher zu zahlen gewesen wären, während hier ja die Entgelte für die Teilzeitbeschäftigung regelmäßig bezahlt wurden. Auch wenn man nun davon ausginge, dass diese Bezahlung nur durch die Kreditierung der Mehrleistungen möglich war, ist dies voneinander trennbar und wurde mit der Bezahlung für die Teilzeitbeschäftigung jedenfalls kein Eigenkapital ersetzendes Darlehen gewährt, sondern nur - allenfalls - eines dafür verwendet.

Der Einwand, dass es sich bei den hier maßgeblichen Entgelten für die Teilzeitbeschäftigung um Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen gehandelt habe, kann also nicht durchdringen.

Gleiches gilt aber auch, soweit sich die Beklagte darauf stützt, dass es sich bei der Teilzeitbeschäftigung des Klägers um ein "atypisches Dienstverhältnis" gehandelt habe.

Dabei geht es jedoch nur darum, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer trotz längerer Nichtzahlung des Lohnes im Unternehmen tätig bleibt und nicht versucht sein Entgelt ernstlich einbringlich zu machen, dies in der Regel indiziert, dass er beabsichtigt - oder zumindest in Kauf nimmt - in der Folge seine offenen Lohnansprüche gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds geltend zu machen. Dies stellt eine unzulässige Verlagerung des Finanzierungsrisikos dar (vgl OGH 23. 10.

2000, 8 ObS 206/00b = WBl 2001/91 = ZIK 2001/117 mwN = RIS-Justiz

RS00112127; Oberster Gerichtshof DRdA 1999/51, 375 ((Geist)) ebenso 8

ObS 183/98i, 8 ObS 295/98k, ähnlich 8 ObS 306/98b = DRdA 1999/494 =

RdW 2000/82; 8 ObS 153/00h; 8 ObS 4/00x uva). Nur im Rahmen des zur

Beurteilung herangezogenen sogenannten "Fremdvergleichs" wurde dabei

darauf abgestellt, bis zu welchem Zeitpunkt auch ein "unbeteiligter"

Arbeitnehmer im Unternehmen verblieben wäre (vgl 8 ObS 206/00b = WBl

2001/91 = ZIK 2001/117 mwN = DRdA 1999/51, 375, 8 ObS 56/00v = WBl

2000/216, 8 ObS 153/00h, 8 ObS 4/00x, 8 ObS 5/00v; 8 ObS 58/00p mwN ua WBl 1999, 174) und ausgesprochen, dass "völlig atypisch gestaltete" Arbeitsverhältnisse, die nicht auf die Erzielung von Entgelt für die Bestreitung des Lebensunterhaltes gerichtet sind, auch nicht nach den Bestimmungen des IESG gesichert sind (vgl 8 ObS

206/00b = WBl 2001/91 = ZIK 2001/117 mwN = 8 ObS 58/00p; RIS-Justiz

RS0111281 = 8 ObS 183/98i, 8 ObS 306/98b = DRdA 1999, 494 = RdW

2000/82, 8 ObS 295/98k uva; insbesondere zum Entfall auch der Beendigungsansprüche 8 ObS 56/00v = WBl 2000/216, 8 ObS 57/00s; 8 ObS 150/00t; 8 ObS 153/00h).

Davon kann aber hier hinsichtlich des Teilzeitarbeitsverhältnisses gar keine Rede sein, da der Kläger bis zum Monat vor der Konkurseröffnung offensichtlich regelmäßig sein Entgelt und damit auch seinen Lebensunterhalt bestritten hat.

Insgesamt war daher der Revision Folge zu geben und dem Kläger Insolvenz-Ausfallgeld für seine Ansprüche aus dem Teilzeitarbeitsverhältnis zuzusprechen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 2 Z 2 lit a ASGG, bzw §§ 50 und 41 sowie 43 ZPO.

Rechtssätze
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