JudikaturJustiz8ObA38/16w

8ObA38/16w – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Mai 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und den Hofrat Dr. Brenn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Sabine Duminger und Mag. Ernst Bassler in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** G*****, im Revisionsverfahren nicht vertreten, gegen die beklagte Partei W***** S***** GesmbH, *****, vertreten durch Mag. Albert Reiterer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 4.716,10 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 16. März 2016, GZ 12 Ra 12/16w 21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gerechtfertigte vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RIS Justiz RS0106298).

Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur bedürfte. Dies ist hier nicht der Fall.

Es entspricht der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers unter Umständen auch dessen Gesamtverhalten eine Rolle spielen kann und auch Verfehlungen sowie frühere Verwarnungen berücksichtigt werden können, die nicht unmittelbar vor der vorzeitigen Auflösung gesetzt worden sind, wobei diese aber nur dann zum Tragen kommen, wenn der eigentliche Anlassfall für die vorzeitige Beendigung eine gewisse Mindestidentität erreicht und damit geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung im konkreten Fall zu begründen (RIS Justiz RS0029600 [T2, T4, T5]).

Im Anlassfall hat die Klägerin, die insgesamt 28 Jahre bei der Beklagten beschäftigt war, einen Zeitaufwand von wenigen Minuten für die Herstellung eines Buchdeckels nicht – wie es der betrieblichen Anweisung entsprochen hätte – gesondert ausgewiesen, sondern nur bei der Gesamtarbeitszeit des Auftrags berücksichtigt, und die Verwendung von etwa 10 dag Leim nicht dokumentiert.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass dieser Anlassfall selbst unter Berücksichtigung von zwei Verwarnungen, die schon zwei Jahre zurücklagen, nicht jene Mindestintensität erreicht hat, die eine Entlassung rechtfertigen konnte, ist nicht unvertretbar.

Die Revision vermag damit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.