JudikaturJustiz8Ob51/21i

8Ob51/21i – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. April 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** GmbH in Liqu, *****, vertreten durch Dr. Markus Singer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. H***** F*****, hier wegen Ablehnung aller Richterinnen und Richter des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 23. Februar 2021, GZ 13 Nc 1/21b 2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Der Ablehnungswerber lehnte als Beklagter im Ausgangsverfahren 21 Cg 67/19f des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien die dort erkennende Richterin als befangen ab. Im zu 32 Nc 1/21z darüber eingeleiteten Ablehnungsverfahren lehnte er unter einem auch alle Richterinnen und Richter dieses Gerichtshofs als „infolge von Befangenheit ausgeschlossen“ ab. Begründet wurde der Antrag mit der Behauptung, im Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien werde systematisch bei der Behandlung von Ablehnungsanträgen gegen § 183 GeO verstoßen, indem solche nicht zuerst der Präsidentin vorgelegt würden. Diese Vorgangsweise begründe die Befangenheit aller Richter des Gerichtshofs.

[2] Das gemäß § 23 JN als Erstgericht für die Entscheidung zuständige Oberlandesgericht Wien wies den gegen sämtliche Richterinnen und Richter des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien gerichteten Ablehnungsantrag zurück.

[3] Die Ablehnung eines ganzen Gerichtshofs erfordere die Angabe detaillierter konkreter Ablehnungsgründe hinsichtlich jedes einzelnen namentlich genannten Richters. Pauschalablehnungen seien unzulässig. Der im Antrag behauptete Sachverhalt verwirkliche selbst dann, wenn man ihn ungeprüft hinsichtlich jedes einzelnen betroffenen Richters als zutreffend zugrundelegen wollte, keinen Ablehnungsgrund. In einer allgemein gegenüber jedermann gepflogenen Verfahrenspraxis komme keine Befangenheit im Sinn unsachlicher psychologischer Motive gegenüber einer bestimmten Partei zum Ausdruck. Die Behandlung von Ablehnungsanträgen durch Eintragung in das Nc Register und Vorlage an den zuständigen Ablehnungssenat sei im Übrigen nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs richtig.

[4] Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Ablehnungswerbers mit einem Aufhebungsantrag, in eventu mit dem Antrag auf Abänderung im antragsstattgebenden Sinn. Eine Rekursbeantwortung wurde nicht e rstattet.

[5] Der Rekurs ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[6] 1. Der Ablehnungswerber hält das Verfahren vor dem Oberlandesgericht für nichtig, zumindest aber mangelhaft, weil der Ablehnungsantrag direkt der Geschäftsabteilung des Ablehnungssenats übermittelt und in das Nc Register eingetragen worden sei, ohne die Vorgangsweise nach § 183 GeO einzuhalten.

[7] Dieser Vorwurf trifft nicht zu. Eine Entscheidung über eine mögliche Befangenheit ist nicht als Akt der Justizverwaltung, sondern als Akt der unabhängigen Rechtsprechung anzusehen. Ablehnungsanträge und Befangenheitsanzeigen in bürgerlichen Rechtssachen als Nc Sachen sind seit dem Inkrafttreten der GeO Novelle 1999, BGBl II 1999/69, nur mehr in das Nc Register einzutragen (RIS Justiz RS0132677). § 183 Abs 1 und 3 GeO wurde derogiert (4 Fsc 2/19k).

[8] 2. Davon ausgehend versagt auch die Rechtsrüge.

[9] 2.1. Eine behauptete Befangenheit ist in Bezug auf die konkrete Sache zu prüfen (RS0045933 [T1, T4]). Im angefochtenen Beschluss wird dazu richtig ausgeführt, dass der vom Ablehnungswerber erhobene Vorwurf einer systematischen Missachtung der GeO seiner Natur nach alle Richter in allen beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien anfallenden Ablehnungssachen betrifft. Die Befangenheit eines Entscheidungsorgans in einer bestimmten Sache ist daraus insoweit nicht abzuleiten. Falls im Prozess Nichtigkeitsgründe oder Verfahrensmängel unterlaufen sein sollten, sind diese nicht im Ablehnungsverfahren, sondern in dem für die Hauptsache vorgesehenen Instanzenzug geltend zu machen.

[10] 2.2. Die im Rekurs geäußerten Vermutungen („Anschein, dass die genannten Richterinnen einem rechtswidrigen Zwang oder psychischer Einflussnahme ausgesetzt sind“) entziehen sich einer rationalen Überprüfung. Auf bloße Mutmaßungen gegründete, nicht in Zusammenhang mit der Tätigkeit namentlich bezeichneter Richter stehende Ablehnungserklärungen sind nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt (vgl RS0046011 [T3, T6, T8]; RS0046005; RS0045983).

[11] 2.3. Die monierte Behandlung von Ablehnungsanträgen durch Eintragung in das Nc Register und Weiterleitung an den nach der Geschäftsordnung für die Entscheidung zuständigen Senat entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl RS0132677). Der Rekurs setzt sich mit dieser im angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellten Rechtslage inhaltlich nicht auseinander.

[12] Dem Rechtsmittel ist daher ein Erfolg zu versagen. Ein Kostenersatz steht für den erfolglosen Rekurs nicht zu (§§ 41, 50 ZPO).