JudikaturJustiz8Ob33/14g

8Ob33/14g – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. April 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Univ. Prof. Dr. A***** Ro*****, 2) Mag. M***** Pr*****, und 3) Mag. H***** Pr*****, alle vertreten durch die Stolitzka Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Anton Krautschneider, Rechtsanwalt in Wien, wegen 185.972,91 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2014, GZ 39 R 312/13s 22, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht hat den Regelungsgehalt des § 1109 ABGB (und auch des § 1111 ABGB) zutreffend dargestellt. Danach trifft den Bestandnehmer grundsätzlich die Pflicht, den Bestandgegenstand in jenem Zustand zurückzustellen, in dem er sich bei Übergabe befunden hat. Die Pflicht zur Wiederherstellung des vorigen Zustands ist auch dann nicht aufgehoben, wenn der Bestandgeber von einer Veränderung des Bestandobjekts gewusst oder ihr zugestimmt hat. Eine anderweitige vertragliche Regelung zwischen den Parteien ist zulässig (RIS Justiz RS0020800; RS0020737).

Aus der Rückstellungsverpflichtung des Bestandnehmers nach § 1109 ABGB folgt, dass die vom Bestandnehmer eingebrachten Gegenstände, die körperlich selbständig bleiben oder ohne Substanzbeschädigung des Bestandobjekts lösbar sind, vom Bestandnehmer bei der Räumung des Bestandobjekts mitgenommen werden dürfen (RIS Justiz RS0105727). Das Wegnahmerecht des Bestandnehmers kann abbedungen werden.

Diese Grundsätze gelten auch für die Unternehmenspacht (3 Ob 115/11z). Ohne gesonderte vertragliche Regelung steht dem Bestandnehmer hinsichtlich neu eingebrachter Sachen somit ebenfalls ein Wegnahmerecht zu. Dies wäre etwa dann nicht der Fall, wenn sich der Bestandnehmer zur Rückstellung des Unternehmens in der zuletzt betriebenen Form verpflichtet hat.

Zum Wegnahmerecht des Bestandnehmers zeigen die Kläger in der außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf. Soweit sie davon ausgehen, dass sie der Beklagten das Café im Jahr 2003 im betriebsfähigen Zustand übergeben hätten, weichen sie überdies von der Sachverhaltsgrundlage ab.

2. Nach der der Schadensberechnung zugrunde liegenden Beurteilung des Erstgerichts war die Beklagte nicht berechtigt, nach Beendigung des Bestandverhältnisses die von ihr angeschafften Bugholzsessel und Tische aus den Gasträumlichkeiten zu entfernen. Das Erstgericht leitet dieses Ergebnis aus § 12 des Pachtvertrags ab, wonach der Pächter bei Neuanschaffung (Ersatz) des Mobiliars das Einvernehmen mit dem Verpächter herzustellen hat. Die Beklagte ließ diese Beurteilung unbekämpft. Aus diesem Grund wurde hinsichtlich des Mobiliars von der Inventarliste vom 22. 10. 2009 (und nicht jener vom 30. 4. 2003) ausgegangen.

Das Argument der Kläger, der Schaden liege nicht nur in der Wiederbeschaffung der entfernten Gegenstände, sondern in der Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit, ist in Bezug auf die Schadensberechnung der Vorinstanzen nicht verständlich. Der „Investitionsbeitrag“, den die Kläger in der „Staffelpacht“ anlässlich der Neuverpachtung des Cafés im Juli 2010 sehen, ist nicht gesondert, also zusätzlich zum Schaden aus der rechtswidrigen Entfernung des Mobiliars ersatzfähig. Dabei handelt es sich nicht etwa um entgangene Zinseinnahmen wegen Verzögerung der neuerlichen Verpachtung.

3. Der bei Anwendung des § 273 ZPO nach freier Überzeugung vorzunehmenden richterlichen Schätzung kommt im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS Justiz RS0121220).

Das Berufungsgericht hat zu den Argumenten der Kläger zutreffend festgehalten, dass eine Aufwertung der Wiederbeschaffungskosten (zwischen 2003 und 2009) in der Schätzung nach § 273 ZPO aufgehe und der Rabatt (den die Beklagte bei Neuanschaffung der Einrichtungsgegenstände erhalten hat) bei entsprechender Stückzahl allgemein erreicht werden könne.

Auch in dieser Hinsicht erweist sich die Beurteilung des Berufungsgerichts als nicht korrekturbedürftig.

4. Zu den Kosten für die Entsorgung des Öltanks beziehen sich die Kläger in der außerordentlichen Revision nur mehr auf die Ölfüllstelle „auf öffentlichem Grund“.

Abgesehen davon, dass sich die in Rede stehende Entfernungspflicht nach § 21 Abs 5 des Wiener Ölfeuerungsgesetzes auf Füll schächte im öffentlichen Gut bezieht und nicht feststeht, dass es sich im Anlassfall um eine solche Vorrichtung gehandelt hat, stellte das Erstgericht fest, dass den Klägern derartige Kosten nicht entstanden sind.

5. Insgesamt vermögen die Kläger mit ihren Ausführungen keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.