JudikaturJustiz8Ob116/07b

8Ob116/07b – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Dezember 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Astrid R*****, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in Zwettl, wider die beklagte Partei Ing. Friedrich R*****, vertreten durch Graff Nestl Baurecht Zorn Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems als Berufungsgericht vom 6. August 2007, GZ 1 R 58/07w 24, womit über Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Gmünd vom 29. November 2006, GZ 6 C 717/05z 18, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die Anträge beider Parteien auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortungen werden abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes werfen die Rechtsmittel der Parteien keine erheblichen Rechtsfragen auf:

1. Die vom Beklagten gerügte Nichtigkeit liegt nicht vor, weil die Klägerin am 21. 12. 2004, somit mehr als drei Monate vor Einbringung der Klage, zu 6 Nc 2/05d des Erstgerichtes einen Antrag nach § 433 Abs 1 ZPO stellte und damit der Vorschrift des Artikel III Z 1 des Zivilrechts Änderungsgesetzes 2004 (ZivRÄG 2004 BGBl Nr 91/2003) entsprach. Ob der Beklagte die - nach der Aktenlage ordnungsgemäß zugestellte - Ladung für den für 31. 1. 2005 anberaumten Vergleichsversuch erhielt, ist hingegen für die Zulässigkeit der Klageführung iSd Artikel III ZivRÄG 2004 Satz 2 nicht von Belang.

2. Der Oberste Gerichtshof hat sich in der mehrfach veröffentlichten Entscheidung 8 Ob 99/06a (EvBl 2007/83 = Zak 2007/234 = immolex 2007/110, 219) ausführlich mit der durch das ZivRÄG 2004 eingefügten Bestimmung des § 364 Abs 3 ABGB auseinandergesetzt und Beurteilungskriterien für die Unzumutbarkeit einer Immission aufgestellt. Sowohl der Auslegung, dass eine „unzumutbare Beeinträchtigung" iSd § 364 Abs 3 Satz 1 ABGB idF ZivRÄG 2004 strenger zu beurteilen sei als die „wesentliche Beeinträchtigung" der ortsüblichen Benutzung eines Grundstückes in § 364 Abs 2 ABGB als auch den in 8 Ob 99/06a aufgestellten Beurteilungskriterien für die Unzumutbarkeit hat sich der Oberste Gerichtshof in mehreren Folgeentscheidungen angeschlossen (1 Ob 62/07k; 10 Ob 60/06f; 10 Ob 87/07b).

3. Unter Anwendung der in 8 Ob 99/06a dargelegten Grundsätze ist das Berufungsgericht zum Ergebnis gelangt, dass die vom Beklagten errichtete Buchenhecke, die an die Ostseite des Grundstückes der Klägerin grenzt und im Bereich des Grundstückes der Klägerin eine Höhe von sechs bis acht Metern aufweist, im Sinne des dritten Eventualbegehrens der Klägerin auf eine Höhe zurückzuschneiden und durch geeignete Maßnahmen in diesem Zustand zu erhalten ist, die gemessen von der Liegenschaft der Klägerin nicht höher als 2,50 Meter ist. Die Beurteilung, dass ein höherer Bewuchs für die Klägerin unzumutbar iSd § 364 Abs 3 ABGB ist, gründete das Berufungsgericht auf die Feststellung, dass das Grundstück der Klägerin in diesem Bereich durch die Buchenhecke zusehends vermoost und es anders als früher nicht mehr möglich ist, in diesem Bereich Erdbeeren und Grünpflanzen zu setzen. Diese auf den konkreten Umständen des Einzelfalls beruhende Auslegung des Begriffes der „Unzumutbarkeit" begründet - vom hier nicht vorliegenden Fall einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS Justiz RS0044088).

4. Der in der Revision des Beklagten erhobene Vorwurf, das Berufungsgericht habe die Ortsüblichkeit insbesondere im Zusammenhang damit nicht ausreichend berücksichtigt, dass feststehe, dass sich auf dem Grundstück des Beklagten seit jeher alter Baumbestand befinde, ist unbegründet: Das Berufungsgericht ist auf diese Frage ausführlich eingegangen und hat darauf verwiesen, dass die nunmehrige Höhe des Buchenheckenbewuchses deshalb nicht als ortsüblich einzustufen sei, weil die Hecke bis 1999 regelmäßig geschnitten wurde und seither vom Beklagten nur in dem die Klägerin betreffenden Teil nicht mehr, sonst aber entlang der gesamten übrigen Grundstücksgrenze regelmäßig geschnitten wird.

5. Die Abweisung des von der Klägerin erhobenen Hauptbegehrens und des ersten und zweiten Eventualbegehrens - die im Wesentlichen den Baum- und Buschbestand auf dem Grundstück des Beklagten mit Ausnahme der an der Grundstücksgrenze gepflanzten Buchenhecke betreffen - gründete das Berufungsgericht nicht nur auf die Ortsüblichkeit dieses Bewuchses, sondern auch darauf, dass die Klägerin kein Vorbringen dazu erstattet habe, dass diese Bepflanzungen den Lichteinfall auf ihrer Liegenschaft „unzumutbar" (etwa im Sinne einer gänzlichen Entziehung des Sonnenlichtes auch zu Mittag) beeinträchtigten und dass auch entsprechende Feststellungen nicht getroffen wurden. Dagegen wendet sich die Revision der Klägerin gar nicht. Sie meint lediglich, der Baum- und Buschbestand sei auch in diesem Umfang nicht ortsüblich. Darauf kommt es allerdings nicht an, weil neben der Ortsunüblichkeit des Bewuchses „Unzumutbarkeit" (vgl dazu im Detail 8 Ob 99/06a; 10 Ob 60/06f; 1 Ob 62/07k) Voraussetzung für ein erfolgreiches Begehren nach § 364 Abs 3 ABGB ist. Bereits das Berufungsgericht hat die Klägerin darauf verwiesen, dass nach den getroffenen Feststellungen die Vermoosung des Grundstückes der Klägerin auf den Buchenheckenbewuchs, nicht aber auf den sonstigen Baum- und Buschbestand auf dem Grundstück des Beklagten, zurückzuführen ist.

6. Beide Parteien haben in ihren Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen. Die Revisionsbeantwortungen dienten somit nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und waren daher nicht zu honorieren.

Rechtssätze
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