JudikaturJustiz8Ob105/15x

8Ob105/15x – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Oktober 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn sowie die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** L*****, vertreten durch Mag. Gerold Loinger, Rechtsanwalt in Wörgl, gegen die beklagte Partei L***** W*****, vertreten durch Hochstaffl Rupprechter Rechtsanwälte GmbH in Wörgl, wegen sonstiger Leistung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. März 2015, GZ 3 R 366/14s 10, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Kufstein vom 30. Oktober 2014, GZ 2 C 317/14w 6, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.257,81 EUR (darin 152,97 EUR USt und 340 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Miteigentümerin einer Wohnhausanlage, die einen an das öffentliche Gut angrenzenden und gekennzeichneten Privatparkplatz umfasst. Die Klägerin führt regelmäßig Aufzeichnungen über Fahrzeuge, die auf dem Privatparkplatz unberechtigterweise abgestellt werden, unter anderem notierte sie am 22. 2. 2014 das Kennzeichen des Pkws des Beklagten, das dessen Vater an diesem Tag dort geparkt hatte.

Die Klägerin begehrte den Beklagten schuldig zu erkennen, das widerrechtliche Abstellen seines Pkws auf dem Parkplatz der Wohnanlage zu unterlassen, in eventu durch Unterweisungen und Verbote dafür Sorge zu tragen, dass allfällige Dritte, denen der Pkw überlassen wird, diesen ( gemeint offenbar: nicht ) auf dem gegenständlichen Parkplatz widerrechtlich abstellen.

Der Beklagte erfuhr erstmals durch die Klage von dem erhobenen Vorwurf. Er brachte vor, sein Fahrzeug sei auf öffentlichem Gut abgestellt gewesen. Er habe seinem Vater überdies aufgetragen, den Pkw auch in Hinkunft nicht auf den Flächen der Klägerin abzustellen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Der Beklagte habe keine Störung begangen und auch sonst keinen Anlass zur Klagsführung gegeben. Es wäre der Klägerin zumutbar gewesen, ihn vorher zur Bekanntgabe des Lenkers aufzufordern, um die Person des tatsächlichen Störers zu ermitteln.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Klägerin teilweise Folge und gab unter Bestätigung der Abweisung des Hauptbegehrens ihrem Eventualbegehren statt.

Die Klägerin habe sich wenigstens erkennbar auch darauf berufen, dass es dem Beklagten möglich gewesen wäre, auf andere Benützer seines Fahrzeugs im Sinne des Eventualbegehrens einzuwirken, was er auch nicht bestritten habe. Da er seinem Vater nur aufgetragen habe, das Fahrzeug hinkünftig nicht mehr auf dem Privatparkplatz abzustellen, sei er hinsichtlich des Eventualbegehrens passiv legitimiert. Auch Wiederholungsgefahr liege vor, weil feststehe, dass sich der Vater des Beklagten dessen Pkw immer wieder ohne besondere Nachfrage ausleihe.

Mit seiner gemäß § 508 ZPO nachträglich vom Berufungsgericht für zulässig erklärten Revision strebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils an. Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Begründung von der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist; die Revision ist auch berechtigt.

1. Die Eigentumsfreiheitsklage (§ 523 ABGB) kann gegen jeden gerichtet werden, der unmittelbar oder mittelbar Verantwortung für den unrechtmäßigen Eingriff in fremdes Eigentumsrecht trägt ( Reiner in Schwimann TaKom² § 523 ABGB Rz 11 mwN). Auch vom mittelbaren Störer das ist von jenem, der die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hat, die auf ihn zurückgehende, seiner Interessenwahrung dienende, aber unmittelbar von Dritten vorgenommene Störhandlung zu steuern und gegebenenfalls auch zu verhindern kann Unterlassung und nicht bloß Einwirkung auf den unmittelbaren Störer begehrt werden (RIS Justiz RS0103058 [T2]; RS0011737), damit er seiner Pflicht entsprechend nachkommt (4 Ob 250/06b mwN).

2. Von einer Handlung im Interesse oder über Veranlassung des Beklagten kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.

Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Halter eines Kraftfahrzeugs allein dadurch, dass er sein Fahrzeug von Dritten benützen lässt, die damit in fremden Besitz oder fremdes Eigentum eingreifen, noch keine Handlung, die als unmittelbare Veranlassung der Störung des fremden Eigentums angesehen werden kann und eine Eigentumsfreiheitsklage gegen ihn rechtfertigen könnte (RIS Justiz RS0012142).

Eine Inanspruchnahme des Fahrzeughalters bedarf vielmehr eines besonderen Zurechnungsgrundes (4 Ob 58/08w). Dieser kann darin liegen, dass er sich der Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers widersetzt (4 Ob 58/08w), dass er vorhandene Möglichkeiten nicht wahrgenommen hat, eine ihm bekannte, wiederholte Störung abzustellen (4 Ob 250/06b), oder behauptet, nichts zur Hintanhaltung weiterer Störungen unternehmen zu können bzw zu wollen (4 Ob 58/08w, sowie gerade auch die vom Berufungsgericht ins Treffen geführte Entscheidung 8 Ob 589/87).

3. Alle diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Entgegen den Ausführungen der Revisionsbeantwortung war es nicht Sache des Beklagten, sondern der Klägerin, alle ihren Anspruch begründenden Sachverhaltselemente zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Dass der Beklagte, nachdem er erstmals durch die Klagszustellung von der Störung Kenntnis erlangt hatte, sich geweigert habe, auf seinen Vater zur Hintanhaltung weiterer Störungen einzuwirken, hat sie weder behauptet, noch das Vorbringen des Beklagten, er habe seinen Vater bereits dementsprechend ermahnt, substantiiert bestritten.

4. Das Rechtsmittel erweist sich schon aus diesen Gründen als berechtigt, sodass sich eine inhaltliche Behandlung der weiteren Revisionsausführungen erübrigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.