JudikaturJustiz7Ob5/22v

7Ob5/22v – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* reg Gen mbH, *, vertreten durch Holter – Wildfellner Rechtsanwälte GmbH in Grieskirchen, gegen die beklagte Partei F* GmbH, *, vertreten durch Dr. Gerhard Haslbauer, Rechtsanwalt in Laakirchen, wegen 38.104,80 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 29. November 2021, GZ 1 R 138/21a 64, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508 Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Verjährungsfrist wird erst dann in Gang gesetzt, wenn die Kenntnis des Geschädigten über den Schadenseintritt, die Person des Schädigers und den Ursachenzusammenhang zwischen dem Schaden und dem schadenstiftenden Verhalten einen solchen Grad erreicht, dass mit Aussicht auf Erfolg geklagt werden kann (9 Ob 88/18h mwN; vgl ua RS0034524). Diese Kenntnis wird durch verschuldete Unkenntnis nicht ersetzt (RS0034686 [insb T6]). Die bloße Möglichkeit der Kenntnis genügt grundsätzlich ebenso wenig wie die bloße Möglichkeit der Ermittlung einschlägiger Tatsachen. Kennen müssen reicht daher grundsätzlich nicht aus (RS0034366 [T3, T6]). Allerdings genügt die Kenntnis von Umständen, aufgrund derer der Geschädigte die einem bestimmten E rsatzpflichtigen zurechenbare Schadensursache ohne nennenswerte Mühe – und demnach zumutbarer w eise – hätte in Erfahrung bringen können. Nur unter dieser Voraussetzung gilt die erörterte Kenntnis in dem Zeitpunkt als erlangt, indem sie dem Geschädigten bei angemessener Erkundigung zu t eil geworden wäre (RS0034366 [T20], RS0034686 [T2], RS0034524 [T21]). Diese Erkundungsobliegenheit des Geschädigten darf nicht überspannt werden (RS0034327). Sie setzt deutliche Anhaltspunkte für einen Schadenseintritt im Sinn konkreter Verdachtsmomente, aus denen der Anspruchsberechtigte schließen kann, dass Verhaltenspflichten nicht eingehalten wurden, voraus (RS0034327 [T42], 9 Ob 88/18h). Wann die Erkundungsobliegenheit entsteht und welche Erkundungs maßnahmen dem Geschädigten zumutbar sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0034327 [T20, T45]).

[2] 2. Die Beklagte führte 1998 unsachgemäß Dachdecker und Spenglerarbeiten durch. Das Berufungsgericht verneinte die Verjährung de s Anspruchs auf Ersatz der von der Klägerin für die Sanierung geforderten Kosten . Die Klägerin habe durch den Eintritt des Wasserschadens Anfang 2018 erstmals Kenntnis von Schaden und Schädiger erhalten. Die bloße Möglichkeit, dass die Klägerin bei Durchführung entsprechender Sichtkontrollen bestehende Fäulnisstellen an der Dachkonstruktion und anhand dieser bereits früher erfolgte – tatsächlich aber unbemerkt gebliebene – Wassereintritte hätte erkennen können und müssen, löse mangels der Klägerin bekannter Verdachtsmomente für einen Schadenseintritt keine Erkundungsobliegenheit aus .

[3] 2.2 Diese Beurteilung hält sich im Rahmen der dargestellten oberstgerichtlichen Rechtsprechung.

[4] 3. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtssätze
4