JudikaturJustiz7Ob2028/96b

7Ob2028/96b – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. März 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Schalich und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Klaus Reisch und Dr.Anke Reisch, Rechtsanwälte in Kitzbühel, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Dr.Ivo Greiter ua Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 1,262.585,- sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 4.Oktober 1995, GZ 4 R 1001/95b-11, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 23.Mai 1995, GZ 17 Cg 29/95-5, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Einrede der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit verworfen wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit insgesamt S 42.994,80 (darin enthalten S 7.165,80 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei die restliche Werklohnforderung von S 1,262.585,- sA für Tischlerarbeiten, die die Einzelfirma Gerhard K***** auftragsgemäß für die beklagte Partei erbracht habe. Die Einzelfirma sei durch Einbringungsvertrag vom 19.12.1992 in die klagende Partei eingebracht worden. Am selben Tag habe Gerhard K***** die Klagsforderung an die klagende Partei abgetreten. Als Gerichtsstand sei ausdrücklich das für W***** sachlich zuständige Gericht vereinbart worden. Darüber hinaus sei W***** einvernehmlich als Erfüllungsort bestimmt worden, so daß der Gerichtsstand gemäß § 88 und 104 JN gegeben sei.

Die klagende Partei hatte dieselbe Werklohnforderung bereits mit ihrer am 14.2.1994 beim Landesgericht Innsbruck zu 17 Cg 44/94 eingebrachten Klage geltend gemacht, ohne jedoch die Abtretung der Forderung zu behaupten. Die beklagte Partei erhob dort unter anderem die Einreden der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Unzuständigkeit. Das Landesgericht Innsbruck verwarf diese Einreden. Das Oberlandesgericht Innsbruck gab jedoch mit Beschluß vom 3.11.1994, GZ 4 R 276/94-7 dem dagegen seitens der beklagten Partei erhobenen Rekurs Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß der Einrede der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit stattgegeben, das Verfahren ab Zustellung der Klage als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde. Es begründete diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß die klagende Partei nicht mit der protokollierten Einzelfirma "K*****" ident sei, die auf den zum Nachweis der Vereinbarung im Sinne der §§ 88 Abs 1 und 104 JN vorgelegten Urkunden (Auftragsbestätigungen) als Vertragspartner der beklagten Partei ausgewiesen sei. Eine Vereinbarung im Sinn dieser Gerichtsstände binde zwar auch die Einzel- und Gesamtrechtsnachfolger der vertragsschließenden Teile. Die außer Streit gestellte Einbringung des Einzelunternehmens in die nunmehr klagende Gesellschaft mbH habe aber keine Gesamtrechtsnachfolge bewirkt. Die klagende Partei hätte daher hinsichtlich des konkreten Rechtsverhältnisses der beklagten Partei eine Abtretungserklärung zu ihren Gunsten dartun müssen.

Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluß vom 19.12.1994, 4 Ob 1633/94, den dagegen seitens der klagenden Partei erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zurück, wobei auf die Richtigkeit der Ansicht des Oberlandesgerichtes Innsbruck hingewiesen wurde, daß es trotz der Außerstreitstellung der Einbringung der Einzelfirma in die klagende Gesellschaft mbH eines urkundlichen Nachweises der Einzelrechtsnachfolge der klagenden Partei bedurft hätte, um dem Einwand der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit wirksam entgegenzutreten.

Im vorliegenden Verfahren erhob die beklagte Partei abermals die Einreden der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Unzuständigkeit. Des weiteren erhob sie den Einwand der rechtskräftig entschiedenen Streitsache, wobei sie auf das Verfahren 17 Cg 44/94 des Erstgerichtes verwies.

Mit Beschluß vom 23.5.1995 hob das Erstgericht das Verfahren ab Klagszustellung als nichtig auf und wies die Klage wegen mangelnder inländischer Gerichtsbarkeit zurück. Aus der vorgelegten Abtretungserklärungsurkunde gehe nicht hervor, welche konkrete Forderung in welcher Höhe seitens des Einzelunternehmers Gerhard K***** an die klagende Partei abgetreten worden sei. Da die Möglichkeit bestehe, daß Gerhard K***** mehrere Forderungen gegen die beklagte Partei habe, könne die vorgelegte Abtretungserklärung nicht als Nachweis für die Einzelrechtsnachfolge durch die klagende Partei angesehen werden.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil das Rekursgericht die einhellige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes über die Behauptungs- und Nachweispflicht einer Rechtsnachfolge im Zusammenhang mit einer Gerichtsstandvereinbarung berücksichtigt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist jedoch zulässig und berechtigt.

Die Abtretungserklärung vom 19.12.1992 lautet:

"Im Rahmen der Einbringung aller Aktiven und Passiven meines Einzelunternehmens an die Firma Gerhard K***** Gesellschaft mbH habe ich auch meine Forderung gegen die Firma F*****, an die Firma Gerhard K***** Gesellschaft mbH mit allen Rechten und Pflichten abgetreten.

Die Firma Gerhard K***** Gesellschaft mbH nimmt diese Abtretung im Rahmen des Einbringungsvertrages an."

Die Urkunde ist mit 19.12.1992 datiert und trägt einerseits die Unterschrift "K***** Gerhard", andererseits den Firmenstempel Gerhard K***** Gesellschaft mbH mit Adresse und Telefonnummer, über dem sich ein Namenszeichen als Unterschrift befindet.

Die beklagte Partei anerkannte im Verfahren die Echtheit dieser Urkunde und gab zu ihrer Richtigkeit keine Erklärung ab. Sie brachte hiezu lediglich vor, daß aus der Abtretung der Erklärung nicht ersichtlich sei, welche konkrete Forderungen in welcher Höhe seitens Gerhard K***** an die klagende Partei abgetreten worden sei.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen und der beklagten Partei ist mit dieser Urkunde nunmehr der Nachweis der Zession der Forderung und damit der Nachweis der Einzelrechtsnachfolge der klagenden Partei erbracht. Die klagende Partei hat bislang gar nicht behauptet, daß sich die Zession nicht auf die eingeklagte Forderung beziehe und daß dem Gerhard K***** noch andere Forderungen gegen die beklagte Partei zugestanden seien.

Zur Bestimmtheit der von der Zession betroffenen Forderung genügt es, wenn die Forderung nach Entstehen als von der Zession erfaßt oder nicht erfaßt identifiziert werden kann; es müssen daher Gläubiger und Schuldner bekannt sein, der Rechtsgrund hingegen nur dann, wenn dies im konkreten Fall zur Identifizierung erforderlich ist (vgl Ertl in Rummel2 II Rz 4 zu § 1392 ABGB). Es kann im Zusammenhang mit der Einbringung des gesamten Einzelunternehmens des Gerhard K***** in die Gesellschaft mbH kein Zweifel daran bestehen, daß die Klagsforderung von der Zession umfaßt sein sollte, so daß die abgetretene Forderung auf Grund der hier vorliegenden Umstände als ausreichend bestimmt anzusehen ist.

Entgegen der Ansicht der beklagten Partei ist die Zession formfrei und selbst dann nicht notariatsaktpflichtig, wenn sie "im Rahmen" (also anläßlich) der Einbringung des Einzelunternehmens in eine Gesellschaft mbH erfolgt. Nicht die abgetretene Forderung, sondern das Einzelunternehmen stellt die Sachenlage im Sinn des § 6 Abs 4 GesmbHG dar (§ 6 a GesmbHG). Ob die Klagsforderung im Gesellschaftsvertrag enthalten war, ist ohne Relevanz (vgl 1 Ob 749/81).

Der urkundliche Nachweis ist auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil daraus ein unzulässiges In-sich-Geschäft hervorgehe, wie die beklagte Partei nunmehr im Rechtsmittelverfahren behauptet. Die Zession birgt keine Gefahr der Schädigung der Gesellschaft mbH, auch wenn sie hiebei nur durch Gerhard K***** als Geschäftsführer vertreten gewesen sein sollte, in sich. Daß die Zession jederzeit unkontrolliert zurückgenommen werden könnte, weil sie etwa keinen Niederschlag in den Büchern der klagenden Partei gefunden habe (vgl RdW 1986, 39), wurde im Verfahren erster Instanz nicht behauptet. Ebensowenig wurde behauptet, daß die Annahme der Zession nicht durch den oder die anderen Gesellschafter der Gesellschaft mbH gestattet worden wäre (vgl RdW 1992, 369).

Der Einwand der beklagten Partei, die den Erfüllungsort und den Gerichtsstand beinhaltenden Klauseln auf den Anboten seien von der Unterschrift der beklagten Partei nicht umfaßt gewesen, ist jedenfalls nicht berechtigt. Das Gesetz selbst enthält keine Vorschriften über die Gestaltung der Urkunden, die zum Nachweis der Gerichtsstände der §§ 88 Abs 1 und 104 JN benötigt werden, weshalb nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und nach der Übung des redlichen Verkehrs beurteilt werden muß, welche Urkundenfassung erforderlich ist und ausreicht (JBl 1975, 548 ua). Im vorliegenden Fall befindet sich die betreffende Klausel auf jeder Seite der Anbote, und zwar jeweils am linken unteren Rand. Die Unterschriften der beklagten Partei erfolgten jeweils auf der letzten Seite der Anbote, und zwar am rechten unteren Rand dieser letzten Seite. Auch hier ist die Klausel nochmals am linken unteren Rand, und zwar teils auf gleicher Höhe mit der Unterschrift, teils etwas unterhalb angeführt. Bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit konnte die Klausel daher nicht übersehen werden, so daß nach der Übung des redlichen Verkehrs davon auszugehen ist, daß die beklagte Partei die betreffenden Vereinbarungen durch die vorbehaltlose Unterfertigung der Anbote genehmigt hat (vgl den insoweit ähnlich gelagerten Sachverhalt in JBl 1975, 548).

Einer neuerlichen Entscheidung über die Frage der inländischen Gerichtsbarkeit (vgl § 42 Abs 3 JN) steht auch nicht der diese verneinende Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck im Verfahren 17 Cg 44/94 entgegen, weil nunmehr ein anderer Rechtsgrund, nämlich jener der Zession und nicht jener der eigenen Werkleistung geltend gemacht wurde (JBl 1975, 549). Gegenstand der Rechtskraft ist aber nur die anhand des der Entscheidung zugrundegelegten Sachverhaltes und seiner rechtlichen Qualifikation festgestellte Rechtsfolge (Rechberger in Rechberger, ZPO, Rz 6 zu § 411 ZPO).

Der letztlich erhobene Einwand der beklagten Partei, daß die Klagsforderung auch deshalb nicht berechtigt sei, weil sie zur Gänze beglichen sei, ist für die Frage der inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung.

Gemäß §§ 41 und 50 ZPO waren der klagenden Partei die Kosten ihres Rekurses und ihres Revisionsrekurses zuzuerkennen, weil ein Zwischenstreit vorliegt, in dem die klagende Partei obsiegt hat.

Rechtssätze
5