JudikaturJustiz7Ob161/14y

7Ob161/14y – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Oktober 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. F***** K*****, vertreten durch Dr. Romana Zeh Gindl, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 65.492,87 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Juni 2014, GZ 4 R 267/13h 12, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 25. September 2013, GZ 18 Cg 13/13w 8, abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts, das hinsichtlich der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, wird hinsichtlich des Zuspruchs von 45.163,76 EUR samt 4 % Zinsen pa aus 51.940,13 EUR vom 26. Juni 2012 bis 18. April 2013 und aus 45.163,76 EUR ab 19. April 2013 als Teilurteil bestätigt.

Im Übrigen (hinsichtlich des weiteren Klagebegehrens von 20.329,11 EUR samt 4 % Zinsen pa seit 26. Juni 2012 und der Kostenentscheidungen) werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 2. 11. 2011 im Alter von 82 Jahren verstorbene E***** T***** war langjährige Kundin der Beklagten, bei der sie unter anderem ein Wertpapierdepot eingerichtet hatte. Sie bezog drei Pensionen von monatlich insgesamt 2.275 EUR netto. Ihre Verlassenschaft wurde dem Kläger ihrem Neffen als testamentarischem Erben eingeantwortet. Zwei Nichten und einem weiteren Neffen vermachte sie jeweils 16 % der nach ihrem Ableben vorhandenen Sparguthaben und Wertpapiere. Insgesamt sind neun gesetzliche Erben vorhanden.

Im Alter von 81 Jahren schloss E***** T***** nach Beratung und über Vermittlung der Beklagten mit einem Versicherer eine Pensionsvorsorge (auch: Rentenversicherungsvertrag) gegen Zahlung einer Einmalprämie von 79.999,48 EUR ab. Daraus sollte sie auf Lebenszeit monatlich nachschüssig, erstmals am 1. 10. 2010, eine für 12 Jahre garantierte Pension von 517,75 EUR zuzüglich einer variablen „Bonusrente aus Gewinnbeteiligung“ (von 34,42 EUR bei Vertragsabschluss) ausbezahlt erhalten. Für den Fall ihres Ablebens war vorgesehen, dass das nicht verbrauchte Kapital an die Bezugsberechtigten laut Antrag ihre gesetzlichen Erben ausbezahlt wird und für diese die Möglichkeit besteht, sich die Pension für die noch verbleibende Garantiezeit in Form einer einmaligen Kapitalauszahlung ausbezahlen zu lassen.

Die Beklagte vertreibt ausschließlich Lebensversicherungsprodukte dieses Versicherers und war bei der Vermittlung des Rentenversicherungsvertrags als dessen Versicherungsagentin tätig.

E***** T***** unterfertigte den Versicherungsantrag am 27. 8. 2010 in einer Filiale der Beklagten im Zuge eines Beratungsgesprächs mit zwei Kundenbetreuern. Das Gespräch diente der Anpassung ihres Wertpapierdepots, das einen Kurswert von insgesamt 218.224,90 EUR aufwies und sich zum Teil aus höher riskanten Wertpapieren zusammensetzte, an ihr zuvor neu erstelltes „Wertpapier Anlegerprofil“. Aus diesem ging hervor, dass ihre Risikobereitschaft auf die Risikoklasse „mittleres Risiko“ gesunken war, sie eine Anlagedauer von fünf bis sieben Jahren anstrebte, ihr Anlageziel ertragsorientiert war und sie über ausreichend kurzfristige Mittel und monatliche Einkünfte (schon unter Abzug der monatlichen Fixkosten) zwischen 1.500 und 3.000 EUR verfügte. Im Veranlagungsgespräch stellten ihr die Mitarbeiter der Beklagten verschiedene Wertpapiere sowie die in Rede stehende Rentenversicherung vor. Aufgrund der Beratung verkaufte sie einige ihrer riskanteren Wertpapiere und erwarb um insgesamt 116.168,03 EUR neue, die ihrem Risikoprofil entsprachen. Außerdem beantragte sie den Abschluss der ihr angebotenen Rentenversicherung. Aus dieser erhielt sie letztlich vom Versicherer bis zu ihrem Tod 14 Mal eine Rente von monatlich 552,16 EUR, insgesamt 7.730,24 EUR, ausbezahlt. Die an ihre neun gesetzlichen Erben zu erbringende Ablebensleistung beträgt 60.987,33 EUR. Der Kläger erhielt davon bereits 6.776,37 EUR ausbezahlt.

Der Kläger begehrte zuletzt die Zahlung von 65.492,87 EUR sA an Schadenersatz und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass seine verstorbene Tante im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an einer die Geschäftsfähigkeit ausschließenden Verwirrtheit gelitten habe, sodass der Versicherungsvertrag nicht gültig zustande gekommen sei. Sie sei von den Mitarbeitern der Beklagten auch schlecht beraten worden. Diese hätten ihr den Abschluss der Rentenversicherung ungeachtet ihres hohen Alters, ihrer Krankheit und ihres erklärten Anlagehorizonts von drei bis fünf Jahren eingeredet, nur um selbst Provisionen dafür zu erhalten. Sie hätten ihr Alter von 81 Jahren und ihre schwere Herzkrankheit gekannt und seien über ihre Pensionsbezüge von monatlich 2.275,06 EUR (14 x jährlich) informiert gewesen. Sie hätten daher erkennen müssen, dass seine Tante angesichts ihrer sparsamen Lebensweise keine Zusatzpension benötigt habe und im Hinblick auf ihr Alter und ihre Krankheit auch nicht mehr lang in den Genuss der Pensionsvorsorge kommen werde. Aufgrund des niedrigen allgemeinen Zinsniveaus sei außerdem eine Bonusrente aus Gewinnbeteiligung in den 12 Jahren der garantierten Laufzeit nicht zu erwarten gewesen; richtigerweise hätten die Mitarbeiter seiner Tante daher vom Abschluss einer Rentenversicherung abraten müssen. Jedenfalls aber hätten sie darüber aufzuklären gehabt, dass die garantierte Laufzeit eine vollständige Rückgewähr des investierten Kapitals, vor allem im Fall ihres Ablebens vor Ende der Garantiezeit, nicht sicherstelle. Die Beklagte treffe aufgrund der schuldhaften Schlechtberatung durch ihre Mitarbeiter die Haftung für den dadurch eingetretenen Schaden in Höhe der Differenz zwischen dem investierten Kapital von 79.999,48 EUR und den erhaltenen Versicherungsleistungen von 7.730,24 EUR sowie 6.776,37 EUR. Hinzu komme, dass seine verstorbene Tante beim Ausfüllen des Versicherungsantrags von den Mitarbeitern der Beklagten nicht über die Bedeutung der Einsetzung der gesetzlichen Erben als Bezugsberechtigte und über den Unterschied zwischen gesetzlichen und testamentarischen Erben aufgeklärt worden sei. Bei entsprechender Aufklärung hätte sie nicht ihre gesetzlichen Erben, sondern den Kläger als ihren testamentarischen Erben zum Bezugsberechtigten bestimmt, weil sie wegen eines Zerwürfnisses einigen ihrer gesetzlichen Erben keinesfalls eine Versicherungsleistung habe zukommen lassen wollen.

Die Beklagte wendete ein, dass E***** T***** bei Abschluss des Versicherungsvertrags geschäftsfähig gewesen sei. Selbst wenn sie an Demenz gelitten haben sollte, wären allfällige Rückabwicklungsansprüche gegenüber der Vertragspartnerin, dem Versicherer, geltend zu machen. Den beiden Kundenbetreuern sei kein Beratungsfehler unterlaufen. Das Beratungsgespräch am 27. 8. 2010 habe der Risikominimierung der gesamten Veranlagung gedient. Die Kundenbetreuer hätten E***** T***** bis dahin nicht gekannt. Sie hätten ihr mehrere dem geäußerten Veranlagungswunsch entsprechende Produkte, darunter auch die Rentenversicherung, vorgestellt. Diese habe höchste Sicherheit geboten und könne von Personen bis zum Alter von 85 Jahren abgeschlossen werden. Aus Gründen der Risikostreuung sei es üblich, ein Drittel des zu veranlagenden Vermögens in eine Lebensversicherung zu investieren. Am Ende des Gesprächs habe sich E***** T***** für den Ankauf von drei Wertpapieren und den Abschluss der Rentenversicherung entschieden. Sie sei darüber aufgeklärt worden, auf welche Leistungen sie bei Abschluss der Rentenversicherung Anspruch habe. Die Höhe ihres Pensionsbezugs und ihr Gesundheitszustand seien nicht thematisiert worden. Ein rechtswidriges oder schuldhaftes Verhalten liege nicht vor. Auf die Frage nach den Bezugsberechtigten im Fall ihres Ablebens habe E***** T***** keine bestimmte Person als Begünstigten nennen wollen. Deshalb hätten ihr die Kundenberater vorgeschlagen, als Bezugsberechtigte die gesetzlichen Erben einzusetzen; sie hätten ihr zugleich aber auch mitgeteilt, dass sie die Bezugsberechtigten jederzeit ändern könne. E***** T***** habe ihr gesamtes Vermögen nach ihrem Tod nicht ausschließlich dem Kläger zukommen lassen wollen. Sie habe auch zwei Nichten und einen Neffen mit Legaten bedacht. Es sei daher nicht ungewöhnlich, diese drei Personen und weitere gesetzliche Erben als Bezugsberechtigte der Rentenversicherung zu bestimmen. Der Versicherer habe eine Ablebensleistung von 60.987,33 EUR an die gesetzlichen Erben, darunter auch die drei mit Legaten bedachten Personen, erbracht. Um diesen Betrag sei das Klagebegehren jedenfalls überhöht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Rechtlich führte es aus, dass der Pensionsversicherungsvertrag zwischen dem Versicherer und E***** T***** über Vermittlung durch die Beklagte gültig zustande gekommen sei. Da Versicherungen nicht unter das Anlegerprofil fielen, liege kein Beratungsfehler vor. Weder das Alter der Versicherungsnehmerin noch die Vertragsdauer hätten zwingend einen Verlust erwarten lassen. Wie alt jemand werde, könne man naturgemäß nicht wissen. E***** T***** sei bei Vertragsabschluss bewusst das Risiko eingegangen, im Fall eines früheren Todes weniger als einbezahlt zurückzuerhalten. Im Vertrag sei festgelegt worden, dass im Fall des Ablebens der Versicherungsnehmerin die garantierte Versicherungsprämie an die gesetzlichen Erben auszuzahlen sei. Bei Abschluss einer Pensionsversicherung dürfe der Vertragspartner eine Aufklärung über grundsätzliche Produktmerkmale, Risiken, Vorteile, Laufzeit und Ertrag, nicht aber eine umfassende erbrechtliche Rechtsbelehrung erwarten. Es sei nicht Aufgabe eines Bankberaters, ohne Nachfrage seines Kunden den Unterschied zwischen gesetzlichen und testamentarischen Erben zu erklären. Da E***** T***** die Frage nach den Begünstigten im Ablebensfall nicht beantwortet habe, seien „dem Gesetz entsprechend“ die gesetzlichen Erben eingetragen worden. Mit dem Hinweis, dass diese Bestimmung jederzeit geändert werden könne, habe die Beklagte ihrer Beratungspflicht Genüge getan. Ihr sei kein pflichtwidriges Verhalten anzulasten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und dem Klagebegehren mit Ausnahme eines unangefochten abgewiesenen Zinsenmehrbegehrens statt. Es übernahm aufgrund mangelbehafteten Beweisverfahrens die Feststellung des Erstgerichts, dass E***** T***** im Zeitpunkt der Beratungsgespräche und ihrer Unterschriftsleistung unter den Versicherungsvertrag nicht an geistiger Verwirrtheit oder seniler Demenz gelitten habe, nicht. Rechtlich führte es aus, die Beklagte habe als Versicherungsagentin gemäß § 43 Abs 4 VersVG gegenüber der Versicherungskundin unter anderem die Pflicht getroffen, die Informationen gemäß § 137g GewO zu erteilen. Deren Verletzung ziehe nach allgemeinen Vorschriften Haftungsansprüche nach sich. Abweichend vom Grundsatz, dass Erfüllungsgehilfen nicht neben dem Geschäftsherrn hafteten, treffe den Versicherungsagenten durch den Verweis in § 43 Abs 4 VersVG eine Eigenhaftung. Die Vorschriften der §§ 137 ff GewO seien direkt an ihn als Versicherungsvermittler gerichtet und begründeten bei Nichteinhaltung die Grundlage für direkte Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen ihn. Entstehe durch die Verletzung der Informations und Aufklärungspflichten dem Versicherungsnehmer ein Schaden, sei die unmittelbare Ersatzpflicht des Agenten gegeben. § 137g GewO verfolge eine zu den Wohlverhaltensregeln des WAG analoge Intention. Die Wohlverhaltensregeln des WAG hätten so einen direkten Einfluss auf die Vermittlung anlageorientierter Versicherungsprodukte. Anwendbar sei daher unter anderem auch die Eignungsprüfung gemäß § 44 WAG 2007, wonach geprüft werden müsse, ob die Anlage dem Anlageziel des Kunden entspreche, dieser deren Risiken verstanden habe und die Anlage für den Kunden finanziell tragbar sei. Die im „Wertpapier Anlegerprofil“ festgehaltenen Informationen von E***** T***** seien von den Kundenberatern der Beklagten bei der Vermittlung der Rentenversicherung zu beachten gewesen. Das Beratungsgespräch am 27. 8. 2010 habe der Anpassung ihrer bestehenden Wertpapierveranlagungen an ihre gesunkene Risikobereitschaft und daher der Umschichtung ihres vorhandenen Wertpapiervermögens gedient. Auch zur Finanzierung der Einmalprämie der Rentenversicherung seien ihre bereits veranlagten Ersparnisse herangezogen worden, sodass im Beratungsgespräch zur Frage ihrer Anlageziele und ihres Veranlagungshorizonts nicht zwischen der Geldanlage in Wertpapiere und in die Rentenversicherung zu unterscheiden sei. E***** T***** habe in Bezug auf die Rentenversicherung auch kein gesondertes Anlageziel oder eine andere Anlagedauer als für ihre Wertpapierveranlagungen genannt, sodass die Kundenberater der Beklagten gehalten gewesen wären, ihre Vorgaben aus dem Anlegerprofil nicht nur bei der Empfehlung von Wertpapieren, sondern auch bei der Beratung über den Abschluss von Versicherungen mit Geldanlagecharakter zu berücksichtigen. Es sei gerade nicht ausdrücklicher Wunsch von E***** T***** gewesen, eine zusätzliche Versorungsleistung in Form einer lebenslangen Rente zu erhalten. Auch habe sich ein solcher Pensionswunsch ihren Informationen nicht entnehmen lassen, weil sie sich zur Beschreibung ihrer Anlageziele für die im Formular vorgeschlagene Variante „ertragsorientiert“ und nicht für die Option „langfristige Vorsorge“ entschieden habe. Dass für sie beim Abschluss des Rentenversicherungsvertrags das Erzielen eines Ertrags etwa durch regelmäßige Ausschüttungen, nicht aber die Versorgung mit einer lebenslangen Rente im Vordergrund gestanden sei, zeige sich auch aus dem Beratungsprotokoll, worin ihre „Wünsche und Bedürfnisse“ mit „Veranlagung des Kapitals bei sofortiger Auszahlung einer attraktiven Zusatzrente“ umschrieben worden sei. Die angebotene Rentenversicherung mit Einmalprämie habe weder dem deklarierten Veranlagungshorizont von fünf bis sieben Jahren noch dem Interesse der Kundin an Ertrag entsprochen, weil eine vollständige Rückgewähr der geleisteten Einmalprämie im Weg der Auszahlung der monatlichen Renten erst nach Ablauf der Garantiezeit von 12 Jahren und demnach zuvor auch kein Gewinn erwartet werden konnte. Mit der Einzahlung der Einmalprämie sei das investierte Kapital auch nicht wie angegeben veranlagt, sondern der Verfügung der Versicherungsnehmerin vorerst gänzlich entzogen worden. Die Rentenversicherung habe außerdem das gerade bei einer 81 jährigen Kundin unabhängig von ihrem gesundheitlichen Zustand nicht zu vernachlässigende Risiko beinhaltet, dass im Fall ihres Ablebens in den ersten 12 Jahren die Rentenzahlungen nicht einmal die Höhe der Einmalprämie erreichten und auf diese Weise ein Teil des investierten Kapitals vernichtet werde. E***** T***** habe aufgrund der von ihr bezogenen Pensionen auch objektiv keinen Bedarf an einer zusätzlichen Pensionsvorsorge gehabt, was die Mitarbeiter der Beklagten bei entsprechender Nachfrage in Erfahrung hätten bringen können. Aufgrund der im Anlegerprofil deklarierten monatlichen Nettoeinkünfte der Versicherungsnehmerin sei ihnen aber ohnehin bekannt gewesen, dass ihre Kundin nach Abzug ihrer Fixkosten über ein monatliches Pensionseinkommen von mehr als 1.500 EUR und ein Wertpapiervermögen von mehr als 200.000 EUR verfügt habe. Sie hätten demnach keinen Grund anzunehmen gehabt, ihre 81 jährige Kundin könnte bis zu ihrem Tod nicht ausreichend finanziell abgesichert gewesen sein und werde, nur um in den Genuss einer lebenslangen Zusatzrente zu kommen, den Nachteil in Kauf zu nehmen, dass für den Fall ihres Ablebens vor Ablauf der 12 jährigen Garantiezeit eine vollständige Rückgewähr des investierten Kapitals an die Bezugsberechtigten nicht sichergestellt sei. Eine sorgfältige Eignungsprüfung hätte den Mitarbeitern der Beklagten daher gezeigt, dass die angebotene Rentenversicherung weder dem Anlageziel noch dem Anlagehorizont der Tante des Klägers entsprochen habe. Schon der Vorschlag zum Abschluss der Rentenversicherung begründe einen Beratungsfehler der Beklagten, jedenfalls hätte sie aber die Versicherung ihrer 81 jährigen Kundin nicht ohne entsprechende Aufklärung über die genannten Nachteile anbieten dürfen. Die Beklagte habe daher für den dadurch eingetretenen Schaden einzustehen.

Der Beratungsfehler sei ursächlich für den eingetretenen Schaden gewesen, der darin bestehe, dass sie die Einmalprämie nicht wie vom Kläger behauptet und von der Beklagten auch nicht substantiiert bestritten in ein kapitalerhaltendes Finanzprodukt investiert habe. Dieser Schaden der Tante des Klägers sei bereits mit Abschluss der nicht ihren Bedürfnissen und Vorstellungen entsprechenden Rentenversicherung eingetreten, weil sich bereits damals ihr Vermögen wegen der Fehlberatung anders zusammengesetzt habe, als es bei pflichtgemäßem Verhalten der Fall gewesen wäre. Der Schaden habe sich mit ihrem Ableben auch dahin beziffern lassen, dass das Vermögen der Verlassenschaft der aus der Rentenversicherung kein eigener Zahlungsanspruch zugestanden sei um die investierte Einmalprämie von 79.999,48 EUR abzüglich der noch an die Erblasserin ausbezahlten Renten von 7.730,24 EUR, daher um insgesamt 72.269,24 EUR, geschmälert gewesen sei. Zur Geltendmachung dieses Schadens sei nunmehr der Kläger als testamentarischer Alleinerbe und Gesamtrechtsnachfolger von E***** T***** berechtigt.

Der Kläger müsse sich wie von ihm auch anerkannt die aufgrund seiner Stellung als einer von neun Bezugsberechtigten erhaltene Versicherungsleistung von 6.776,37 EUR anrechnen lassen, nicht aber die weitere Ablebensleistung, die seitens des Versicherers an die anderen Bezugsberechtigten (die anderen acht gesetzlichen Erben) zu erbringen gewesen sei. Ebenso scheide auch eine Anrechnung der nur an die drei Legatare zu zahlenden Ablebensleistungen aus. Da den Legataren nur ein Forderungsrecht gegen den Kläger als Erben in Bezug auf jeweils 16 % des beim Ableben der Erblasserin vorhandenen Sparguthabens und Wertpapiervermögens zugestanden sei, sei der Kläger nicht verpflichtet, ihnen entsprechende Anteile der von ihm ersiegten Schadenersatzansprüche herauszugeben. Er ziehe aus den Versicherungsleistungen, die den Legataren zugeflossen seien, keinen Vorteil und müsse sich diesen auch nicht schadensmindernd anrechnen lassen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung nicht zu lösen gewesen sei.

Gegen den klagsstattgebenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, das Klagebegehren abzuweisen. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger erstattete bereits nach Zustellung der Gleichschrift der außerordentlichen Revision durch das Erstgericht eine Revisionsbeantwortung. In diesem Fall bedarf es keiner gesonderten Beschlussfassung über die Freistellung der Revisionsbeantwortung, es kann bereits in der Sache selbst erkannt werden (RIS Justiz RS0104882). Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel der Beklagten „nicht zuzulassen“ und ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Höhe des Schadenersatzanspruchs zulässig und teilweise berechtigt.

1. Die Beklagte ist (im Nebengewerbe) als Versicherungsvermittlerin tätig und vertreibt als Versicherungsagentin ausschließlich Lebensversicherungs-produkte des Versicherers, der mit der Tante des Klägers den Rentenversicherungsvertrag abschloss. Der Kläger ist testamentarischer Alleinerbe seiner Tante. Er wirft der Beklagten die schuldhafte Verletzung von Beratungspflichten bei der Vermittlung des Rentenversicherungsvertrags vor.

2. Die gewerblich tätige Beklagte (Versicherungsagentin) trifft gemäß § 43 Abs 4 VersVG gegenüber dem Versicherungskunden die Pflicht, die Informationen gemäß § 137f Abs 7 bis 8 und § 137g GewO 1994 unter Beachtung des § 137h GewO 1994 zu erteilen. Durch den Verweis auf die entsprechenden Bestimmungen in der GewO erfolgt die zivilrechtliche Umsetzung der in der Versicherungsvermittlungs-Richtlinie (Art 12 und Art 13 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. 12. 2002 über Versicherungsvermittlung, ABl Nr L 9/3 ff vom 15. 1. 2003) verankerten Informationspflichten, deren Verletzung nach allgemeinen Vorschriften Haftungsansprüche nach sich ziehen kann (ErläutRV 616 BlgNR XXII. GP 20). Den selbständigen Versicherungsagenten treffen dadurch eigenständige Informations , Beratungs und Dokumentationspflichten gegenüber dem Kunden. Diese Pflichten sind von ihm zu erfüllen, weshalb ihn die haftungsrechtlichen Folgen einer fehlerhaften Erfüllung treffen ( Schauer , Die Informationspflichten im neuen Versicherungsvermittlerrecht, VR 2005, 158 [167]; Fenyves , Haftung für unzulängliche Beratungen in der Lebensversicherung, VR 2011 H 3, 28 [31]; Trojer/Eltner/Gottschamel/Neumayer/Gleißner/Derudder/ Bohrn/Muschik/Sippl/Weigelt , Das neue österreichische Versicherungsvermittlerrecht, 78).

Gemäß § 137g Abs 1 GewO hat der Versicherungsvermittler den Kunden, abgestimmt auf die Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags, entsprechend den Angaben, Wünschen und Bedürfnissen des Kunden zu beraten. Bei Abschluss eines Versicherungsvertrags hat der Versicherungsvermittler vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden, insbesondere anhand der vom Kunden gemachten Angaben, zumindest dessen Wünsche und Bedürfnisse sowie die Gründe für jeden diesem zu einem bestimmten Versicherungsprodukt erteilten Rat genau anzugeben. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um ein Schutzgesetz für Kundenvermögen (ErläutRV aaO 13; Schauer aaO; Hanusch , Kommentar zur Gewerbeordnung § 137f Rz 13; Grabler/Stolzlechner/Wendl , Kommentar zur GewO³ § 137f Rz 16). Die Bestimmung verfolgt eine zu den „Wohlverhaltensregeln“ der §§ 11 ff WAG (nunmehr §§ 38 ff WAG 2007) analoge Intention (ErläutRV aaO 14).

Die Beratung hat gemäß § 137g Abs 1 GewO entsprechend der Komplexität des Versicherungsvertrags zu erfolgen. (Langfristige) Produkte mit primär Geldanlage-charakter (Lebensversicherung, Rentenversicherung, fondsge-bundene Rentenversicherung etc) sind im Durchschnittsfall als komplexe Produkte mit dem Risiko einer Fehlberatung und Fehlveranlagung anzusehen. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Komplexität sind auch die Prämienhöhe oder die abzusichernden Werte. Neben dem primär vom Kunden geäußerten Wunsch sind insbesondere die Einkommens und Vermögensverhältnisse des Kunden, seine Risikobereitschaft, sein Veranlagungshorizont und seine Liquiditätsbedürfnisse zu berücksichtigen. Ausgehend davon ist vom Versicherungs-vermittler auch zu prüfen, ob für die Bedürfnisse des Kunden überhaupt ein Versicherungsprodukt in Frage kommt. Ist das nicht der Fall, kann die Beratung über eine Renten-versicherung einen Beratungsfehler indizieren ( Gruber/ Paliege Barfuß , GewO 7 § 137g Anm 4; Grabler/Stolzlechner/ Wendel aaO § 137g Rz 3, jeweils mit Verweis auf den Durchführungserlass, abgedruckt bei Trojer/Eltner/ Gottschamel/Neumayer/Gleißner/Derudder/Bohrn/Muschik/ Sippl/Weigelt aaO 91 ff).

3. Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zum Beratungsfehler der Beklagten. Der abgeschlossene Rentenversicherungsvertrag entsprach weder dem Anlageziel noch dem Anlagehorizont der Erblasserin, sodass darauf gemäß § 510 Abs 3 ZPO verwiesen werden kann. Bei der Rentenversicherung mit Einmalerlag, bei der der Versicherer unmittelbar danach der Versicherungsnehmerin eine monatliche Pensionszahlung zu entrichten hat, handelt es sich um ein Produkt mit Geldanlagecharakter. Nach den Feststellungen wurde der Erblasserin anlässlich des Beratungsgesprächs am 27. 8. 2010 auf Basis des einen Monats zuvor erstellten „Wertpapier Anlegerprofils“ der Abschluss des Rentenversicherungsvertrags vorgeschlagen. Darin erklärte sie, zu einem „mittleren Risiko“ bereit zu sein, einen Anlagezeitraum von fünf bis sieben Jahren anzustreben, ihr Anlageziel sei ertragsorientiert und sie wolle jährliche Ausschüttungen. Daraus war auch ersichtlich, dass die 81 jährige Pensionistin nach Abzug der monatlichen Fixkosten über monatliche Einkünfte von über 1.500 EUR verfügte. Da die Beklagte gemäß § 137g GewO „entsprechend den Angaben, Wünschen und Bedürfnissen des Kunden zu beraten“ hat, ist dieses „Anlegerprofil“ maßgeblich für die Beurteilung, ob der Rentenversicherungsvertrag diesen Vorgaben entspricht. Das ist nicht der Fall. Der angestrebte Veranlagungszeitraum betrug fünf bis sieben Jahre; eine Versorgung mit einer lebenslangen Rente stand für die Erblasserin nicht im Vordergrund. Nichts anderes ergibt sich aus dem Beratungsprotokoll, worin ihre „Wünsche und Bedürfnisse“ mit „Veranlagung des Kapitals bei sofortiger Auszahlung einer attraktiven Zusatzrente“ umschrieben wurden. Die Beklagte zeigt selbst auf, dass bei einem Ableben innerhalb von 12 Jahren die Rückzahlung der gesamten einbezahlten Prämie von 79.999,48 EUR nicht gesichert ist. Ihre Ansicht, dass sie die Erblasserin über diesen Umstand nicht gesondert aufklären hätte müssen, trifft nicht zu. Die Versicherungsnehmerin war im Zeitpunkt des Abschlusses des Rentenversicherungsvertrags bereits 81 Jahre alt und strebte einen wesentlich kürzeren Veranlagungszeitraum an. Die Rente hätte für sie nur dann „attraktiv“ werden können, wenn sie noch länger als 12 Jahre nach Abschluss des Rentenversicherungsvertrags gelebt hätte. Auf den Widerspruch zwischen dem abgeschlossenen Versicherungsprodukt und ihren im Anlegerprofil geäußerten Bedürfnissen wurde sie nicht hingewiesen. Der Beklagten ist daher bei der Vermittlung des Rentenversicherungsvertrags ein Beratungsfehler anzulasten.

4. Grundsätzlich haftet der Versicherungsvermittler nicht für das positive Vertragsinteresse. Der Versicherungsnehmer kann nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Versicherungsvermittler pflichtgemäß gehandelt hätte (vgl RIS Justiz RS0108267 [T21]; RS0030153). Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln. Es ist dabei der hypothetische heutige (Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögensstand abzuziehen (RIS Justiz RS0030153 [T1, T35]; 7 Ob 176/06t mwN).

Hätte die Erblasserin bei korrekter Beratung veranlagt, was bei einem vorgefassten Anlageentschluss im Regelfall anzunehmen ist, trifft den Kläger als testamentarischen Erben und Gesamtrechtsnachfolger die Behauptungs und Beweislast für die Wahl und Entwicklung der hypothetischen Alternativanlage. An die Behauptungslast werden aber keine zu strengen Anforderungen gestellt. Im Begehren auf Zahlung des veranlagten Betrags wird regelmäßig die Behauptung enthalten sein, dass eine Alternativanlage (zumindest) das Kapital erhalten hätte (4 Ob 67/12z; 7 Ob 221/13w). Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Erblasserin als Alternativveranlagung die Einmalprämie in ein kapitalerhaltendes Finanzprodukt investiert hätte und der Beratungsfehler ursächlich für diesen eingetretenen Schaden gewesen ist. Dieser Beurteilung tritt die Revision nicht entgegen.

Der Kläger begehrt die von der Erblasserin investierte Einmalprämie von 79.999,48 EUR abzüglich der noch an die Erblasserin ausbezahlten Rente von 7.730,24 EUR und abzüglich von 6.776,37 EUR, die er als einer der neun Bezugsberechtigten des Rentenversicherungsvertrags erhielt (somit 65.492,87 EUR sA).

5. Die Beklagte wendet sich abgesehen von der Bestreitung von Beratungsfehlern auch gegen die Höhe des zu ersetzenden Differenzschadens. Der Kläger werde besser gestellt als er stünde, wenn die Erblasserin die Rentenversicherung nicht abgeschlossen hätte und anstelle dessen kapitalerhaltende Wertpapiere angeschafft hätte. Die Erblasserin habe in ihrem Testament 48 % ihres Wertpapiervermögens an drei Legatare vermacht. Wenn die Einmalprämie der Rentenversicherung daher in Wertpapiere veranlagt worden wäre, wären 48 % davon den Legataren zugekommen. Der Kläger habe sich daher zumindest den Anteil, der an die Legatare abzuführen gewesen wäre, anzurechnen. Zudem sei die vom Versicherer nach dem Ableben der Erblasserin an die Bezugsberechtigten (gesetzlichen Erben) gezahlte Leistung von 60.987,33 EUR zur Gänze dem Vermögen der Erblasserin zuzurechnen. Diese (behaupteten, aber nicht festgestellten) Zahlungen könnten bei der Berechnung der Vermögensdifferenz nicht außer Betracht gelassen werden, weil es sonst zu einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung an den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger der Erblasserin zu Lasten der Beklagten komme.

Der Kläger erwidert, dass Auszahlungen an Legatare den Schaden der Anlegerin, den er als Gesamtrechtsnachfolger geltend mache, nicht minderten.

Dazu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

5.1. Dem Schadenersatzbegehren des Klägers liegt zugrunde, dass die Erblasserin, anstatt den gesamten investierten Betrag in den Rentenversicherungsvertrag zu investieren, ein kapitalerhaltendes Anlageprodukt erworben hätte. Der Schadenersatzanspruch repräsentiert den Wert der kapitalerhaltenden Alternativveranlagung in ein anderes Finanzprodukt. Bei einer fehlerhaften Anlageberatung gebührt dem Anleger grundsätzlich ein Anspruch auf „Naturalersatz“.

5.2. Die Erblasserin vermachte in ihrem Testament zu 52 % dem Kläger und zu je 16 % zwei Nichten und einem weiteren Neffen die nach ihrem Ableben vorhandenen Sparguthaben (Sparbücher, Sparbriefe) sowie sämtliche Wertpapiere. Ein solches Forderungsvermächtnis verpflichtet gemäß § 664 ABGB den Nachlass oder nach der Einantwortung den Erben zur Abtretung der vermachten Forderung und gibt den begünstigten Legataren einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung gegen die Verlassenschaft oder den eingeantworteten Erben (RIS Justiz RS0012615; 10 Ob 2335/96x = SZ 69/247 mwN). Zieht der Erbe (Nachlass) die Forderung ein, so schuldet er den Legataren den erlangten Betrag als stellvertretenden Vorteil (10 Ob 2335/96x = SZ 69/247; Apathy in KBB 4 § 664 ABGB Rz 1).

Die Alternativveranlagung in ein kapitalerhaltendes Finanzprodukt ist von diesem Forderungsvermächtnis umfasst. Dabei handelt es sich um keine Lebensversicherung, bei der die Einsetzung eines Bezugsberechtigten möglich ist (§§ 166 f VersVG). Nach den Feststellungen erfolgte die Aufnahme der gesetzlichen Erben als Bezugsberechtigte, nachdem die Erblasserin auf Nachfrage dazu keine Angaben machte und ohne dass ihr der Unterschied zwischen gesetzlichen und testamentarischen Erben erklärt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Alternativveranlagung nicht vom Vermächtnis umfasst sein sollte, bestehen nicht. Da der Schadenersatzanspruch des Klägers als Gesamtrechtsnachfolger den Wert der kapitalerhaltenden Alternativveranlagung repräsentiert, steht den drei Legataren eine Forderung jeweils im Umfang von 16 % des vom Kläger stellvertretend erlangten Vorteils zu.

5.3. In der von der Erblasserin abgeschlossenen Rentenversicherung wurde die Bezugsberechtigung der gesetzlichen Erben auf den Todesfall beschränkt. Deren Anspruch auf Leistung der Versicherungssumme fällt nicht in den Nachlass der Versicherungsnehmerin, sondern steht den bezugsberechtigten gesetzlichen Erben unmittelbar zu (7 Ob 647, 648/86 = NZ 1988, 331 [ Zankl ]; 7 Ob 622, 623/95 = SZ 69/165; 7 Ob 158/98f; Schauer in Gruber/Kalss/Müller/Schauer , Erbrecht und Vermögensnachfolge [2010], § 15 Nachlass und vererbliche Rechtsverhältnisse Rz 38; Peric , Lebensversicherung an „die Erben“ und Überlassung an Zahlungs statt [§ 154 AußStrG], RdW 2013/327, 324 [325]). Die Beklagte vermag nicht aufzuzeigen, warum sich der Kläger mit Ausnahme derjenigen drei gesetzlichen Erben, die zugleich Legatare sind die vom Versicherer an die Bezugsberechtigten (nach ihren Behauptungen bereits ausbezahlte) gesamte Versicherungssumme auf seinen erlittenen Schaden anrechnen lassen müsste. Die an die weiteren fünf gesetzlichen Erben erbrachte Versicherungsleistung kam ihm als Gesamtrechtsnachfolger der Erblasserin nicht zugute und er hat auch keinen (Rückforderungs )Anspruch gegenüber diesen Personen.

5.4. Nach der Differenzrechnung, wonach der hypothetische heutige Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögenswert abzuziehen ist (RIS Justiz RS0030153), ist zu berücksichtigen, dass nach den Behauptungen der Beklagten drei gesetzliche Erben zugleich auch Legatare sind. Diese hätten als Bezugsberechtigte die anteilige Versicherungsleistung vom Versicherer bereits ausgezahlt erhalten, was bislang noch nicht feststeht. Da der Kläger ebenso wie die drei Vermächtnisnehmer (Neffe und Nichten der Erblasserin) gemäß §§ 731 Abs 2, 735 ABGB zur zweiten Linie beim gesetzlichen Erbrecht gehört, gemäß § 167 Abs 2 VersVG bei einer Kapitalversicherung die Leistung des Versicherers an die gesetzlichen Erben im Zweifel nach dem Verhältnis ihrer Erbteile erfolgt und der Kläger selbst 6.776,37 EUR erhielt, betrifft dies Ansprüche der drei weiteren Bezugsberechtigten von insgesamt 20.329,11 EUR. Sollte festgestellt werden, dass der Versicherer diesen drei Legataren als Bezugsberechtigten jeweils 6.776,37 EUR ausbezahlt hat, wäre der Kläger als Alleinerbe in diesem Umfang von der Verbindlichkeit zur Erfüllung des zugrunde liegenden Forderungsvermächtnisses befreit. Bei wertender Betrachtung ist ihm dieser Betrag zugekommen, muss er doch vom zu erlangenden Schadenersatz als stellvertretenden Vorteil der Investition in ein Anlageprodukt den im Umfang von jeweils 16 % den Legataren zustehenden Anteil in der bereits erhaltenen Höhe nicht mehr auszahlen. Das ist bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen und insofern reduziert sich dadurch sein Schadenersatzanspruch.

6. Das Urteil des Berufungsgerichts ist daher im Umfang des Zuspruchs von 45.163,76 EUR sA (Differenz zwischen Klagsbetrag von 65.492,87 EUR und der von den Legataren möglicherweise erhaltenen Zahlung von 20.329,11 EUR, was noch zu klären sein wird) als Teilurteil zu bestätigen.

Hinsichtlich der Differenz von 20.329,11 EUR sA ist maßgeblich, ob die drei Legatare vom Lebensversicherer als Bezugsberechtigte jeweils 6.776,37 EUR ausbezahlt erhielten. Dazu fehlen Feststellungen, die vom Erstgericht nach Verfahrensergänzung nachzuholen sind.

Der Kostenvorbehalt hinsichtlich des Teilurteils beruht auf § 52 Abs 4 ZPO; jener im Aufhebungsbeschluss auf den §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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