JudikaturJustiz7Ob157/23y

7Ob157/23y – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* M*, verteten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei U* AG, *, verteten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 11.500 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Juli 2023, GZ 1 R 64/23t 14, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 27. Februar 2023, GZ 19 C 444/22s 8, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

[1] Zwischen den Streitteilen besteht ein Unfallversicherungsvertrag, in dem der Ehemann der Klägerin mitversichert ist. Dem Versicherungsvertrag liegen die „ A llgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung 2018 – Fassung 06/2021“ (in der Folge UE 00 ) zugrunde. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

Versicherungsleistungen

Dauernde Invalidität – Artikel 7

Soweit nichts anderes vereinbart ist gilt:

1. Voraussetzung für die Leistung

Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Die Invalidität ist innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten. Sie ist unter Vorlage eines Befundberichts, aus dem Art und Umfang der Gesundheitsschädigung und die Möglichkeit einer auf Lebenszeit, verbleibenden Invalidität hervorgeht, bei uns geltend gemacht worden. Kein Anspruch auf Invaliditätsleistung besteht, wenn die versicherte Person unfallbedingt innerhalb eines Jahres nach dem Unfall stirbt.

[...]

14. Stirbt die versicherte Person

[...]

15. Direktleistung

15.1 In Abänderung des Artikel 18 wird bei der Versicherung von Dauerinvalidität bereits bei erstmaliger Anspruchsstellung nach einem Unfall eine garantierte Direktleistung für die in der Polizze im Verletzungskatalog (s.UE46/UE47) angeführten Verletzungen vorgenommen.

15.2 Tritt eine dieser Verletzungen infolge eines Unfalls ein, wird die garantierte Direktleistung nach Vorlage einer nachvollziehbaren Krankengeschichte (z. B. ärztlicher Befundbericht, Arztbrief, Entlassungsbericht vom Spital und Röntgen- oder MRT Befunde) sofort ausbezahlt. Sollten in den uns vorgelegten medizinischen Unterlagen Vorerkrankungen oder Vorverletzungen dokumentiert sein, die nahelegen, dass sie an den Unfallfolgen mitgewirkt haben, behalten wir uns vor, den Anspruch auf Direktleistung durch einen medizinischen Gutachter überprüfen zu lassen. Es kommt der Artikel 21.2 und 3 zur Anwendung.

15.3 Mit dieser garantierten Direktleistung sind grundsätzlich alle Ansprüche aus dem Titel Dauerinvalidität abgegolten. Die versicherte Person ist jedoch berechtigt, die Beurteilung der Unfallfolgen durch einen Sachverständigen zu verlangen (siehe Punkt 15.9). Sollte die gutachterliche Untersuchung eine höhere Leistung als die bereits ausgezahlte Direktleistung ergeben, wird die Differenz nachgezahlt. Sollte das Gutachten eine niedrigere Leistung als die bereits ausgezahlte Direktleistung ergeben, behalten wir uns das Recht vor, die zu viel bezahlte Leistung rückzufordern (siehe Artikel 21.2 und 3).

[...]

15.9 Grundsätzlich kann die Begutachtung durch einen Sachverständigen frühestens 1 Jahr nach dem Unfall erfolgen, stehen die Unfallfolgen aus ärztlicher Sicht bereits früher eindeutig fest, kann dies auch bereits innerhalb eines Jahres erfolgen.

[...]

Wann sind unsere Leistungen fällig und wann verjähren sie? – Artikel 18

1. Unsere Geldleistungen werden umgehend nach Beendigung aller unserer Erhebungen fällig, die zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung nötig sind.

2. Die Fälligkeit tritt jedoch unabhängig davon ein, wenn Sie nach Ablauf zweier Monate seit dem Begehren nach einer Geldleistung eine Erklärung von uns verlangen, aus welchen Gründen die Erhebungen noch nicht beendet werden konnten, und wir diesem Verlangen nicht binnen eines Monats entsprechen.

3. Steht unsere Leistungspflicht fest, lässt sich aber aus Gründen, die Sie nicht verschuldet haben, die Höhe der Versicherungsleistung innerhalb eines Monats nach Eingang der Schadensanzeige nicht feststellen, haben wir auf ihr Verlangen angemessene Vorschüsse zu leisten.

4. Für Leistungen aus dem Titel einer Dauerinvalidität ist überdies Artikel 7.1 und 7.14 zu beachten.

[...]“

[2] Am 31. 10. 2021 erlitt der Ehemann der Klägerin als schlichtende Person in einem Raufhandel eine Oberschenkelfraktur. Bei Fraktur des Oberschenkelknochens ist nach der Vertragsklausel UE47 eine garantierte Direktleistung in Höhe von 6 % der Versicherungssumme vorgesehen.

[3] Die Klägerin übermittelte der Beklagten eine mit 24. 3. 2022 datierte Schadensmeldung samt Ambulanzbefund, in welcher sie angab, dass ihr mitversicherter Ehemann im Zuge eines Raufhandels am Abend des 31. 10. 2021 verletzt worden sei.

[4] Mit Schreiben vom 16. 4. 2022 teilte die Beklagte mit, dass der Vertrag bei einigen Verletzungen eine rasche Direktleistung vorsehe und sich ein Auszahlungsbetrag in Höhe von 6.000 EUR ergebe. Die Beklagte forderte den Ehemann der Klägerin auf, seine Kontodaten bekanntzugeben, um die Leistungsabrechnung durchführen zu können. Dem Schreiben war ein Formular „Anforderung auf Auszahlung der Direktleistung“ angeschlossen. Der Ehemann der Klägerin füllte dieses Formular aus, und sowohl er als auch die Klägerin unterfertigten dieses am 10. 8. 2022. Noch am selben Tag wurde das Formular an die Beklagte übermittelt. Aufgrund dessen leistete sie die Direktzahlung in Höhe von 6.000 EUR.

[5] Weder die Klägerin noch ihr Ehemann teilten der Beklagten vor Klagseinbringung mit, mit der geleisteten Direktzahlung der Höhe nach nicht einverstanden zu sein oder verlangten vor Klagseinbringung die Beurteilung der Unfallfolgen durch einen Sachverständigen.

[6] Die Klägerin begehrt die Zahlung von 11.500 EUR. Durch den Unfall sei bei ihrem Ehemann eine Invalidität von 25 % des Beinwerts eingetreten. Diese werde nach den Bedingungen mit 70 % der Versicherungssumme (Gliedertaxe) bemessen, was bei der vereinbarten Versicherungssumme von 100.000 EUR einen Anspruch von 17.500 EUR ergebe. Die bereits geleistete garantierte Sofortleistung von 6.000 EUR sei davon in Abzug zu bringen. Fälligkeit sei am 16. 4. 2022 eingetreten. Versicherungsleistungen seien zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entschädigungsleistung dem Grund und der Höhe nach festgestellt hätte werden können. Eine Verpflichtung des Versicherungsnehmers nach Erhalt, eine darüberhinausgehende Entschädigung zu fordern, sei den Bedingungen nicht zu entnehmen.

[7] Die Beklagte bestritt und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Finde sich eine Verletzung im Katalog des Art 7.15 UE00 wieder, werde sofort die garantierte Direktleistung ausbezahlt. Die Zahlung der Direktleistung sei vom Ehemann der Klägerin angefordert und von der Beklagten vorgenommen worden. Eine Beurteilung der Unfallfolgen durch einen Sachverständigen – wie in Art 7.15.3 UE00 vorgesehen – sei nicht verlangt worden. Die Beklagte habe erstmals durch die Übermittlung des Zahlungsbefehls davon Kenntnis erlangt, dass durch die Direktleistung nicht sämtliche Ansprüche abgegolten seien. Das Klagebegehren sei daher schon wegen mangelnder Fälligkeit gemäß § 11 VersVG abzuweisen.

[8] Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen mangelnder Fälligkeit ab.

[9] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die Fälligkeit der Forderung sei eingetreten. Bei der Direktleistung liege der erkennbare Zweck darin, eine rasche, standardisierte Versicherungs-leistung sicherzustellen. Auch wenn die Fälligkeit bei der Direktleistung in Abweichung von Art 18 UE00 vorverlegt werde, könne dies nicht dazu führen, dass die Fälligkeit einer darüberhinausgehenden Versicherungsleistung zu Lasten des Versicherungsnehmers hinausgeschoben werde. Mit Schreiben vom 16. 4. 2022 seien die Erhebungen der Beklagten beendet gewesen, was im Einklang mit Art 7.15.3 UE00 stehe. Daran ändere die Berechtigung des Versicherungsnehmers, die Beurteilung der Unfallfolgen durch einen Sachverständigen zu verlangen, nichts.

[10] Das Berufungsgericht ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zu, da bislang keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den in ihrer Bedeutung über den bloßen Einzelfall hinausgehenden Fragen vorliege, ob nach Art 7.15 UE00 die Fälligkeit einer die Direktzahlung übersteigenden Versicherungsleistung vom Verlangen der versicherten Person nach Beurteilung der Unfallfolgen durch einen Sachverständigen abhänge und ob die hilfsweise Bestreitung der Begründetheit des Anspruchs dessen Fälligkeit eintreten lasse.

[11] Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Wiederherstellung der erstinstanzlichen Abweisung der Klage; in eventu wird die Aufhebung des Beschlusses und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung beantragt.

[12] Die Klägerin begehrt, den Rekurs zurückzuweisen; hilfsweise ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[13] Der Rekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

[14] 1. Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 ff ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]; RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insb T5, T7, T87]). Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt, im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]).

[15] 2. Dauernde Invalidität ist der gänzliche oder teilweise Verlust von Körperteilen oder Organen und/oder die Einschränkung der körperlichen, organischen oder geistigen Funktionsfähigkeit (7 Ob 28/23b). Für den Fall einer dauernden Invalidität des Versicherten hat der Versicherer die sich aus der Versicherungssumme und dem Grad der Invalidität zu berechnende Versicherungsleistung zu erbringen.

[16] 3.1 Geldleistungen des Versicherers sind grundsätzlich mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig (§ 11 Abs 1 Satz 1 VersVG). Daneben wird die Fälligkeit vorverlegt, wenn der Versicherungsnehmer eine Erklärung über die Erhebungen verlangt und der Versicherer dem nicht fristgerecht nachkommt (§ 11 Abs 1 Satz 2 VersVG). Weiters sieht § 11 VersVG in seinem Absatz 2 vor, dass der Versicherungsnehmer Abschlagszahlungen verlangen kann, wenn eine gewisse Zeit verstrichen ist und sein Anspruch dem Grunde aber nicht der Höhe nach feststeht.

[17] 3.2 Primärer Zweck der Fälligkeitsregeln des § 11 VersVG ist der Schutz des Versicherungsnehmers ( Steinbüchler in Fenyves/Perner/Riedler VersVG 8 § 11 Rz 2).  Der Versicherer hat seine Erhebungen so zügig wie möglich durchzuführen und muss jede unnötige Verzögerung vermeiden ( Steinbüchler aaO Rz 13). Nötige Erhebungen im Sinn des § 11 Abs 1 VersVG sind solche, die ein durchschnittlich sorgfältiger Versicherer des entsprechenden Versicherungszweiges anstellen muss, um den Versicherungsfall, seine Leistungspflicht und den Umfang der zu erbringenden Leistung zu prüfen und abschließend festzustellen ( Steinbüchler aaO Rz 20).

[18] 4.1 Art 18.1–3 UE00 entspricht im Wesentlichen § 11 Abs 1 und 2 VersVG.

[19] 4.2 Art 7.15.1 UE00 regelt – in Abänderung des Art 18 UE00 –, dass bei der Versicherung von Dauerinvalidität bereits bei erstmaliger Anspruchsstellung nach einem Unfall eine garantierte Direktleistung für die in der Polizze im Verletzungskatalog angeführten Verletzungen vorgenommen wird. Für den Fall, dass eine dieser Verletzungen infolge eines Unfalls eintritt, sieht Art 7.15.2 UE00 vor, dass die garantierte Direktleistung nach Vorliegen einer nachvollziehbaren Krankengeschichte sofort ausbezahlt wird. Weiters behält sich die Beklagte – sollte in den vorgelegten medizinischen Unterlagen eine Vorerkrankung oder Vorverletzung dokumentiert sein, die eine Mitwirkung an den Unfallfolgen nahelegen – vor, den Anspruch auf Direktleistung durch ein medizinisches Gutachten überprüfen zu lassen. Art 7.15.3 UE00 bestimmt sodann ausdrücklich, dass mit der garantierten Direktleistung grundsätzlich alle Ansprüche aus dem Titel Dauerinvalidität abgegolten sind. Darüber hinaus räumt er der versicherten Person das Recht ein, die Beurteilung der Unfallfolgen durch einen Sachverständigen zu verlangen, wobei je nach Ergebnis der gutachterlichen Untersuchung eine sich ergebende Differenz nachgezahlt oder rückgefordert wird.

[20] 4.4 Ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer versteht Art 7.15.1 iVm Art 7.15.3 UE00 dahin, dass aus Sicht des Versicherers nach Durchführung der in Art 7.15.2 UE00, durch Vorlage einer Krankheitsgeschichte – sofern darin keine Vorerkrankungen oder Vorverletzungen dokumentiert sind – standardisierten, Erhebungen zum Grunde und der Höhe der Versicherungsleistung für Dauerinvalidität wegen Verletzungen, die im Verletzungskatalog aufgelistet sind, diese Erhebungen beendet sind und damit die Fälligkeit der (gesamten zustehenden) Geldleistung im Sinn des Art 18.1 UE00 eingetreten ist. Dies wird insbesondere dadurch verdeutlicht, dass der Versicherer – bei einem solchen Fall der Dauerinvalidität – nach Durchführung der dort genannten Erhebungen durch die dafür garantierte Auszahlung der Direktleistung aus seiner Sicht ausdrücklich alle Ansprüche aus dem Titel der Dauerinvalidität abgegolten wissen möchte.

[21] 4.5 Das dem Versicherungsnehmer nach ausgezahlter Direktleistung – und damit der vom Versicherer intendierten Abgeltung aller Ansprüche aus dem Titel der Dauerinvalidität – eingeräumte Recht auf gutachterliche Überprüfung ändert daran nichts, würde eine andere Sichtweise im Ergebnis doch nichts anderes als einen nachträglichen Wegfall der bereits eingetretenen Fälligkeit bedeuten.

[22] 4.6 Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Situation im Zusammenhang mit der Auszahlung der Direktleistung auch nicht mit dem im Art 19 UE00 – auf welche Bestimmung sich die Beklagte auch erstmals im Rekursverfahren stützt – geregelten Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten vergleichbar. Die in Unfallversicherungsverträgen zum Zweck der Herbeiführung einer raschen und günstigen Entscheidung über die Höhe des Invaliditätsgrades vorgesehene Einrichtung einer Ärztekommission stellt einen Schiedsgutachtervertrag im Sinn des § 184 Abs 1 VersVG dar, dem zwar keine prozesshindernde Wirkung zukommt, der aber bewirkt, dass der Anspruch des Versicherungsnehmers in materiell rechtlicher Hinsicht grundsätzlich nicht fällig ist, solange das Ärztekommissionsverfahren nicht durchgeführt wurde. Die Ärztekommission ist fakultativ zugunsten beider Parteien des Unfallversicherungsvertrags eingerichtet. Zum einen handelt es um ein Verfahren bei – in Art 7.15 UE00 gar nicht gegebenen – Meinungsverschiedenheiten. Zum anderen ist nach der Rechtsprechung eine Leistungsklage des Versicherungsnehmers vor Ablauf der vorgesehenen 6 Monatsfrist ohnedies auch möglich, es sei denn, der Versicherer würde innerhalb der Frist auf seinem Recht auf Anrufung der Ärztekommission bestehen (7 Ob 235/16h); in Art 7.15 UE00 ist aber bereits kein Recht der Beklagten vorgesehen, nach Auszahlung einer Direktleistung eine gutachterliche Überprüfung zu veranlassen.

[23] 4.7 Eine unzureichende Schadensmeldung durch die Klägerin wurde von der Beklagten im erstgerichtlichen Verfahren nicht behauptet. Sie brachte vielmehr selbst vor, nach Überprüfung der Schadensmeldung die Direktleistung erbracht zu haben. Ein weiteres Eingehen erübrigt sich hier.

[24] 5. Da sich damit der von der Beklagten erhobene Einwand der mangelnden Fälligkeit als unzutreffend erweist, erfolgte die Aufhebung des Ersturteils durch das Berufungsgericht und die Rückverweisung der Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens mangels Feststellungen zu der beim Ehemann der Klägerin eingetretenen Dauerinvalidität zu Recht.

[25] 6. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
3
  • RS0112256OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Die Auslegung von AVB's hat sich am Verständnis eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers zu orientieren, ein Maßstab, der den Kriterien der §§ 914 f ABGB weitgehend entspricht. Unklarheiten sind zu Lasten des Versicherers auszulegen, weil dies die Interessen des Vertrauensschutzes erfordern, der "erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen" muss aber stets beachtet werden. Risikoeinschränkende Klauseln besitzen in dem Maße keine Vertragskraft, als deren Verständnis von einem Versicherungsnehmer ohne juristische Vorbildung nicht erwartet werden kann.

  • RS0050063OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach Vertragsauslegungsgrundsätzen auszulegen. Die Auslegung hat sich daher am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (vgl VR 1992/277; VR 1992/284).