JudikaturJustiz7Nd502/01

7Nd502/01 – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. März 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Nachlasssache der Anna Marija R*****, wegen Ersuchens nach § 28 JN, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien ohne Entscheidung zurückgestellt.

Text

Begründung:

Laut Todesmeldung des Zivilstandsamts Zürich an die konsularische Vertretung von Österreich in Zürich ist die am 26. 2. 1944 in L***** (Jugoslawien) geborene Ana-Marija (im Betreff auch als "Anna-Marija" bezeichnet) R***** am 13. 11. 2000 in Zürich verstorben. Laut Bericht des Österreichischen Generalkonsulats Zürich vom 28. 11. 2000 an das BM für Justiz in Wien geht aus den dort vorliegenden Unterlagen hervor, "dass die Genannte am 14. 11. 1986 in Wien den österreichischen Staatsangehörigen Herbert R*****, geboren 19. 10. 1942 in Wien, geheiratet hat. Letzter österreichischer Wohnsitz:

Wien".

Mit Schreiben vom 21. 12. 2000 wurde der Präsident des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien durch das BM für Justiz um Feststellung des zuständigen Abhandlungsgerichtes ersucht.

Mit Note vom 22. 1. 2001 teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 8, Wiener Stadt- und Landesarchiv, dem Landesgericht für Zivilrechtssachen über dessen Anfrage mit, dass Anna Marija R*****, geboren am 26. 2. 1944 in Slowenien in den bis 1947 im Archiv verwahrten polizeilichen Meldeunterlagen nicht nachgewiesen werden konnte.

Mit Note vom 1. 2. 2001 legte der Präsident des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien betreffend "Nachlasssache Anna Marija R*****, verst. am 13. 11. 2000 in der Schweiz" die angeführten Urkunden "betreffend den oben genannten, am 6. 6. 1999 in Brasilien verst. österreichischen Staatsbürger" (?) mit dem Ersuchen "um Bestimmung eines Gerichtsstandes gemäß § 28 JN vor, weil ein inländischer Wohnsitz nicht ermittelt werden konnte."

Rechtliche Beurteilung

Bei inländischen Erblassern besteht nach § 21 AußStrG die österreichische Abhandlungsjurisdiktion für den gesamten, wo immer befindlichen beweglichen und den inländischen unbeweglichen Nachlass (ZfRV 1994/1 mwN; 2 Nd 504/97), sofern Staatsverträge nicht anderes ergeben. Derartige Staatsverträge bestehen im Verhältnis zwischen Österreich und der Schweiz nicht (vgl Loewe, Internationale Zuständigkeit in Nachlasssachen, FS Wagner 1987, 259 [267 f]). Inländer ist eine Person mit österreichischer Staatsbürgerschaft (NZ 1993, 107). Nach § 106 JN ist zur Abhandlung der Verlassenschaft eines im Ausland gestorbenen österreichischen Staatsbürgers das Gericht zuständig, bei welchem der Verstorbene seinen letzten allgemeinen Gerichtsstand im Inland hatte. Lässt sich dieser nicht ausmitteln, ist das Gericht zuständig, in dessen Sprengel die in die Verlassenschaft gehörigen unbeweglichen Güter ganz oder zum größeren Teil, oder wenn er bloß bewegliches Vermögen besessen hat, der größere Teil des im Inland befindlichen beweglichen Vermögens gelegen ist.

Nach den vom Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien übermittelten Unterlagen ist nicht hinreichend geklärt, ob es sich bei der Erblasserin überhaupt um eine österreichische Staatsbürgerin handelte. Völlig unverständlich ist die Passage in der Übersendungsnote, dass es sich um einen "am 6. 6. 1999 in Brasilien verstorbenen österreichischen Staatsbürger" handle. Aus der Aktenlage ist ersichtlich, dass in Wien nicht Erhebungen betreffend die in der Todesmeldung des Zivilstandsamts Zürich genannte Ana-Marija R*****, sondern betreffend Anna Marija R***** gepflogen wurden. Weder kann daher gesagt werden, dass ein letzter allgemeiner Gerichtsstand der in der Todesmeldung Genannten in Österreich nicht ausmittelbar sei, noch ergibt sich aus der Aktenlage, dass die Erblasserin weder inländisches unbewegliches noch bewegliches Vermögen besessen habe.

Eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof iSd § 28 Abs 1 JN hat aber erst dann zu erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes im Sinne dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind (vgl 5 Nd 509/97). Vor einer allfälligen Wiedervorlage an den Obersten Gerichtshof werden daher noch im aufgezeigten Sinn Erhebungen zu pflegen sein, insbesondere ob es sich bei der Erblasserin tatsächlich um eine österreichische Staatsangehörige handelte, deren letzter allgemeiner Gerichtsstand in Österreich nicht ausmittelbar ist und ob inländisches unbewegliches oder bewegliches Vermögen der Erblasserin vorhanden ist.