JudikaturJustiz6Ob89/14b

6Ob89/14b – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Oktober 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** GmbH, *****, 2. T*****partei, *****, beide vertreten durch Dr. Holzmann Rechtsanwalt GmbH in Innsbruck, gegen die beklagte Partei M***** W*****, vertreten durch Mag. Hubertus P. Weben, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 19.620 EUR) und Feststellung (Streitwert 12.000 EUR), über die außerordentliche Revision (hinsichtlich der erstklagenden Partei) und die ordentliche Revision (hinsichtlich der zweitklagenden Partei) jeweils der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. Februar 2014, GZ 4 R 12/14t 21, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 22. November 2013, GZ 17 Cg 47/13y 17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die ordentliche Revision wird zurückgewiesen .

Der Beklagte ist schuldig, der Zweitklägerin die mit 1.189,51 EUR (darin 198,25 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen über Antrag des Beklagten abgeänderten Zulässigkeitsausspruch (hinsichtlich der Zweitklägerin) damit begründet, es „lasse es nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen, dass der Oberste Gerichtshof im Lichte des Art 10 EMRK zu einer von den ‚Unterinstanzen‘ abweichenden Rechtsmeinung gelangt, zumal zur Thematik der Verwendung des Hakenkreuzsymbols im politischen Meinungsstreit auch noch keine Rechtsprechung existiert“.

1. Der Beklagte ist laut eigener Bezeichnung Landwirt und betreibt eine private Website, auf welcher der von den Klägerinnen inkriminierte Beitrag online gestellt wurde. Auch wenn sich der Beklagte auf dieser Website auf kritische Beiträge zu aktuellen Vorgängen mit Öffentlichkeits- und Landesbezug (Tirol) fokussiert, gehen somit sämtliche Ausführungen des Beklagten in seiner (außerordentlichen) Revision zu „politischen Auseinandersetzungen“ und journalistischen Verpflichtungen als „watchdog“, die offensichtlich sein Verhalten rechtfertigen sollen, bereits von vorneherein ins Leere.

2. Tatsächlich hat der Beklagte auf seiner Website durch eigenhändige Umgestaltung des Firmenlogos der Erstklägerin von „*****“ auf ein Hakenkreuz neben einer Kurzdarstellung, in der die Klägerinnen namentlich genannt sind, beide Klägerinnen in Verbindung mit nationalsozialistischem Gedankengut gebracht, wobei dieser Eindruck noch durch die Verwendung einschlägig konnotierter Begriffe wie „Endkampf“ und „am rechten Ort“ verstärkt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (RIS Justiz RS0125103) kann die spezielle Bedeutung, die dem Begriff „Nazi“ in Österreich beigemessen wird, den Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung rechtfertigen; die Auffassung, dass dies auch für die Verwendung des Hakenkreuzes (anstelle des Wortes „Nazi“) zu gelten hat, ist jedenfalls im vorliegenden Fall durchaus vertretbar, befasst sich doch der Beklagte in dem weiterführenden mit der Kurzdarstellung verlinkten Beitrag explizit mit „Nazimusik“ und „Neonazimusik“, welche in der von der Erstklägerin betriebenen Veranstaltungshalle aufgeführt und vom „Land Tirol“, das vom Beklagten offensichtlich mit der Zweitklägerin (einer politischen Partei) als ident angesehen wird, gefördert worden sein soll. Dass es bei der Beurteilung des maßgeblichen Gesamtzusammenhangs sowohl auf die Kurzdarstellung als auch auf den verlinkten Beitrag anzukommen hat, entspricht dabei durchaus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl jüngst 6 Ob 122/13d).

3. Die Bezeichnung als „Nazi“ ist eine Beleidigung und ein Werturteil (6 Ob 32/95). In die Ehre eines anderen eingreifende Werturteile auf der Basis eines unwahren Sachverhalts sind unzulässig; sie können auch nicht mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt werden (stRsp, siehe etwa 6 Ob 321/04f). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen traten zwar im Herbst 2012 in der Veranstaltungshalle der Erstklägerin Musikgruppen auf, die nach Auffassung des Beklagten Nazi bzw Neonazimusik spielen. Diese Konzerte wurden aber nicht von der Erstklägerin veranstaltet, die nur die Halle an den Veranstalter vermietet hatte. Der Geschäftsführer der Erstklägerin hatte zuvor auch nichts von einer allfälligen (rechtsextremen) Problematik dieser Gruppen gewusst. Eine Verbindung zwischen der Zweitklägerin und nationalsozialistischem Gedankengut beziehungsweise diesen Musikgruppen wird im Online Beitrag vom Beklagten überhaupt nicht hergestellt. Das von den Vorinstanzen gegenüber dem Beklagten ausgesprochene Verbot, das Logo der Erstklägerin durch Anbringung eines Hakenkreuzes zu verfälschen und das solcherart verfälschte Logo in Verbindung mit den beiden Klägerinnen im Internet zu verwenden und zu verbreiten, entspricht somit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Mit der Feststellung einer Haftung des Beklagten für alle Vermögensschäden, die der Erstklägerin aus diesem Verhalten entstehen, setzt sich die Revision inhaltlich nicht näher auseinander.

4. Dass die Vorinstanzen von der Parteifähigkeit der Zweitklägerin, einer Landesorganisation einer österreichweit tätigen politischen Partei, ausgegangen sind, entspricht ebenfalls der Rechtsprechung (RIS Justiz RS0071150).

5. Damit war aber die (außerordentliche) Revision mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Zweitklägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

Rechtssätze
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