JudikaturJustiz6Ob676/79

6Ob676/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. November 1979

Kopf

SZ 52/171

Spruch

Ein Ehegatte hat gegen den anderen und dessen Ehebruchspartner ein rechtliches Interesse an der Festsetzung, daß dieser aus dem Gründe des § 543 ABGB vom Erbrecht nach dem ehebrechenden Ehegatten aus einer letztwilligen Verfügung ausgeschlossen ist. Das Feststellungsinteresse fällt weg, wenn im Zuge des Verfahrens von den Ehebruchspartnern der Ehebruch "anerkannt" und damit ein Geständnis im Sinne des § 543 ABGB abgelegt wird

OGH 14. November 1979, 6 Ob 676/79 (OLG Innsbruck 5 R 126/79; LG Innsbruck 8 Cg 460/78)

Text

Die Klägerin begehrte als Ehefrau des Erstbeklagten mit der Behauptung, dieser unterhalte zur Zweitbeklagten ein ehebrecherisches Verhältnis, es sei zu besorgen, daß er die Zweitbeklagte auch letztwillig bedenke, gegenüber beiden Beklagten die Feststellung, daß die Zweitbeklagte wegen Ehebruches vom Erbrecht aus einer letztwilligen Verfügung des Erstbeklagten ausgeschlossen sei.

Die Beklagten bestritten ein Feststellungsinteresse der Klägerin, "anerkannten" aber den Ehebruch.

Das Erstgericht wies hierauf das Feststellungsbegehren mangels fortbestehenden Rechtsschutzinteresses ab.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung ab und sprach aus, daß der Wert des von der abändernden Entscheidung betroffenen Streitgegenstandes 2000 S übersteige.

Es legte als unbestritten zugrunde, daß der Erstbeklagte mit der Klägerin verheiratet sei, aber mit der Zweitbeklagten in einer Lebensgemeinschaft lebe, aus der bereits zwei Kinder hervorgegangen seien; der Erstbeklagte sei Liegenschaftseigentümer.

In rechtlicher Beurteilung anerkannte das Berufungsgericht im Sinne der Entscheidung SZ 47/36 sowohl das schon vor dem Erbfall bestehende grundsätzliche rechtliche Interesse eines Ehegatten an der Feststellung, daß der Ehebruchspartner des anderen Ehegatten nach diesem vom Erwerb aus einer letztwilligen Erklärung aus dem Grund des § 543 ABGB ausgeschlossen sei, als auch die passive Legitimation beider Ehebruchspartner. Ungeachtet des in der Außerstreitstellung gelegenen Zugeständnisses des Ehebruches sei - entgegen der erstrichterlichen Auffassung - das Feststellungsinteresse nicht fortgefallen, weil nach der Rechtsprechung zu § 228 ZPO das rechtliche Interesse nicht dadurchbeseitigt werde, daß der Beklagte während des Rechtsstreites seine Rechtsanmaßung oder Bestreitung zurückziehe oder sogar den Bestand oder Verzicht des streitigen Rechtes oder Rechtsverhältnisses im Rechtsstreit anerkenne.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und stellte das Urteil erster Instanz wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach § 543 ABGB werden Personen, die des Ehebruches gerichtlich geständig oder überwiesen sind, unter sich von dem Erbrecht aus einer Erklärung des letzten Willens ausgeschlossen. Da die gerichtliche Überweisung nach ständiger Rechtsprechung noch zu Lebzeiten des Erblassers erfolgt sein muß, hat der OGH grundsätzlich das Feststellungsinteresse eines Ehegatten gegen den anderen und dessen Ehebruchspartner anerkannt, daß dieser aus dem Grund des § 543 ABGB vom Erbrecht nach dem ehebrechenden Ehegatten aus einer letztwilligen Verfügung ausgeschlossen sei (SZ 47/36).

Aus der Änderung des Scheidungsrechtes kann entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht kein Argument gegen eine Aufrechterhaltung der zitierten Rechtsprechung gewonnen werden, weil diese ganz bewußt eine höhere oder mindere Wahrscheinlichkeit dafür außer Betracht läßt, daß der auf Feststellung klagende Ehegatte den anderen erstens überhaupt und zweitens bei aufrechtem Eheband überleben werde - wie auch die Wahrscheinlichkeit eines Vorversterbens des ehebrechenden Ehegatten vor dem Ehebruchspartner für das erwähnte Feststellungsbegehren nicht als anspruchsbegrundend angesehen wurde. Für die zitierte Rechtsprechung ist vielmehr wesentlich, daß der gekränkte Ehegatte grundsätzlich berechtigt gewesen wäre, den Ehebruch (unter den Voraussetzungen des § 194 StGB) strafrechtlich oder scheidungsrechtlich geltend zu machen und damit eine Voraussetzung dafür zu schaffen, daß sein - vom Überleben des anderen Ehegatten und dem aufrechten Bestand des Ehebandes bis zu einem solchen Erbfall abhängiges - gesetzliches Erbrecht nicht durch eine letztwillige Verfügung zugunsten des Ehebruchspartners - in einer als sittenwidrig erachteten Weise - geschmälert werde. Ist der gekränkte Ehegatte nun seinerseits an einer Auflösung der Ehe nicht interessiert und nimmt er auch von einer strafgerichtlichen Verfolgung Abstand, sollte ihm die Möglichkeit nicht verwehrt sein, in einem zivilgerichtlichen Verfahren, das die Rechtsfolge des § 543 ABGB zum alleinigen Verfahrensgegenstand erhebt, die formellen Voraussetzungen des § 543 ABGB zu schaffen. Aus diesem Gesichtspunkt hat die zitierte Rechtsprechung ein Feststellungsinteresse grundsätzlich anerkannt, wenn nur die Möglichkeit einer letztwilligen Verfügung des ehebrechenden Ehegatten zugunsten des Ehebruchpartners nicht auszuschließen ist. Wollte man - wie dies in der Revision anklingt - bis zum Erbfall zuwarten, um Gewißheit zu haben, ob der Erblasser tatsächlich seinen Ehebruchpartner letztwillig bedachte, dann würde dies im Hinblick auf die eingangs zitierte ständige Rechtsprechung einer Rechtsverweigerung gleichkommen.

Gerichtliches Geständnis und gerichtliche Überweisung des Ehebruches erfüllen aber die Voraussetzungen des § 543 ABGB in völlig gleicher Weise. Liegt daher im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz ein gerichtliches Geständnis des Ehebruches vor, mag es auch erst im Zug des Rechtsstreites abgegeben und protokolliert worden sein, dann ist ein noch so berechtigtes Feststellungsinteresse wieder weggefallen. Die vom Berufungsgericht hiezu wiedergegebene gegenteilige Ansicht zitiert die jüngere Rechtsprechung unvollständig. Der OGH hat den Leitsatz der vorangegangenen Judikatur, daß das Feststellungsinteresse durch ein während des Rechtsstreites abgegebenes, mit der früheren Bestreitung im Widerspruch stehendes Anerkenntnis nicht wegfalle (SZ 16/85; JBl. 1955, 280; diesen Entscheidungen folgend auch noch RZ 1966, 53), - nicht zuletzt unter Bedachtnahme auf die kritische Note Michlmayrs zur Entscheidung JBl. 1955, 280 - in dieser undifferenzierten Art ausdrücklich abgelehnt und auf die besonderen Umstände des einzelnen Falles abgestellt (EvBl. 1966/117; MietSlg. 29 614 u. a.).

Die ausdrückliche Gleichstellung von gerichtlichem Geständnis und gerichtlicher Überweisung im § 543 ABGB zwingt zur Verneinung eines fortdauernden Feststellungsinteresses nach Abgabe eines Geständnisses, das inhaltlich und formell den Voraussetzungen des § 543 ABGB entspricht.

Die Erklärung der beiden Beklagten in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 5. Feber 1979, "den Ehebruch" anzuerkennen, erfüllt diese Voraussetzung, weil in einer "Anerkennung" des "Ehebruches" nicht nur das Geständnis des vollzogenen Beischlafes, sondern auch das weitere Geständnis enthalten ist, von dem diesen außerehelichen Geschlechtsverkehr zum Ehebruch qualifizierenden Eheband gewußt zu haben. An der dadurch geschaffenen Rechtslage ändert auch der Versuch der Revisionswerber nichts, sie mit sachlich unzutreffenden Ausführungen zum Revisionsgrund des § 503 Z. 2 ZPO in Frage zu stellen.

Durch die protokollierte Erklärung der Beklagten vor Gericht, den Ehebruch (nämlich den ihnen vorgeworfenen, der Grundlage des Feststellungsbegehrens sein sollte) anzuerkennen, ist jedes vorher im Sinne der SZ 47/36 bestehende Feststellungsinteresse weggefallen. Dem Umstand hätte die Klägerin durch Einschränkung ihres Begehrens auf Kostenersatz Rechnung tragen müssen. Der Wegfall des Feststellungsinteresses ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung von Amts wegen wahrzunehmen.

In Stattgebung der Revision war daher das klagsabweisende Urteil erster Instanz wiederherzustellen.